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Widerruf einer Vorsorgevollmacht von weiteren Einzelvertretungsberechtigten

Stiefsohn gegen leibliche Kinder: In einem ungewöhnlichen Streitfall vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe ging es um die Gültigkeit von Vorsorgevollmachten, die ein Vater seinen Kindern erteilt hatte. Ein Sohn versuchte, die Vollmacht des Stiefbruders zu widerrufen, doch das Gericht stellte klar: Wer mehrere Personen bevollmächtigt, kann nicht erwarten, dass diese sich gegenseitig ausbooten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
  • Datum: 24.01.2022
  • Aktenzeichen: 10 W 8/21
  • Verfahrensart: Beschwerdeverfahren über die Kostenentscheidung
  • Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Vollmachtsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Beklagter: Der Stiefsohn des Klägers. Er war im Besitz einer vom Kläger erteilten notariellen Vorsorge- und Generalvollmacht. Der Beklagte argumentierte, dass der Widerruf dieser Vollmacht durch den Kläger unwirksam sei, da der Kläger zum Zeitpunkt des Widerrufs geschäftsunfähig gewesen sei.
  • Kläger: Erteilt dem Beklagten sowie anderen Personen Vollmachten. Vertritt die Auffassung, dass der Widerruf seiner Vollmacht wirksam war und verlangt die Herausgabe der Vollmachtsurkunde.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger erteilte seinem Stiefsohn und drei leiblichen Kindern 2016 Einzelvertretungsvollmachten. 2018 versuchte ein Kind, die Vollmacht des Beklagten zu widerrufen und die diesbezügliche Urkunde herauszufordern. Der Kläger widerrief die Vollmacht des Beklagten 2020 erneut und forderte die Herausgabe, der Beklagte kam dem nicht nach. Nachdem der Beklagte die Urkunde 2021 herausgab, erklärten beide Parteien den Rechtsstreit für erledigt.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob dem Kläger zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses ein Anspruch auf Herausgabe der Vollmacht gemäß § 175 BGB gegenüber dem Beklagten zustand.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beschwerde des Beklagten hatte Erfolg. Die Kosten des Rechtsstreits wurden dem Kläger auferlegt.
  • Begründung: Zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses hatte der Kläger keinen Anspruch auf Herausgabe der Vollmacht, da der Widerruf wegen Geschäftsunfähigkeit unwirksam war. Außerdem berechtigte eine Einzelvertretungsvollmacht nicht zum Widerruf der Vollmacht eines anderen Vollmachtnehmers.
  • Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil bestätigt, dass eine erteilte Einzelvertretungsvollmacht normalerweise nicht zum Widerruf einer weiteren Einzelvertretungsvollmacht von anderen berechtigt. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.

Widerruf der Vorsorgevollmacht: Rechte und Pflichten im konkreten Fall

Die Vorsorgevollmacht ist ein wichtiges rechtliches Dokument, das es einer Person ermöglicht, im Krankheitsfall oder bei Entscheidungsunfähigkeit durch einen Bevollmächtigten vertreten zu werden. Sie regelt die Einwilligung zur Vertretung in verschiedenen Lebensbereichen, wie der Gesundheits- und Vermögenssorge. Doch was geschieht, wenn eine Vorsorgevollmacht widerrufen oder verändert werden soll? In solchen Fällen ist das Widerrufsrecht der Vorsorgevollmacht entscheidend, besonders wenn mehrere Einzelvertretungsberechtigte benannt sind.

Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht kann aus verschiedenen Gründen notwendig werden, beispielsweise aufgrund von persönlichen Veränderungen oder einem Vertrauensverlust. Dabei ist es wichtig, einige rechtliche Aspekte zu beachten, um sicherzustellen, dass der Widerrufsprozess rechtskonform verläuft. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt und analysiert, der diese Thematik anschaulich beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Widerruf von Vorsorgevollmachten durch Mitbevollmächtigte rechtlich unzulässig

Vater unterschreibt Vorsorgevollmacht während Kinder und Stiefsohn dabei stehen
(Symbolfoto: Ideogram gen.)

In einem bedeutsamen Beschluss hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die Grenzen der Befugnisse von Vorsorgebevollmächtigten präzisiert. Ein Kläger hatte seinem Stiefsohn und drei leiblichen Kindern im November 2016 jeweils notarielle Vorsorge- und Generalvollmachten erteilt, die zur Einzelvertretung berechtigten. Einer der bevollmächtigten Söhne, R.Z., versuchte im März 2018, die Vollmacht des Stiefsohns zu widerrufen und forderte die Herausgabe der Vollmachtsurkunde.

Rechtliche Grundsätze bei mehrfachen Vorsorgevollmachten

Das OLG Karlsruhe stellte in seiner Entscheidung klar, dass die Erteilung einer Vorsorgevollmacht normalerweise nicht die Befugnis zum Widerruf parallel erteilter Vollmachten umfasst. Die Richter begründeten dies damit, dass anderenfalls der Wunsch des Vollmachtgebers, mehreren Personen eine Einzelvertretungsmacht einzuräumen, gefährdet wäre. Nach dem „Windhundprinzip“ könnte sonst jeder Bevollmächtigte die Vollmachten der anderen widerrufen und sich die Position eines ausschließlich Bevollmächtigten verschaffen – besonders problematisch nach Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers.

Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers

Im November 2020 versuchte der Vollmachtgeber selbst, die Vollmacht des Stiefsohns zu widerrufen. Das Gericht befand jedoch diesen Widerruf für unwirksam aufgrund der bereits eingetretenen Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers. Diese wurde durch ein ärztliches Gutachten bestätigt, das eine mittelgradige demenzielle Erkrankung feststellte. Das Amtsgericht Heidelberg hatte daraufhin im Februar 2021 formal festgestellt, dass der Vollmachtgeber nicht mehr in der Lage war, den Widerruf der erteilten Vollmachten wirksam selbst vorzunehmen.

Gerichtliche Bestätigung der Vollmachtsgültigkeit

Obwohl der Stiefsohn die Vollmachtsurkunde im März 2021 zurückgab, bestätigte das OLG Karlsruhe die fortdauernde Gültigkeit der ursprünglich erteilten Vollmacht. Das Gericht betonte die Notwendigkeit einer konkludenten Beschränkung der Vertretungsmacht jedes Einzelbevollmächtigten durch Auslegung nach § 133 BGB. Diese Auslegung dient dem Schutz des ursprünglichen Willens des Vollmachtgebers, der mehreren Personen bewusst parallele Vertretungsbefugnisse eingeräumt hatte.

Praktische Bedeutung für Vorsorgevollmachten

Das OLG Karlsruhe bekräftigte mit seiner Entscheidung den Grundsatz der Beständigkeit parallel erteilter Vorsorgevollmachten. Die Richter stellten klar, dass bei der Erteilung mehrerer Einzelvollmachten die Bevollmächtigten nicht berechtigt sind, die Vollmachten der jeweils anderen zu widerrufen. Diese rechtliche Klarstellung stärkt die Position von Vorsorgebevollmächtigten und schützt den ursprünglichen Willen des Vollmachtgebers, mehreren Vertrauenspersonen parallel Vertretungsmacht einzuräumen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil des OLG Karlsruhe etabliert einen wichtigen Grundsatz für Vorsorgevollmachten: Wenn mehrere Personen eine Einzelvertretungsvollmacht erhalten, kann keiner der Bevollmächtigten die Vollmachten der anderen widerrufen. Dies gilt selbst dann, wenn der Vollmachtgeber geschäftsunfähig wird. Das Gericht schützt damit den ursprünglichen Willen des Vollmachtgebers, mehreren Vertrauenspersonen parallel dauerhafte Vertretungsmacht einzuräumen.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Vorsorgevollmacht ausstellen, können Sie mehreren Personen gleichzeitig Vertretungsmacht geben, ohne befürchten zu müssen, dass diese sich gegenseitig ausschalten. Ihre Bevollmächtigten müssen akzeptieren, dass sie nur gemeinsam in Ihrem Sinne handeln sollen und nicht gegeneinander. Selbst wenn Sie später geschäftsunfähig werden sollten, bleiben alle erteilten Vollmachten bestehen – ein einzelner Bevollmächtigter kann die anderen nicht einfach ausschließen. Besonders für Familien bedeutet dies mehr Sicherheit bei der Vorsorgeplanung, da mehrere Vertrauenspersonen dauerhaft eingebunden bleiben können.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie kann ich als Vollmachtgeber sicherstellen, dass mehrere Bevollmächtigte sich nicht gegenseitig die Vollmachten entziehen?

Ein gegenseitiger Widerruf von Vorsorgevollmachten zwischen mehreren Bevollmächtigten ist rechtlich nicht möglich. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat in einer wegweisenden Entscheidung klargestellt, dass sich mehrere mit einer Vorsorgevollmacht ausgestattete Personen nicht gegenseitig die Vollmacht entziehen können.

Rechtliche Grundlage

Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass bei der Erteilung mehrerer Einzelvollmachten eine Konkludente Beschränkung der Vertretungsmacht vorliegt. Wenn Sie mehreren Personen eine Vorsorgevollmacht erteilen, ist damit automatisch der Ausschluss eines wechselseitigen Widerrufs verbunden.

Präventive Maßnahmen

Sie können zusätzliche Sicherheiten in Ihre Vorsorgevollmacht einbauen:

  • Legen Sie für besonders wichtige Entscheidungen fest, dass diese nur gemeinsam getroffen werden dürfen.
  • Teilen Sie verschiedene Aufgabenbereiche klar zwischen den Bevollmächtigten auf.
  • Setzen Sie einen zusätzlichen Kontrollbevollmächtigten ein, der die anderen Bevollmächtigten überwacht.

Schutz im Ernstfall

Sollte es dennoch zu Problemen kommen, greift seit 2023 der neue § 1820 Absatz 3 BGB. Dieser ermöglicht die Bestellung eines Kontrollbetreuers, der Ihre Interessen wahrnehmen und notfalls mit gerichtlicher Zustimmung die Vollmacht widerrufen kann.


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Ab welchem Zeitpunkt kann ich meine erteilte Vorsorgevollmacht nicht mehr selbst widerrufen?

Eine erteilte Vorsorgevollmacht kann nicht mehr widerrufen werden, sobald Geschäftsunfähigkeit beim Vollmachtgeber eingetreten ist. Die Geschäftsunfähigkeit tritt beispielsweise ein, wenn Sie aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls nicht mehr in der Lage sind, die Tragweite und Bedeutung des Widerrufs zu erkennen und Ihr Verhalten danach auszurichten.

Rechtliche Situation bei Geschäftsunfähigkeit

Der Widerruf einer Vorsorgevollmacht stellt eine Willenserklärung dar, die zwingend Geschäftsfähigkeit voraussetzt. Wenn Sie zum Zeitpunkt des beabsichtigten Widerrufs etwa infolge einer Demenz-Erkrankung geschäftsunfähig sind, ist der Widerruf gemäß § 105 Abs. 2 BGB unwirksam. Dies bedeutet, dass die ursprünglich erteilte Vollmacht weiterhin ihre Gültigkeit behält.

Möglichkeiten bei eingetretener Geschäftsunfähigkeit

Auch wenn Sie selbst die Vollmacht nicht mehr widerrufen können, besteht in schwerwiegenden Fällen die Möglichkeit einer gerichtlichen Intervention. Das Betreuungsgericht kann gemäß § 1904 BGB eine Vollmachtsentziehung vornehmen, wenn dies zum Wohl der betroffenen Person erforderlich ist. Dies setzt jedoch voraus, dass eine schwere Gefährdungslage für den Betroffenen abgewendet werden muss.

Vorsorgende Maßnahmen

Solange Sie geschäftsfähig sind, können Sie die Vorsorgevollmacht jederzeit formlos widerrufen. Der Widerruf muss nicht begründet werden und ist an keine bestimmten Fristen gebunden. Es empfiehlt sich jedoch aus Beweisgründen, den Widerruf schriftlich zu erklären.


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Welche Rechte und Pflichten haben mehrere Einzelbevollmächtigte untereinander?

Mehrere Einzelbevollmächtigte sind grundsätzlich gleichberechtigt und unabhängig voneinander handlungsfähig. Dies bedeutet, dass jeder Bevollmächtigte eigenständig für den Vollmachtgeber tätig werden kann.

Gegenseitige Kontrollrechte

Die Einzelbevollmächtigten können sich nicht gegenseitig die Vollmacht entziehen. Ein wechselseitiger Widerruf der Vollmachten ist ausgeschlossen, auch wenn jeder eine Generalvollmacht besitzt. Dies verhindert einen Wettlauf nach dem „Windhundprinzip“, bei dem ein Bevollmächtigter versuchen könnte, sich durch Widerruf der anderen Vollmachten eine Alleinstellung zu verschaffen.

Zusammenarbeit und Abstimmung

Im Innenverhältnis können Regelungen zur Abstimmung zwischen den Bevollmächtigten getroffen werden. Wenn Sie beispielsweise festlegen, dass sich die Bevollmächtigten bei wichtigen Entscheidungen absprechen sollen, gilt dies als interne Anweisung. Nach außen bleibt jedoch jeder Bevollmächtigte einzeln handlungsfähig.

Aufgabenverteilung

Die praktische Aufgabenverteilung kann nach den persönlichen Stärken der Bevollmächtigten erfolgen. Wenn Sie etwa möchten, dass sich Ihre Tochter um finanzielle Angelegenheiten kümmert und Ihr Sohn um gesundheitliche Fragen, können Sie dies im Innenverhältnis so festlegen. Diese interne Aufgabenteilung schränkt die rechtliche Vertretungsmacht nach außen jedoch nicht ein.

Verantwortlichkeit

Jeder Einzelbevollmächtigte trägt die volle Verantwortung für seine Handlungen. Die Bevollmächtigten können sich die Aufgaben und damit auch die Verantwortung teilen. Bei Unstimmigkeiten zwischen den Bevollmächtigten können Sie einem von ihnen die Entscheidungsgewalt übertragen.


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Was passiert mit einer Vorsorgevollmacht, wenn der Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde zurückgibt?

Die Rückgabe der Vollmachtsurkunde durch den Bevollmächtigten führt nicht automatisch zum Erlöschen der Vorsorgevollmacht. Die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten bleibt grundsätzlich bestehen, solange die Vollmacht nicht ausdrücklich widerrufen wurde.

Rechtliche Wirkung der Urkundenrückgabe

Der bloße Besitz oder die Rückgabe der Vollmachtsurkunde ist nicht entscheidend für die rechtliche Wirksamkeit der Vollmacht. Die Urkundenrückgabe hat jedoch praktische Bedeutung für den Rechtsschein der Vertretungsmacht. Ohne die Urkunde kann der Bevollmächtigte seine Vertretungsmacht gegenüber Dritten nicht mehr nachweisen.

Bedeutung für den Rechtsverkehr

Wenn Sie als Vollmachtgeber die Vollmacht beenden möchten, reicht die bloße Rückgabe der Urkunde nicht aus. Ein ausdrücklicher Widerruf ist erforderlich. Die Rückgabe der Vollmachtsurkunde kann aber ein wichtiger Schritt sein, um den Bevollmächtigten an der weiteren Ausübung seiner Vertretungsmacht zu hindern.

Praktische Konsequenzen

Der Bevollmächtigte kann nach Rückgabe der Urkunde zwar theoretisch noch wirksam Rechtsgeschäfte vornehmen, wird aber in der Praxis Schwierigkeiten haben, seine Vertretungsmacht nachzuweisen. Dritte werden regelmäßig die Vorlage der Vollmachtsurkunde verlangen, bevor sie Rechtsgeschäfte mit dem Bevollmächtigten abschließen.


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Welche Rolle spielt das Gericht bei Streitigkeiten zwischen mehreren Bevollmächtigten?

Das Gericht kann bei Streitigkeiten zwischen mehreren Bevollmächtigten aktiv eingreifen und verschiedene Schutzmaßnahmen anordnen.

Gerichtliche Kontrollmöglichkeiten

Bei Konflikten zwischen mehreren Bevollmächtigten kann das Betreuungsgericht einen Kontrollbetreuer bestellen. Dieser überwacht die Handlungen der Bevollmächtigten und kann deren Tätigkeiten überprüfen. Der Kontrollbetreuer hat dabei die Befugnis, Auskunft und Rechenschaftslegung von den Bevollmächtigten zu verlangen.

Einschränkung der Vollmachten

Das Gericht verfügt über mehrere Instrumente zur Konfliktlösung. Es kann die Ausübung einzelner oder aller Vollmachten temporär untersagen oder die Vollmachten in ihrer Wirkung suspendieren. In besonders schwerwiegenden Fällen kann das Gericht auch die vollständige Aufhebung der Vollmachten anordnen.

Präventive Maßnahmen

Wenn mehrere Bevollmächtigte bestellt sind, können diese grundsätzlich sowohl gemeinschaftlich als auch einzeln handeln. Eine abweichende Bestimmung in der Vollmacht hat gegenüber Dritten jedoch keine rechtliche Wirkung. Das Gericht kann bei drohenden Interessenkonflikten präventiv eingreifen und die Herausgabe der Vollmachtsurkunden anordnen.

Schutz des Vollmachtgebers

Seit 2023 hat das Gericht erweiterte Befugnisse zum Schutz des Vollmachtgebers erhalten. Nach § 1820 Absatz 3 BGB kann das Gericht auf Anregung Dritter – etwa von Familienangehörigen oder Mitarbeitern – tätig werden. Diese Neuregelung stärkt die Kontrollmöglichkeiten bei Streitigkeiten zwischen Bevollmächtigten erheblich.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Vorsorgevollmacht

Eine rechtliche Verfügung, mit der eine Person (Vollmachtgeber) eine andere Person bevollmächtigt, sie bei Krankheit oder Entscheidungsunfähigkeit in bestimmten Angelegenheiten zu vertreten. Diese Vollmacht umfasst typischerweise Bereiche wie Gesundheitssorge, Vermögensverwaltung oder Behördenangelegenheiten. Die Rechtsgrundlage findet sich in §§ 164 ff. BGB. Ein typisches Beispiel ist die Befugnis, im Namen des Vollmachtgebers medizinische Behandlungen zu genehmigen oder Bankgeschäfte durchzuführen, wenn dieser selbst dazu nicht mehr in der Lage ist.


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Geschäftsunfähigkeit

Ein rechtlicher Zustand, in dem eine Person aufgrund geistiger Erkrankung oder Behinderung nicht mehr in der Lage ist, rechtlich bindende Entscheidungen zu treffen. Nach § 104 Nr. 2 BGB liegt Geschäftsunfähigkeit vor, wenn sich jemand in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet. Beispielsweise wenn jemand aufgrund fortgeschrittener Demenz die Bedeutung und Tragweite seiner Handlungen nicht mehr einschätzen kann.


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Einzelvertretungsberechtigung

Die rechtliche Befugnis einer bevollmächtigten Person, alleine und unabhängig von anderen Bevollmächtigten für den Vollmachtgeber zu handeln. Bei mehreren Einzelvertretungsberechtigten kann jeder für sich allein tätig werden, ohne die Zustimmung der anderen einholen zu müssen. Geregelt in § 125 BGB. Ein Beispiel wäre, wenn eines von mehreren bevollmächtigten Kindern eigenständig Überweisungen vom Konto des erkrankten Elternteils tätigen kann.


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Konkludente Beschränkung

Eine nicht ausdrücklich erklärte, sondern sich aus den Umständen ergebende Einschränkung von Rechten oder Befugnissen. Im Kontext von Vollmachten bedeutet dies, dass sich Grenzen der Vertretungsmacht aus der Auslegung des mutmaßlichen Willens des Vollmachtgebers ergeben. Grundlage ist § 133 BGB zur Auslegung von Willenserklärungen. Beispielsweise wenn mehrere Bevollmächtigte ernannt wurden, kann daraus geschlossen werden, dass keiner die anderen ausschließen darf.


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Windhundprinzip

Ein rechtliches Prinzip, nach dem derjenige zum Zuge kommt, der als Erster handelt („wer zuerst kommt, mahlt zuerst“). Im Kontext von Vollmachten beschreibt es die unerwünschte Situation, dass der schnellste Bevollmächtigte die anderen ausbooten könnte. Dieses Prinzip wird in verschiedenen Rechtsbereichen angewandt, ist aber bei Vorsorgevollmachten gerade nicht gewollt, da es dem Zweck mehrfacher Bevollmächtigungen widerspricht.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 175 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Wirksamkeit des Widerrufs einer Vollmacht. Nach § 175 BGB kann ein Bevollmächtigter die ihm erteilte Vollmacht jederzeit widerrufen, es sei denn, es wurde eine abweichende Regelung getroffen. Im vorliegenden Fall hat der Kläger durch sein Schreiben vom 20.11.2020 gemäß dieser Bestimmung die Vollmacht widerrufen, was zur Streitfrage um die Herausgabe der Vollmachtsurkunde führte.
  • § 91a ZPO (Zivilprozessordnung): Diese Vorschrift betrifft die Kostenentscheidung im Zivilprozess und gibt den Gerichten die Möglichkeit, die Kosten nach billigem Ermessen zu verteilen. In dem zugrunde liegenden Fall wurde die Kostenentscheidung des Landgerichts, die dem Beklagten die Prozesskosten auferlegte, auf Grundlage dieser Norm getroffen, was durch die sofortige Beschwerde des Beklagten in Frage gestellt wurde.
  • § 104 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Hier wird die Geschäftsunfähigkeit von Personen geregelt. Geschäftsunfähigkeit kann dazu führen, dass ein Widerruf einer Vollmacht nicht wirksam ist, wenn die geschäftsunfähige Person nicht in der Lage ist, rechtlich bindende Erklärungen abzugeben. Der Beklagte argumentierte, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Widerrufs geschäftsunfähig war, was die Gültigkeit des Widerrufs in Zweifel zog.
  • § 164 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Wirkung einer Vollmacht und die Vertretung durch einen Bevollmächtigten. Er besagt, dass eine Vollmacht auch rechtsgeschäftliche Wirkungen für den Vollmachtgeber entfaltet. Im vorliegenden Fall wird die Argumentation des Beklagten durch den Hinweis auf mögliche Unwirksamkeit des Widerrufs aufgrund der Vollmachtstheorie unterstützt.
  • § 185 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschrift behandelt die Erteilung und den Widerruf von Vollmachten, insbesondere die Form, die ein Widerruf annehmen sollte. Der Beklagte argumentierte, dass der Widerruf durch keinen Formvorschriften entsprach, da er keinen Anlass für die Klage gegeben habe. Dies spielt eine bedeutende Rolle für die Schlussfolgerung darüber, ob die Vollmacht des Beklagten wirksam widerrufen wurde.

Weitere Beiträge zum Thema

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    Dieser Artikel behandelt die rechtlichen Aspekte der Kraftloserklärung einer Vollmachtsurkunde, insbesondere im Kontext des Widerrufs und der Folgen für den Bevollmächtigten. Es wird erläutert, dass der Bevollmächtigte kein eigenständiges Beschwerderecht gegen die Kraftloserklärung hat, da die Vollmacht kein eigenes Recht, sondern ein abgeleitetes Recht darstellt. Zudem wird auf die Rolle des Gerichts bei der öffentlichen Bekanntmachung der Kraftloserklärung eingegangen. → → Rechtliche Grundlagen zur Kraftloserklärung von Vollmachten
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    Der Artikel thematisiert die rechtlichen Konsequenzen der Kraftloserklärung einer Vorsorgevollmachtsurkunde für den Bevollmächtigten. Es wird erläutert, dass der Bevollmächtigte kein Beschwerderecht gegen die Kraftloserklärung hat, da die Vollmacht kein eigenes Recht begründet. Zudem wird auf die Voraussetzungen und das Verfahren der Kraftloserklärung eingegangen. → → Auswirkungen der Kraftloserklärung auf Vorsorgebevollmächtigte
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  • Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht
    Dieser Artikel behandelt die Unwirksamkeit einer Vorsorgevollmacht aufgrund der Geschäftsunfähigkeit des Vollmachtgebers zum Zeitpunkt der Erteilung. Das Gericht stellte fest, dass die Vollmacht unwirksam ist, wenn der Vollmachtgeber zum Zeitpunkt der Erteilung nicht geschäftsfähig war, und ordnete eine Betreuung an. → → Anfälligkeit der Vollmacht durch Geschäftsunfähigkeit

Das vorliegende Urteil

OLG Karlsruhe – Az.: 10 W 8/21 – Beschluss vom 24.01.2022


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