Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gerichtsurteil zu Balkonkraftwerken: Eigentumsrechte in WEGs im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Muss ich als Eigentümer überhaupt die Zustimmung der WEG einholen, bevor ich ein Balkonkraftwerk installiere?
- Welche Kriterien muss ein Balkonkraftwerk erfüllen, um als „bauliche Veränderung“ im Sinne der WEG-Satzung zu gelten?
- Wie kann ich die Zustimmung der WEG für mein Balkonkraftwerk am besten erlangen?
- Was muss ich tun, wenn die WEG mein Balkonkraftwerk ablehnt?
- Was passiert, wenn ich ein Balkonkraftwerk ohne Genehmigung installiere?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Das Gericht erklärte den Beschluss der Eigentümerversammlung zur Genehmigung eines Balkonkraftwerks für ungültig.
- Das Balkonkraftwerk wurde ohne vorherige Genehmigung durch die Eigentümerversammlung installiert.
- Die Eigentümergemeinschaft versuchte, die Installation nachträglich zu genehmigen, was für bauliche Veränderungen erforderlich ist.
- Das Gericht stellte fest, dass die Eigentümer nicht ausreichend über die Details des Beschlusses informiert wurden.
- Die optische Veränderung durch die PV-Module beeinträchtigte das Erscheinungsbild des Gebäudes erheblich.
- Eine nachträgliche Genehmigung baulicher Veränderungen ist nur unter Einhaltung bestimmter Informationspflichten zulässig.
- Die erforderlichen technischen und sicherheitsrelevanten Informationen wurden den Eigentümern nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt.
- Die Entscheidung des Gerichts basiert auf der fehlenden ordnungsgemäßen Verwaltung und unzureichenden Information der Eigentümer.
Gerichtsurteil zu Balkonkraftwerken: Eigentumsrechte in WEGs im Fokus
Die Eigentumsverhältnisse in einer Wohnungseigentumsgemeinschaft (WEG) sind oft kompliziert. Insbesondere wenn es um bauliche Veränderungen an der Immobilie geht, müssen die Interessen aller Eigentümer berücksichtigt werden. So ist beispielsweise ein Balkonkraftwerk, also eine kleine Photovoltaikanlage auf dem Balkon, nicht automatisch erlaubt. Ob der Einbau eines Balkonkraftwerks durch die Gemeinschaft genehmigt werden muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählt etwa die Art und Weise der Installation, die Größe der Anlage, die Nutzung des Stroms und die möglichen Auswirkungen auf die anderen Eigentümer.
Obwohl das Interesse an erneuerbaren Energien wie Solarstrom stetig wächst, sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für Balkonkraftwerke in WEGs häufig unklar. So können sich Eigentümer auf die Rechte der Gemeinschaft berufen, während andere Eigentümer eine moderne Energiegewinnung im eigenen Interesse fordern. Deshalb ist es wichtig, die rechtlichen Grundlagen und die Entscheidungsprozesse in WEGs im Zusammenhang mit Balkonkraftwerken zu verstehen.
Im Folgenden wollen wir anhand eines konkreten Falles veranschaulichen, wie Gerichte diese komplexen Sachverhalte beurteilen.
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Der Fall vor Gericht
Balkonkraftwerk ohne Genehmigung: Eigentümergemeinschaft scheitert mit nachträglicher Zustimmung
Der Anbau eines Balkonkraftwerks an einem Mehrfamilienhaus bedarf der vorherigen Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Dies hat das Amtsgericht Hamburg-St. Georg in einem aktuellen Urteil klargestellt. Im vorliegenden Fall hatte ein Wohnungseigentümer ohne Genehmigung zwei Photovoltaik-Module an seinem Balkongeländer installiert. Der nachträgliche Versuch der Eigentümergemeinschaft, diese Installation zu genehmigen, scheiterte jedoch vor Gericht.
Bauliche Veränderung erfordert Beschluss der Eigentümerversammlung
Das Gericht stellte fest, dass die Installation der PV-Module eine bauliche Veränderung im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes darstellt. Auch wenn keine Eingriffe in die Bausubstanz vorgenommen wurden, verändert die weithin sichtbare Anlage das optische Erscheinungsbild des Gebäudes erheblich. Die schwarzen Module heben sich deutlich von der roten Klinkerfassade ab. Für solche Veränderungen ist grundsätzlich ein vorheriger Beschluss der Eigentümerversammlung erforderlich.
Mängel bei der nachträglichen Beschlussfassung
Zwar können die Eigentümer eine bereits durchgeführte bauliche Veränderung nachträglich per Mehrheitsbeschluss genehmigen. Im vorliegenden Fall wies das Verfahren jedoch erhebliche Mängel auf:
- Die Eigentümer wurden vor der Versammlung nicht ausreichend über die Details der Anlage informiert. Weder die technischen Spezifikationen noch Informationen zu Befestigung, Anschluss oder Betrieb wurden vorab mitgeteilt.
- Der umfangreiche Beschlusstext wurde den Eigentümern erst in der Versammlung vorgelegt. Sie hatten keine Gelegenheit, sich vorab damit auseinanderzusetzen.
- Frühere Anfragen von Eigentümern nach Informationen wurden von der Verwaltung ignoriert.
Das Gericht betonte, dass die Eigentümer für eine fundierte Entscheidung über die nachträgliche Genehmigung einer baulichen Veränderung ausreichend informiert sein müssen. Dies war hier nicht der Fall.
Keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage
Trotz der optischen Auffälligkeit der PV-Module sah das Gericht keine „grundlegende Umgestaltung“ der Wohnanlage im Sinne des Gesetzes. Die Veränderung beschränkt sich auf den Bereich um den betroffenen Balkon und verleiht der Gesamtanlage kein völlig neues Gepräge. Dieser Aspekt war für die Entscheidung des Gerichts jedoch nicht ausschlaggebend.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Installation eines Balkonkraftwerks erfordert als bauliche Veränderung grundsätzlich die vorherige Zustimmung der Eigentümergemeinschaft. Eine nachträgliche Genehmigung ist zwar möglich, setzt aber eine umfassende Information der Eigentümer vor der Beschlussfassung voraus. Fehlt diese, ist der Genehmigungsbeschluss anfechtbar, selbst wenn die Veränderung keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage darstellt. Dies unterstreicht die Bedeutung ordnungsgemäßer Verfahrensabläufe in Eigentümergemeinschaften bei baulichen Veränderungen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Wohnungseigentümer, der ein Balkonkraftwerk installieren möchte, müssen Sie unbedingt vor der Installation die Zustimmung der Eigentümergemeinschaft einholen. Selbst eine nachträgliche Genehmigung kann problematisch sein, wenn die anderen Eigentümer nicht ausreichend informiert werden. Um Konflikte zu vermeiden, sollten Sie frühzeitig einen detaillierten Vorschlag mit allen technischen Spezifikationen, Befestigungsdetails und Betriebsmodalitäten einreichen. Achten Sie darauf, dass diese Informationen rechtzeitig vor der Eigentümerversammlung allen Miteigentümern zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn Balkonkraftwerke in Zukunft möglicherweise leichter genehmigt werden, ist es ratsam, den aktuellen rechtlichen Rahmen zu respektieren, um kostspielige Rechtsstreitigkeiten und mögliche Rückbauforderungen zu vermeiden.
FAQ – Häufige Fragen
Sie möchten ein Balkonkraftwerk in Ihrer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) installieren, sind sich aber nicht sicher, welche rechtlichen Vorgaben und Formalitäten zu beachten sind? Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen umfassende und verständliche Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um dieses Thema.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Muss ich als Eigentümer überhaupt die Zustimmung der WEG einholen, bevor ich ein Balkonkraftwerk installiere?
- Welche Kriterien muss ein Balkonkraftwerk erfüllen, um als „bauliche Veränderung“ im Sinne der WEG-Satzung zu gelten?
- Wie kann ich die Zustimmung der WEG für mein Balkonkraftwerk am besten erlangen?
- Was muss ich tun, wenn die WEG mein Balkonkraftwerk ablehnt?
- Was passiert, wenn ich ein Balkonkraftwerk ohne Genehmigung installiere?
Muss ich als Eigentümer überhaupt die Zustimmung der WEG einholen, bevor ich ein Balkonkraftwerk installiere?
Als Eigentümer einer Wohnung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) müssen Sie in der Regel die Zustimmung der WEG einholen, bevor Sie ein Balkonkraftwerk installieren. Die Installation eines Balkonkraftwerks gilt rechtlich als bauliche Veränderung, da sie das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes beeinflussen kann.
Gemäß § 20 Abs. 1 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) ist für jede bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum ein Beschluss der Eigentümergemeinschaft erforderlich. Dies trifft auf Balkonkraftwerke zu, da sie in der Regel an der Fassade oder am Balkon angebracht werden, die zum Gemeinschaftseigentum gehören.
Es gibt jedoch Ausnahmen und Erleichterungen:
Der Gesetzgeber hat erkannt, dass der Ausbau von Balkonkraftwerken gefördert werden sollte. Ein neues Gesetz, das im Bundestag beschlossen wurde, sieht vor, dass Balkonkraftwerke in den Katalog der „privilegierten baulichen Veränderungen“ im Wohnungseigentumsgesetz aufgenommen werden. Dies bedeutet, dass Eigentümer künftig grundsätzlich einen Anspruch darauf haben, die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erhalten.
Trotz dieses Anspruchs auf Zustimmung ist es wichtig zu beachten:
Die Eigentümergemeinschaft behält ein Mitspracherecht bezüglich der Art und Weise der Installation. Sie können beispielsweise Vorgaben zur Sicherheit, zur optischen Gestaltung oder zur fachgerechten Montage machen.
Wenn Sie ein Balkonkraftwerk ohne vorherige Zustimmung der WEG installieren, riskieren Sie, dass die anderen Eigentümer einen Anspruch auf Rückbau oder Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands geltend machen können.
Für eine rechtssichere Installation empfiehlt es sich daher:
1. Informieren Sie die Eigentümergemeinschaft über Ihr Vorhaben.
2. Stellen Sie einen Antrag zur Beschlussfassung in der nächsten Eigentümerversammlung.
3. Bereiten Sie detaillierte Informationen über die geplante Anlage vor, einschließlich technischer Daten, Montageplänen und ästhetischer Aspekte.
4. Weisen Sie auf die gesetzlichen Neuregelungen hin, die Balkonkraftwerke als privilegierte Maßnahmen einstufen.
Beachten Sie: Auch wenn Sie einen gesetzlichen Anspruch auf Zustimmung haben, ist es ratsam, im Einvernehmen mit der Eigentümergemeinschaft zu handeln. Dies fördert ein gutes Miteinander und vermeidet potenzielle Konflikte.
Welche Kriterien muss ein Balkonkraftwerk erfüllen, um als „bauliche Veränderung“ im Sinne der WEG-Satzung zu gelten?
Ein Balkonkraftwerk gilt in der Regel als bauliche Veränderung im Sinne der WEG-Satzung, wenn es die Substanz oder das äußere Erscheinungsbild des Gemeinschaftseigentums verändert. Entscheidend sind dabei mehrere Faktoren:
Die Art der Montage spielt eine wichtige Rolle. Wird das Balkonkraftwerk fest mit der Gebäudesubstanz verbunden, etwa durch Bohrungen oder Schrauben in der Fassade oder am Balkongeländer, liegt in der Regel eine bauliche Veränderung vor. Bei einer losen Aufstellung ohne Eingriff in die Bausubstanz kann dies anders bewertet werden.
Die Größe und Sichtbarkeit der Anlage sind ebenfalls relevant. Je größer und auffälliger das Balkonkraftwerk ist, desto eher wird es als bauliche Veränderung eingestuft. Ein kleines, unauffälliges Modul könnte unter Umständen als unwesentliche Beeinträchtigung durchgehen.
Der Anschluss an die Elektroinstallation des Gebäudes ist ein weiterer wichtiger Punkt. Wird für den Betrieb des Balkonkraftwerks in die gemeinschaftliche Elektroinstallation eingegriffen, etwa durch die Installation einer speziellen Einspeisesteckdose, stellt dies in der Regel eine bauliche Veränderung dar.
Auch die Auswirkungen auf andere Wohnungseigentümer sind zu berücksichtigen. Beeinträchtigt das Balkonkraftwerk etwa die Nutzung oder den Wert anderer Wohnungen, z.B. durch Blendwirkung oder Verschattung, spricht dies für eine bauliche Veränderung.
Es ist wichtig zu beachten, dass die rechtliche Einordnung von Balkonkraftwerken derzeit im Wandel begriffen ist. Der Gesetzgeber plant, die Installation von Steckersolargeräten zu erleichtern und als privilegierte Maßnahme einzustufen. Dies könnte dazu führen, dass Balkonkraftwerke künftig nicht mehr als bauliche Veränderung im herkömmlichen Sinne gelten und leichter genehmigt werden müssen.
Bis zum Inkrafttreten neuer gesetzlicher Regelungen empfiehlt es sich für Wohnungseigentümer, die Installation eines Balkonkraftwerks vorab mit der Eigentümergemeinschaft abzustimmen und einen entsprechenden Beschluss herbeizuführen. Dies vermeidet potenzielle Konflikte und schafft Rechtssicherheit für alle Beteiligten.
Wie kann ich die Zustimmung der WEG für mein Balkonkraftwerk am besten erlangen?
Um die Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) für Ihr Balkonkraftwerk zu erhalten, ist eine gut vorbereitete und durchdachte Herangehensweise entscheidend. Zunächst sollten Sie einen detaillierten Antrag für die Eigentümerversammlung vorbereiten. Dieser Antrag sollte alle relevanten Informationen zum geplanten Balkonkraftwerk enthalten, einschließlich technischer Spezifikationen, Installationsdetails und möglicher Auswirkungen auf das Gebäude.
Informieren Sie sich gründlich über die rechtlichen Rahmenbedingungen und aktuellen Vorschriften bezüglich Balkonkraftwerken in Wohnungseigentümergemeinschaften. Dies ermöglicht Ihnen, fundiert auf mögliche Fragen oder Bedenken anderer Eigentümer zu reagieren. Bereiten Sie eine prägnante Präsentation vor, die die Vorteile des Balkonkraftwerks hervorhebt, wie etwa die Reduzierung der Stromkosten und den Beitrag zum Klimaschutz.
Es ist ratsam, im Vorfeld der Versammlung das Gespräch mit anderen Eigentümern zu suchen. Erklären Sie Ihr Vorhaben und hören Sie sich mögliche Bedenken an. Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, auf Einwände vorbereitet zu sein und gegebenenfalls Kompromisse vorzuschlagen. Betonen Sie, dass das Balkonkraftwerk fachgerecht installiert wird und keine negativen Auswirkungen auf das Erscheinungsbild des Gebäudes oder die Sicherheit haben wird.
Während der Eigentümerversammlung präsentieren Sie Ihr Anliegen sachlich und professionell. Seien Sie offen für Fragen und Diskussionen. Zeigen Sie sich kompromissbereit, beispielsweise in Bezug auf die genaue Platzierung oder das Aussehen der Anlage. Bieten Sie an, regelmäßig über die Leistung und Erfahrungen mit dem Balkonkraftwerk zu berichten, um Transparenz zu schaffen.
Beachten Sie, dass für die Zustimmung in der Regel eine einfache Mehrheit der Eigentümer ausreicht. Dennoch ist es vorteilhaft, eine möglichst breite Unterstützung zu gewinnen. Falls es Widerstände gibt, bleiben Sie geduldig und versuchen Sie, auf sachlicher Ebene zu argumentieren. Weisen Sie darauf hin, dass Balkonkraftwerke zunehmend als privilegierte bauliche Veränderungen angesehen werden, was ihre Genehmigung erleichtert.
Sollte die Zustimmung nicht sofort erfolgen, bieten Sie an, offene Fragen zu klären und das Thema bei der nächsten Versammlung erneut zu besprechen. In der Zwischenzeit können Sie weitere Informationen sammeln und gegebenenfalls Expertenmeinungen einholen, um Ihre Position zu stärken.
Durch eine gut vorbereitete, transparente und kooperative Herangehensweise erhöhen Sie die Chancen, die Zustimmung der WEG für Ihr Balkonkraftwerk zu erhalten. Bleiben Sie dabei stets respektvoll und offen für den Dialog mit den anderen Eigentümern.
Was muss ich tun, wenn die WEG mein Balkonkraftwerk ablehnt?
Wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) die Installation eines Balkonkraftwerks ablehnt, stehen dem Eigentümer verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass die Installation eines Balkonkraftwerks als bauliche Veränderung gilt und grundsätzlich der Zustimmung der WEG bedarf.
Der erste Schritt besteht darin, einen formellen Antrag auf Installation des Balkonkraftwerks bei der nächsten Eigentümerversammlung zu stellen. Dieser Antrag sollte detaillierte Informationen über das geplante Balkonkraftwerk enthalten, einschließlich technischer Spezifikationen, Installationsort und möglicher Auswirkungen auf das Gemeinschaftseigentum. Es ist ratsam, die Vorteile des Balkonkraftwerks für die Gemeinschaft hervorzuheben, wie etwa die Reduzierung der Stromkosten für Gemeinschaftsanlagen.
Sollte der Antrag abgelehnt werden, ist es wichtig, die Gründe für die Ablehnung genau zu analysieren. Oft basieren Ablehnungen auf Bedenken hinsichtlich der Optik, Sicherheit oder möglicher Beeinträchtigungen anderer Eigentümer. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, alternative Lösungen vorzuschlagen, die diese Bedenken ausräumen. Beispielsweise könnte eine unauffälligere Montage oder die Verwendung spezieller Sicherheitsvorkehrungen vorgeschlagen werden.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ablehnung. Seit Juli 2024 genießen Balkonkraftwerke einen privilegierten Status im Wohnungseigentumsgesetz. Dies bedeutet, dass die WEG die Installation nicht ohne triftigen Grund verweigern darf. Wenn die Ablehnung unbegründet erscheint, kann der Eigentümer erwägen, rechtliche Schritte einzuleiten.
Der nächste mögliche Schritt wäre die Anfechtung des ablehnenden Beschlusses vor Gericht. Hierfür gilt eine Frist von einem Monat nach der Beschlussfassung. Bei der Anfechtungsklage muss dargelegt werden, warum der ablehnende Beschluss rechtswidrig ist, etwa weil er gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstößt oder die Rechte des Eigentümers unverhältnismäßig einschränkt.
Parallel zur rechtlichen Auseinandersetzung ist es oft sinnvoll, den Dialog mit den anderen Eigentümern zu suchen. Manchmal basieren Ablehnungen auf Missverständnissen oder fehlenden Informationen. Eine offene Kommunikation, bei der die Vorteile und Sicherheitsaspekte von Balkonkraftwerken erläutert werden, kann dazu beitragen, Vorbehalte abzubauen und möglicherweise eine Zustimmung in einer späteren Abstimmung zu erreichen.
In einigen Fällen kann auch die Einschaltung eines Mediators hilfreich sein. Ein neutraler Vermittler kann dabei helfen, die Interessen aller Parteien zu berücksichtigen und eine für alle akzeptable Lösung zu finden. Dies kann eine kostengünstigere und schnellere Alternative zu einem Gerichtsverfahren darstellen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Installation ohne Zustimmung der WEG rechtliche Konsequenzen haben kann. Im schlimmsten Fall könnte die WEG den Rückbau des Balkonkraftwerks verlangen. Daher ist es ratsam, alle rechtlichen Schritte auszuschöpfen und eine einvernehmliche Lösung anzustreben, bevor eigenmächtige Maßnahmen ergriffen werden.
Abschließend sollte der Eigentümer die aktuellen gesetzlichen Entwicklungen im Auge behalten. Die Gesetzgebung in Bezug auf erneuerbare Energien und insbesondere Balkonkraftwerke entwickelt sich stetig weiter, was möglicherweise zu einer Verbesserung der rechtlichen Position von Eigentümern führen kann, die solche Anlagen installieren möchten.
Was passiert, wenn ich ein Balkonkraftwerk ohne Genehmigung installiere?
Die Installation eines Balkonkraftwerks ohne vorherige Genehmigung kann erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen.
Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass die Installation eines Balkonkraftwerks in den meisten Fällen als bauliche Veränderung gilt. Dies trifft insbesondere zu, wenn Bohrungen am Mauerwerk vorgenommen werden oder das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes verändert wird. Ohne die erforderliche Zustimmung des Vermieters oder der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) kann dies als Vertragsverstoß gewertet werden.
Bei Mietwohnungen riskieren Mieter, die eigenmächtig ein Balkonkraftwerk installieren, eine Abmahnung oder sogar die Kündigung des Mietvertrags. Der Vermieter kann zudem die sofortige Entfernung der Anlage und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands fordern. Die damit verbundenen Kosten müsste der Mieter tragen.
In Eigentumswohnungen droht bei einer nicht genehmigten Installation die Durchsetzung eines Rückbauanspruchs durch die WEG. Der Eigentümer müsste dann nicht nur das Balkonkraftwerk auf eigene Kosten entfernen, sondern auch für eventuelle Schäden am Gemeinschaftseigentum aufkommen.
Neben den mietrechtlichen oder wohnungseigentumsrechtlichen Konsequenzen können auch ordnungsrechtliche Folgen eintreten. Die fehlende Anmeldung eines Balkonkraftwerks bei der Bundesnetzagentur und dem örtlichen Netzbetreiber kann theoretisch mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. In der Praxis werden solche Strafen jedoch selten verhängt.
Es besteht zudem das Risiko, dass der Netzbetreiber die nicht angemeldete Anlage vom Netz trennt. Dies würde nicht nur den Betrieb des Balkonkraftwerks unmöglich machen, sondern könnte auch zusätzliche Kosten für die Wiederherstellung des Netzanschlusses verursachen.
Aus versicherungstechnischer Sicht kann eine nicht genehmigte Installation problematisch sein. Im Schadensfall, etwa bei einem Brand, der durch das Balkonkraftwerk verursacht wurde, könnte die Versicherung die Leistung verweigern.
Es ist zu beachten, dass seit Juli 2024 ein neues Gesetz in Kraft getreten ist, welches die Installation von Balkonkraftwerken für Mieter erleichtert. Vermieter können die Zustimmung nun nur noch in Ausnahmefällen verweigern. Dennoch entbindet dies nicht von der Pflicht, eine Genehmigung einzuholen und die Anlage ordnungsgemäß anzumelden.
Um rechtliche und finanzielle Risiken zu vermeiden, ist es ratsam, vor der Installation eines Balkonkraftwerks alle erforderlichen Genehmigungen einzuholen und die Anlage vorschriftsmäßig anzumelden. Dies umfasst die Zustimmung des Vermieters oder der WEG, die Registrierung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur und die Anmeldung beim örtlichen Netzbetreiber.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Balkonkraftwerk: Eine kleine Photovoltaikanlage, die auf dem Balkon installiert wird, um Strom zu erzeugen. Sie besteht in der Regel aus ein bis zwei Solarmodulen, einem Wechselrichter und einer Halterung.
- Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG): Eine Gemeinschaft von Eigentümern, die jeweils eine Wohnung oder ein Teileigentum in einem Gebäude besitzen. Die WEG trifft gemeinsame Entscheidungen über die Verwaltung und Nutzung des gemeinschaftlichen Eigentums.
- Gemeinschaftseigentum: Teile des Gebäudes und Grundstücks, die allen Eigentümern gemeinsam gehören, wie z.B. Fassade, Dach, Treppenhaus oder Außenanlagen. Veränderungen am Gemeinschaftseigentum bedürfen in der Regel der Zustimmung der WEG.
- Sondereigentum: Die einzelnen Wohnungen oder Teileigentumseinheiten, die jeweils im Eigentum eines einzelnen Eigentümers stehen. Der Eigentümer hat grundsätzlich das Recht, über sein Sondereigentum frei zu verfügen, solange er keine Rechte anderer Eigentümer oder der Gemeinschaft verletzt.
- Bauliche Veränderung: Jede Veränderung an einem Gebäude oder Grundstück, die über die reine Instandhaltung hinausgeht und das Erscheinungsbild oder die Substanz des Gemeinschaftseigentums verändert. Beispiele sind der Anbau eines Balkons, der Einbau neuer Fenster oder die Errichtung einer Solaranlage.
- Beschluss der Eigentümerversammlung: Eine Entscheidung der WEG, die in einer Versammlung der Eigentümer getroffen wird. Beschlüsse können verschiedene Angelegenheiten betreffen, wie z.B. bauliche Veränderungen, die Hausordnung oder die Wahl des Verwalters. Für bestimmte Beschlüsse ist eine qualifizierte Mehrheit oder sogar Einstimmigkeit erforderlich.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 20 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG): Diese Vorschrift regelt bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum. Sie besagt, dass bauliche Veränderungen, die über die ordnungsmäßige Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, der Zustimmung aller Eigentümer bedürfen. Im vorliegenden Fall wurde die Installation des Balkonkraftwerks als bauliche Veränderung eingestuft, da sie das Erscheinungsbild des Gebäudes erheblich veränderte.
- § 13 Abs. 2 WEG: Dieser Paragraph erweitert die Regelungen des § 20 Abs. 1 WEG auf bauliche Veränderungen im Sondereigentum, wenn diese für Außenstehende sichtbar sind. Im konkreten Fall war die PV-Anlage auf dem Balkon von außen sichtbar und fiel somit unter diese Regelung, obwohl sie sich im Sondereigentum befand.
- § 23 Abs. 1 Satz 2 WEG: Dieser Paragraph regelt die Anforderungen an die Beschlussfassung in einer Eigentümerversammlung. Er schreibt vor, dass die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung über eine bauliche Veränderung ausreichend informiert werden müssen, um eine fundierte Entscheidung treffen zu können. Im vorliegenden Fall wurde bemängelt, dass die Eigentümer nicht ausreichend über die Details der PV-Anlage informiert wurden.
- § 24 Abs. 1 Satz 2 WEG: Diese Vorschrift legt fest, dass ein Beschluss der Eigentümerversammlung nichtig ist, wenn er gegen wesentliche Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt. Im vorliegenden Fall wurde der Beschluss über die nachträgliche Genehmigung des Balkonkraftwerks für ungültig erklärt, da die Eigentümer nicht ausreichend informiert wurden und somit gegen den Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung verstoßen wurde.
- § 14 Nr. 1 WEG: Dieser Paragraph definiert den Begriff der baulichen Veränderung. Eine bauliche Veränderung liegt vor, wenn eine Anlage in einem Gebäude oder Grundstücksteil geschaffen, geändert oder beseitigt wird und dadurch das gemeinschaftliche Eigentum in seinem Bestand oder in seinem äußeren Erscheinungsbild nachhaltig verändert wird. Im vorliegenden Fall wurde die Installation des Balkonkraftwerks als bauliche Veränderung gewertet, da sie das Erscheinungsbild des Gebäudes veränderte.
Das vorliegende Urteil
AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980b C 37/23 WEG – Urteil vom 12.07.2024
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In dem Rechtsstreit erkennt das Amtsgericht Hamburg-St. Georg – Abteilung 980b – auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24.05.2024 für Recht:
1. Der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21.11.2023 zu TOP 14 wird für ungültig erklärt.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Gültigkeit eines Beschlusses einer Eigentümerversammlung.
Die Kläger sind Mitglied der Beklagten und Eigentümer der Einheit Nr. 17. Das streitbehaftete Objekt besteht aus einem L-förmigen bzw. zweiflügeligen Häuserblock mit drei Eingängen (Nrn. 9, 10 und 11). Die im Erdgeschoss befindliche Einheit der Kläger befindet sich in Haus Nr. 11 („äußerster Südflügel“). Im gegenüberliegenden, von der Terrasse der Kläger aus gut sichtbaren „Westflügel“ (Aus Nr. 9) ist die (Wohn-)Einheit Nr. 7 im 2. Obergeschoss mitsamt einer Dachterrasse belegen. Dort wurden – ohne vorherigen Beschluss der Eigentümerversammlung – an der Brüstung im April 2023 zwei schwarze Photovoltaik-Module installiert (sog. Balkonkraftwerk bzw. PV-Anlage). Wegen der Örtlichkeiten wird Bezug genommen auf die Lageskizze Anlage K3 sowie die Lichtbilder Anlagen K4-K6 und Schriftsatz vom 24.04.2024. Mit Schreiben vom 24.04.2023 (Anlage K5) wandten sich die Kläger an die Verwaltung der Beklagten und machten Einwendungen gegen die PV-Anlage geltend (u.a. fehlende Beschlussfassung, Aussehen, Positionierung). Mit Schreiben gemäß Anlage K1 lud die Verwaltung der Beklagten zur ordentlichen Eigentümerversammlung am 21.11.2023, u.a. mit dem TOP 14 „Nachträglicher Gestattungsbeschluss über Anbringung eines „Balkonkraftwerkes“ an der Balkonbrüstung der Einheit Nr. 7, DG, Haus 9″. Im Protokoll der Versammlung vom 21.11.2023 ist zu TOP 14 folgendes festgehalten (s. Anlage K7):
„Nachträglicher Genehmigungsbeschluss über die Anbringung eines „Balkonkraftwerkes“ an der Balkonbrüstung der Einheit-Nr. 7, DG, Haus 9
Unter einem Balkonkraftwerk ist eine vergleichsweise kleine Anlage aus Photovoltaikmodulen zu verstehen.
Der Eigentümer der Einheit-Nr. 7 hat im Februar 2023 das Balkonkraftwerk mit zwei Modulen in Betrieb genommen.
Die Anbringung an der Balkonbrüstung führt zu einer über die ordnungsmäßige Erhaltung hinausgehende Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums, also einer baulichen Veränderung im Sinne von § 20 Abs. 1 WEG. Über die Gestattung einer solchen Anlage beschließen die Eigentümer mit einfacher Stimmenmehrheit. Wird die Anlage im Bereich des Sondereigentums oder des Sondernutzungsrechtes aufgestellt, passt § 20 Abs. 1 WEG nicht unmittelbar. Ist die Anlage dort aber für Außenstehende sichtbar aufgestellt, kann ein Fall des § 13 Abs. 2 WEG vorliegen. Danach gilt bei einer baulichen Veränderung im Bereich des Sondereigentums ebenfalls § 20 Abs. 1 WEG.
Die Verwaltung bittet um Beschlussfassung und merkt an, dass, sollten weitere Eigentümer die Anbringung eines Balkonkraftwerkes wünschen, dies der Verwaltung gemeldet wird, sodass vorher eine entsprechende Beschlussfassung für die Eigentümerversammlung vorbereitet werden kann.
Beschluss:
Die Eigentümergemeinschaft beschließt, dem Eigentümer der Einheit-Nr. 7 die Anbringung eines „Balkonkraftwerkes“ an der Balkonbrüstung nachträglich zu gestatten. Umfasst von dieser Gestattung ist die Installation der 2 Module von der Fa. M.-B. mit der Leistung zusammen ca. 600 W in der Stunde, 1 Wechselrichter der Fa. D. (Sun600G3) und ein Protection Device (Sun-Mi-Relay-01) sowie die Befestigung auf der Außenseite der Balkonbrüstung. Die Eigentümergemeinschaft genehmigt die Anbringung des Balkonkraftwerkes nachträglich unter folgenden Voraussetzungen: Die Anforderungen an die Statik und eine dauerhafte und fachgerechte Befestigung sind durch den Eigentümer der Einheit-Nr. 7 zu berücksichtigen und nachzuweisen. Der Anschluss an das Leitungsnetz erfolgt über die vorhandene Außensteckdose. Es ist sicherzustellen und der Nachweis dafür zu erbringen, dass die Hausanlage vor Rückspannungen geschützt ist. Ferner ist nachzuweisen, dass die weitere Stromversorgungsanlage des Hauses durch den Betrieb des Balkonkraftwerkes nicht beeinträchtigt ist. Es ist nachzuweisen, dass die Anlage bei dem für das Gebäude zuständigen Netzbetreiber angemeldet ist oder die Inbetriebnahme in Abstimmung mit diesem erfolgt. Der jeweilige Eigentümer der Einheit-Nr. 7 hat eine Versicherung abzuschließen und zu unterhalten, die etwaige Schäden, die der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch den Betrieb des Balkonkraftwerkes durch ihn entstehen können, abdeckt. Ebenfalls müssen jeglichen Risiken im Falle eines Absturzes des Balkonkraftwerkes versichert werden. Der jeweilige Eigentümer der Einheit-Nr. 7 trägt sämtliche mit der Installation und dem zukünftigen Betrieb der Anlage verbundenen Kosten, dies einschließlich aller zukünftigen Erhaltungskosten (z.B. Wartung, Instandhaltung, Erneuerung bei Ausfall oder Beschädigung). Sollte der Anbau des Balkonkraftwerkes zu einer Prämienerhöhung der Versicherung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer führen, trägt er die Differenz, um den sich die Prämie erhöht hat zur ursprünglichen Prämienhöhe. Alle genannten Nachweise sind unaufgefordert gegenüber dem Verwalter zu erbringen.
Abstimmungsergebnis
Stimmberechtigt: 16,7
Zustimmung: 11,7
Ablehnung: 4
Enthaltung: 1
beschlossen“
Die Kläger machen mit ihrer am 21.12.2023 bei Gericht eingegangenen und begründeten, der Beklagten am 01.02.2024 zugestellten Anfechtungsklage geltend, dass der Gesamteindruck der Anlage vor der Installation der PV-Anlage harmonisch gewesen sei. Auch die Balkonbrüstungen vor den Wohnungen seien ansehnlich strukturiert gewesen. Die ungenehmigte („schwarze“) Installation mit den großen schwarzen Flächen der PV-Module störe die Harmonie der Fassadenelemente und damit den optischen Gesamteindruck des Gebäudes nunmehr aber erheblich. Es sei auch nicht hinzunehmen, dass die Anlage ohne vorherige Beschlussfassung der Eigentümerversammlung vorgenommen worden sei. Sie, die Kläger, hätten vorab auf ihre Bedenken und die Notwendigkeit einheitlicher Regelungen für solche Baumaßnahmen hingewiesen; darauf sei die Verwaltung aber nicht eingegangen. Es habe hier zudem – was unstreitig ist – vorab keinerlei Informationen oder Unterlagen für die Eigentümer über die PV-Anlage gegeben. Die „Beschlussvorlage“, die Gegenstand der Abstimmung gewesen sei, sei unbekannt gewesen und nie diskutiert worden. Im Übrigen gebe es Bedenken gegen die Sicherheit der Module, da diese absturzgefährdet seien.
Die Kläger beantragen, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 21.11.2023 zu TOP 14 für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und macht geltend, dass der Eigentümer der Einheit Nr. 7 die Gestattung der baulichen Veränderung nach § 20 Abs. 3 WEG habe verlangen können. Durch diese werde kein Eigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus (unbillig) beeinträchtigt. Zudem sei geplant, die Installation von Balkonkraftwerken bzw. Steckersolargeräten als privilegierte bauliche Veränderung in § 20 Abs. 2 WEG mit aufzunehmen. Es sei auch zu berücksichtigen, dass es sich als treuwidrig darstellen könne, wenn sie, die Gemeinschaft, von dem Eigentümer der Einheit Nr. 7 die Beseitigung verlangen müsste und es bereits als gesichert gelte, dass er aufgrund einer gesetzlichen Änderung zeitnah die Zustimmung zur Anbringung verlangen könnte. Soweit die Eigentümer mit der Beschlussfassung zu TOP 14 über den Text in der Einladung hinausgegangen seien und die Anlage noch namentlich konkretisiert hätten, so sei dies unbeachtlich; den geladenen Eigentümern sei durch den Ladungstext klar gewesen, dass die vorhandene Anlage gestattet werde und dies sei auch erfolgt. Die PV-Module seien lediglich mit Schellen am Balkongeländer befestigt; es sei nicht gebohrt worden. Das Kraftwerk könne jederzeit unter Lösung weniger Schrauben abgenommen werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Der angegriffene Beschluss der Eigentümerversammlung v. 21.11.2023 zu TOP 14 betreffend die nachträgliche Genehmigung des Anbaus des streitbehafteten Balkonkraftwerks bzw. der beiden PV-Module am Balkon(-geländer) der Einheit Nr. 7 im Dachgeschoss des Hauses Nr. 9 widerspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung und ist hier für ungültig zu erklären.
a) Entgegen der Meinung der Kläger ergibt sich dies nicht bereits aus dem Umstand, dass die PV-Anlage ohne vorherigen Beschluss der Eigentümerversammlung installiert worden ist. Wie der BGH in seiner Entscheidung vom 17.3.2023 – V ZR 140/22 (ZWE 2023, 211= ZMR 2023, 556) zutreffend ausgeführt hat, bedarf zwar jede bauliche Veränderung i.S.v. § 20 Abs. 1 WEG einer vorherigen Beschlussfassung durch die Eigentümerversammlung. Das wäre auch hier der Fall gewesen. Zwar handelt es sich bei dem bloßen Verschrauben der PV-Module mit der Balkonbrüstung, wie sie hier vorgenommen worden ist, nicht um einen Substanzeingriff im Sinne einer durch Bautätigkeit gegenständlichen Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums. Es ist aber anerkannt, dass gleichwohl auch solche Maßnahmen, die diese Schwelle nicht überschreiten, von der Regelung des § 20 Abs. 1 WEG erfasst werden, sofern damit eine optische Auswirkung (Veränderung) des Gesamtbildes der Wohnanlage verbunden ist (s. dazu etwa Dötsch, in: Bärmann, WEG, 15. Aufl. 2023, § 20, Rn. 26; Abramenko, in: SEHR, WEG-Reform 2020/2021, § 5, Rn. 1; in diese Richtung auch LG Frankfurt/Main, ZWE 2021, 460, Rn. 12 = ZMR 2021, 760; AG Konstanz, NZM 2023, 380 = ZMR 2023, 585; anders für ohne Verankerung aufgestellte Geräte etwa Elzer, in: BeckOK-WEG, 56. Ed. 2.4.2024, § 20, Rn. 101). Letzteres ist hier der Fall: ausweislich der zur Akte gereichten Lichtbilder sind die beiden in Rede stehenden PV-Paneele in der Anlage weithin für jedermann sichtbar und heben sich aufgrund ihrer „Schwarzflächigkeit“ von den restlichen Baulichkeiten, die insbesondere durch eine Rotklinkerfassade geprägt werden, sehr auffallend ab.
Die Wohnungseigentümer haben bzw. hatten aber die Kompetenz, eine ohne vorherige Beschlussfassung errichtete Baulichkeit im Wege nachträglicher Entscheidung durch einen – den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung nach den §§ 18, 19 WEG unterworfenen – Mehrheitsbeschluss nach Maßgabe von § 20 Abs. 1 WEG zu legalisieren (vgl. Gericht, Urt. v. 02.09.2022 – 980b C 39/21 WEG, ZMR 2022, 1005; Urt. v. 01.12.2023 – 980b C 20/23 WEG, ZMR 2024, 423).
b) Die Kläger machen indes zutreffend geltend, dass der in Rede stehende Beschluss den genannten Grundsätzen nicht entspricht. Insoweit ist nicht von Bedeutung – wie die Beklagte meint -, dass die Aufnahme von sog. Steckersolargeräten in den Katalog der privilegierten baulichen Veränderungen (§ 20 Abs. 2 WEG) durch den Gesetzgeber beabsichtigt ist (vgl. Entwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 20/9890 vom 20.12.2023). Für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses kommt es (nur) auf den Zeitpunkt seines Zustandekommens – hier Ende November 2023 – an, so dass nachträgliche Veränderungen der Sach- und/oder Rechtslage (an denen es hier ohnehin fehlt) außer Betracht bleiben (s. BGH, NJW 2023, 2190, 2191, Rn. 7 = ZMR 2023, 725; NZM 2024, 334, 335, Rn. 7; Elzer, in: BeckOK-WEG, a.a.O., § 44, Rn. 161).
(1) Das Zustandekommen des Beschlusses zu TOP 14 ist schon deswegen mit einem Fehler behaftet, weil die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung – also vor Ablauf der Ladungfrist (§ 24 Abs. 4 S. 2 WEG) – nicht bzw. nicht ausreichend über den Inhalt des Beschlussgegenstandes von der Verwaltung der Beklagten informiert worden sind. Unstreitig ist der umfassende Beschlusstext erstmals in der Versammlung zur Abstimmung gestellt worden. Die Einladung enthielt lediglich den Hinweis auf die nachträgliche Gestattung über Anbringung eines „Balkonkraftwerkes“ an der Balkonbrüstung der Einheit Nr. 7, aber keinerlei Informationen und/oder Unterlagen über die in Rede stehenden Fabrikate, deren technische Spezifikationen, deren Befestigung, ihren Anschluss an das Leitungsnetz oder die Modalitäten ihres Betriebs (bspw. Anmeldung und Inbetriebnahme beim Netzbetreiber, Abschluss einer Versicherung, Absturzsicherung, Kostentragung, Auswirkungen auf die Gebäudeversicherung). Damit eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die (nachträgliche) Genehmigung einer baulichen Veränderung – sowohl betreffend das „Ob“ als auch das „Wie“ – von den Eigentümern getroffen werden kann, ist es aus Rechtsgründen erforderlich, ihnen eine ausreichende Tatsachengrundlage zu verschaffen. Das hatten die Kläger bereits mit ihrem Schreiben vom 24.04.2023 angemahnt, darauf war die Verwaltung der Beklagten aber bis zur Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung nicht eingegangen. Und selbst wenn die Eigentümer vorliegend keine bloße Blankett-Zustimmung erteilt haben (siehe zu einem solchen Fall etwa AG Wiesbaden, Urt. v. 26.04.2024 – 915 C 2171/23), sondern konkrete Vorgaben für die PV-Anlage in den Beschlusstext aufgenommen haben, reichte es nicht aus, den Eigentümern erst in der Versammlung einen umfänglichen Beschlussantrag zur Abstimmung vorzulegen, ohne ihnen vorab Gelegenheit gegeben zu haben, sich mit der Beschlussmaterie und ihrer Einzelheiten – sprich: dem Gegenstand der nachträglichen Gestattung – vertraut zu machen (vgl. zur „Beschlussvorbereitungspflicht des Verwalters“ nur Greiner, ZWE 2023, 342 m.w.N.).
(2) Ob die Mehrheit der Wohnungseigentümer darüber hinaus bei der Beschlussfassung auch die nach § 20 Abs. 4 zu beachtenden Grenzen überschritten haben, ist zweifelhaft, bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung. Anders als bei der Durchsetzung eines Anspruchs auf eine bauliche Veränderung nach Maßgabe von § 20 Abs. 3 WEG bestimmen sich die – weitergehenden – Grenzen eines gestattenden (Mehrheits-)Beschlusses nach § 20 Abs. 1 WEG nach § 20 Abs. 4 WEG. Es kommt also nicht darauf an, ob die Rechte von Wohnungseigentümern durch die bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden (vgl. dazu etwa AG Konstanz, ZWE 2023, 226 = ZMR 2023, 585 betreffend den eigenmächtigen Anbau eines sog. Balkonkraftwerks). Vielmehr ist maßgebend, ob die Wohnanlage durch die bauliche Veränderung grundlegend umgestaltet wird oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligt; insoweit wird die Beschlussmacht der Mehrheit beschränkt. Ob eine „grundlegende Umgestaltung“ der Wohnanlage anzunehmen ist, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden; die Beurteilung ist Sache des Tatrichters, der alle in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen und eine Gesamtwürdigung vorzunehmen hat (vgl. BGH, ZWE 2024, 213, 215, Rn. 14 = ZMR 2024, 497). Aber nicht jede bauliche Veränderung, die nach § 22 Abs. 2 S. 1 WEG aF die Eigenart der Wohnanlage änderte, führt auch zu einer „grundlegenden Umgestaltung“; der Begriff der grundlegenden Umgestaltung ist vielmehr enger zu verstehen als der Begriff der Änderung der Eigenart im bisherigen Recht (BGH, a.a.O, Rn. 15). Es geht darum, ob die bauliche Veränderung der Anlage ein „neues Gepräge“ gibt, sich also im konkreten Einzelfall angesichts ihrer Größe und Gestaltung wesentlich auf diese auswirkt und das charakterliche Aussehen der Anlage bzw. deren besondere Eigenart, mit der sich ein Gebäude von benachbarten Gebäuden im Umfeld prägend abhebt, gravierend beeinträchtigt (vgl. Dötsch, a.a.O., § 20, Rn. 356).
Die Kläger haben dazu innerhalb der Fristen des § 45 S. 1 WEG gerügt, dass der Gesamteindruck der Anlage vor der Installation der PV-Anlage harmonisch gewesen sei, dass die Installation mit den großen schwarzen Flächen der PV-Module aber nunmehr die Harmonie der Fassadenelemente und damit den optischen Gesamteindruck des Gebäudes erheblich störe. Nach Maßgabe der zur Akte gereichten Lichtbilder steht zwar zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die beiden streitbehafteten PV-Paneele aufgrund ihrer „Schwarzflächigkeit“ im Verhältnis zum übrigen Baukörper und seiner Gestaltung „in den Blick“ fallen. Dadurch wird aber die Anlage als solche im Ganzen keiner erheblichen Veränderung unterzogen; die durch die Steckersolargeräte hervorgerufene optische Abweichung beschränkt sich auf den Bereich rund um den Balkon der Einheit Nr. 7 im Dachgeschoss des Hauses Nr. 9. Es fehlt an einem gänzlich „neuen Gepräge“.
(3) Letztlich kann sich die Beklagte im Rahmen der Beschlussanfechtung nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie den Eigentümer der Einheit Nr. 7 bei einem Erfolg der Anfechtungsklage auf Rückbau in Anspruch nehmen müsste, während dieser seinerseits – auch im Lichte der beabsichtigten Novellierung des § 20 Abs. 2 WEG i.V.m. § 20 Abs. 3 WEG – die nachträgliche Genehmigung der Installation der PV-Anlage beanspruchen könnte. Die geplante Einfügung eines § 20 Abs. 2 Nr. 5 WEG zur Privilegierung von Steckersolargeräten führt schon vor Inkrafttreten der Regelung nicht zu einem offensichtlichen Ausschluss eines Rückbauanspruchs (LG Frankfurt/Main, ZWE 2024, 221, 222, Rn. 7) und im Übrigen kommt es im Streitfall nicht auf einen solchen Rückbauanspruch an, sondern auf die Ordnungsmäßigkeit der Entscheidung vom 21.11.2023 (s.o.).
2. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.