Skip to content

(Video-)Kamera – Verantwortlicher muss nachweisen das DS-GVO eingehalten wird

Ein Grundstückseigentümer in Brandenburg zog vor Gericht, weil die Nachbarin ihn mit einer Hightech-Kamera überwachte – und bekam Recht. Die Kamera mit 360-Grad-Blick, Gesichtserkennung und Mikrofon muss nun so eingestellt werden, dass der Nachbar nicht mehr gefilmt werden kann. Das Gericht drohte der Nachbarin für jeden Verstoß ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro an.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Brandenburg
  • Datum: 05.12.2024
  • Aktenzeichen: 30 C 190/22
  • Verfahrensart: Zivilrechtliches Nachbarschaftsstreitverfahren
  • Rechtsbereiche: Datenschutzrecht, Persönlichkeitsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Kläger ist Eigentümer eines Grundstücks, das mit Bootsschuppen/-garagen und Stadtvillen bebaut ist. Er fordert von der Beklagten sicherzustellen, dass ihre Überwachungskamera nicht sein Grundstück erfasst.
  • Beklagte: Die Beklagte ist Eigentümerin des Nachbargrundstücks und hat eine Überwachungskamera installiert, die potenziell das Grundstück des Klägers erfassen kann. Sie ist der Auffassung, die Überwachung sei rechtlich zulässig und beantragt Klageabweisung.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger forderte die Beklagte auf, die Erfassung seines Grundstücks durch die Überwachungskamera zu verhindern. Die Beklagte hatte die Kamera so angebracht, dass sie das klägerische Grundstück erfassen könnte. Eine technische Veränderung der Kameraeinstellungen war erforderlich, um die Erfassung zu verhindern.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Installation und Bedienbarkeit der Überwachungskamera der Beklagten das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers und die datenschutzrechtlichen Bestimmungen verletzt.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Beklagte muss geeignete Maßnahmen ergreifen, damit ihre Überwachungskamera das Grundstück des Klägers nicht erfasst. Zudem muss sie dem Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 453,87 € zahlen. Andernfalls droht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft.
  • Begründung: Das Gericht entschied, dass die Überwachung durch die Kamera das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Klägers verletzt. Es stützt sich dabei auf datenschutzrechtliche Vorschriften und das Grundrecht auf Persönlichkeitsentfaltung.
  • Folgen: Die Beklagte muss die Kameraanordnung ändern, um die Erfassungsmöglichkeiten zu deaktivieren, oder sie könnte sonst rechtlich belangt werden. Sie trägt alle Verfahrenskosten. Das Urteil unterstreicht, dass Personendaten und Persönlichkeitsrechte durch technische Überwachung nicht ohne rechtliche Grundlagen verletzt werden dürfen.

Videoüberwachung im Alltag: Datenschutz und rechtliche Anforderungen im Fokus

Die Videoüberwachung ist in unserer modernen Gesellschaft allgegenwärtig. Ob in Geschäften, Büros oder öffentlichen Räumen – Überwachungskameras sind zu einem festen Bestandteil unseres Alltags geworden. Dabei spielen Datenschutz und rechtliche Anforderungen eine zentrale Rolle, die durch die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) klar geregelt werden.

Für Verantwortliche bedeutet dies, dass die Installation und der Betrieb von Sicherheitskameras an strenge Bedingungen geknüpft sind. Transparenzpflichten, Datenzugriffsrechte und der Schutz persönlicher Daten müssen gewährleistet sein. Nicht jede Bildaufnahme ist zulässig, und die Dokumentation der datenschutzkonformen Kameranutzung wird zunehmend wichtiger.

Der Fall vor Gericht


Nachbarschaftsstreit um Überwachungskamera – Gericht verpflichtet zur Einhaltung der Privatsphäre

Überwachungskamera in der Nachbarschaft
Symbolfoto: Flux gen.

Das Amtsgericht Brandenburg hat einem Grundstückseigentümer Recht gegeben, der sich gegen die Videoüberwachung durch eine Nachbarin wehrte. Die Kamera der Beklagten, die an der südwestlichen Ecke ihres Anwesens in etwa sechs Metern Höhe angebracht war, muss nun durch geeignete Maßnahmen so ausgerichtet werden, dass das Nachbargrundstück objektiv nachprüfbar nicht erfasst wird.

Hochmoderne Überwachungstechnik im Fokus

Die Beklagte hatte zunächst eine bewegliche Videokamera installiert und diese später durch eine Multisensor-Kamera mit vier CMOS-Sensoren ersetzt. Die neue Kamera ermöglicht einen 360-Grad-Rundumblick und ist mit Varifokalobjektiven ausgestattet. Besonders kritisch sah das Gericht, dass die Brennweite der Kamera über eine kostenlose App verändert werden kann und die Kamera zudem über Gesichtserkennung, Eindringungserkennung und ein Mikrofon verfügt.

Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt

Das Gericht stellte klar, dass bereits die Möglichkeit einer Überwachung einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellt. Die Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Videoüberwachung lag bei der Beklagten. Diese konnte jedoch nicht nachweisen, dass sie die datenschutzrechtlichen Vorgaben durchgehend einhält.

Gravierende rechtliche Folgen

Das Gericht verurteilte die Beklagte nicht nur zur Änderung der Kameraeinstellung, sondern drohte für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft an. Zusätzlich muss die Beklagte die vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers in Höhe von 453,87 Euro sowie die Verfahrenskosten tragen.

Weitreichende Bedeutung für private Videoüberwachung

Das Urteil verdeutlicht die strengen rechtlichen Grenzen bei der Installation von Überwachungskameras im privaten Bereich. Das Gericht betonte, dass bereits die potenzielle Möglichkeit einer Überwachung einen unzulässigen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen darstellen kann. Die bloße technische Möglichkeit, das Nachbargrundstück zu erfassen, reicht für einen Unterlassungsanspruch aus – unabhängig davon, ob tatsächlich eine Überwachung stattfindet.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Das Gericht stellt klar, dass Überwachungskameras so installiert werden müssen, dass sie nicht ohne äußerlich erkennbare technische Veränderungen auf Nachbargrundstücke ausgerichtet werden können. Die bloße Möglichkeit einer Erfassung fremder Grundstücke durch einfache App-Steuerung oder nicht sichtbare technische Anpassungen ist unzulässig. Besonders bei modernen Multisensor-Kameras mit weitreichenden technischen Möglichkeiten muss objektiv nachprüfbar sichergestellt sein, dass keine Überwachung der Nachbarschaft erfolgen kann.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Ihr Nachbar eine Überwachungskamera installiert hat, müssen Sie nicht nachweisen, dass Ihr Grundstück tatsächlich gefilmt wird. Es reicht bereits aus, wenn die Kamera theoretisch durch einfache technische Änderungen (wie eine App-Steuerung) auf Ihr Grundstück gerichtet werden könnte. In diesem Fall können Sie rechtliche Schritte einleiten und die Installation von Sicherungsmaßnahmen verlangen, die eine Überwachung Ihres Grundstücks technisch unmöglich machen. Bei Zuwiderhandlung drohen dem Kamerabesitzer erhebliche Ordnungsgelder bis zu 250.000 Euro. Die Prozesskosten und vorgerichtlichen Anwaltskosten muss der Kamerabesitzer tragen, wenn er unterliegt.


Ihre Privatsphäre ist geschützt!

Das Urteil zeigt, wie wichtig der Schutz Ihrer Privatsphäre ist. Auch die bloße Möglichkeit der Überwachung durch die Kamera Ihres Nachbarn kann bereits einen unzulässigen Eingriff darstellen. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte durchzusetzen und wirksame Maßnahmen gegen unerlaubte Überwachung zu ergreifen. Sprechen Sie uns an, wenn Sie Fragen zu Ihren Rechten im Zusammenhang mit Videoüberwachung haben oder Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche benötigen.
Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für eine private Videoüberwachung erfüllt sein?

Rechtliche Grundlage nach DSGVO

Die Videoüberwachung durch Private basiert primär auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO als Rechtsgrundlage. Eine Einwilligung der Betroffenen ist in der Praxis meist nicht umsetzbar. Der frühere § 4 BDSG wurde vom Bundesverwaltungsgericht als europarechtswidrig eingestuft und gilt nicht mehr für private Videoüberwachung.

Voraussetzungen für die Zulässigkeit

Eine private Videoüberwachung ist nur zulässig, wenn drei zentrale Bedingungen erfüllt sind:

1. Berechtigtes Interesse Ein konkretes berechtigtes Interesse muss vorliegen, wie etwa:

  • Schutz vor Einbrüchen und Diebstählen
  • Vorbeugung von Vandalismus
  • Wahrnehmung des Hausrechts

2. Erforderlichkeit Die Videoüberwachung muss das mildeste geeignete Mittel sein. Es darf keine gleich wirksamen, aber weniger einschneidenden Alternativen geben.

3. Interessenabwägung Die Interessen des Betreibers müssen die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen überwiegen.

Dokumentations- und Informationspflichten

Vor Installation einer Videoüberwachung müssen folgende Pflichten erfüllt werden:

Dokumentation:

  • Schriftliche Festlegung des konkreten Zwecks für jede einzelne Kamera
  • Erstellung eines Verzeichnisses der Verarbeitungstätigkeiten
  • Dokumentation der technischen und organisatorischen Maßnahmen

Information der Betroffenen:

  • Deutlich sichtbare Hinweisschilder vor dem überwachten Bereich
  • Angabe des Verantwortlichen mit Kontaktdaten
  • Nennung des Verarbeitungszwecks
  • Information über Speicherdauer

Technische und organisatorische Anforderungen

Die Videoüberwachung muss technisch und organisatorisch so gestaltet sein, dass:

  • Der Zugriff auf die Aufnahmen beschränkt und protokolliert wird
  • Eine angemessene Speicherdauer festgelegt wird
  • Nicht erforderliche Bereiche ausgeblendet oder verpixelt werden
  • Zusatzfunktionen wie Zoom oder Ton deaktiviert sind

Eine Datenschutz-Folgenabschätzung ist durchzuführen, wenn die Überwachung ein hohes Risiko für die Rechte der Betroffenen darstellt, insbesondere bei systematischer Überwachung öffentlicher Bereiche.


zurück

Wie kann ich beweisen, dass meine Kamera keine fremden Grundstücke erfasst?

Als Betreiber einer Videoüberwachungsanlage müssen Sie aufgrund der Rechenschaftspflicht nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO nachweisen können, dass Ihre Kamera datenschutzkonform betrieben wird. Für einen rechtssicheren Nachweis sollten Sie folgende Dokumentation erstellen und aufbewahren:

Technische Dokumentation

Erstellen Sie eine detaillierte Dokumentation der Kameraeinstellung mit Fotos oder Videos, die den tatsächlichen Erfassungsbereich zeigen. Dokumentieren Sie auch technische Einschränkungen wie:

  • Deaktivierte Schwenkbarkeit
  • Fest eingestellte Zoom-Stufe
  • Verpixelte oder ausgeblendete Bereiche

Schriftliche Nachweise

Führen Sie ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten, das für jede einzelne Kamera folgende Informationen enthält:

  • Zweck der Überwachung
  • Erfassungsbereich mit Lageplan
  • Technische und organisatorische Maßnahmen
  • Speicherdauer der Aufnahmen

Praktische Maßnahmen

Setzen Sie technische Beschränkungen ein, die eine Erfassung fremder Grundstücke unmöglich machen. Hierzu gehören:

  • Fest montierte Kameras ohne Schwenkfunktion
  • Physische Sichtblenden
  • Softwareseitige Verpixelung sensibler Bereiche

Regelmäßige Überprüfung

Kontrollieren Sie regelmäßig den Erfassungsbereich Ihrer Kameras. Dokumentieren Sie diese Kontrollen mit:

  • Datum der Überprüfung
  • Festgestellter Erfassungsbereich
  • Vorgenommene Anpassungen
  • Name der prüfenden Person

Bei Kameraattrappen müssen Sie deren Funktionslosigkeit durch Kaufbelege, Herstellernachweise oder technische Datenblätter belegen können.


zurück

Welche Sanktionen drohen bei Verstößen gegen Datenschutzauflagen bei Videoüberwachung?

Bei Verstößen gegen Datenschutzauflagen im Bereich der Videoüberwachung drohen erhebliche Sanktionen. Die Aufsichtsbehörden können verschiedene Maßnahmen ergreifen:

Bußgelder nach DSGVO

Schwere Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu 4 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes geahndet werden – es gilt der jeweils höhere Betrag.

Die Höhe der Bußgelder richtet sich nach folgenden Kriterien:

  • Art, Schwere und Dauer des Verstoßes
  • Vorsätzlichkeit oder Fahrlässigkeit
  • Ergriffene Maßnahmen zur Schadensbegrenzung
  • Grad der Verantwortung und frühere Verstöße
  • Umfang der Zusammenarbeit mit der Aufsichtsbehörde

Behördliche Anordnungen

Die Aufsichtsbehörden können zusätzlich folgende Maßnahmen anordnen:

Sofortige Einstellung der Videoüberwachung bei schweren Verstößen. Die Behörde kann die Überwachung vorübergehend oder dauerhaft untersagen.

Beseitigung von Mängeln, etwa bei fehlenden Hinweisschildern oder unzureichender Dokumentation.

Praktische Beispiele für Sanktionen

Aktuelle Fälle zeigen die Bandbreite möglicher Sanktionen:

Hohe Bußgelder: Ein Elektronikhändler musste 10,4 Millionen Euro zahlen wegen unrechtmäßiger Mitarbeiterüberwachung über zwei Jahre.

Mittlere Bußgelder: Ein Gewerbebetrieb wurde mit 30.000 Euro belegt wegen unzulässiger Überwachung von Kunden und Passanten.

Niedrige Bußgelder: Bei Verstößen in Mehrfamilienhäusern wurden Bußgelder zwischen 100 und 900 Euro verhängt.

Weitere rechtliche Folgen

Neben behördlichen Sanktionen drohen:

Zivilrechtliche Ansprüche: Betroffene können Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Persönlichkeitsrechtsverletzungen fordern.

Strafrechtliche Konsequenzen: Bei vorsätzlichen Verstößen drohen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen.


zurück

Welche Rechte habe ich als Betroffener einer Videoüberwachung?

Als von einer Videoüberwachung betroffene Person stehen Ihnen nach der DSGVO umfangreiche Rechte zu, die Sie gegenüber dem Verantwortlichen geltend machen können.

Auskunftsrecht

Sie haben das Recht zu erfahren, ob und welche Videoaufnahmen von Ihnen gespeichert wurden. Der Verantwortliche muss Ihnen eine Kopie der Aufnahmen zur Verfügung stellen, wobei andere aufgenommene Personen unkenntlich gemacht werden müssen, etwa durch Verpixelung.

Recht auf Löschung

Wenn die Aufnahmen für den ursprünglichen Zweck nicht mehr erforderlich sind, können Sie deren unverzügliche Löschung verlangen. Dies gilt besonders dann, wenn:

  • die Einwilligung widerrufen wurde
  • Sie Widerspruch eingelegt haben und keine zwingenden schutzwürdigen Gründe für die weitere Verarbeitung vorliegen
  • die Daten für Direktwerbung verwendet werden

Widerspruchsrecht

Sie können der Videoüberwachung aus Gründen widersprechen, die sich aus Ihrer besonderen persönlichen Situation ergeben. Der Verantwortliche muss dann eine erneute Interessenabwägung vornehmen. Die Videoüberwachung darf nur fortgesetzt werden, wenn zwingende schutzwürdige Gründe nachgewiesen werden können, die Ihre Interessen überwiegen.

Recht auf Berichtigung

Bei unrichtigen personenbezogenen Daten können Sie deren Berichtigung verlangen. Unvollständige Daten müssen unter Berücksichtigung des Verarbeitungszwecks vervollständigt werden.

Durchsetzung Ihrer Rechte

Der Verantwortliche muss auf Ihre Anfrage innerhalb eines Monats reagieren. Sie können Ihre Rechte formlos, zum Beispiel per E-Mail oder Brief, geltend machen. Bei Verstößen gegen Ihre Rechte können Sie:

  • sich bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde beschweren
  • Schadenersatz oder Schmerzensgeld verlangen, wenn die Videoüberwachung unrechtmäßig erfolgte

Informationspflicht des Verantwortlichen

Der Betreiber der Videoüberwachung muss Sie durch gut sichtbare Hinweisschilder über die Überwachung informieren. Diese müssen folgende Angaben enthalten:

  • Umstand der Beobachtung (Kamerasymbol)
  • Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen
  • Zweck und Rechtsgrundlage der Überwachung
  • Speicherdauer der Aufnahmen
  • Ihre Betroffenenrechte

zurück

Ab wann liegt rechtlich eine Videoüberwachung vor?

Eine Videoüberwachung im rechtlichen Sinne liegt vor, sobald personenbezogene Daten durch optisch-elektronische Einrichtungen verarbeitet werden. Dies umfasst zwei grundlegende Formen:

Arten der Videoüberwachung

Videobeobachtung: Wenn Bilder in Echtzeit auf einen Monitor übertragen werden, ohne diese zu speichern, liegt bereits eine Videoüberwachung vor. Wenn Sie beispielsweise eine Kamera installieren, die nur Live-Bilder auf einen Bildschirm überträgt, müssen Sie die datenschutzrechtlichen Vorgaben beachten.

Videoaufzeichnung: Sobald Aufnahmen gespeichert und zu einem späteren Zeitpunkt ausgelesen werden können, handelt es sich ebenfalls um eine Videoüberwachung. Dies gilt für alle modernen Überwachungskameras mit Speicherfunktion.

Besonderheiten und Ausnahmen

Kamera-Attrappen: Auch wenn keine echte Kamera installiert ist, können Attrappen in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifen. Die DSGVO findet hier zwar keine Anwendung, dennoch müssen bestimmte rechtliche Vorgaben eingehalten werden.

Haushaltsprivileg: Eine Ausnahme von der DSGVO besteht nur dann, wenn die Videoüberwachung ausschließlich im persönlichen oder privaten Bereich stattfindet und kein Zusammenhang mit einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit besteht. Wichtig: Sobald der öffentliche Raum miterfasst wird, greift diese Ausnahme nicht mehr.

Technische Aspekte

Die Art der eingesetzten Technik ist für die rechtliche Bewertung relevant. Moderne IP-Kameras mit Funktionen wie:

  • Bewegungserkennung
  • Gesichtserkennung
  • Aufzeichnung in HD-Qualität
  • Fernzugriff per Smartphone
  • Künstliche Intelligenz zur Objekterkennung

führen aufgrund ihrer technischen Möglichkeiten zu einer besonders intensiven Überwachung und erfordern daher eine besonders sorgfältige datenschutzrechtliche Prüfung.

Dokumentationspflichten

Wenn Sie eine Videoüberwachung einrichten, müssen Sie vor der Installation folgende Aspekte dokumentieren:

  • Den konkreten Zweck jeder einzelnen Kamera
  • Die Rechtsgrundlage der Überwachung
  • Die betroffenen Bereiche
  • Die Speicherdauer der Aufnahmen

Eine Videoüberwachung „ins Blaue hinein“ oder mit der pauschalen Begründung „Sicherheitsgründe“ ist nicht zulässig.


zurück


Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Videoüberwachung

Eine systematische optische Beobachtung durch Kameras zur Aufzeichnung oder Übertragung von Bildern. Im privaten Bereich unterliegt sie strengen datenschutzrechtlichen Vorgaben nach Art. 6 DS-GVO. Eine Überwachung fremder Grundstücke oder öffentlicher Bereiche ist grundsätzlich unzulässig, wenn keine berechtigten Interessen nachgewiesen werden können. Ein typisches Beispiel ist die Kamera am eigenen Hauseingang, die aber nur den eigenen Bereich erfassen darf.


Zurück

Persönlichkeitsrecht

Das grundgesetzlich geschützte Recht jeder Person auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG). Es umfasst unter anderem das Recht am eigenen Bild und den Schutz der Privatsphäre. Eine Videoüberwachung stellt einen Eingriff in dieses Recht dar, da sie das Verhalten der betroffenen Person dokumentiert und deren Bewegungsfreiheit einschränken kann.


Zurück

Beweislast

Die rechtliche Pflicht, die für einen Anspruch relevanten Tatsachen zu beweisen. Bei Videoüberwachung muss der Betreiber der Kamera nachweisen, dass die Überwachung rechtmäßig ist und alle datenschutzrechtlichen Vorgaben eingehalten werden (Art. 5 Abs. 2 DS-GVO). Gelingt dieser Nachweis nicht, ist die Überwachung unzulässig.


Zurück

Unterlassungsanspruch

Ein gesetzlicher Anspruch, durch den jemand die Unterlassung einer rechtswidrigen Handlung verlangen kann (§ 1004 BGB analog). Im Fall von Videoüberwachung bedeutet dies das Recht, die Einstellung oder Änderung der Kameraüberwachung zu fordern, wenn diese die eigenen Rechte verletzt. Beispiel: Ein Nachbar kann verlangen, dass eine auf sein Grundstück gerichtete Kamera entsprechend ausgerichtet wird.


Zurück

Ordnungsgeld

Ein vom Gericht festgesetztes Zwangsmittel zur Durchsetzung von Unterlassungspflichten (§ 890 ZPO). Es wird für jeden Verstoß gegen eine gerichtliche Anordnung neu verhängt. Die Höhe richtet sich nach der Schwere des Verstoßes und soll den Betroffenen zur Einhaltung der Anordnung bewegen. Im vorliegenden Fall wurde ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro angedroht.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Art. 13 Grundgesetz (Unverletzlichkeit der Wohnung): Dieser Artikel des Grundgesetzes schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung sowie andere persönliche Räume vor Eingriffen und Übergriffen. Er garantiert, dass Personen einen Anspruch darauf haben, dass ihre Wohnräume frei von unbefugten Zutritten und Beobachtungen bleiben. Maßnahmen, die diese Unverletzlichkeit beeinträchtigen, bedürfen einer gesetzlichen Grundlage.

    Im vorliegenden Fall betrifft dies die Überwachungskamera der Beklagten, die potenziell das Grundstück des Klägers erfasst. Durch die Anpassung der Kamera, die eine Überwachung des klägerischen Grundstücks ermöglicht, wird die Unverletzlichkeit der Wohnung des Klägers verletzt.

  • Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO): Die DSGVO ist eine EU-weite Verordnung, die den Schutz personenbezogener Daten regelt. Sie legt fest, wie Daten erhoben, verarbeitet und gespeichert werden dürfen und gewährt den Betroffenen umfangreiche Rechte hinsichtlich ihrer Daten. Insbesondere fordert die DSGVO Transparenz und Rechtmäßigkeit bei der Datenverarbeitung.

    Die Nutzung der Überwachungskamera zur Erfassung des klägerischen Grundstücks stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar. Ohne eine rechtmäßige Grundlage und transparente Information über die Datenverarbeitung durch die Beklagte könnte ein Verstoß gegen die DSGVO vorliegen.

  • Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Das BDSG ergänzt die DSGVO und regelt spezifische nationale Anforderungen zum Datenschutz in Deutschland. Es enthält Vorschriften zur Datenverarbeitung durch öffentliche Stellen und private Unternehmen sowie Regelungen zu Rechten der Betroffenen und Pflichten der Verantwortlichen.

    Die Beklagte als Betreiberin der Überwachungskamera muss sicherstellen, dass die Datenverarbeitung im Einklang mit dem BDSG steht. Die unzulässige Erfassung des klägerischen Grundstücks könnte gegen die Datenschutzbestimmungen des BDSG verstoßen.

  • Nachbarrecht gemäß Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Das Nachbarrecht im BGB regelt die Rechte und Pflichten von Nachbarn, um ein nachbarschaftliches Miteinander zu gewährleisten. Es umfasst unter anderem Bestimmungen zur Nutzung von Grundstücken und zur Vermeidung von Beeinträchtigungen.

    Die Installation und Ausrichtung der Überwachungskamera der Beklagten, die das Grundstück des Klägers erfasst, stellt eine Beeinträchtigung des Nachbarrechts dar. Der Kläger kann auf Unterlassung und Anpassung der Kamera gemäß den nachbarrechtlichen Vorschriften klagen.

  • § 201a Strafgesetzbuch (StGB) – Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen: Diese Vorschrift des Strafgesetzbuches schützt den höchstpersönlichen Lebensbereich vor unbefugten Bildaufnahmen. Sie stellt Strafen für die Aufnahme und unbefugte Verbreitung solcher Bilder ohne Einwilligung des Betroffenen bereit.

    Die Beklagte könnte durch die Einstellung der Kamera, die das Grundstück des Klägers erfasst, gegen § 201a StGB verstoßen, da dadurch der höchstpersönliche Lebensbereich des Klägers unrechtmäßig aufgenommen und dokumentiert wird.


Das vorliegende Urteil


AG Brandenburg – Az.: 30 C 190/22 – Urteil vom 05.12.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen ausschließlich Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar. Sie können eine individuelle rechtliche Beratung, die die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt, nicht ersetzen. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch neue Urteile und Gesetze geändert haben. Teile dieses Beitrags könnten mithilfe von KI-Unterstützung erstellt worden sein, um eine effiziente und präzise Darstellung der Informationen zu gewährleisten. Trotz umfassender Kontrolle können Irrtümer enthalten sein. Für eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelle Jobangebote


Stand: 25.06.2024

Rechtsanwaltsfachangestellte (n) / Notarfachangestellte(n) (m/w/d) in Vollzeit

 

jetzt bewerben

 


 

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)

als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

 

mehr Infos