Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Vertragsrecht: Bedeutung des Vertrags zugunsten Dritter im Todesfall
- Der Fall vor Gericht
- Erbin erstreitet Zahlung von über 100.000 Euro aus Vertrag zugunsten Dritter
- Vertrag zugunsten Dritter nach dem Tod der Mutter
- Bank informierte Begünstigte nicht über Verträge
- Klägerin fordert Auszahlung nach Kenntnis der Verträge
- Gericht: Ansprüche nicht verjährt trotz Zeitablauf
- Bank muss über 100.000 Euro zahlen
- Bedeutung von Verträgen zugunsten Dritter beim Erben
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie unterscheidet sich ein Vertrag zugunsten Dritter von einer testamentarischen Verfügung?
- Welche Rechte und Pflichten haben Banken bei Verträgen zugunsten Dritter im Todesfall?
- Wie können Begünstigte ihre Ansprüche aus einem Vertrag zugunsten Dritter geltend machen?
- Wann verjähren Ansprüche aus einem Vertrag zugunsten Dritter?
- Welche Auswirkungen hat ein Vertrag zugunsten Dritter auf die Erbengemeinschaft?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Das Urteil behandelt Ansprüche auf Zahlung und Schadensersatz aus einem Vertrag zugunsten Dritter nach einem Todesfall.
- Die Klägerin ist Begünstigte eines solchen Vertrags und Teil einer Erbengemeinschaft nach dem Tod der Erblasserin.
- Die Verträge sahen vor, dass nach dem Tod der Erblasserin die Rechte an der Klägerin, der Begünstigten, übergehen sollten.
- Die Erblasserin verzichtete auf ihr Recht zum Widerruf der Schenkungsangebote und beauftragte die Bank, diese nach ihrem Tod an die Begünstigte zu übermitteln.
- Die Bank, als Beklagte, hat es versäumt, die vertraglichen Ansprüche der Klägerin nach dem Tod der Erblasserin anzuerkennen.
- Der Zeuge, ein früherer Bankmitarbeiter, bestätigte, dass das Depot gesperrt wurde, sodass es nicht in die Erbmasse fällt.
- Schwierigkeiten ergaben sich aus der internen Bearbeitung bei der Bank, wo Hinweise auf Verträge zugunsten Dritter nicht entsprechend berücksichtigt wurden.
- Das Gericht entschied, dass die Bank der Klägerin den vertraglich zugesagten Betrag sowie die entstandenen Anwaltskosten zahlen muss.
- Die Entscheidung beruht darauf, dass die Bank die vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der Begünstigten nicht erfüllt hat.
- Die Auswirkungen des Urteils unterstreichen die Wichtigkeit des korrekten Umgangs mit Verträgen zugunsten Dritter durch Banken.
Vertragsrecht: Bedeutung des Vertrags zugunsten Dritter im Todesfall
Der Vertrag zugunsten Dritter ist ein zentrales Konzept im deutschen Vertragsrecht, das es ermöglicht, einem Dritten Rechte aus einem Vertrag zu gewähren. Insbesondere im Kontext der Erbfolgen und Todesfälle spielt dieser Vertrag eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, Ansprüche und Leistungsverpflichtungen nach dem Tod einer Person zu regeln. Durch eine sorgfältige Vertragsgestaltung können auch im Todesfall klare Rechtsbeziehungen entstehen, die den Begünstigten im Vertrag berücksichtigen. Wenn eine Leistung für den Dritten vorgesehen ist, wird oft ein kompliziertes Geflecht aus Erbrecht und vertraglichen Regelungen entworfen. In der folgenden Analyse wird ein konkreter Fall vorgestellt, der aufzeigt, wie solche Verträge im Kontext eines Todesfalls und der Anspruchsberechtigung wirken.
Der Fall vor Gericht
Erbin erstreitet Zahlung von über 100.000 Euro aus Vertrag zugunsten Dritter

Das Landgericht Flensburg hat einer Klägerin Recht gegeben, die als Begünstigte eines Vertrags zugunsten Dritter Ansprüche gegen eine Bank geltend machte. Die Bank muss der Klägerin nun über 100.000 Euro zahlen.
Vertrag zugunsten Dritter nach dem Tod der Mutter
Die Klägerin ist Mitglied einer Erbengemeinschaft nach ihrer 2005 verstorbenen Mutter. Diese hatte mit der beklagten Bank zwei Verträge zugunsten Dritter abgeschlossen, in denen die Klägerin als Begünstigte für ein Wertpapierdepot und Kontoguthaben eingesetzt wurde. Nach dem Tod der Mutter sollten die Rechte aus diesen Konten der Klägerin zustehen.
Bank informierte Begünstigte nicht über Verträge
Entgegen der vertraglichen Vereinbarungen informierte die Bank die Klägerin nach dem Tod der Mutter nicht über die bestehenden Verträge zugunsten Dritter. Stattdessen teilte die Bank der Erbschaftssteuerstelle mit, es seien keine solchen Verträge vorhanden. Die Bank wickelte in der Folge das Wertpapierdepot ab und schrieb die Erlöse einem neu eingerichteten Tagesgeldkonto gut.
Klägerin fordert Auszahlung nach Kenntnis der Verträge
Erst 2019 erlangte die Klägerin Kenntnis von den Verträgen und forderte daraufhin die Bank zur Auszahlung auf. Die Bank verweigerte dies unter Verweis auf eine nötige einheitliche Weisung aller Erben.
Gericht: Ansprüche nicht verjährt trotz Zeitablauf
Das Landgericht sah die Ansprüche der Klägerin als begründet an. Zwar war seit dem Tod der Mutter mehr als die reguläre Verjährungsfrist von 10 Jahren verstrichen. Da die Bank aber pflichtwidrig die Klägerin nicht über die Verträge informiert hatte, könne sie sich nicht auf Verjährung berufen.
Bank muss über 100.000 Euro zahlen
Das Gericht verurteilte die Bank zur Zahlung von insgesamt 103.720,17 Euro nebst Zinsen. Dieser Betrag setzt sich aus dem Wert des Kontokorrentkontos zum Todeszeitpunkt und dem aktuellen Bestand des Tagesgeldkontos zusammen. Zusätzlich muss die Bank die Klägerin von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 2.348,94 Euro freistellen.
Bedeutung von Verträgen zugunsten Dritter beim Erben
Der Fall zeigt die Relevanz von Verträgen zugunsten Dritter im Erbkontext. Solche Verträge sind ein zulässiges Mittel neben Verfügungen von Todes wegen und unterliegen nicht dem Erbrecht. Banken trifft dabei die Pflicht, Begünstigte nach dem Tod des Vertragspartners zu informieren und ihnen die vorgesehenen Schenkungsangebote zu übermitteln.
Die Schlüsselerkenntnisse
Dieses Urteil unterstreicht die rechtliche Wirksamkeit und Bindungskraft von Verträgen zugunsten Dritter im Erbkontext. Es verdeutlicht die Pflicht von Banken, Begünstigte über solche Verträge zu informieren und die vereinbarten Leistungen zu erbringen. Besonders bemerkenswert ist die Entscheidung, dass sich die Bank aufgrund ihrer Pflichtverletzung nicht auf Verjährung berufen kann. Dies stärkt den Schutz von Begünstigten und betont die Verantwortung von Finanzinstituten bei der Verwaltung von Nachlässen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil stärkt die Rechte von Begünstigten aus Verträgen zugunsten Dritter im Erbkontext erheblich. Wenn Sie als Erbe oder potenzieller Begünstigter eines solchen Vertrags in Erscheinung treten, haben Sie nun bessere Chancen, Ihre Ansprüche durchzusetzen – selbst wenn viele Jahre seit dem Tod des Erblassers vergangen sind. Banken und andere Finanzinstitute tragen eine erhöhte Verantwortung, Sie über bestehende Verträge zu informieren und können sich nicht auf Verjährung berufen, wenn sie dieser Pflicht nicht nachgekommen sind. Es lohnt sich daher, auch Jahre nach einem Erbfall noch einmal genau nachzuforschen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten, wenn Sie den Verdacht haben, dass Ihnen zustehende Vermögenswerte nicht ordnungsgemäß übertragen wurden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie unterscheidet sich ein Vertrag zugunsten Dritter von einer testamentarischen Verfügung?
Ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall und eine testamentarische Verfügung sind zwei unterschiedliche rechtliche Instrumente zur Vermögensübertragung nach dem Tod.
Rechtliche Grundlagen und Wirksamkeit
Der Vertrag zugunsten Dritter basiert auf den §§ 328 ff. BGB und ist ein Vertrag zwischen dem Erblasser (Versprechensempfänger) und einem Versprechenden (z.B. Bank oder Versicherung) zugunsten eines Dritten. Er wird bereits zu Lebzeiten des Erblassers wirksam, entfaltet seine volle Wirkung aber erst mit dessen Tod.
Eine testamentarische Verfügung hingegen ist eine einseitige Willenserklärung des Erblassers, die auf den §§ 1937 ff. BGB beruht. Sie wird erst mit dem Tod des Erblassers wirksam und kann bis dahin jederzeit geändert oder widerrufen werden.
Formvorschriften und Flexibilität
Wenn Sie einen Vertrag zugunsten Dritter abschließen möchten, beachten Sie, dass dieser grundsätzlich formfrei ist. Allerdings bedarf ein zugrunde liegendes Schenkungsversprechen der notariellen Beurkundung, wobei ein formloses Versprechen durch den Erwerb des Leistungsanspruchs geheilt werden kann.
Bei einer testamentarischen Verfügung haben Sie die Wahl zwischen einem handschriftlichen Testament (§ 2247 BGB) oder einem notariellen Testament (§ 2232 BGB). Ein handschriftliches Testament bietet Ihnen mehr Flexibilität, da Sie es jederzeit selbst ändern können.
Vermögensübertragung und Nachlasszugehörigkeit
Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Art der Vermögensübertragung. Bei einem Vertrag zugunsten Dritter erwirbt der Begünstigte einen direkten Anspruch gegen den Versprechenden (z.B. Bank oder Versicherung). Das bedeutet für Sie: Die versprochene Leistung fällt nicht in Ihren Nachlass und steht dem Begünstigten unmittelbar zur Verfügung.
Bei einer testamentarischen Verfügung hingegen wird das gesamte Vermögen Teil Ihres Nachlasses. Der Erbe muss zunächst das Erbe antreten und eventuell ein Erbscheinsverfahren durchlaufen, bevor er über das Vermögen verfügen kann.
Pflichtteilsansprüche und Gläubigerzugriff
Wenn Sie einen Vertrag zugunsten Dritter abschließen, beachten Sie, dass die übertragenen Vermögenswerte nicht für die Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten zur Verfügung stehen. Dies kann vorteilhaft sein, birgt aber auch das Risiko von Pflichtteilsergänzungsansprüchen.
Bei einer testamentarischen Verfügung hingegen unterliegt das gesamte Vermögen den erbrechtlichen Regelungen, einschließlich möglicher Pflichtteilsansprüche und der Haftung für Nachlassverbindlichkeiten.
Widerrufsmöglichkeiten
Ein Vertrag zugunsten Dritter kann nach dem Tod des Erblassers unter bestimmten Umständen von den Erben widerrufen werden, insbesondere wenn er in der Absicht geschlossen wurde, einen Vertragserben zu beeinträchtigen.
Eine testamentarische Verfügung können Sie zu Lebzeiten jederzeit ändern oder widerrufen, sei es durch ein neues Testament, die Vernichtung des alten Testaments oder die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung.
Welche Rechte und Pflichten haben Banken bei Verträgen zugunsten Dritter im Todesfall?
Banken haben bei Verträgen zugunsten Dritter im Todesfall sowohl Rechte als auch Pflichten, die sich aus dem Gesetz und den vertraglichen Vereinbarungen ergeben.
Informationspflicht gegenüber dem Begünstigten
Die Bank ist verpflichtet, den Begünstigten über den Vertrag zu seinen Gunsten zu informieren, sobald sie vom Tod des Erblassers (Versprechensempfängers) Kenntnis erlangt. Diese Information beinhaltet in der Regel ein Angebot zum Abschluss eines Schenkungsvertrages, das der Erblasser der Bank aufgetragen hat, dem Begünstigten zu übermitteln.
Auszahlungspflicht an den Begünstigten
Sofern der Begünstigte das Angebot annimmt, muss die Bank die vereinbarte Leistung an ihn auszahlen. Dies geschieht „am Nachlass vorbei“, das heißt, die Erben haben zunächst keinen Zugriff auf diese Vermögenswerte.
Prüfungspflicht und Haftungsrisiko
Die Bank hat die Pflicht, die Rechtmäßigkeit des Anspruchs sorgfältig zu prüfen, bevor sie eine Auszahlung vornimmt. Wenn Sie als Begünstigter einen Anspruch geltend machen, müssen Sie damit rechnen, dass die Bank Ihre Berechtigung genau überprüft. Zahlt die Bank an einen Nichtberechtigten aus, kann sie gegenüber dem wahren Berechtigten haftbar gemacht werden.
Umgang mit Widerruf durch Erben
Erben haben das Recht, das Angebot zum Abschluss des Schenkungsvertrages zu widerrufen, bevor es dem Begünstigten zugeht. In diesem Fall muss die Bank den Widerruf beachten und darf keine Auszahlung an den ursprünglich Begünstigten vornehmen.
Auskunftspflicht gegenüber Erben
Die Bank hat eine Auskunftspflicht gegenüber den Erben. Wenn Sie als Erbe Informationen über Konten des Verstorbenen benötigen, haben Sie das Recht, diese von der Bank zu erhalten. Dies gilt auch für Konten, die im Rahmen eines Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall geführt werden, allerdings nur, wenn Sie als Erbe konkret danach fragen.
Meldepflicht gegenüber dem Finanzamt
Die Bank ist gesetzlich verpflichtet, dem zuständigen Finanzamt eine Kontrollmitteilung über das Vermögen des Verstorbenen zu machen. Diese Meldung muss innerhalb eines Monats nach Kenntnis vom Tod des Kontoinhabers erfolgen und beinhaltet Informationen über die Höhe des Vermögens sowie bestehende Forderungen.
Wenn Sie als Begünstigter oder Erbe mit einem Vertrag zugunsten Dritter im Todesfall konfrontiert sind, ist es wichtig, dass Sie die Rechte und Pflichten der Bank kennen. So können Sie sicherstellen, dass Ihre Interessen gewahrt werden und die Bank ihren Verpflichtungen nachkommt.
Wie können Begünstigte ihre Ansprüche aus einem Vertrag zugunsten Dritter geltend machen?
Als Begünstigter eines Vertrags zugunsten Dritter können Sie Ihre Ansprüche direkt gegenüber dem Versprechenden (z.B. der Bank oder Versicherung) geltend machen. Hierfür müssen Sie zunächst nachweisen, dass Sie tatsächlich der im Vertrag benannte Begünstigte sind.
Nachweis der Begünstigung
Um Ihre Ansprüche durchzusetzen, benötigen Sie in der Regel folgende Dokumente:
- Sterbeurkunde des Erblassers: Diese belegt den Eintritt des Versicherungsfalls bzw. die Fälligkeit der Leistung.
- Identitätsnachweis: Legen Sie Ihren Personalausweis oder Reisepass vor, um Ihre Identität zu bestätigen.
- Vertragsdokumente: Falls vorhanden, präsentieren Sie Kopien des Vertrags zugunsten Dritter oder andere Dokumente, die Ihre Begünstigung belegen.
Geltendmachung des Anspruchs
Nachdem Sie die notwendigen Unterlagen zusammengestellt haben, gehen Sie wie folgt vor:
- Kontaktaufnahme: Setzen Sie sich schriftlich mit dem Versprechenden in Verbindung. Erklären Sie, dass Sie Ansprüche aus einem Vertrag zugunsten Dritter geltend machen möchten.
- Forderungsstellung: Formulieren Sie Ihre Forderung klar und präzise. Beziehen Sie sich auf den zugrundeliegenden Vertrag und nennen Sie die genaue Leistung, die Sie beanspruchen.
- Fristsetzung: Setzen Sie eine angemessene Frist für die Erfüllung Ihres Anspruchs, üblicherweise zwei bis vier Wochen.
Vorgehen bei Verweigerung der Leistung
Sollte der Versprechende die Leistung verweigern, haben Sie folgende Möglichkeiten:
- Einwendungen prüfen: Der Versprechende kann Ihnen gemäß § 334 BGB Einwendungen entgegenhalten, die sich aus dem Vertrag ergeben. Prüfen Sie sorgfältig, ob diese Einwendungen berechtigt sind.
- Nachweise nachreichen: Reichen Sie gegebenenfalls weitere Dokumente nach, die Ihren Anspruch belegen.
- Mahnung: Setzen Sie eine letzte Frist zur Leistungserbringung und drohen Sie rechtliche Schritte an.
- Klage: Als letztes Mittel können Sie Ihren Anspruch gerichtlich durchsetzen. Hier ist eine sorgfältige Abwägung der Erfolgsaussichten und Kosten ratsam.
Beachten Sie, dass Sie Ihr Recht auf die Leistung gemäß § 333 BGB auch zurückweisen können. In diesem Fall gilt das Recht als nicht erworben.
Wenn Sie einen Vertrag zugunsten Dritter geltend machen, ist es wichtig, systematisch und dokumentiert vorzugehen. Bewahren Sie alle Korrespondenzen und Nachweise sorgfältig auf, um Ihre Position zu stärken.
Wann verjähren Ansprüche aus einem Vertrag zugunsten Dritter?
Ansprüche aus einem Vertrag zugunsten Dritter verjähren grundsätzlich nach der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB).
Beginn der Verjährungsfrist
Der Verjährungsbeginn richtet sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der begünstigte Dritte seinen Anspruch geltend machen kann. Wenn Sie als begünstigter Dritter beispielsweise erst nach dem Tod des Versprechensempfängers von Ihrem Anspruch erfahren, beginnt die Verjährungsfrist frühestens mit dem Schluss des Jahres, in dem Sie Kenntnis von Ihrem Anspruch erlangt haben.
Besonderheiten bei Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
Bei Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter gelten dieselben Verjährungsregeln wie für den Hauptvertrag zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger. Wenn Sie als geschützter Dritter beispielsweise Schadensersatzansprüche geltend machen möchten, verjähren diese in der Regel ebenfalls nach drei Jahren.
Hemmung und Neubeginn der Verjährung
Die Verjährung kann durch verschiedene Umstände gehemmt werden. Wenn Sie als begünstigter Dritter mit dem Schuldner Verhandlungen über den Anspruch führen, ist die Verjährung für die Dauer der Verhandlungen gehemmt (§ 203 BGB). Auch die Erhebung einer Klage oder die Zustellung eines Mahnbescheids hemmen die Verjährung (§ 204 BGB).
Ein Neubeginn der Verjährung tritt ein, wenn der Schuldner Ihren Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt (§ 212 BGB). In diesem Fall beginnt die volle Verjährungsfrist von drei Jahren erneut zu laufen.
Absolute Verjährungsfrist
Beachten Sie, dass neben der regelmäßigen Verjährungsfrist auch eine absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren gilt (§ 199 Abs. 4 BGB). Diese beginnt unabhängig von Ihrer Kenntnis mit der Entstehung des Anspruchs. Wenn Sie also erst nach mehr als zehn Jahren von Ihrem Anspruch erfahren, könnte dieser bereits verjährt sein.
Welche Auswirkungen hat ein Vertrag zugunsten Dritter auf die Erbengemeinschaft?
Ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall hat erhebliche Auswirkungen auf die Erbengemeinschaft, da er die Vermögensverteilung nach dem Tod des Erblassers beeinflusst. Die wesentlichen Konsequenzen sind:
Ausschluss aus dem Nachlass
Vermögenswerte, die Gegenstand eines Vertrags zugunsten Dritter sind, gehören nicht zum Nachlass. Wenn Sie beispielsweise eine Lebensversicherung zugunsten Ihres Kindes abschließen, fällt die Versicherungssumme bei Ihrem Tod direkt an das Kind und nicht in den Nachlass. Die Erbengemeinschaft hat keinen Anspruch auf diese Vermögenswerte.
Reduzierung des Nachlassvolumens
Durch den Ausschluss bestimmter Vermögenswerte aus dem Nachlass verringert sich das Gesamtvolumen des zu verteilenden Vermögens. Dies kann zu Spannungen innerhalb der Erbengemeinschaft führen, insbesondere wenn einzelne Erben sich benachteiligt fühlen.
Eingeschränkte Einflussnahme der Erbengemeinschaft
Die Erbengemeinschaft hat grundsätzlich keine Möglichkeit, den Vertrag zugunsten Dritter nach dem Tod des Erblassers anzufechten oder zu ändern. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Sparguthaben vertraglich Ihrer Nichte zugesprochen – Ihre Erben können dies nach Ihrem Tod nicht mehr rückgängig machen.
Pflichtteilsergänzungsansprüche
Obwohl die durch den Vertrag zugunsten Dritter übertragenen Vermögenswerte nicht zum Nachlass gehören, können sie pflichtteilsrelevant sein. Pflichtteilsberechtigte Erben können unter Umständen Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen. Dies kann die Berechnung und Auszahlung von Pflichtteilen komplizieren.
Potenzielle Konflikte
Die Existenz eines Vertrags zugunsten Dritter kann zu Konflikten innerhalb der Erbengemeinschaft führen. Wenn Sie beispielsweise Ihr Bankguthaben vertraglich Ihrem Lebensgefährten zusprechen, während Ihre Kinder den Rest erben, könnte dies zu Unstimmigkeiten führen.
Widerrufsmöglichkeit durch Erben
In bestimmten Fällen haben die Erben die Möglichkeit, das Schenkungsangebot an den Begünstigten zu widerrufen, sofern dieser es noch nicht angenommen hat. Dies kann zu einem „Wettlauf“ zwischen Begünstigtem und Erben führen.
Steuerliche Auswirkungen
Die steuerliche Behandlung von Vermögenswerten aus einem Vertrag zugunsten Dritter unterscheidet sich von der Besteuerung des Nachlasses. Während der Nachlass der Erbschaftsteuer unterliegt, wird der Erwerb aus einem Vertrag zugunsten Dritter als Schenkung auf den Todesfall behandelt.
Wenn Sie einen Vertrag zugunsten Dritter in Erwägung ziehen, sollten Sie die Auswirkungen auf Ihre Erbengemeinschaft sorgfältig abwägen. Die Gestaltung Ihres Nachlasses unter Einbeziehung solcher Verträge erfordert eine genaue Planung, um unbeabsichtigte Benachteiligungen oder Konflikte zu vermeiden.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Vertrag zugunsten Dritter
Ein Vertrag zugunsten Dritter ist eine Vereinbarung, bei der ein Vertragspartner eine Leistung an eine außenstehende Person, den sogenannten Dritten, verspricht (§ 328 BGB). Der Dritte erhält dadurch ein eigenes Recht, die versprochene Leistung zu verlangen.
Beispiel: Ein Vater schließt einen Sparvertrag mit einer Bank ab, bei dem das Guthaben seinem Kind zustehen soll. Stirbt der Vater, fließt das Geld direkt an das Kind.
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin die Begünstigte solcher Verträge, die ihre verstorbene Mutter mit der Bank geschlossen hatte.
Verjährung
Verjährung beschreibt den Zeitraum, nach dessen Ablauf ein Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann. Im deutschen Recht beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre (§ 195 BGB), wobei viele Ansprüche aus Erbrecht erst 30 Jahre nach dem Erbfall verjähren (§ 197 BGB).
Beispiel: Erfährt jemand erst Jahre nach dem Erbfall von seinen Ansprüchen, muss er schnell handeln, da sonst Verjährung droht.
Im beschriebenen Fall konnte sich die Bank wegen ihrer Pflichtverletzung nicht auf die übliche Verjährung berufen, was den Anspruch der Klägerin rettete.
Erbengemeinschaft
Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn mehrere Personen Erben desselben Erblassers sind (§ 2032 BGB). Die Erbengemeinschaft verwaltet den Nachlass gemeinschaftlich. Entscheidungen müssen in der Regel einstimmig getroffen werden.
Beispiel: Stirbt ein Erblasser und hinterlässt mehr als einen Erben, bilden alle Erben zusammen eine Erbengemeinschaft und müssen sich über die Aufteilung des Nachlasses einigen.
In diesem Fall war die Klägerin Teil einer Erbengemeinschaft, musste ihre Ansprüche jedoch selbstständig gegenüber der Bank durchsetzen.
Informationspflicht
Die Informationspflicht verpflichtet Vertragspartner, wesentliche Informationen an den berechtigten Empfänger weiterzugeben. Im Bankwesen hat die Bank die Pflicht, Begünstigte über bestehende Verträge zugunsten Dritter zu informieren.
Beispiel: Eine Bank muss einen Begünstigten nach einem Todesfall über seine Ansprüche informieren, damit dieser seine Rechte wahren kann.
Die Bank hatte im beschriebenen Fall ihre Informationspflicht verletzt, was zur Schadensersatzforderung der Klägerin führte.
Schenkungsangebot
Ein Schenkungsangebot ist das Versprechen einer unentgeltlichen Zuwendung von Vermögen (§ 516 BGB). Es kann vom Schenker unter bestimmten Umständen widerrufen werden, was aber in Verträgen zugunsten Dritter ausgeschlossen sein kann.
Beispiel: Eine Person verspricht, ihrem Nachbarn ein Auto zu schenken. Der Nachbar kann die Schenkung annehmen oder ablehnen.
In den Verträgen der Mutter der Klägerin war ein solches Schenkungsangebot enthalten, auf das die Klägerin erfolgreich Anspruch erhob.
Erbschaftsteuer
Die Erbschaftsteuer ist eine Steuer auf den Vermögenserwerb von Todes wegen, geregelt im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG). Die Steuerpflicht richtet sich nach dem Wert des geerbten Vermögens und dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser.
Beispiel: Eine Tochter erbt 100.000 Euro von ihrem Vater. Die Steuer hängt von ihrem persönlichen Freibetrag und der Höhe des Erbes ab.
In diesem Fall beeinflusste die Fehlinformation der Bank über bestehende Verträge die Erbschaftsteuerpflicht der Klägerin.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 130 BGB: Dieser Paragraph regelt den Widerruf von Schenkungen und enthält Bestimmungen zum Widerrufsrecht des Schenkers. Insbesondere wird hier klargestellt, dass der Schenker das Recht auf Widerruf eines Schenkungsangebots ausschließen kann, was in den Verträgen zugunsten Dritter der Erblasserin ausdrücklich erwähnt wird. Im vorliegenden Fall ist dieser Paragraph von zentraler Bedeutung, da die Erblasserin in den Verträgen auf ihr Widerrufsrecht verzichtet hat und somit der Klägerin die Ansprüche unentgeltlich zustehen sollen.
- § 328 BGB: Hierbei handelt es sich um die Regelung zum Vertrag zugunsten Dritter. Demnach kann der Vertragspartner einem Dritten, der nicht am Vertrag beteiligt ist, Rechte einräumen. Im konkreten Fall sind die Verträge zwischen der Erblasserin und der Beklagten darauf ausgerichtet, der Klägerin als Begünstigte direkt Ansprüche an den Konten und dem Depot zu verschaffen, was die Kernfrage des Verfahrens darstellt.
- Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG): Dieses Gesetz regelt die steuerlichen Aspekte von Erbschaften und Schenkungen. In diesem Fall muss die Beklagte den Stand und Wert der Konten zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin melden. Die falsche Angabe, dass keine Verträge zugunsten Dritter existieren, könnte Auswirkungen auf die Erbschaftssteuer haben und den Anspruch der Klägerin beeinflussen.
- § 677 BGB: Dieser Paragraph behandelt den Auftrag und die Pflichten eines Beauftragten. Die Beklagte als Bank hat im Rahmen der Vertragsauslegung auch Pflichten gegenüber der Klägerin als Begünstigter. Hier könnte die Frage aufgeworfen werden, ob die Bank ihrer Pflicht nachgekommen ist, die Ansprüche korrekt zu verwalten und zu übermitteln.
- § 10 Abs. 1 ErbStG: Diese Vorschrift definiert, was als Erwerb im Rahmen der Erbschaftssteuer betrachtet wird. Aufgrund der Verträge darf die Klägerin die Ansprüche aus den Konten und dem Depot beanspruchen, was für die steuerliche Behandlung ihres Erbteils von Bedeutung ist. Sollte die Beklagte fälschlicherweise erklärt haben, dass keine Verträge zugunsten Dritter bestanden, könnte dies sowohl die Erbmasse als auch die steuerlichen Verpflichtungen beeinflussen.
Das vorliegende Urteil
LG Flensburg – Az.: 3 O 275/19 – Urteil vom 16.06.2021
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