OLG Braunschweig – Az.: 11 U 94/18 – Beschluss vom 28.12.2018
Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 26.06.2018 durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt den Beklagten als Versicherungsmakler auf Schadensersatz wegen der Verletzung von Pflichten aus dem zwischen ihnen bestehenden Maklervertrag in Anspruch.
Der Kläger war als Postbote bei der D. tätig.
Er unterhielt eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei der C. Lebensversicherung AG unter der Versicherungsnummer … .
Im Jahr 2015 wandte der Kläger sich an den Beklagten als Versicherungsmakler zwecks Abschluss einer neuen Berufsunfähigkeitsversicherung mit besseren Leistungen.
Nachdem die C. Lebensversicherung AG eine Erhöhung der Versicherungsleistung abgelehnt hatte, stellte der Kläger unter dem 20.04.2015 mit Hilfe des Beklagten einen Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung bei der S. Lebensversicherung a. G., wobei die monatliche Berufsunfähigkeitsrente 1.400,- EUR betragen sollte (Anlage K 1).
Der Kläger bejahte in diesem Antrag die Gesundheitsfrage 7.11 zu einer mehr als 3 Wochen in den letzten 5 Jahren bestehenden Arbeitsunfähigkeit und gab insoweit „Rückenschmerzen/Ibu 600, Bestrahlung 2014, keine Beschwerden mehr…“ an. Als Hausarzt wurde Herr Dr. S. in S. benannt. Dem Antrag wurde ein ausgefüllter Fragebogen „Wirbelsäulenerkrankungen“ beigefügt.
Die S. Lebensversicherung a. G. erklärte mit Schreiben vom 08.06. und 12.06.2015 (Anlagen K 2 und K 3), dass sie vor einer Entscheidung über den Antrag nähere Auskünfte benötige und daher einen ärztlichen Bericht von Herrn Dr. S. anfordern wolle bzw. angefordert habe.
Herr Dr. S. teilte der S. Lebensversicherung a. G. mit, dass er den Bericht dem Kläger am 23.06.2015 wegen eines Poststreiks direkt ausgehändigt habe (Anlage K 4).
Der Arztbericht nebst Fremdbefunden (Anlagenkonvolut K 6) wurde zunächst am 25.06.2015 über das Maklerbüro des Beklagten an die S. Lebensversicherung a. G. gefaxt und dann am 06.07.2015 noch einmal per E-Mail geschickt. Aus den Unterlagen ging hervor, dass der Kläger eine Handgelenksdistorsion am 12.09.2011 erlitten hatte und bei ihm ein Senkspreizfuß mit Fersenschmerzen sowie eine Fibromatose der Plantarfascie diagnostiziert worden waren.
Die S. Lebensversicherung a. G. lehnte den Antrag des Klägers auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit Schreiben vom 07.07.2015 (Anlage K 7) ab.
Der Kläger stellte unter dem 06.06.2015 (Anlage K 8) unter Mitwirkung des Beklagten einen weiteren Antrag auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer monatlich garantierten Berufsunfähigkeitsrente bei der C. Lebensversicherungs-AG. Der Kläger gab in dem Antrag Rückenbeschwerden sowie das Vorliegen eines schnellenden Daumens an. Dem Antrag waren zwei Arztberichte betreffend die Rückenbeschwerden und den schnellenden Daumen beigefügt.
Auch die C. Lebensversicherungs-AG lehnte den Abschluss eines Versicherungsvertrages ab (vgl. Anlage K 11).
Der Kläger beantragte unter dem 20.07.2015 bei der N. Lebensversicherung AG unter Mitwirkung des Beklagten den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung (Anlage K 12) und bejahte die Frage nach Beschwerden oder Krankheiten der Knochen, Gelenke, Muskeln, Sehnen, Bändern sowie Wirbelsäule, Bandscheiben.
Der Kläger unterschrieb zudem folgenden Zusatz:
„Nach der Risikoprüfung folgende Ausschlussklausel:
Wirbelsäule wegen Muskelverspannung
Schnellender Daumen rechts/Gelenkerkrankung
Diese Ausschlüsse werden vom Kunden akzeptiert.“
Die N. Lebensversicherung AG nahm den Antrag des Klägers an und übersandte ihm einen Versicherungsschein (Anlage K 13) über eine Risiko-Lebensversicherung sowie eine Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit einer monatlichen Rente in Höhe von 1.500,- EUR.
Der Beklagte kündigte daraufhin im Auftrag des Klägers die bei der C.Lebensversicherung AG bestehende Berufsunfähigkeitsversicherung. Die C. Lebensversicherung AG bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 25.08.2015 (Anlage K 15).
Mit Schreiben vom 19.08.2016 (Anlage K 17) machte der Kläger bei der N. Lebensversicherung AG Leistungen wegen Berufsunfähigkeit rückwirkend ab dem 01.03.2016 geltend.
Die N. Lebensversicherung AG erklärte mit Schreiben vom 06.10.2016 (Anlage K 16) unter Bezugnahme auf eine Auskunft der M. Betriebskrankenkasse vom 12.09.2016 sowie eines Arztberichts von Herrn Dr. S. vom 09.09.2016 den Rücktritt vom Vertrag sowie dessen Anfechtung wegen vorsätzlicher Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht.
Mit der vorliegenden Klage nimmt der Kläger den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von 5.971,15 EUR sowie die Zahlung von monatlich 500,- EUR ab dem 01.01.2017 bis 01.03.2040 und die Zahlung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten an die Rechtsschutzversicherung in Anspruch.
Er behauptet, dass er seit dem 01.03.2016 seinen Beruf als Postbote bei der D. wegen starker Schmerzen im rechten Knie, die einem Bone Cruise zuzuordnen seien, nicht weiter ausüben könne und zu mehr als 50% berufsunfähig sei. Der Beklagte habe der N. Lebensversicherung AG gegenüber den Befund eines Senkspreizfußes mit typischem Druckschmerz im linken oberen Sprunggelenk und eine Fibromatose der Plantarfascie arglistig verschwiegen. Hätte der Beklagte den Arztbericht vom 23.06.2015 auch an die N. Lebensversicherung AG weitergeleitet, hätte diese den Versicherungsschutz abgelehnt und der Kläger hätte seinen Versicherungsschutz bei der C. Lebensversicherung AG mit einer Berufsunfähigkeitsrente von 500,- EUR monatlich behalten. Der ersatzfähige Schaden setze sich aus den an die N.Lebensversicherung AG gezahlten Versicherungsbeiträgen 08/15 bis 10/2016 in Höhe von monatlich 171,41 EUR, d. h. insgesamt 2.571,15 EUR), der entgangenen monatlichen Rente in Höhe von 500,- EUR vom 01.03. bis 31.12.2016, d. h. 3.400,- EUR, und einer monatlichen Rente in Höhe von 500,- EUR vom 01.01.2017 bis zum 01.03.2040 zusammen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 5.971,15 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. den Beklagten weiterhin zu verurteilen, an den Kläger ab 01.01.2017 monatlich im Voraus 500,- EUR längstens bis 01.03.2040 zu zahlen;
3. den Beklagten darüber hinaus zu verurteilen, an die L. Rechtsschutz-Schadenservice GmbH zur Schadennummer … 1.358,86 EUR (die außergerichtliche Geschäftsgebühr) + 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat erstinstanzlich beantragt, die Klage abzuweisen.
Er bestreitet, dass bei dem Kläger eine Kniegelenkserkrankung „Bone Cruise“ eingetreten sei und eine Berufsunfähigkeit begründe. Es sei nicht auszuschließen, dass es in der zweiten Jahreshälfte 2016 ein Unfallereignis gegeben habe, infolge dessen eine solche pathologische Befundung eingetreten sei.
Das Landgericht Braunschweig hat die Klage mit Urteil vom 26.06.2018 (Bl. 149 ff. d. A.) abgewiesen. Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts wird auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen.
Zur Begründung führt das Landgericht aus, dass der Kläger die Gesundheitsfragen bei dem an die N. Lebensversicherung AG gerichteten Antrag im Wesentlichen unzutreffend durch „Nein“ beantwortet habe, weil mehrere Arbeitsunfähigkeitszeiten und verschiedene ärztliche Behandlungen/Diagnosen nicht erwähnt worden seien, wie es im Einzelnen im Schreiben vom 06.10.2016 unstreitig aufgeführt und wiedergegeben worden sei.
Der Beklagte hätte zwar durch Einblick in den Arztbericht, der durch „seine Hände“ gegangen sei, den Widerspruch erkennen können. Er sei aber nicht verpflichtet gewesen, sich damit zu befassen. Der Beklagte habe auch keinen Anlass gehabt, den Arztbericht den Anfragen bei anderen Versicherern beizufügen, weil der Kläger schlicht und direkt die Fragen zur Gesundheitssituation auch dem Beklagten gegenüber unzutreffend beantwortet habe. Der Kläger habe von sich aus alle Gesundheitsfragen, deren Bedeutung klar gewesen sei, zutreffend beantworten müssen. Der Kläger habe gewusst, dass mit ihm „gesundheitlich etwas „faul“ gewesen sei. Die 23wöchige Arbeitsunfähigkeit, die der Kläger zuletzt anführe, habe er zuvor nicht vergessen können und dürfen. Soweit der Kläger von einer Beratung zuletzt von 5 Minuten gesprochen habe, könne er nicht darüber hinwegsehen, dass er zuvor bereits mehrfach Gesundheitsfragen habe beantworten müssen und er gewusst habe, dass es um seinen Gesundheitszustand gehe. Objektiv habe er die Unwahrheit gesagt. Subjektiv sei ihm dies so anzulasten, dass von arglistiger Täuschung zu sprechen sei.
Soweit der Kläger dem Beklagten anlaste, dass er bei dem an die N. gerichteten Versicherungsantrag den Arztbericht nicht beigefügt habe, er dies aber ohne weiteres hätte tun können und müssen, sei zugrunde zu legen, dass dann der begehrte Versicherungsschutz nicht erlangt, aber auch die alte Versicherung nicht hätte gekündigt werden können. Der Beklagte habe davon ausgehen können und dürfen, dass eine solche Arglist des Klägers gegenüber der N. nicht vorkomme. Dazu habe der Beklagte während seiner Anhörung zudem verdeutlicht, dass er dem Kläger bei dem letzten Beratungsgespräch deutlich vor Augen gehalten habe, dass letztlich bei der Prüfung eines Leistungsantrags „alles rauskomme“, wenn es zuvor (unter gesundheitlichen Perspektiven) verschwiegen worden sei. Wenn der Kläger dieses Risiko eingegangen sei, trage er den Nachteil selbst. Der Versicherungsmakler habe als Interessenvertreter des Versicherungsnehmers für den individuell passenden Versicherungsschutz zu sorgen. Er habe eine Risikoanalyse vorzunehmen und bei der Beratung und Aufklärung alle vom Versicherungsnehmer gegebenen Informationen zu berücksichtigen. Bei der Umdeckung vor Risiken seien Versicherungsmakler stets zur besonders sorgfältigen Erfüllung ihrer Beratungspflichten aufgerufen, um Deckungslücken und eine Verschlechterung des Versicherungsschutzes zu verhindern. Im Bereich der Personenversicherung müssten sie sich hierfür mit der gesundheitlichen Situation des Versicherungsnehmers und mit der Beantwortung der Gesundheitsfragen des neuen Versicherers eingehend beschäftigen. Der Versicherungsmakler müsse aber nicht – wie es der Kläger letztlich geltend mache – alles unternehmen und nachforschen sowie überprüfen, was mit eigenen Angaben des Versicherungsnehmers und den objektiven Gegebenheiten zusammenhänge. Insbesondere müsse er nicht die klaren eigenen Gesundheitsangaben des Versicherungsnehmers prüfen und in Frage stellen. Der Kläger hätte vielmehr von sich aus alle ärztlichen Behandlungen/Maßnahmen anzugeben gehabt, wie sie im Anfechtungsschreiben des Versicherers präzise bezeichnet seien. Sein arglistiges Verschweigen sei dem Kläger nicht durch den Beklagten nahegelegt worden.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das landgerichtliche Urteil ist den Klägervertretern am 28.06.2018 zugestellt worden.
Gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig hat der Kläger am 16.07.2018 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, dass das Landgericht selbst davon ausgegangen sei, dass sich im Bereich der Personenversicherung Versicherungsmakler mit der gesundheitlichen Situation des Versicherungsnehmers und mit der Beantwortung der Gesundheitsfragen des neuen Versicherers eingehend beschäftigten müssten. Der Beklagte habe auch durch Einblick in den Arztbericht, der durch seine Hände gegangen sei und den er gescannt habe bzw. habe scannen lassen, den Widerspruch zwischen dem tatsächlichen Ablauf und den Antworten des Klägers auf die ihm vorgelegten bzw. vorgelesenen Gesundheitsfragen erkennen können. Er habe sich jedoch nicht mit der Übereinstimmung der Angaben des Klägers mit den Gesundheitsfragen mit allen ärztlichen Berichten und Vorgängen befasst. Unter Missachtung dieser von dem Landgericht bestätigten Rechtsgrundsätze weise das Landgericht die Klage dennoch mit der Begründung ab, für den Beklagten habe in dieser Hinsicht kein Anlass zu weitergehenden Angaben bestanden, weil der Kläger die Fragen zur Gesundheitssituation auch dem Beklagten gegenüber unzutreffend beantwortet habe. Hierbei berücksichtige das Landgericht nicht diejenigen Rechtsgrundsätze, die die höchstrichterliche Rechtsprechung an die Nachfrageobliegenheiten eines Versicherers bezüglich nicht angezeigter gesundheitlicher Umstände knüpfe, wobei der Beklagte als treuhänderischer Sachwalter des Klägers in diesem Zusammenhang aufgrund der von ihm vorgenommenen Risikoprüfung ausnahmsweise einem Versicherungsunternehmen gleichzustellen bzw. mit einem Versicherungsunternehmen vergleichbar sei. Es werde insoweit auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (abgedruckt in r+s 2011, S. 304 ff.) Bezug genommen. Übertragen auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass sich der Beklagte bei der von ihm vorgenommenen Risikoprüfung, die zu den streitgegenständlichen Ausschlussklauseln mit der Formulierung „nach Risikoprüfung folgende Ausschlussklausel“ geführt hätten, nicht mit den im Übrigen verneinten Gesundheitsfragen des Klägers hätte begnügen dürfen, da er den erkennbaren Widerspruch zu dem dem Beklagten vorliegenden Arztbericht hätte berücksichtigen und deshalb dafür Sorge hätte tragen müssen, dass der Arztbericht komplett in dem neuen Versicherungsantrag bei der N. Lebensversicherung AG aufgenommen werde. Zwar habe ein Versicherer ebenso wie der Versicherungsmakler grundsätzlich bei in sich widerspruchsfreien und klaren Gesundheitsangaben die Vertragsehrlichkeit des Antragstellers nicht zu hinterfragen. Bestünden jedoch – wie im vorliegenden Fall – sich aufdrängende Zweifel und ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass die vom Kläger selbst erteilten Gesundheitsangaben nicht abschließend oder nicht richtig sein könnten und deshalb weitere Informationen für eine sachgerechte Risikoprüfung erforderlich seien, hätte der Beklagte „nicht die Augen verschließen“ und den vom Kläger unterschriebenen Versicherungsantrag ungeprüft und ohne Abgleich mit dem vorliegenden Arztbericht bei der N. Lebensversicherung AG einreichen dürfen. Hierdurch sei der Kläger dem Risiko der späteren Risikoüberprüfung im Leistungsfall und des damit verbundenen Rücktritts bzw. der damit verbundenen Arglistanfechtung ausgesetzt worden.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2018 trägt der Kläger weiter vor, dass der Beklagte unzutreffend vortrage, wenn er behaupte, er habe die Arztunterlagen Dr. S. der S. Lebensversicherung ohne nähere Einsichtnahme zugeleitet und im Übrigen auch die Unterlagen danach an den Kläger zurückgegeben. Richtig sei, dass der Beklagte die Unterlagen pro Seite eingescannt und der S. Lebensversicherung a. G. per E-Mail zur Verfügung gestellt habe. Richtig sei ferner, dass sie im Anschluss nicht an den Kläger zurückgegeben worden, sondern beim Beklagten verblieben seien. Deshalb sei bei Antragstellung gegenüber der N. Lebensversicherung AG seitens des Klägers darauf Bezug genommen worden, dass der Beklagte ja noch über die Unterlagen verfüge und der N. Lebensversicherung AG diese „zur Sicherheit“ weiterleiten solle. Im Übrigen gehe es nicht darum, dem Beklagten als Versicherungsmakler die Pflicht aufzuerlegen, die „Vertragsehrlichkeit seines Kunden zu hinterfragen“, wenn er in sich schlüssige und vollständige Gesundheitsangaben mache, sondern vielmehr darum, dass sich dem Beklagten angesichts der Vorgeschichte, der eingeholten Arztberichte und der darauf hin erfolgten Ablehnungen im vorliegenden Fall die Unvollständigkeit der Gesundheitsangaben hätte aufdrängen müssen, so dass er beim dritten Versuch gegenüber der N. Lebensversicherung AG „sicherheitshalber“ die ihm vorliegenden Arztberichte hätte beifügen können und müssen. Außerdem hätte er sicherheitshalber die Vorversicherung bei der C. Lebensversicherung AG bestehen lassen und nur die gewünschte „Erhöhung“ versuchsweise bei der N. Lebensversicherung AG in Deckung bringen müssen.
Mit Schriftsatz vom 18.10.2018 hat der Kläger außerdem geltend gemacht, dass die Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung des Beklagten auch darin bestehe, dass er in Kenntnis der abgelaufenen 10-Jahres-Frist für eine mögliche Arglistanfechtung bei der C. Lebensversicherung AG diesen „bestandsfesten“ Versicherungsschutz gekündigt habe, ohne dem Kläger das Risiko vor Augen zu führen, dass jede Umdeckung in Form eines vollkommenen Neuabschlusses das Risiko der Vertragslösung innerhalb der vom Gesetz vorgesehenen Frist von 10 Jahren impliziere und der Kläger letztlich den „sicheren Versicherungsschutz“ für den „unsicheren Versicherungsschutz“ geopfert habe. Eine entsprechende Risikoaufklärung habe der Beklagte in erster Instanz weder substantiiert behauptet noch durch das vorgelegte Beratungsprotokoll dokumentiert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in den vorgenannten Schriftsätzen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und den Beklagten zu verurteilen,
1. an den Kläger 5.971,15 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
2. an den Kläger ab 01.01.2017 monatlich im Voraus 500,- EUR längstens bis 01.03.2040 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen.
Er verteidigt das landgerichtliche Urteil.
II.
Die zulässige Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).
1.
Der Kläger hat weder einen Anspruch gegen den Beklagten auf Schadensersatz gem. § 63 VVG noch gem. §§ 675, 280 ff. BGB, weil der Beklagte keine Pflichten aus dem zwischen den Parteien zumindest konkludent geschlossenen Versicherungsmaklervertrag verletzt hat.
a.)
Der Kläger hat dadurch, dass er sich an den Beklagten zwecks Erhöhung seines Berufsunfähigkeitsschutzes gewandt hat, mit diesem einen Versicherungsmaklervertrag geschlossen. Von dem Abschluss eines Versicherungsmaklervertrages kann ausgegangen werden, wenn der Versicherungsnehmer einen Versicherungsvermittler, der erkennbar nicht von einem Versicherer betraut ist, selbst beauftragt, für ihn, den Versicherungsnehmer, als Vertragspartner tätig zu werden und ihm einen bedarfsgerechten Versicherungsschutz nachzuweisen und zu vermitteln (vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 20.03.2013 – 5 U 356/12 -, juris Rn. 16).
b.)
Der Beklagte hat seine Pflichten aus dem Versicherungsmaklervertrag nicht verletzt. Insbesondere war er nicht verpflichtet, den Arztbericht von Herrn Dr. S. ohne ausdrückliche Anweisung dem Antrag auf Abschluss einer Versicherung bei der N. Lebensversicherung AG beizufügen oder den Kläger auf die unvollständige Beantwortung der Gesundheitsfragen hinzuweisen.
Die Pflichten des vom Versicherungsnehmer beauftragten Versicherungsmaklers gehen weit (vgl. BGH, Urteil vom 26.03.2014 – IV ZR 422/12 -, juris Rn. 25; Urteil vom 22.05.1985 – IVa ZR 190/83 -, juris Rn 11). Er wird als sein Interessen- oder sogar Abschlussvertreter angesehen (vgl. BGH, Urteil vom 26.03.2014, a. a. O.; Urteil vom 22.05.1985, a. a. O.). Wegen seiner umfassenden Pflichten kann der Versicherungsmakler für den Bereich des Versicherungsverhältnisses des von ihm betreuten Versicherungsnehmers als dessen treuhänderischer Sachwalter bezeichnet und insoweit mit sonstigen Beratern verglichen werden (vgl. BGH, Urteil vom 26.03.2014, a. a. O.; Urteil vom 22.05.1985, a. a. O.). Als Vertrauter und Berater des Versicherungsnehmers hat er dessen Interessen wahrzunehmen und individuellen und passenden Versicherungsschutz zu besorgen; er muss von sich aus das Risiko untersuchen und das Objekt prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 26.03.2014, a. a. O.; Urteil vom 22.05.1985, a. a. O.). Den Versicherungsmakler trifft nicht nur eine erstmalige, mit der Exploration einhergehende Fragepflicht, sondern bei Bedarf auch eine qualifizierte Pflicht zur vertieften Aufklärung und Nachfrage (vgl. Marlow/Spuhl, in: BeckOK VVG, 4. Ed., § 63, Rn. 32). Die Pflicht zur vertieften Aufklärung und Nachfrage endet allerdings dort, wo dem Makler die tatsächlichen Umstände durch für ihn nicht erkennbare unzutreffende Angaben des Versicherungsnehmers, die auch nicht auf eine dem Makler erkennbare Unsicherheit bei der Beantwortung zurückzuführen sind, verborgen bleiben (vgl. Marlow/Spuhl, a. a. O.). Grundsätzlich muss dabei der den Schadensersatz begehrende Kunde (Versicherungsnehmer) darlegen und beweisen, dass der Versicherungsvermittler seine Beratungspflicht verletzt hat, wobei den Versicherungsvermittler eine sekundäre Darlegungslast trifft (vgl. BGH, Urteil vom 13.11.2014 – III ZR 544/13 -, juris Rn. 15).
Im vorliegenden Fall bestand entgegen der Ansicht des Klägers kein Anlass für den Beklagten zu einer weitergehenden Aufklärung und Nachfragen infolge des von ihm an die S.Lebensversicherung a. G. übermittelten Arztberichts von Herrn Dr. S.
Der Kläger hat nicht bewiesen, dass der Beklagte von dem Inhalt des Arztberichts und der ihm beigefügten Anlagen vor Abschluss des Versicherungsvertrages mit der N. Lebensversicherung AG Kenntnis hatte. Allein der Umstand, dass der Bericht nebst Anlagen im Büro des Beklagten eingescannt und dann noch einmal per E-Mail übersandt worden ist, lässt nicht den sicheren Schluss zu, dass der Beklagte den Inhalt des Berichts und der Anlagen durchgelesen hat.
Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, die Unterlagen durchzulesen und zu prüfen, ob sie mit den Angaben des Klägers übereinstimmen.
Der Kläger hat selbst vorgetragen, dass die Unterlagen dem Beklagten zur Weiterleitung an die S. Lebensversicherung a. G. übergeben worden sind. Ein ausdrücklicher Auftrag zur Prüfung der Unterlagen ist von dem Kläger nicht erteilt worden.
Der Beklagte war auch nicht im Rahmen seiner allgemeinen Pflicht zur Risikoprüfung gehalten, die Unterlagen durchzusehen.
Ein Anlass für eine solche Prüfung bestand nicht, weil der Beklagte darauf vertrauen durfte, dass der Kläger die ihm gestellten Gesundheitsfragen wahrheitsgemäß beantwortet, nachdem er von dem Beklagten unstreitig darauf hingewiesen worden ist, dass diese vollständig wahrheitsgemäß zu beantworten sind.
Die S. Lebensversicherung a. G. hatte den Kläger unter 7.11 danach gefragt, ob er in den letzten 5 Jahren mehr als 3 Wochen ununterbrochen arbeitsunfähig gewesen sei und gebeten, bei Bejahung der Frage auf einem Fragebogen nähere Angaben zu Art, Verlauf und Folgen der Krankheit bzw. Verletzung zu machen. Der Kläger hat hier aber lediglich seine Rückenbeschwerden und deren Behandlung angegeben, obwohl er – wie aus dem Anfechtungsschreiben der N. Lebensversicherung AG hervorgeht – 2011 über 5 Wochen und 2012 zwei Mal ca. 4 Wochen wegen Fersen- bzw. Fußschmerzen arbeitsunfähig war.
Der Kläger hat auch im Rahmen der weiteren Anträge auf Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung keine weitergehenden Angaben gegenüber dem Beklagten gemacht, die Anlass für Nachfragen hätten geben können.
Allein die wiederholte Ablehnung der Anträge ließ nicht auf das Bestehen weiterer bislang nicht bekannter Beschwerden schließen, weil den Ablehnungsschreiben nicht zu entnehmen ist, worauf die Ablehnung im Einzelnen gestützt worden ist (vgl. Anlage K 7 und K 11).
Soweit der Kläger geltend macht, dass er bei Antragstellung gegenüber der N. Lebensversicherung AG darauf hingewiesen habe, dass der Beklagte ja noch über die Unterlagen verfüge und der N. Lebensversicherung AG diese „zur Sicherheit“ weiterleiten solle, ist bereits erstinstanzlich von dem Beklagten mit Schriftsatz vom 18.05.2017 bestritten worden, dass es entsprechende Nachfragen gegeben hat. Der Kläger hat eine entsprechende Nachfrage auch im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nicht geschildert, sondern lediglich angegeben, dass er davon ausgegangen sei, dass sich der Beklagte alles angesehen habe und deshalb schon Bescheid wisse.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus der von dem Kläger zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.05.2011 (Az. IV ZR 148/09). Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung, die sich mit Nachfrageobliegenheiten des Versicherers beschäftigt, vielmehr ausgeführt, dass eine Nachfrage dem Versicherer nur dann obliegt, wenn ernsthafte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die bisher von dem Versicherungsinteressenten erteilten Auskünfte nicht abschließend oder nicht richtig sein können und deshalb weitere Informationen für eine sachgerechte Risikoprüfung erforderlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2011 – IV ZR 148/09 -, juris Rn. 14).
Im vorliegenden Fall bestanden aber – soweit man eine entsprechende Verpflichtung für den Versicherungsmakler bejaht – aufgrund der eindeutigen Angaben des Klägers für den Beklagten keine ernsthaften Anhaltspunkte, dass der Kläger hier keine vollständigen Angaben gemacht haben könnte. Vielmehr hat der Kläger auch bei den weiteren Anträgen seine Angaben zu den Rückenbeschwerden wiederholt und diese noch um die Diagnose eines schnellenden Daumens ergänzt, so dass der Beklagte davon ausgehen durfte, dass der Kläger die Fragen vollständig und wahrheitsgemäß beantwortet hatte.
Eine Pflichtverletzung kann auch nicht darin gesehen werden, dass der Beklagte den Versicherungsvertrag bei der C. Lebensversicherung AG gekündigt hat, ohne den Kläger auf das Risiko einer Anfechtung des neuen Vertrages und die abgelaufene 10-Jahres-Frist für eine Arglistanfechtung bei der C. Lebensversicherung AG hinzuweisen.
Bei einem Versicherungswechsel werden erhöhte Beratungsanforderungen an den Versicherungsmakler gestellt, weil der Kunde typischerweise mit einer besonderen Erwartungshaltung in die Vertragsverhandlungen eintritt, sich bestehende Anwartschaften sichern und seinen Versicherungsschutz durch einen Wechsel nicht verschlechtern möchte (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 21.02.2017 – 4 U 1512/16 -, juris Rn. 17; Dörner, in: Prölss/Martin, VVG, 30. A., § 61 VVG, Rn. 28). Ein Versicherungsmakler muss daher bei einem beabsichtigten Wechsel der Versicherung ausdrücklich davon abraten, eine bestehende Versicherung zu kündigen, bevor gewährleistet ist, dass der angestrebte Versicherungsvertrag mit dem neuen Versicherer zu den gewünschten Konditionen zustande kommt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10.06.2010 – 18 U 154/09 -, juris). Einen Hinweis auf eine tatsächliche oder besonders strenge Anfechtungspraxis des Versicherers schuldet der Versicherungsmakler jedoch nicht (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 21.02.2017, a. a. O.). Mit dem Verweis auf den in den Antragsunterlagen enthaltenen Hinweis, dass die Fragen des Versicherers wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten sind, ist dem Aufklärungsbedarf des Versicherungsnehmers regelmäßig Genüge getan (vgl. OLG Dresden, a. a. O.).
Hier ist dem Beratungsprotokoll (Anlage K 14) zu entnehmen, dass die alte Versicherung bei der C. Lebensversicherung AG erst nach Annahme des Antrages durch die neue Versicherung gekündigt werden sollte, wie es auch umgesetzt worden ist. Der Kläger lief demnach aufgrund der Beratung nicht Gefahr, seinen Versicherungsschutz dadurch zu verlieren, dass die alte Versicherung bereits vor Abschluss der neuen gekündigt werden sollte.
Auch ist der Kläger unstreitig darauf hingewiesen worden, dass er die Fragen des Versicherers vollständig und wahrheitsgemäß zu beantworten hat. Weitere Hinweise zu der abgelaufenen Anfechtungsfrist bei der C. Lebensversicherung AG und der noch laufenden Anfechtungsfrist bei der N. Lebensversicherung AG waren nicht erforderlich, weil nach den vorstehenden Ausführungen für den Beklagten keine Anhaltspunkte bestanden, dass im vorliegenden Fall eine Anfechtung in Betracht kommen könnte. Wie die Aufklärung im Einzelnen zu geschehen hat, hängt von dem erkennbaren Aufklärungsbedürfnis des Kunden und den sonstigen Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, Urteil vom 05.06.2014 – III ZR 557/13 -, juris Rn. 24).
Mangels Pflichtverletzung kann der Kläger daher von dem Beklagten keinen Schadensersatz verlangen.
2.
Mangels Hauptforderung kann der Kläger auch nicht den Ersatz von Prozesszinsen und die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten beanspruchen.
3.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO). Auch erfordern weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats als Berufungsgericht (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).
III.
Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen Stellung zu nehmen oder die Berufung zurückzunehmen.