Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Einstweilige Verfügung zur Räumung: Lebensgefährte muss nach § 940a Abs. 2 ZPO Wohnung in Bottrop verlassen
- Ausgangslage: Vermieter, Mieterin und ihr Lebensgefährte in Bottrop
- Eskalation des Mietverhältnisses: Kündigung und Räumungsklage gegen die Mieterin
- Neue Entwicklung: Vermieter erfährt von Mitbewohner erst nach Gerichtsverhandlung
- Reaktion der Mieterin und Antrag des Vermieters auf einstweilige Verfügung gegen den Lebensgefährten
- Die Entscheidung des Amtsgerichts Bottrop: Räumungsanordnung gegen den Lebensgefährten
- Begründung des Gerichts: Voraussetzungen des § 940a Abs. 2 ZPO erfüllt
- Fazit und Bedeutung der Entscheidung für Vermieter
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet eine „einstweilige Verfügung zur Räumung durch Dritte“ genau?
- Unter welchen Umständen kann ein Gericht eine einstweilige Verfügung zur Räumung gegen eine Person erlassen, die keinen Mietvertrag hat?
- Welche Rechte habe ich, wenn ich als Lebensgefährte/Dritte von einer solchen einstweiligen Verfügung betroffen bin?
- Was ist ein Versäumnisurteil und welche Bedeutung hat es im Zusammenhang mit einer Räumungsklage?
- Kann ich als Lebensgefährte/Dritte die Räumung verhindern, wenn die Mieterin gegen das Versäumnisurteil vorgeht?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 8 C 367/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Bottrop
- Datum: 20.01.2025
- Aktenzeichen: 8 C 367/24
- Verfahrensart: Einstweiliges Verfügungsverfahren
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Der Eigentümer und Vermieter der Wohnung.
- Beklagte: Der Lebensgefährte der Mieterin, der ebenfalls in der Wohnung wohnt, aber keinen Mietvertrag mit dem Kläger hat.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Der Kläger kündigte den Mietvertrag mit der Mieterin der Wohnung und verklagte sie erfolgreich auf Räumung (durch ein Versäumnisurteil). Die Mieterin legte Einspruch gegen dieses Urteil ein. Der Kläger erfuhr, dass auch der Lebensgefährte der Mieterin (der Beklagte) in der Wohnung gemeldet ist und dort wohnt. Der Kläger beantragte daraufhin eine Einstweilige Verfügung, um den Beklagten zur sofortigen Räumung der Wohnung zu verpflichten.
- Kern des Rechtsstreits: Kann der Vermieter vom Lebensgefährten der Mieterin, der selbst kein Mieter ist, die sofortige Räumung der Wohnung mittels einer einstweiligen Verfügung verlangen?
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Der Beklagte (Lebensgefährte) wurde durch eine einstweilige Verfügung dazu verurteilt, die Wohnung zu räumen und an den Kläger (Vermieter) herauszugeben.
- Folgen: Der Beklagte muss die Wohnung verlassen und die dazugehörigen Schlüssel an den Kläger übergeben. Er muss zudem die Kosten des Gerichtsverfahrens tragen.
Der Fall vor Gericht
Einstweilige Verfügung zur Räumung: Lebensgefährte muss nach § 940a Abs. 2 ZPO Wohnung in Bottrop verlassen
Das Amtsgericht Bottrop hat in einem Eilverfahren (einstweilige Verfügung) entschieden, dass der Lebensgefährte einer Mieterin eine Wohnung räumen und an den Vermieter herausgeben muss.
Dies gilt auch, obwohl der Lebensgefährte selbst keinen Mietvertrag mit dem Vermieter hat und die eigentliche Mieterin noch rechtlich gegen ihre eigene Räumung vorgeht. Die Entscheidung basiert maßgeblich auf § 940a Absatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO), einer speziellen Regelung für die Räumung von Wohnraum durch Dritte.
Ausgangslage: Vermieter, Mieterin und ihr Lebensgefährte in Bottrop
Der Fall betrifft eine Wohnung im 1. Obergeschoss eines Hauses in der H### Straße in Bottrop. Der Eigentümer und Vermieter der Wohnung hatte diese an eine Frau vermietet. In der Wohnung lebte jedoch nicht nur die Mieterin, sondern auch ihr Lebensgefährte. Wichtig ist hierbei: Zwischen dem Vermieter und dem Lebensgefährten bestand kein eigenes Mietverhältnis. Der Lebensgefährte leitete sein Recht, in der Wohnung zu wohnen, ausschließlich von seiner Beziehung zur Mieterin ab.
Eskalation des Mietverhältnisses: Kündigung und Räumungsklage gegen die Mieterin
Das Mietverhältnis zwischen dem Vermieter und der Mieterin war bereits seit einiger Zeit belastet. Am 23. Januar 2024 sprach der Vermieter die Kündigung des Mietvertrages gegenüber der Mieterin aus. Da die Mieterin die Wohnung nicht freiwillig verließ, reichte der Vermieter am 30. Juni 2024 eine Räumungsklage gegen sie beim Amtsgericht Bottrop ein (Aktenzeichen 10 C 167/24).
In diesem Verfahren fand am 12. Dezember 2024 eine mündliche Verhandlung statt. Da die Mieterin offenbar nicht erschien oder sich nicht verteidigte, erließ das Gericht noch am selben Tag ein sogenanntes Versäumnisurteil. Dieses Urteil gab dem Antrag des Vermieters statt und verurteilte die Mieterin zur Räumung und Herausgabe der Wohnung. Ein Versäumnisurteil ist ein Vollstreckbarer Titel, das heißt, der Vermieter konnte damit grundsätzlich die Zwangsvollstreckung (Zwangsräumung) gegen die Mieterin betreiben.
Neue Entwicklung: Vermieter erfährt von Mitbewohner erst nach Gerichtsverhandlung
Ein entscheidender Punkt für das spätere Eilverfahren gegen den Lebensgefährten war der Zeitpunkt, zu dem der Vermieter offiziell von dessen Anwesenheit erfuhr. Erst einen Tag nach dem Erlass des Versäumnisurteils gegen die Mieterin, am 13. Dezember 2024, erhielt der Vermieter eine Auskunft vom Meldeamt der Stadt Bottrop. Diese bestätigte, dass der Lebensgefährte ebenfalls unter der Adresse der streitgegenständlichen Wohnung gemeldet war und somit dort wohnte.
Für den Vermieter war dies problematisch: Das Räumungsurteil richtete sich nur gegen die Mieterin. Hätte er versucht, nur mit diesem Titel zu vollstrecken, hätte sich der Lebensgefährte möglicherweise auf sein (abgeleitetes) Besitzrecht berufen und die Räumung behindern können. Der Gerichtsvollzieher darf nämlich nur gegen die im Titel genannten Personen vollstrecken.
Reaktion der Mieterin und Antrag des Vermieters auf einstweilige Verfügung gegen den Lebensgefährten
Die Mieterin legte am 23. Dezember 2024 Einspruch gegen das Versäumnisurteil ein. Gleichzeitig beantragte sie, die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil vorerst einzustellen. Dieser Einspruch und der Antrag auf Einstellung wurden dem Vermieter am 3. Januar 2025 zugestellt. Über den Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung war zum Zeitpunkt des Urteils im Eilverfahren noch nicht entschieden worden.
Unabhängig vom Vorgehen der Mieterin sah sich der Vermieter nun mit der Tatsache konfrontiert, dass eine weitere Person (der Lebensgefährte) die Wohnung bewohnte, gegen die er keinen Räumungstitel hatte und von dessen Existenz als Mitbewohner er erst nach dem maßgeblichen Zeitpunkt (Schluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren gegen die Mieterin) erfahren hatte.
Um auch gegen den Lebensgefährten einen schnellen Räumungstitel zu erhalten, beantragte der Vermieter am 30. Dezember 2024 beim Amtsgericht Bottrop den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Räumung speziell gegen den Lebensgefährten. Er stützte seinen Antrag auf § 940a Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung des Amtsgerichts Bottrop: Räumungsanordnung gegen den Lebensgefährten
Das Amtsgericht Bottrop gab dem Antrag des Vermieters statt und erließ die einstweilige Verfügung. Der Lebensgefährte wurde verurteilt, die Wohnung (genau bezeichnet mit Zimmeranzahl, Küche, Bad, Dachboden, Gartenteil und Schlüsseln) zu räumen und an den Vermieter herauszugeben. Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens wurden ebenfalls dem Lebensgefährten auferlegt.
Begründung des Gerichts: Voraussetzungen des § 940a Abs. 2 ZPO erfüllt
Das Gericht begründete seine Entscheidung ausführlich mit den Voraussetzungen des § 940a Abs. 2 ZPO. Diese Vorschrift ermöglicht eine schnelle Räumung von Wohnraum im Wege der einstweiligen Verfügung unter bestimmten, klar definierten Bedingungen, speziell wenn Dritte (Personen außer dem Mieter) im Besitz der Wohnung sind.
Voraussetzung 1: Vollstreckbarer Räumungstitel gegen den Mieter
Das Gericht stellte fest, dass mit dem Versäumnisurteil vom 12. Dezember 2024 gegen die Mieterin ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt. Es betonte, dass es für die Anwendung von § 940a Abs. 2 ZPO nicht erforderlich ist, dass dieser Titel bereits rechtskräftig ist. Auch ein vorläufig vollstreckbares Urteil, wie ein Versäumnisurteil (gegen das noch Einspruch möglich ist), genügt. Der Einspruch der Mieterin änderte nichts an der grundsätzlichen Vollstreckbarkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt.
Voraussetzung 2: Besitz eines Dritten an der Mietsache
Weiterhin stellte das Gericht fest, dass der Lebensgefährte als Dritter im Sinne der Vorschrift anzusehen ist und Besitz an der Wohnung hat. Das Gericht folgte hier der gängigen Rechtsprechung, wonach auch der vom Mieter in die Wohnung aufgenommene Ehe- oder Lebenspartner regelmäßig Mitbesitzer der Wohnung ist, sofern er tatsächlich dort wohnt. Der Lebensgefährte war in der Wohnung gemeldet und bewohnte sie, erfüllte also diese Bedingung. Er war „Dritter“, weil er selbst kein Vertragspartner des Vermieters war.
Voraussetzung 3: Kenntniserlangung des Vermieters erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung
Dies war der zentrale Punkt: Der Vermieter muss vom Besitz des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung im Räumungsprozess gegen den Hauptmieter Kenntnis erlangt haben. Im vorliegenden Fall schloss die mündliche Verhandlung gegen die Mieterin am 12. Dezember 2024 (mit Erlass des Versäumnisurteils). Der Vermieter erfuhr jedoch nachweislich erst am 13. Dezember 2024 durch die Auskunft des Meldeamtes, dass der Lebensgefährte dort gemeldet war und somit Besitzer war. Diese zeitliche Abfolge erfüllte exakt die Anforderung des Gesetzes.
Kein separater Verfügungsgrund erforderlich
Das Gericht betonte einen weiteren wichtigen Aspekt des § 940a Abs. 2 ZPO: Wenn die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, muss der Vermieter keinen gesonderten Verfügungsgrund (also eine besondere Eilbedürftigkeit nach § 940 ZPO) darlegen und beweisen. Das Gesetz unterstellt in diesen Fällen die Dringlichkeit, um zu verhindern, dass die Zwangsvollstreckung durch nachträglich bekannt gewordene Mitbewohner vereitelt oder verzögert wird. Die Eilbedürftigkeit wird gesetzlich vermutet.
Fazit und Bedeutung der Entscheidung für Vermieter
Das Urteil des Amtsgerichts Bottrop verdeutlicht die praktische Bedeutung des § 940a Abs. 2 ZPO für Vermieter. Es bietet eine effektive Handhabe, um auch gegen nicht im Mietvertrag stehende Mitbewohner (wie Lebenspartner, volljährige Kinder oder Untermieter, von denen der Vermieter erst spät erfährt) einen schnellen Räumungstitel im Eilverfahren zu erlangen. Voraussetzung ist stets, dass bereits ein vollstreckbarer Titel gegen den Hauptmieter existiert und der Vermieter die Kenntnis vom Besitz des Dritten nachweislich erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung gegen den Hauptmieter erlangt hat.
Die Entscheidung zeigt auch, dass der Einspruch der Hauptmieterin gegen ihr eigenes Räumungsurteil die Durchsetzung des Anspruchs gegen den drittbesitzenden Lebensgefährten nach § 940a Abs. 2 ZPO nicht automatisch hindert. Das Verfahren gegen den Lebensgefährten steht rechtlich auf eigenen Füßen, sobald die Voraussetzungen dieser speziellen Norm erfüllt sind. Der Vermieter kann somit parallel zur Auseinandersetzung mit dem Hauptmieter die Räumung gegen den Dritten betreiben.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass Vermieter mittels einstweiliger Verfügung auch gegen nicht im Mietvertrag stehende Bewohner (wie Lebensgefährten) vorgehen können, wenn sie erst nach einem Räumungsurteil gegen den eigentlichen Mieter von deren Besitzstatus erfahren haben. Bemerkenswert ist, dass für diese Räumung kein neues Hauptverfahren erforderlich ist und selbst ein Einspruch gegen das ursprüngliche Räumungsurteil die einstweilige Verfügung nicht verhindert. Dies stärkt die Position von Vermietern erheblich, da sie alle Bewohner einer Wohnung effizient räumen lassen können, auch wenn diese nicht Vertragspartei sind.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet eine „einstweilige Verfügung zur Räumung durch Dritte“ genau?
Eine „einstweilige Verfügung zur Räumung durch Dritte“ ist eine schnelle, vorläufige Entscheidung eines Gerichts. Sie verpflichtet eine Person, eine Wohnung oder ein Haus zu verlassen und zu räumen, obwohl diese Person keinen eigenen Mietvertrag mit dem Vermieter hat. Diese Person wird rechtlich als „Dritter“ bezeichnet.
Wer ist der „Dritte“?
Der „Dritte“ ist jemand, der in der Wohnung lebt, aber nicht der eigentliche Mieter ist. Stellen Sie sich vor, der Mieter einer Wohnung lässt seinen Lebensgefährten bei sich wohnen. Wenn der Mietvertrag des Hauptmieters endet oder dieser auszieht, der Lebensgefährte aber in der Wohnung bleibt, hat dieser Lebensgefährte keinen Vertrag mit dem Vermieter. Er ist in diesem Verhältnis der „Dritte“. Andere Beispiele können erwachsene Kinder sein, die nach dem Auszug des Mieters bleiben, oder auch Untermieter ohne gültigen Vertrag oder Zustimmung des Vermieters. Entscheidend ist: Der Dritte hat keine eigene vertragliche Beziehung zum Vermieter bezüglich der Wohnung.
Warum „einstweilig“ und warum „Räumung“?
- „Einstweilig“ bedeutet vorläufig. Die Gerichtsentscheidung wird in einem beschleunigten Verfahren getroffen, weil die Situation als dringend angesehen wird. Es geht darum, schnell einen bestimmten Zustand herzustellen (hier: die Räumung), ohne das Ergebnis eines möglicherweise langwierigen normalen Gerichtsverfahrens (Hauptsacheverfahren) abwarten zu müssen.
- „Räumung“ bedeutet, dass der Dritte durch die gerichtliche Anordnung verpflichtet wird, die Wohnung vollständig zu verlassen und sie leer an den Berechtigten (meist der Vermieter) herauszugeben.
Wann kann eine solche Verfügung erlassen werden?
Ein Gericht erlässt eine solche Verfügung nur unter bestimmten Voraussetzungen. Der Antragsteller (oft der Vermieter) muss dem Gericht darlegen und glaubhaft machen, dass ihm ein Anspruch auf die Räumung durch den Dritten zusteht (Verfügungsanspruch) und dass die Angelegenheit besonders eilig ist (Verfügungsgrund). Eine solche Dringlichkeit kann zum Beispiel bestehen, wenn:
- Der Hauptmietvertrag beendet ist und der Mieter die Wohnung verlassen hat, der Dritte aber weiterhin darin wohnt und die Herausgabe verweigert.
- Der Dritte den Besitz an der Wohnung unrechtmäßig erlangt hat.
- Von dem Dritten erhebliche Störungen ausgehen (z.B. Lärm, Belästigung anderer Bewohner).
Diese einstweilige Verfügung ermöglicht es dem Berechtigten, die Räumung durch den Dritten relativ schnell durchzusetzen. Es handelt sich aber um eine vorläufige Regelung. Die endgültige Klärung der Rechtslage kann, falls erforderlich, in einem anschließenden Hauptverfahren erfolgen.
Unter welchen Umständen kann ein Gericht eine einstweilige Verfügung zur Räumung gegen eine Person erlassen, die keinen Mietvertrag hat?
Ein Gericht kann unter bestimmten Voraussetzungen eine schnelle Entscheidung zur Räumung (eine sogenannte einstweilige Verfügung) auch gegen eine Person treffen, die selbst keinen Mietvertrag mit dem Vermieter abgeschlossen hat. Dies ist insbesondere dann relevant, wenn diese Person eine Wohnung nutzt, aus der der eigentliche Hauptmieter bereits ausziehen muss.
Stellen Sie sich vor: Ein Vermieter hat erfolgreich ein gerichtliches Urteil erwirkt, das den Hauptmieter zur Räumung der Wohnung verpflichtet. Nun stellt sich heraus, dass noch eine andere Person (z.B. ein Untermieter, ein Mitbewohner oder eine andere dritte Person) in der Wohnung lebt, die dort aber keinen eigenen Mietvertrag mit dem Vermieter hat. Gegen diese Person wirkt das Urteil gegen den Hauptmieter nicht automatisch.
Die gesetzliche Regelung für schnelle Räumung Dritter
Für solche Fälle gibt es eine spezielle Regelung im Gesetz: § 940a Absatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Diese Vorschrift erlaubt es dem Vermieter, unter bestimmten Bedingungen im Eilverfahren eine einstweilige Verfügung zur Räumung auch gegen diese dritte Person zu erwirken.
Ziel dieser Regelung ist es, zu verhindern, dass sich die Räumung unnötig verzögert, nur weil eine weitere Person ohne Vertrag in der Wohnung ist, von der der Vermieter vielleicht erst spät erfahren hat.
Voraussetzungen für die einstweilige Verfügung gegen Dritte
Damit ein Gericht eine solche einstweilige Verfügung nach § 940a Abs. 2 ZPO erlässt, müssen mehrere Bedingungen gleichzeitig erfüllt sein:
- Kein eigener Mietvertrag: Die Person, gegen die sich die Verfügung richtet, darf keinen eigenen (Unter-)Mietvertrag oder eine andere vertragliche Berechtigung zum Wohnen direkt mit dem Vermieter haben. Sie nutzt die Wohnung also unbefugt oder nur aufgrund einer Absprache mit dem Hauptmieter.
- Räumungsurteil gegen den Hauptmieter: Es muss bereits eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung (ein sogenannter Räumungstitel, z.B. ein Urteil oder ein Vergleich) vorliegen, die den Hauptmieter zur Räumung der Wohnung verpflichtet.
- Kenntnis des Vermieters erst nach Vertragsschluss: Der Vermieter muss nachweisen, dass er erst nach Abschluss des Mietvertrages mit dem Hauptmieter davon erfahren hat, dass diese dritte Person (ohne Vertrag) sich ebenfalls dauerhaft in der Wohnung aufhält. War dem Vermieter die Anwesenheit dieser Person schon bei Abschluss des Hauptmietvertrages bekannt, greift diese spezielle Eilregelung in der Regel nicht.
- Dringlichkeit (Berechtigtes Interesse): Der Vermieter muss ein berechtigtes Interesse an einer schnellen Räumung haben. Das bedeutet, er muss dem Gericht erklären, warum es für ihn unzumutbar wäre, ein langes, normales Gerichtsverfahren (Hauptsacheverfahren) gegen die dritte Person führen zu müssen. Gründe können z.B. drohende weitere Mietausfälle oder die dringende Notwendigkeit sein, die Wohnung anderweitig zu nutzen oder zu vermieten.
Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, kann das Gericht im Eilverfahren entscheiden, dass auch die Person ohne Mietvertrag die Wohnung räumen muss. Das Gericht prüft dabei immer die Umstände des konkreten Falles.
Welche Rechte habe ich, wenn ich als Lebensgefährte/Dritte von einer solchen einstweiligen Verfügung betroffen bin?
Wenn Sie als Lebensgefährte oder sonstiger Dritter (also nicht als Hauptmieter oder Eigentümer der Wohnung) von einer gerichtlichen Entscheidung betroffen sind, die Sie zum Verlassen einer Wohnung verpflichtet (einer sogenannten einstweiligen Verfügung zur Räumung), haben Sie das Recht, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Sie müssen die Entscheidung nicht einfach hinnehmen.
Das Recht auf Widerspruch
Das wichtigste Rechtsmittel, das Ihnen zur Verfügung steht, ist der Widerspruch. Sie können gegen die einstweilige Verfügung bei dem Gericht, das sie erlassen hat, Widerspruch einlegen.
- Was bewirkt der Widerspruch? Durch den Widerspruch wird das Gericht veranlasst, die Angelegenheit erneut und umfassend zu prüfen. Es ist Ihre Möglichkeit, dem Gericht Ihre Sichtweise darzulegen.
Was passiert nach dem Widerspruch?
Nachdem Sie form- und fristgerecht Widerspruch eingelegt haben, geschieht in der Regel Folgendes:
- Ansetzung einer mündlichen Verhandlung: Das Gericht wird normalerweise einen Termin für eine mündliche Verhandlung festlegen.
- Prüfung der Sach- und Rechtslage: In dieser Verhandlung (oder aufgrund schriftlicher Stellungnahmen) prüft das Gericht die gesamte Situation erneut. Es wird untersucht:
- Ob die Person, die die Räumung verlangt, überhaupt einen Anspruch darauf hat.
- Ob die besonderen Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung (insbesondere die Eilbedürftigkeit) tatsächlich vorliegen.
- Ihre persönliche Situation als betroffener Dritter und Ihre Rechte werden ebenfalls berücksichtigt. Beide Seiten können Argumente und gegebenenfalls Beweise vorbringen.
- Neue Entscheidung: Nach dieser erneuten Prüfung entscheidet das Gericht, ob die einstweilige Verfügung aufrechterhalten, abgeändert oder aufgehoben wird.
Wichtigkeit von Fristen
Beachten Sie unbedingt: Für den Widerspruch gibt es gesetzliche Fristen, die meist mit der Zustellung der einstweiligen Verfügung an Sie zu laufen beginnen. Diese Fristen sind in der Regel kurz. Schnelles Handeln ist daher entscheidend, um Ihre Rechte wahren zu können. Informationen zur Frist finden Sie normalerweise in der Rechtsbehelfsbelehrung, die der gerichtlichen Entscheidung beigefügt ist.
Ihre Position als Dritter
Auch wenn Sie nicht der Vertragspartner (z.B. Hauptmieter) sind, sondern als Lebensgefährte oder sonstiger Dritter in der Wohnung leben, haben Sie eigene schutzwürdige Rechte. Diese müssen vom Gericht im Verfahren berücksichtigt werden. Der Widerspruch gibt Ihnen die Möglichkeit, diese Rechte geltend zu machen und Ihre Situation darzustellen.
Was ist ein Versäumnisurteil und welche Bedeutung hat es im Zusammenhang mit einer Räumungsklage?
Ein Versäumnisurteil ist eine gerichtliche Entscheidung, die ergehen kann, wenn eine Partei in einem Zivilprozess, wie zum Beispiel einer Räumungsklage, untätig bleibt. Stellt der Vermieter (Kläger) einen Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils, kann das Gericht diesem stattgeben, wenn die beklagte Partei (Mieterin oder Mieter):
- nicht zur mündlichen Gerichtsverhandlung erscheint, obwohl sie ordnungsgemäß geladen wurde, oder
- sich im Verfahren nicht rechtzeitig verteidigt, also zum Beispiel keine Verteidigungsanzeige oder keine Klageerwiderung einreicht, obwohl dies vom Gericht gefordert wurde.
Das Gericht erlässt das Versäumnisurteil jedoch nur, wenn es den Vortrag der erschienenen bzw. aktiven Partei (hier des Vermieters) für schlüssig hält, also die Klage aufgrund der dargelegten Fakten grundsätzlich berechtigt erscheint.
Was bedeutet ein Versäumnisurteil bei einer Räumungsklage?
Ein Versäumnisurteil gegen die Mieterin oder den Mieter in einem Räumungsprozess hat weitreichende Folgen:
- Das Gericht gibt der Räumungsklage des Vermieters statt. Es wird also entschieden, dass die Mieterin oder der Mieter die Wohnung räumen und herausgeben muss.
- Ein Versäumnisurteil ist ein vollwertiger gerichtlicher Titel. Es steht einem Urteil nach einer streitigen Verhandlung in seiner Wirkung zunächst gleich.
- Das Urteil ist in der Regel sofort vorläufig vollstreckbar. Das bedeutet, der Vermieter kann aus diesem Urteil die Zwangsräumung durch einen Gerichtsvollzieher betreiben, auch wenn die Frist für einen Einspruch noch läuft oder ein Einspruch eingelegt wurde (unter bestimmten Voraussetzungen, eventuell gegen Sicherheitsleistung).
Für die betroffene Mieterin oder den betroffenen Mieter bedeutet ein Versäumnisurteil im Räumungsprozess also die konkrete Gefahr, die Wohnung zwangsweise verlassen zu müssen.
Was kann man gegen ein Versäumnisurteil tun?
Gegen ein Versäumnisurteil gibt es ein spezielles Rechtsmittel: den Einspruch.
- Der Einspruch muss innerhalb von zwei Wochen eingelegt werden. Diese Frist beginnt mit der Zustellung des schriftlichen Versäumnisurteils.
- Wird rechtzeitig Einspruch eingelegt, wird der Prozess in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor der Säumnis (also dem Nichterscheinen oder der Nichtverteidigung) befand. Das Gericht wird dann einen neuen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen oder das schriftliche Verfahren fortsetzen und die Angelegenheit inhaltlich prüfen, als hätte es das Versäumnisurteil nie gegeben.
- Wichtig: Wird die Zwei-Wochen-Frist für den Einspruch versäumt, wird das Versäumnisurteil rechtskräftig und damit endgültig. Die Möglichkeiten, danach noch dagegen vorzugehen, sind sehr begrenzt.
Es ist daher entscheidend, bei Erhalt eines Versäumnisurteils die darin genannten Fristen genau zu beachten.
Kann ich als Lebensgefährte/Dritte die Räumung verhindern, wenn die Mieterin gegen das Versäumnisurteil vorgeht?
Grundsätzlich kann das Vorgehen der Mieterin gegen das Versäumnisurteil auch Ihre Situation als Dritter beeinflussen. Oft hängt die Rechtmäßigkeit einer Räumungsanordnung gegen Sie als Dritter (zum Beispiel durch eine einstweilige Verfügung) davon ab, ob die Räumungsanordnung gegen die Mieterin selbst Bestand hat.
Die Verbindung zwischen Hauptverfahren und einstweiliger Verfügung
Stellen Sie sich die Situation wie zwei verbundene Verfahren vor: Das Hauptverfahren betrifft die Räumung der Mieterin (hier basierend auf dem Versäumnisurteil), und das Verfahren der einstweiligen Verfügung betrifft Ihre Räumung als Dritter.
- Wenn die Mieterin Erfolg hat: Gelingt es der Mieterin, das Versäumnisurteil erfolgreich anzufechten (zum Beispiel durch einen Einspruch), kann dies die Grundlage für die einstweilige Verfügung gegen Sie schwächen oder sogar beseitigen. Wenn das Urteil gegen die Mieterin aufgehoben wird, fehlt oft der Hauptgrund, warum auch Sie die Wohnung verlassen sollen. Das Gericht muss dann neu prüfen, ob die Anordnung gegen Sie noch gerechtfertigt ist.
- Ihre Rechtsposition ist oft abhängig: In vielen Fällen ist Ihre rechtliche Situation als Dritter also eng mit der Situation der Mieterin verknüpft. Ihr Recht, in der Wohnung zu bleiben, leitet sich oft vom Mietvertrag der Mieterin ab.
Eigenständiger Bestand der einstweiligen Verfügung
Wichtig ist jedoch: Die einstweilige Verfügung gegen Sie als Dritten kann unter bestimmten Umständen auch dann bestehen bleiben, wenn die Mieterin gegen das Versäumnisurteil vorgeht und das Hauptverfahren noch andauert.
- Dringendes Interesse des Vermieters: Dies ist insbesondere dann möglich, wenn der Vermieter ein eigenes, dringendes und berechtigtes Interesse nachweisen kann, dass Sie die Wohnung räumen. Das Gericht prüft dann, ob die Dringlichkeit so hoch ist, dass Ihre Räumung nicht bis zum Abschluss des Hauptverfahrens der Mieterin warten kann. Ein solches Interesse könnte beispielsweise bestehen, wenn von Ihnen eine Störung oder Gefahr ausgeht.
- Unabhängige Prüfung: Das Gericht prüft die Voraussetzungen der einstweiligen Verfügung gegen Sie also auch unabhängig vom Schicksal des Versäumnisurteils, wenn besondere Gründe der Dringlichkeit vorliegen.
Für Sie bedeutet das: Auch wenn die Mieterin aktiv gegen das Versäumnisurteil kämpft, ist damit nicht automatisch sichergestellt, dass die gegen Sie gerichtete einstweilige Verfügung aufgehoben wird. Die Gerichte betrachten die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Dringlichkeit aus Sicht des Vermieters.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Einstweilige Verfügung
Eine einstweilige Verfügung ist eine vorläufige und eilige Entscheidung eines Gerichts (§§ 935 ff. Zivilprozessordnung – ZPO). Sie dient dazu, einen Anspruch schnell zu sichern oder eine vorläufige Regelung zu treffen, bevor im normalen, oft längeren Hauptsacheverfahren endgültig entschieden wird. Im Text wurde sie genutzt, um den Lebensgefährten schnell zur Räumung der Wohnung zu verpflichten (§ 940a Abs. 2 ZPO), da der Vermieter einen Räumungstitel nur gegen die Mieterin hatte und die Anwesenheit des Lebensgefährten die Räumung behindert hätte. Sie schafft also schnell einen vorläufig vollstreckbaren Zustand.
Beispiel: Wenn die Gefahr besteht, dass jemand eine wertvolle Sache ins Ausland schafft, bevor ein Gericht über den Eigentumsanspruch entschieden hat, kann der Berechtigte per einstweiliger Verfügung die vorläufige Sicherstellung der Sache beantragen.
§ 940a Abs. 2 ZPO
§ 940a Abs. 2 ZPO ist eine spezielle Vorschrift in der Zivilprozessordnung für die Räumung von Wohnraum. Sie erlaubt dem Vermieter ausnahmsweise, im schnellen Verfahren einer einstweiligen Verfügung die Räumung auch gegen eine Person („Dritter“) durchzusetzen, die selbst kein Mieter ist. Entscheidende Voraussetzung ist, dass der Vermieter bereits einen vollstreckbaren Räumungstitel gegen den eigentlichen Mieter besitzt und erst nach Abschluss der mündlichen Verhandlung im Verfahren gegen den Mieter erfahren hat, dass dieser Dritte (hier: der Lebensgefährte) ebenfalls die Wohnung bewohnt (also Besitz hat). Diese Regelung soll den Vermieter davor schützen, dass die Zwangsvollstreckung durch ihm unbekannte Mitbewohner vereitelt wird.
Räumungsklage
Eine Räumungsklage ist eine Klage des Vermieters vor Gericht, mit dem Ziel, den Mieter zur Räumung und Herausgabe der gemieteten Räume zu verpflichten (Anspruch aus § 546 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Sie wird typischerweise dann erhoben, wenn das Mietverhältnis wirksam beendet wurde (z.B. durch Kündigung), der Mieter die Wohnung aber nicht freiwillig verlässt. Im Text hat der Vermieter erfolgreich eine solche Klage gegen die Mieterin geführt (Aktenzeichen 10 C 167/24), was zum Versäumnisurteil führte.
Beispiel: Ein Vermieter kündigt seinem Mieter wegen Eigenbedarfs fristgerecht. Zieht der Mieter zum Kündigungstermin nicht aus, kann der Vermieter Räumungsklage einreichen.
Versäumnisurteil
Ein Versäumnisurteil ist eine gerichtliche Entscheidung, die gegen eine Partei ergehen kann, wenn diese in einer mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erscheint oder sich nicht zur Sache äußert (§§ 330 ff. ZPO). Das Gericht entscheidet dann auf Antrag der anwesenden Partei in der Regel entsprechend deren Klageantrag, sofern dieser als schlüssig (nachvollziehbar und rechtlich begründet) erscheint. Im Text erging ein solches Urteil gegen die Mieterin, da sie offenbar nicht zur Verhandlung erschienen ist, und verurteilte sie zur Räumung der Wohnung. Gegen ein Versäumnisurteil kann die betroffene Partei Einspruch einlegen, was die Mieterin hier auch getan hat.
Vollstreckbarer Titel
Ein vollstreckbarer Titel ist eine amtliche Urkunde (meist ein Gerichtsurteil, ein Beschluss oder ein notarielles Schuldanerkenntnis), die einen bestimmten Anspruch (z.B. auf Zahlung oder Herausgabe) offiziell feststellt und dessen zwangsweise Durchsetzung (Zwangsvollstreckung) erlaubt (§ 704 ZPO). Ohne einen solchen Titel kann z.B. kein Gerichtsvollzieher beauftragt werden, eine Wohnung zu räumen oder Geld einzutreiben. Im Text ist das Versäumnisurteil gegen die Mieterin ein solcher vollstreckbarer Titel, der die Grundlage für die Räumung gegen sie bildete und Voraussetzung für die einstweilige Verfügung gegen den Lebensgefährten nach § 940a Abs. 2 ZPO war.
Besitz (an der Wohnung)
Besitz beschreibt im juristischen Sinne die tatsächliche Gewalt oder Herrschaft einer Person über eine Sache (§ 854 BGB), getragen von einem entsprechenden Willen. Entscheidend ist die faktische Verfügungsgewalt, nicht unbedingt das Recht dazu (z.B. Eigentum oder ein Mietvertrag). Im Text hatte der Lebensgefährte Besitz an der Wohnung, weil er dort tatsächlich wohnte und lebte, also die tatsächliche Herrschaft über die Räume (mit-)ausübte, obwohl er keinen Mietvertrag mit dem Vermieter hatte. Da eine Zwangsräumung sich gegen den Besitzer richten muss, benötigte der Vermieter einen separaten Titel gegen den Lebensgefährten als (Mit-)Besitzer.
Beispiel: Wer ein Fahrrad geliehen hat, ist dessen Besitzer (hat die tatsächliche Gewalt), während der Verleiher Eigentümer bleibt. Auch ein Dieb erlangt Besitz an der gestohlenen Sache.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 940a Abs. 2 ZPO: Diese Norm ermöglicht es Vermietern, eine einstweilige Verfügung zur Räumung gegen Dritte zu erwirken, die eine Wohnung besetzen, wenn gegen den Mieter bereits ein Räumungstitel besteht und der Vermieter erst nach der Verhandlung von der Anwesenheit des Dritten erfahren hat. Dies dient der beschleunigten Durchsetzung des Räumungsanspruchs auch gegen unberechtigte Mitbewohner. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützt die Räumungsverfügung direkt auf § 940a Abs. 2 ZPO, da der Lebensgefährte der Mieterin als Dritter die Wohnung bewohnt und der Vermieter erst nach dem Versäumnisurteil gegen die Mieterin von seiner Existenz erfuhr.
- § 940 ZPO: Regelt allgemein die einstweilige Verfügung zur Regelung eines streitigen Zustands, wobei ein Verfügungsgrund und ein Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht werden müssen. Im Kontext von § 940a Abs. 2 ZPO wird der Verfügungsgrund jedoch durch die speziellen Voraussetzungen dieser Norm ersetzt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl § 940a Abs. 2 ZPO den Verfügungsgrund vereinfacht, bildet § 940 ZPO den allgemeinen Rahmen für einstweilige Verfügungen und ist somit indirekt relevant für das Verständnis des Verfahrens.
- § 546 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph begründet den Herausgabeanspruch des Vermieters gegen den Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses. Nach wirksamer Kündigung und Ablauf der Mietzeit ist der Mieter verpflichtet, die Mietsache an den Vermieter zurückzugeben. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl der Lebensgefährte selbst keinen Mietvertrag hat, leitet sich der Räumungsanspruch des Vermieters ursprünglich aus dem beendeten Mietverhältnis mit der Mieterin und dem daraus resultierenden Herausgabeanspruch nach § 546 BGB ab.
- Versäumnisurteil im Räumungsprozess (§§ 330 ff. ZPO): Ein Versäumnisurteil ergeht, wenn eine Partei in einem gerichtlichen Verfahren säumig ist, d.h. beispielsweise nicht zu einer mündlichen Verhandlung erscheint. Es stellt einen vollwertigen Räumungstitel dar, aus dem die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Versäumnisurteil gegen die Mieterin ist die notwendige Grundlage für die einstweilige Verfügung gegen den Lebensgefährten nach § 940a Abs. 2 ZPO, da es den erforderlichen Räumungstitel gegen den Mieter darstellt.
- Besitzbegriff im Zivilrecht (§ 854 BGB): Besitz ist die tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache, die von einem entsprechenden Besitzwillen getragen wird. Auch Mitbesitz, wie er in einer Wohngemeinschaft oder Ehe typisch ist, ist rechtlich anerkannt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellt fest, dass der Lebensgefährte Besitz an der Wohnung hat, da er in ihr wohnt. Dieser Besitz ist entscheidend, um ihn als „Dritten“ im Sinne von § 940a Abs. 2 ZPO zu qualifizieren und gegen ihn eine einstweilige Verfügung zu erwirken.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Mitbewohner ohne eigenen Mietvertrag zum Thema Räumungsrisiko
Sie wohnen mit Ihrem Partner, einem Freund oder Familienmitglied zusammen, aber nur diese Person hat den Mietvertrag unterschrieben? Diese Konstellation ist üblich, birgt aber Risiken. Wenn der Hauptmieter Probleme mit dem Vermieter bekommt, kann das auch für Sie ernste Konsequenzen haben.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Abhängigkeit vom Hauptmieter verstehen
Ihr Recht, in der Wohnung zu leben, hängt vollständig vom Mietvertrag der Person ab, die diesen unterschrieben hat (Hauptmieter). Wenn der Vermieter den Mietvertrag wirksam kündigt und der Hauptmieter ausziehen muss, verlieren auch Sie Ihr Recht, dort zu wohnen – auch wenn Sie selbst keine Kündigung erhalten haben.
Tipp 2: Risiko der schnellen Räumung durch einstweilige Verfügung
Selbst wenn der Hauptmieter noch gegen seine Kündigung oder Räumung vorgeht, kann der Vermieter unter bestimmten Voraussetzungen (§ 940a Abs. 2 ZPO) direkt gegen Sie eine sofortige Räumung per einstweiliger Verfügung beantragen. Dies ist ein Eilverfahren und kann dazu führen, dass Sie die Wohnung sehr schnell verlassen müssen, bevor das Hauptverfahren gegen den Mieter abgeschlossen ist.
⚠️ ACHTUNG: Eine solche einstweilige Verfügung ist ein vollstreckbarer Titel. Ignorieren Sie gerichtliche Anordnungen nicht. Sie müssen die Wohnung räumen und die Schlüssel übergeben, wenn dies gerichtlich angeordnet wird, andernfalls drohen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und weitere Kosten.
Tipp 3: Frühzeitig aktiv werden bei Problemen des Hauptmieters
Sobald Sie erfahren, dass der Hauptmieter eine Kündigung oder sogar eine Räumungsklage vom Vermieter erhalten hat, sollten Sie handeln. Ihr eigenes Wohnrecht ist unmittelbar gefährdet. Warten Sie nicht ab, bis Sie selbst Post vom Gericht oder Vermieter bekommen. Suchen Sie frühzeitig das Gespräch mit dem Hauptmieter und erwägen Sie, rechtlichen Rat einzuholen, um Ihre Situation zu klären.
Tipp 4: Eigene Rechtsposition prüfen oder anstreben
Die sicherste Position haben Sie, wenn Sie selbst Vertragspartner des Vermieters sind. Prüfen Sie, ob die Möglichkeit besteht, mit Zustimmung des Vermieters als weiterer Hauptmieter in den bestehenden Mietvertrag aufgenommen zu werden oder einen eigenen (Unter-)Mietvertrag abzuschließen, der Ihnen eigene Rechte gibt. Ohne vertragliche Beziehung zum Vermieter bleiben Sie rechtlich angreifbar.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Neben dem Verlust der Wohnung können auf Sie auch die Kosten des Gerichtsverfahrens zukommen, wenn der Vermieter erfolgreich eine einstweilige Verfügung gegen Sie erwirkt und das Gericht Ihnen die Kosten auferlegt. Dies gilt auch, wenn Sie selbst gar keinen Vertrag mit dem Vermieter haben.
✅ Checkliste: Räumungsrisiko als Mitbewohner ohne Vertrag
- Ist mein Wohnrecht nur vom Hauptmieter abgeleitet oder habe ich einen eigenen Vertrag mit dem Vermieter?
- Hat der Hauptmieter eine Kündigung oder Räumungsklage erhalten?
- Bin ich über den Stand des Verfahrens zwischen Hauptmieter und Vermieter informiert?
- Wurde ich vom Vermieter oder Gericht zur Räumung aufgefordert oder eine Verfügung zugestellt?
- Habe ich rechtzeitig Rechtsrat eingeholt, um meine Optionen zu prüfen?
Das vorliegende Urteil
AG Bottrop – Az.: 8 C 367/24 – Urteil vom 20.01.2025
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