OLG Frankfurt – Az.: 16 U 213/13 – Urteil vom 15.04.2014
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden vom 22. Oktober 2013 teilweise abgeändert.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
1. an den Kläger 2.938,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2011 zu zahlen,
2. den Kläger von einer Forderung des Sachverständigen A, Straße1 in O1 in Höhe von 274,45 € freizustellen,
3. den Kläger von einer Forderung der Kanzlei B, Straße2 in O2 in Höhe von 359,50 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 75 % und die Beklagten 25 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 12. Mai 2011 geltend.
Der Kläger befuhr in O3 mit seinem Fahrzeug die in einer Tempo-30-Zone befindliche Straße3 und wollte die kreuzende Straße4, auf welcher von recht der Beklagte zu1 mit seinem PKW kam, überqueren. Die Straße3 war mit dem Verkehrszeichen 205 (Vorfahrt gewähren), die Straße4 mit dem Verkehrszeichen 306 (Vorfahrstraße) versehen. Im Kreuzungsbereich kam es zu einer Kollision der Fahrzeuge.
Die Parteien haben erstinstanzlich über die Unfallverursachung und die Schadenshöhe im Hinblick auf Schwemmmaterial, UPE-Aufschläge und Verbringungskosten gestritten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 287 bis 290 d.A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme zum Unfallhergang durch Vernehmung von Zeugen und Einholung eines Sachverständigengutachtens nebst schriftlicher Ergänzung sowie mündlicher Anhörung des Sachverständigen die Klage abgewiesen.
Der Unfall sei bei dem Betrieb beider Fahrzeuge verursacht worden, so dass beide Parteien nach § 7 StGB hafteten, da keine der Parteien den Beweis des Vorliegens eines unabwendbaren Ereignisses erbracht habe.
Die Abwägung nach § 17 StVG führe zu einer alleinigen Haftung des Klägers, da er den Unfall durch eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung verursacht habe, während dem Beklagten zu 1 ein unfallursächliches verkehrswidriges Verhalten nicht nachzuweisen sei. Zwar habe der Beklagte zu 1 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 7 km/h überschritten; die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit sei aber nicht unfallursächlich geworden. Das Unfallgeschehen sei auch bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h weder räumlich noch zeitlich vermeidbar gewesen.
Darauf, dass nach den Angaben des Sachverständigen bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit das Schadensbild deutlich geringer ausgefallen wäre, komme es bei der Abwägung der Haftungsverteilung nicht an; maßgeblich sei lediglich die Unfallursächlichkeit, welche nicht gegeben sei.
Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 291 bis 295 d.A.) verwiesen.
Gegen dieses ihm am 28. Oktober 2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 25. November 2013 bei Gericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er mit einem am 3. Dezember 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Klageziel in vollem Umfang weiter und rügt die Verletzung materiellen Rechts.
Das Landgericht habe verkannt, dass die unstreitige Geschwindigkeitsüberschreitung des Beklagten zu 1 um 20 % zumindest haftungsausfüllend kausal gewesen sei, da nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Anhörung der Schaden nur knapp 50 % des tatsächlich eingetretenen Schadens betragen hätte, wenn sich der Beklagte zu 1 an die Geschwindigkeitsbeschränkung gehalten hätte. Es spiele nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Rolle, ob die Kausalität haftungsbegründend oder haftungsausfüllend sei.
Erschwerend käme hinzu, dass die Unfallstelle schwer einsehbar gewesen sei und der Beklagte zu 1 nicht einmal mit der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in die Kreuzung hätte einfahren dürfen.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 22. Oktober 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Wiesbaden, Az. 8 O 129/11, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an ihn 12.527,21 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2011 zu zahlen,
2. ihn von einer Forderung gegenüber dem Sachverständigen A, Straße1, O1, in Höhe von 1.097,78 € freizustellen,
3. ihn von einer Forderung gegenüber der Kanzlei B, Straße2, O2, in Höhe von 899,40 € freizustellen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertreten die Auffassung, sie hätten nach § 17 Abs. 3 StVG aufgrund eines nachgewiesenen unabwendbaren Ereignisses nicht einzustehen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.938,20 € aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StGB, 115 VVG.
Das Landgericht ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass sowohl der Kläger als auch der Beklagte zu 1 nach § 7 Abs. 1 StVG haften, da bei dem Betrieb ihrer Fahrzeuge das jeweils andere Fahrzeug beschädigt wurde. Dabei sind die Ersatzpflichten nicht nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, da der Unfall für keine der Parteien durch höhere Gewalt verursacht worden ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten scheidet ihre Haftung nicht nach § 17 Abs. 3 StVG aufgrund eines nachgewiesenen unabwendbaren Ereignisses aus. Das Landgericht, das das Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses unzutreffend dem § 7 Abs. 2 StVG zugeordnet hat, hat den Beweis für das Vorliegen eines solchen zu Recht nicht für erbracht angesehen. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungserwiderung rechtfertigt die Annahme eines unabwendbaren Ereignisses nicht. Nach § 17 Abs. 2 S. 3 StVG gilt ein Ereignis nur dann als unabwendbar, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beobachtet hat. Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten darauf, dass der Beklagte zu 1 auch bei Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit von 30 km/h keine Chance gehabt hat, die streitgegenständliche Kollision zu verhindern. Ein unabwendbares Ereignis liegt nicht bereits dann vor, wenn der Unfall bei Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit unvermeidbar war, sondern nur dann, wenn er auch bei der äußersten möglichen Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVG, 22. A., § 17 StVG Rn. 8). Dies erfordert ein sachgemäßes, geistesgegenwärtige Handeln über den gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus und damit das Verhalten eines Idealfahrers (König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. A., § 17 StVG Rn. 22). Insbesondere ist ein unabwendbares Ereignis zu verneinen, wenn ein besonders umsichtiger Fahrer die Gefahr noch abgewandt oder jedenfalls einen weniger schweren Unfall verursacht hätte (BGH, Urteil vom 9.2.1982, VI ZR 59/80 = NJW 1982, 1149). Abgesehen davon, dass die Beklagten nicht dargelegt haben, dass sich der Beklagte zu 1 wie ein besonders umsichtiger Idealfahrer verhalten hat, sind die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 StVG bereits deshalb nicht erfüllt, weil nach den Feststellungen des Sachverständigen der Schaden erheblich geringer ausgefallen wäre, wenn sich der Beklagte zu 1 an die Höchstgeschwindigkeit gehalten hätte.
Die deshalb nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG gebotene Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile führt zu einer Haftung der Beklagten in Höhe von 25 %.
Nach § 17 Abs. 1 und 2 StVG hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Dabei dürfen zum Nachteil der einen oder anderen Partei nur feststehende Umstände berücksichtigt werden, die sich nachweislich zum Nachteil des Unfallgegners auf den Unfall ausgewirkt haben, und zwar entweder auf den Unfallhergang oder den Schadensumfang (Burmann/Heß/Jahnke/Janker, a.a.O., § 17 Rn. 12).
Vorliegend hat das Landgericht zutreffend angenommen, dass der Kläger nach § 8 StVO das Vorfahrtsrecht des Beklagten zu 1 durch einen schwerwiegenden Verkehrsverstoß verletzt hat, was zu einer deutlich erhöhten Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Klägers führt. Diese Feststellung wird von der Berufung nicht angegriffen.
Des Weiteren steht auch fest, dass der Beklagte zu 1 die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h überschritten hat. Der Sachverständige C hat unter Berücksichtigung eines Toleranzbereichs von +/- 10 % angegeben, dass die Bremsausgangsgeschwindigkeit des Beklagtenfahrzeugs 37 bis 45 km/h betragen hat, so dass zu Lasten des Beklagten zu 1 von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von zumindest 7 km/h auszugehen ist. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, in Anbetracht des schwer einsehbaren Mündungsbereichs der Kreuzung hätte eine angepasste Geschwindigkeit bei ca. 20 km/h gelegen, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Dass die vorfahrtsberechtigte Straße durch die Bebauung mit den Häusern oder durch parkende Autos schwer einsehbar gewesen wäre, ergibt sich aus den von dem Kläger in Bezug genommenen Lichtbildern 29 ff. im Gutachten des Sachverständigen nicht: die Häuser schließen nicht bündig mit der Straße3 ab – vielmehr ist ein Fußgängerweg vorgelagert, der auch die Sicht frei gibt -, und parkende Autos befinden sich lediglich auf der gegenüber liegenden Seite der Querstraße, so dass sie die Sicht auf die Straße4 nicht behindert haben. Auch der Hinweis des Klägers auf das im Unfallzeitpunkt an dem zweiten (und damit nicht unmittelbar an der Kreuzung gelegenen ) Haus in der Straße4 angebrachte Gerüst verfängt nicht, da es ausweislich Bild 20 des Gutachtens nicht mit Planen versehen, sondern durchsichtig gestaltet war. Im Übrigen hätte das Gerüst eher Anlass für den Kläger sein müssen, besonders vorsichtig in die Kreuzung einzufahren. Demgegenüber durfte der Beklagte zu 1 – wie bereits das Landgericht angeführt hat – grundsätzlich darauf vertrauen, dass sein Vorfahrtsrecht beachtet würde. Im Übrigen lag auch keine Verkehrssituation einer sogenannten „halben“ Vorfahrt vor; vielmehr befand sich der Beklagte zu 1 auf einer mit Zeichen 306 versehenen Vorfahrtstraße. Insoweit hätte er aber zumindest die zulässigen 30 km/h fahren dürfen. Der Vorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung beschränkt sich damit auf 7 km/h.
Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist diese Geschwindigkeitsüberschreitung auch unfallursächlich geworden.
Zwar hat der Sachverständige C festgestellt, dass der Beklagte zu 1 den Unfall auch bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit von 30 km/h weder räumlich noch zeitlich hätte vermeiden können; er hat aber zugleich angegeben, dass bei Einhaltung der Geschwindigkeitsbeschränkung der an dem Fahrzeug des Klägers eingetretene Schaden erheblich geringer ausgefallen wäre. Dies führt entgegen der Annahme des Landgerichts zur Bejahung einer zurechenbaren Unfallkausalität.
Für die Zurechenbarkeit eines Schadens reicht es aus, wenn dieser ohne den Verstoß in geringerem Umfang eingetreten wäre (König, in: Hentschel/König/Dauer, a.a.O., E 102). Der Bundesgerichtshof hat dies insbesondere in mehreren Entscheidungen näher ausgeführt, in denen es um Kollisionen zwischen einem PKW und die Fahrbahn überquerende Fußgänger bzw. Radfahrer ging. Danach ist ein unfallursächliches Verschulden des Fahrzeugführers dann anzunehmen, wenn der Unfall bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zwar nicht räumlich, wohl aber zeitlich vermeidbar gewesen wäre, weil bei einer Abbremsung des PKW dem Fußgänger bzw. Radfahrer Zeit geblieben wäre, den Gefahrenbereich noch rechtzeitig zu verlassen. Entsprechendes gilt aber auch dann – d.h. auch dann liegt ein unfallursächliches Verschulden vor -, wenn es dabei zu einer deutlichen Abmilderung des Unfallverlaufs und der Unfallfolgen gekommen wäre. Demnach ist der für eine Haftung erforderliche Zurechnungszusammenhang schon dann anzunehmen, wenn der Unfall bei ordnungsgemäßer Fahrweise des PKW zu deutlich geringeren Schäden geführt hätte (vgl. so ausdrücklich BGH, Urteil vom 10.10.2000, VI ZR 268/99 = NJW 2001, 152 Rn. 8; vgl. auch Urteil vom 27. Juni 2000, VI ZR 126/00 = NJW 2000, 3069; Urteil vom 18.11.2003, VI ZR 31/02 = NJW 2004, 772; Urteil vom 26.4.2005, VI ZR 228/03 = NJW 2005, 1940; KG, Teilurteil vom 24.11.2005, 12 U 188/04 = NJW 2006, 1677).
Ohne Erfolg wenden die Beklagten ein, die in der Kommentierung von Hentschel (s.o.) in Bezug genommene Entscheidung des Bundesgerichtshof vom 18.11.2003 (a.a.O.) sei nicht übertragbar, weil ihr ein Verkehrsunfall mit einem jugendlichen Radfahrer zugrunde gelegen habe und dabei festgestellt worden sei, dass der Verkehrsunfall bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit zeitlich vermeidbar gewesen sei. Zum einen stellt sich die Frage, ob eine ordnungsgemäße Fahrweise zumindest zu deutlich geringeren Schäden geführt hätte, gerade erst dann, wenn der Unfall an sich zeitlich nicht vermeidbar war; insoweit hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen eine fehlende Prüfung dahingehend angemahnt, ob nicht – wenn sich der Unfall schon nicht gänzlich vermeiden ließ – wenigstens die Auswirkungen für den Geschädigten deutlich hätten abgemildert werden können (vgl. nur BGH, a.a.O. = NJW 2000, 3069), und auch in der Entscheidung vom 18.11.2003 hat der Bundesgerichtshof die Erwägung der dortigen Revision für zutreffend erachtet, wonach die Einhaltung der Geschwindigkeit zumindest womöglich zu erheblich geringeren Verletzungen geführt hätte. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass eine derartige Zurechenbarkeit einer nicht ordnungsgemäßen Fahrweise auf Unfälle mit Fahrradfahrern oder Fußgängern beschränkt wäre; vielmehr entspricht sie letztlich einer allgemeinen Verpflichtung zur Geringhaltung von Schäden durch ordnungsgemäßes Verhalten und hat damit auch in anderen Fällen Gültigkeit, in denen sich die Frage nach einem geringeren Schaden bei ansonsten bestehender zeitlicher Unvermeidbarkeit stellt (vgl. z.B. OLG Stuttgart, Urteil vom 22.12.1977, 6 U 132/77 = VersR 1980, 341 bei einem Unfall mit einem Motorrad; BGH, Urteil vom 23.5.1967, VI ZR 210/65 = VersR 1967, 802 Rn. 14 bei einem Unfall zwischen einem PKW und einem Sattelschlepper). Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum ein Unfallbeteiligter nicht haften sollte, wenn er bei korrektem Verhalten zumindest die Höhe des Schadens hätte verringern können.
Soweit das Landgericht für seine gegenteilige Ansicht auf Entscheidungen des LG Berlin und des OLG Celle verweist, vermag der Senat ihnen diese Ansicht nicht in der erforderlichen Deutlichkeit zu entnehmen. Zwar ist danach ein rechtlicher Zusammenhang zwischen einem Verkehrsverstoß und einem Unfall nur zu bejahen, wenn bei Einhaltung der Vorschriften im Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation der Unfall vermeidbar gewesen wäre (so: OLG Celle, Urteil vom 27.5.2009, 14 U 2/09, zitiert nach juris; vgl. auch BGH, Urteil vom 25.3.2003, VI ZR 161/02 = NJW 2003, 1929) bzw. wenn es dem Schädiger bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit noch möglich gewesen wäre, unfallverhütend zu reagieren (so: KG, Urteil vom 17.1.2000, 12 U 6678/98, zitiert nach juris). Zum einen schließt dies aber nicht aus, dass ein rechtlicher Zusammenhang auch dann gegeben sein kann, wenn die Unfallfolgen zumindest milder hätten ausfallen können; zum anderen hat auch das Kammergericht ergänzend darauf abgestellt, ob sich sonst eine auf das zu schnelle Fahren zurückzuführende erhöhte Gefahrenlage in dem Unfall aktualisiert habe (vgl. KG, a.a.O.). Das ist hier aber gerade der Fall, da das zu schnelle Fahren zumindest zu einem höheren Schaden geführt hat.
Nach alledem ist die zu hohe Geschwindigkeit des Beklagten zu 1 in die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile einzustellen.
Dabei bedarf es keines Beweises darüber, in welcher konkreten Höhe der Schaden bei Einhaltung der Geschwindigkeit geringer ausgefallen wäre. Der Senat vertritt mit dem Kammergericht (Teilurteil vom 24.11.2005, a.a.O.) die Auffassung, dass der Fahrzeugführer nicht für konkret jene Schäden haftet, die nur aufgrund der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hervorgerufen worden sind und bei Einhaltung der zuständigen Geschwindigkeit nicht entstanden wären, sondern dass er aufgrund der zurechenbaren Erhöhung der Betriebsgefahr wie auch sonst üblich nach einer zu ermittelnden Quote des Gesamtschadens einzustehen hat.
Diese Quote bemisst der Senat vorliegend auf 25 % zu Lasten der Beklagten.
Insoweit ist auf Seiten der Beklagten zu berücksichtigen, dass sich der Unfall in einer Tempo-30-Zone ereignet hat und eine Geschwindigkeit von 37 km/h bereits eine 20 %-ige Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit darstellt, auch wenn die Beklagten in Abrede stellen, dass es sich um eine erhebliche Geschwindigkeit handelt. Die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs ist damit leicht erhöht. Auf Seiten des Klägers ist in Rechnung zu stellen, dass er sich nicht langsam in den Kreuzungsbereich hineingetastet hat, sondern die Bremsausgangsgeschwindigkeit nach den Feststellungen des Sachverständigen zumindest 23 km/h betragen hat. Mit dem Landgericht ist deshalb von einer deutlich erhöhten Betriebsgefahr auszugehen, so dass eine Haftungsverteilung von 25 % (Beklagten) zu 75 % (Kläger) angemessen erscheint.
Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten darauf, die Geschwindigkeitsüberschreitung sei so gering, dass sie überhaupt nicht ins Gewicht falle und hinter dem Verursachungsanteil des Klägers zurückfalle. Grundsätzlich gilt, dass es Sache jedes Verkehrsteilnehmers ist, auf die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu achten. Dies lässt sich durch einen Blick auf den Tachometer bewerkstelligen. Bei Überschreitung der Geschwindigkeit ist er ständig gehalten, sie auf das zulässige Maß zu reduzieren (BGH, a.a.O., NJW 2005, 1940). Es gibt auch keine Regel, wonach eine bestimmte Geschwindigkeitsüberschreitung unerheblich sei. Soweit die Beklagten auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.2.1984 (VI ZR 229/82) verweisen, ergibt sich daraus für den hiesigen Fall nur, dass ein Wartepflichtiger zumindest verhältnismäßig unbedeutende Geschwindigkeitsüberschreitungen berücksichtigen müsse. Dies hat aber nur für die Frage Bedeutung, ob ihm eine schuldhafte Vorfahrtsverletzung zur Last gelegt werden kann, sagt aber nichts darüber aus, ob eine Geschwindigkeitsüberschreitung des Vorfahrtberechtigten zu dessen (Mit-) Haftung führt. Auch soweit das Kammergericht in der bereits angeführten Entscheidung vom 17.1.2000 dargelegt hat, dass Wartepflichtige auch erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen des Vorfahrtberechtigten in Rechnung stellen müssten, dagegen der Vorfahrtberechtigte darauf vertrauen dürfe, dass aus einer Seitenstraße herannahende, nicht sichtbare Wartepflichtige seine Vorfahrt beachten, führt dies nicht dazu, dass eine Geschwindigkeitsüberschreitung des Vorfahrtberechtigten unberücksichtigt zu bleiben hätte, wenn sie sich denn auf den Unfall ausgewirkt hat.
Die im Weiteren von den Beklagten zitierte Entscheidung des OLG Celle vom 2.11.2006 (14 U 90/06 = DAR 2007, 152) betrifft eine Einzelfallentscheidung, in der angesichts eines besonders gravierenden und rücksichtlosen, mehrere Personen konkret gefährdenden Überholens eine 20 %ige Geschwindigkeitsüberschreitung keine Berücksichtigung fand.
Der Schaden des Klägers beträgt 11.752,80 € und setzt sich wie folgt zusammen:
Der Kläger, der auf Gutachtenbasis abrechnet, hat ein Schadensgutachten des Sachverständigen A vom 20. Mai 2011 vorgelegt, wonach sich die Nettoreparaturkosten auf 12.501,21 € belaufen. Allerdings sind darin Kosten für Schwemmmaterial in Höhe von 100,54, € enthalten, während nach Angaben des Sachverständigen C in seiner Anhörung vor dem Landgericht allenfalls 5 bis 6,- € gerechtfertigt wären. Da allerdings die Beklagten selbst lediglich 85,- € als überhöht angesehen haben (vgl. Klageerwiderung), erfolgt nur ein Abzug in Höhe von 85,- €. Zudem sind weitere Beträge in Höhe von 594,41 € für UPE-Aufschläge und 95,- € für Verbringungskosten abzuziehen. Die Ersatzfähigkeit solcher Kosten bei einer fiktiven Schadensabrechnung auf Gutachtenbasis ist streitig, wie sich den von beiden Seiten vorgelegten Entscheidungen unterschiedlicher Gerichte entnehmen lässt. Es kann jedoch offen bleiben, ob solche Aufschläge und Kosten bei fiktiver Abrechnung grundsätzlich nicht zu ersetzen sind, da sie nicht zwingend bei einer Reparaturdurchführung konkret anfallen (vgl. Jahnke in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 22. Auflage, § 249 BGB Rn. 96 f. mit Rechtsprechungsnachweisen), oder ob prozentuale Aufschläge auf Ersatzteilpreise auch bei der fiktiven Abrechnung verlangt werden können, wenn und soweit sie regional üblich sind (vgl. zuletzt OLG München, Urteil vom 28.2.2014, 10 U 3878/13, zitiert nach juris). Die Beklagten haben darauf hingewiesen, dass nicht alle Werkstätten UPE-Aufschläge und Verbringungskosten berechnen. Der Kläger hat aber keinen Beweis dafür angetreten, dass die Berechnung dieser Kosten und Aufschläge regional üblich sind, so dass sie außer Ansatz zu bleiben haben.
Danach beläuft sich der Schaden des Klägers auf 11.726,80 € zuzüglich 26,- € Unkostenpauschale = 11.752,80 €, so dass die Beklagten 2.938,20 € zu erstatten haben. Dieser Betrag ist gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 ZPO seit dem 16. Juni 2011 mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
Hinzu kommt ein Anspruch auf Freistellung von 25 % = 274,45 € der sich auf 1.097,78 € belaufenden Gutachterkosten (vgl. BGH, Urteil vom 7.2.2012, VI ZR 133/11, NJW 2012, 1953) sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Anwaltskosten aus einem Streitwert von 3.212,65 € = 359,50 € (1,3 Geschäftsgebühr = 282,10 + Pauschale = 20,- € + MwSt. = 57,40 €).
Nach alledem war das Urteil wie erfolgt abzuändern.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 713 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Weder weicht der Senat von ober- oder höchstgerichtlicher Rechtsprechung ab noch liegt ein Fall von grundsätzlicher Bedeutung vor.