Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gerichtsurteil klärt Haftung bei Gehwegunfällen und Verkehrssicherungspflicht
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Weiterführende Informationen
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet Verkehrssicherungspflicht und wer ist dafür verantwortlich?
- Welche Rolle spielt der Höhenunterschied von Gehwegplatten bei der Verkehrssicherung?
- Wie wird in der Rechtsprechung ein „nicht wahrnehmbarer“ Zustand eines Gehwegs definiert?
- Welche Beweise sind notwendig, um eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor Gericht nachzuweisen?
- Welche Möglichkeiten bestehen, wenn die Klage wegen eines Gehwegunfalls abgelehnt wird?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger forderte Schadensersatz wegen eines Sturzes über eine unebene Gehwegplatte in Lübeck.
- Der Kläger behauptete, die Beklagte habe die Verkehrssicherungspflicht verletzt.
- Eine vorhergehende Anhörung des Klägers fand statt, in der Unklarheiten seiner Darstellung festgestellt wurden.
- Das Gericht wies die Klage durch ein Versäumnisurteil ab, da der Kläger nicht zum ursprünglichen Termin erschien.
- Dieser Einspruch wurde vom Kläger fristgerecht eingelegt.
- Dennoch entschied das Gericht, dass der Kläger keinen Schadensersatzanspruch hat.
- Die Beklagte musste nach der Gerichtsentscheidung für die Unebenheit nicht haften.
- Die uneinheitlichen Angaben des Klägers führten dazu, dass die Ursächlichkeit für den Sturz nicht überzeugend nachgewiesen werden konnte.
- Hinsichtlich der Verkehrssicherungspflicht wurden die Anforderungen nicht als verletzt angesehen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Gerichtsurteil klärt Haftung bei Gehwegunfällen und Verkehrssicherungspflicht
Die Verkehrssicherungspflicht ist ein zentrales Element im deutschen Verkehrsrecht und beschreibt die rechtliche Verantwortung von Kommunen und Grundstückseigentümern, dafür zu sorgen, dass öffentliche und private Wege sicher genutzt werden können. Insbesondere Schäden an Gehwegen, wie Stolpergefahren aufgrund unterschiedlicher Höhenniveaus, können zu schweren Unfällen führen. Die Straßenverkehrsordnung und entsprechende Unfallverhütungsvorschriften verpflichten die Verantwortlichen, Gefahrenstellen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zur Instandhaltung zu treffen. Bei Vernachlässigung dieser Pflichten können Schadensersatzforderungen von betroffenen Bürgern entstehen.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Gehweggestaltung, die nicht nur auf Barrierefreiheit abzielt, sondern auch Sicherheitsmängel vermeiden soll. Fahrlässigkeiten in der Instandhaltungspflicht können nicht nur rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, sondern auch das Vertrauen der Bürger in die öffentliche Infrastruktur gefährden. Besonders bei beschädigten Bürgersteigen können sich ernsthafte Fragen zur mietrechtlichen Verantwortung von Vermietern und der kommunalen Verkehrssicherung ergeben.
In diesem Kontext ist ein aktuelles Gerichtsurteil von Bedeutung, das sich mit den rechtlichen Verantwortlichkeiten und der Haftung bei Gehwegunfällen auseinandersetzt.
Der Fall vor Gericht
Sturz auf Lübecker Gehweg: Klage gegen Stadt abgewiesen
Am 25. September 2021 ereignete sich ein Unfall auf einem Gehweg in Lübeck, der zu einem Rechtsstreit vor dem Landgericht Lübeck führte.
Ein Fußgänger stürzte auf dem Gehweg der H-Straße und forderte daraufhin Schadensersatz von der Stadt Lübeck. Das Gericht wies die Klage jedoch ab und bestätigte damit ein zuvor ergangenes Versäumnisurteil.
Unfallhergang und Klägervorwurf
Der Kläger gab an, er sei auf dem Gehweg vor dem ehemaligen Karstadt Sport Gebäude an einer hervorstehenden Kante einer Gehwegplatte hängengeblieben und gestürzt. Nach seinen Angaben wies die Platte einen Niveauunterschied zwischen 1,00 und 2,5 cm zu den umliegenden Gehwegplatten auf. Der Kläger argumentierte, dass dieser Höhenunterschied für ihn nicht wahrnehmbar gewesen sei und er ihn nicht habe erwarten können. Er warf der Stadt Lübeck vor, ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben, insbesondere da es sich um einen stark frequentierten Bereich als Haupteinfallstor zur Innenstadt handle.
Rechtliche Bewertung des Gerichts
Das Landgericht Lübeck sah in seinem Urteil vom 6. September 2024 keine Pflichtverletzung der Stadt Lübeck. Es stützte sich dabei auf mehrere Aspekte:
- Die genaue Höhe des Niveauunterschieds konnte nicht eindeutig festgestellt werden, da der Kläger widersprüchliche Angaben machte.
- Selbst bei Annahme eines Höhenunterschieds von bis zu 2,5 cm sah das Gericht keinen pflichtwidrigen Zustand des Gehwegs. Es verwies auf die Rechtsprechung, wonach auf Gehwegen Niveauunterschiede von 2 bis 3 cm regelmäßig akzeptiert werden.
- Das Gericht betonte, dass für eine Pflichtverletzung weitere Fakt
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil bekräftigt, dass Verkehrssicherungspflichten für Gehwege nicht überspannt werden dürfen. Niveauunterschiede bis 2,5 cm sind in der Regel zumutbar und begründen keine Pflichtverletzung der Kommune. Fußgänger müssen ein gewisses Maß an Unebenheiten hinnehmen und ihre Aufmerksamkeit den Gegebenheiten anpassen. Nur bei zusätzlichen erschwerenden Umständen, die eine Gefahrenlage überraschend oder nicht rechtzeitig erkennbar machen, kann eine Haftung in Betracht kommen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie auf einem Gehweg gestürzt sind, bedeutet dieses Urteil, dass Sie nicht automatisch Anspruch auf Schadensersatz haben. Kleine Unebenheiten bis zu 2,5 cm gelten als normal und müssen von Fußgängern akzeptiert werden. Um erfolgreich Schadensersatz zu fordern, müssten Sie nachweisen, dass besondere Umstände vorlagen, die den Sturz unvermeidbar machten – etwa sehr schlechte Sichtverhältnisse oder ein durchgehend schadhafter Gehweg. Dokumentieren Sie daher den Unfallort sorgfältig mit Fotos und suchen Sie nach Zeugen. Bedenken Sie aber, dass die Erfolgsaussichten einer Klage in solchen Fällen oft gering sind und Sie im Falle einer Niederlage die Prozesskosten tragen müssen.
Weiterführende Informationen
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was bedeutet Verkehrssicherungspflicht und wer ist dafür verantwortlich?
- Welche Rolle spielt der Höhenunterschied von Gehwegplatten bei der Verkehrssicherung?
- Wie wird in der Rechtsprechung ein „nicht wahrnehmbarer“ Zustand eines Gehwegs definiert?
- Welche Beweise sind notwendig, um eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor Gericht nachzuweisen?
- Welche Möglichkeiten bestehen, wenn die Klage wegen eines Gehwegunfalls abgelehnt wird?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet Verkehrssicherungspflicht und wer ist dafür verantwortlich?
Die Verkehrssicherungspflicht ist eine rechtliche Verpflichtung, Gefahrenquellen zu sichern und Schäden von Dritten abzuwenden. Sie betrifft jeden, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält.
Bedeutung der Verkehrssicherungspflicht
Wenn Sie eine Gefahrenquelle schaffen oder unterhalten, müssen Sie alle notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um andere vor Schäden zu bewahren. Dies umfasst beispielsweise die Sicherung von Gehwegen, Treppen oder Baustellen. Die Verkehrssicherungspflicht verlangt jedoch nicht, jede theoretisch denkbare Gefahr auszuschließen. Es geht vielmehr darum, einen angemessenen Schutz vor naheliegenden Gefahren zu gewährleisten.
Verantwortliche Personen
Grundsätzlich ist der Eigentümer oder Besitzer eines Grundstücks oder einer Immobilie für die Verkehrssicherung verantwortlich. Bei öffentlichen Straßen und Wegen liegt die Verantwortung beim jeweiligen Straßenbaulastträger. Das kann je nach Straßenart die Gemeinde, der Landkreis, das Bundesland oder der Bund sein.
Übertragung der Pflicht
In bestimmten Fällen kann die Verkehrssicherungspflicht vertraglich übertragen werden. Wenn Sie beispielsweise Vermieter sind, können Sie Teile der Pflicht, wie die Räum- und Streupflicht im Winter, auf Ihre Mieter übertragen. Wichtig ist: Auch bei einer Übertragung behalten Sie als Eigentümer eine Kontroll- und Überwachungspflicht.
Rechtliche Grundlagen
Die Verkehrssicherungspflicht basiert auf dem Grundsatz in § 823 BGB, wonach jeder, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper oder die Gesundheit eines anderen widerrechtlich verletzt, zum Schadensersatz verpflichtet ist. Zusätzlich spielt Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes eine Rolle, der besagt: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Wenn Sie eine Gefahrenquelle in Ihrem Verantwortungsbereich haben, sollten Sie regelmäßige Kontrollen durchführen und erkannte Gefahren umgehend beseitigen oder zumindest deutlich kennzeichnen. Im Zweifelsfall ist es ratsam, lieber eine Sicherungsmaßnahme zu viel als zu wenig zu ergreifen.
Welche Rolle spielt der Höhenunterschied von Gehwegplatten bei der Verkehrssicherung?
Der Höhenunterschied von Gehwegplatten ist ein entscheidender Faktor bei der Beurteilung der Verkehrssicherungspflicht. Grundsätzlich müssen Fußgänger mit gewissen Unebenheiten auf Gehwegen rechnen und ihre Aufmerksamkeit entsprechend anpassen.
Toleranzgrenze für Höhenunterschiede
Die Rechtsprechung hat eine Toleranzgrenze von etwa 2 cm für Höhenunterschiede auf Gehwegen etabliert. Unebenheiten bis zu dieser Höhe gelten in der Regel als zumutbar und stellen keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht dar. Wenn Sie also auf einem Gehweg stolpern, bei dem die Platten weniger als 2 cm Höhenunterschied aufweisen, wird eine Haftung der Kommune meist ausgeschlossen sein.
Höhenunterschiede über 2 cm
Bei Höhenunterschieden über 2 cm beginnt ein Bereich, in dem die Verkehrssicherungspflicht relevant werden kann. In solchen Fällen muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine Gefahrenstelle vorliegt, die beseitigt oder vor der gewarnt werden muss. Stellen Sie sich vor, Sie stoßen auf einen Gehweg mit deutlich hervorstehenden Platten – in diesem Fall könnte die Kommune möglicherweise haftbar gemacht werden, wenn es zu einem Sturz kommt.
Berücksichtigung weiterer Faktoren
Es ist wichtig zu beachten, dass der Höhenunterschied nicht der einzige Faktor ist. Die Gesamtsituation spielt eine entscheidende Rolle. Gerichte berücksichtigen beispielsweise:
- Die Erkennbarkeit der Unebenheit
- Die Lage des Gehwegs (z.B. Innenstadt oder Randgebiet)
- Die Beleuchtungsverhältnisse
- Besondere Umstände wie Ablenkungsmöglichkeiten
Pflichten der Kommunen
Kommunen sind verpflichtet, Gehwege regelmäßig zu kontrollieren und bei Bedarf Sicherungsmaßnahmen zu treffen. Eine wöchentliche Kontrolle wird in der Regel als ausreichend angesehen. Wenn Sie einen gefährlichen Höhenunterschied auf einem Gehweg bemerken, können Sie dies der zuständigen Behörde melden.
Mitverschulden der Fußgänger
Beachten Sie, dass von Fußgängern eine gewisse Aufmerksamkeit erwartet wird. Wenn ein Höhenunterschied deutlich erkennbar ist, kann ein Mitverschulden des Fußgängers angenommen werden, selbst wenn der Unterschied über 2 cm liegt.
Der Höhenunterschied von Gehwegplatten ist somit ein wichtiger, aber nicht der alleinige Faktor bei der Beurteilung der Verkehrssicherungspflicht. Jeder Fall wird individuell unter Berücksichtigung aller Umstände beurteilt.
Wie wird in der Rechtsprechung ein „nicht wahrnehmbarer“ Zustand eines Gehwegs definiert?
Die Rechtsprechung definiert einen „nicht wahrnehmbaren“ Zustand eines Gehwegs anhand mehrerer Kriterien:
Höhenunterschiede und Unebenheiten
Grundsätzlich gelten Unebenheiten bis zu 2 cm als wahrnehmbar und zumutbar für Fußgänger. Übersteigt der Höhenunterschied diese Grenze, kann er als nicht wahrnehmbar eingestuft werden. Allerdings ist diese 2-cm-Regel nicht starr: In bestimmten Situationen können auch geringere Höhenunterschiede als nicht wahrnehmbar gelten.
Gesamtzustand des Weges
Wenn Sie einen Gehweg benutzen, der insgesamt in einem guten Zustand ist, können selbst kleinere Unebenheiten als nicht wahrnehmbar gelten. Bei einem durchgehend maroden Gehweg müssen Sie hingegen mit Unebenheiten rechnen. In diesem Fall gelten auch größere Höhenunterschiede oft als wahrnehmbar.
Sichtverhältnisse und Beleuchtung
Die Wahrnehmbarkeit hängt stark von den Lichtverhältnissen ab. Bei Dunkelheit oder schlechter Beleuchtung können selbst kleinere Unebenheiten als nicht wahrnehmbar eingestuft werden. Wenn Sie nachts unterwegs sind, sollten Sie besonders vorsichtig sein.
Kontrast zur Umgebung
Hebt sich eine Unebenheit farblich oder strukturell nicht von der Umgebung ab, kann sie als nicht wahrnehmbar gelten. Stellen Sie sich vor, eine hochstehende Gehwegplatte hat die gleiche Farbe und Textur wie der Rest des Weges – in diesem Fall ist die Gefahr schwerer zu erkennen.
Ablenkungsfaktoren
In belebten Fußgängerzonen oder vor Schaufenstern, wo Ihre Aufmerksamkeit möglicherweise abgelenkt wird, können Gerichte strenger urteilen. Hier können auch kleinere Unebenheiten als nicht wahrnehmbar eingestuft werden, da von Ihnen nicht erwartet wird, ständig auf den Boden zu schauen.
Plötzlichkeit der Gefahr
Wenn eine Unebenheit unerwartet auftritt, etwa ein einzelnes Schlagloch auf einem ansonsten perfekten Gehweg, kann dies als nicht wahrnehmbar gelten. In solchen Fällen haben Sie keine Möglichkeit, sich auf die Gefahr einzustellen.
Welche Beweise sind notwendig, um eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor Gericht nachzuweisen?
Um eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor Gericht nachzuweisen, müssen Sie mehrere Beweismittel vorlegen, die den Sachverhalt und die Pflichtverletzung belegen. Folgende Beweise sind in der Regel erforderlich:
Dokumentation des Schadensortes
Fotografieren oder filmen Sie den Ort des Geschehens unmittelbar nach dem Vorfall. Diese Aufnahmen sollten die Gefahrenquelle, wie beispielsweise einen Höhenunterschied im Gehweg, deutlich zeigen. Achten Sie darauf, dass das Datum der Aufnahmen erkennbar ist.
Zeugenaussagen
Sammeln Sie Kontaktdaten von Augenzeugen, die den Vorfall oder die Gefahrenstelle beobachtet haben. Ihre Aussagen können den Unfallhergang bestätigen und die Existenz der Gefahrenquelle belegen.
Medizinische Unterlagen
Bei Personenschäden sind ärztliche Atteste und Behandlungsunterlagen wichtig. Diese dokumentieren Art und Umfang der erlittenen Verletzungen und stellen einen Zusammenhang zum Vorfall her.
Schadensdokumentation
Erstellen Sie eine detaillierte Liste aller Schäden, sei es an Ihrer Kleidung, persönlichen Gegenständen oder Ihrem Fahrzeug. Fügen Sie Fotos und Reparaturrechnungen bei.
Behördliche Unterlagen
Wenn möglich, beschaffen Sie sich Kopien von Polizeiberichten oder Unfallprotokollen. Diese offiziellen Dokumente können den Vorfall und die Umstände bestätigen.
Nachweis der Verkehrssicherungspflicht
Recherchieren Sie, wer für den betreffenden Bereich verantwortlich ist. Dies kann die Gemeinde, ein Privatbesitzer oder ein Unternehmen sein. Sammeln Sie Informationen über geltende Sicherheitsvorschriften und -standards für den betroffenen Bereich.
Dokumentation früherer Vorfälle
Wenn Sie Kenntnis von ähnlichen Vorfällen an derselben Stelle haben, sammeln Sie Informationen darüber. Dies kann zeigen, dass der Verantwortliche von der Gefahr hätte wissen müssen.
Gutachten
In komplexen Fällen kann ein Sachverständigengutachten erforderlich sein. Ein Experte kann beurteilen, ob die Sicherungsmaßnahmen ausreichend waren und ob die Gefahrenstelle den geltenden Sicherheitsstandards entsprach.
Wenn Sie diese Beweise sorgfältig sammeln und präsentieren, erhöhen Sie Ihre Chancen, eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vor Gericht nachzuweisen. Denken Sie daran, dass die Beweislast in solchen Fällen bei Ihnen als Kläger liegt. Je umfassender und detaillierter Ihre Beweise sind, desto überzeugender ist Ihre Argumentation vor Gericht.
Welche Möglichkeiten bestehen, wenn die Klage wegen eines Gehwegunfalls abgelehnt wird?
Wenn Ihre Klage wegen eines Gehwegunfalls abgelehnt wurde, stehen Ihnen mehrere Optionen zur Verfügung:
Berufung einlegen
Sie können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils Berufung beim zuständigen Landessozialgericht einlegen. Die Berufung muss schriftlich erfolgen und begründet werden. In der Berufung können Sie neue Tatsachen und Beweismittel vorbringen, die das erstinstanzliche Gericht möglicherweise nicht berücksichtigt hat.
Neue Beweise sammeln
Sammeln Sie zusätzliche Beweise, die Ihre Position stärken könnten. Dies können Fotos vom Unfallort, Zeugenaussagen oder ein neues medizinisches Gutachten sein. Wenn Sie beispielsweise nachweisen können, dass der Gehweg zum Unfallzeitpunkt in einem besonders schlechten Zustand war, könnte dies Ihre Chancen verbessern.
Verkehrssicherungspflicht prüfen
Untersuchen Sie genau, ob die Verkehrssicherungspflicht verletzt wurde. Wenn Sie nachweisen können, dass der Verantwortliche (z.B. die Gemeinde) seiner Pflicht zur Instandhaltung des Gehwegs nicht nachgekommen ist, könnte dies ein starkes Argument für Ihre Berufung sein. Achten Sie besonders auf Aspekte wie mangelhafte Beleuchtung, fehlende Warnhinweise oder vernachlässigte Ausbesserungsarbeiten.
Höhenniveauunterschiede dokumentieren
Falls Ihr Unfall durch unterschiedliche Höhenniveaus im Gehweg verursacht wurde, dokumentieren Sie diese genau. Messen Sie die Höhenunterschiede und fotografieren Sie sie. Beachten Sie, dass Höhenunterschiede ab 2 cm als potenzielle Gefahrenquelle gelten können.
Wiederaufnahme des Verfahrens
In seltenen Fällen können Sie eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen. Dies ist möglich, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel auftauchen, die Sie im vorherigen Verfahren nicht kannten oder nicht nutzen konnten. Die Hürden für eine Wiederaufnahme sind jedoch hoch.
Alternative Lösungswege prüfen
Überlegen Sie, ob es alternative Wege zur Schadensregulierung gibt. Möglicherweise können Sie direkt mit der verantwortlichen Stelle (z.B. der Gemeinde) in Verhandlung treten, um eine außergerichtliche Einigung zu erzielen.
Bedenken Sie, dass jeder Fall individuell ist und die Erfolgsaussichten von den spezifischen Umständen Ihres Unfalls abhängen. Eine sorgfältige Prüfung aller Optionen ist entscheidend, um die für Sie beste Vorgehensweise zu wählen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Verkehrssicherungspflicht
Die Verkehrssicherungspflicht ist eine rechtliche Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Allgemeinheit und Einzelpersonen vor Gefahren geschützt werden, die von Straßen, Wegen und Plätzen ausgehen. Diese Pflicht obliegt insbesondere Kommunen oder Grundstückseigentümern, die dafür sorgen müssen, dass Verkehrswege sicher begehbar sind. Beispiel: Wenn ein Gehweg aufgrund von Baustellenmaterial blockiert ist, muss der Verantwortliche sicherstellen, dass Passanten nicht gefährdet werden.
Fahrlässigkeit
Fahrlässigkeit bezeichnet das außer Acht lassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt. Das bedeutet, dass jemand unvorsichtig handelt und dadurch Schäden verursacht, die bei sorgfältigem Verhalten vermieden hätten werden können. Beispiel: Wenn eine Gemeinde es versäumt, eine bekannte Unebenheit im Gehweg zu reparieren und ein Fußgänger darüber stolpert, könnte dies als fahrlässig angesehen werden.
Schadensersatz
Schadensersatz ist eine rechtliche Verpflichtung, einen eingetretenen Schaden zu begleichen. Das Ziel ist es, die geschädigte Person so zu stellen, als wäre der Schaden nicht eingetreten (§§ 249 ff. BGB). Beispiel: Ein Passant bricht sich beim Sturz auf einem unebenen Gehweg das Bein und erhebt daher Anspruch auf Erstattung der Heilbehandlungskosten und erlittenen Lohnausfalls.
Niveauunterschied
Ein Niveauunterschied bezeichnet die Höhendifferenz zwischen zwei Flächen, wie etwa zwischen Gehwegplatten. Solche Unterschiede können Stolperfallen darstellen und unter bestimmten Umständen eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht begründen. Beispiel: Wenn die Höhendifferenz einer Gehwegplatte mehr als 2,5 cm beträgt, könnte das bei ungenügender Kennzeichnung als gefährlich und damit pflichtwidrig gelten.
Kausalität
Kausalität beschreibt den ursächlichen Zusammenhang zwischen einem Ereignis und einer rechtlichen Folge, wie einem Schaden. Im Haftungsrecht muss der Geschädigte nachweisen, dass der Schaden direkt durch die Pflichtverletzung verursacht wurde. Beispiel: Wenn ein Passant über eine ungesicherte Baustelle stürzt, muss geprüft werden, ob der Sturz kausal auf die fehlende Absicherung zurückzuführen ist.
Rechtsprechung
Rechtsprechung bezieht sich auf die Gesamtheit der gerichtlichen Entscheidungen, die als Präzedenzfälle dienen. Diese Entscheidungen beeinflussen, wie Gerichte zukünftig ähnliche Fälle beurteilen. Beispiel: In Bezug auf Gehwegunfälle könnte die Rechtsprechung festlegen, dass Höhenunterschiede bis zu 2,5 cm regelmäßig nicht als Gefahr eingestuft werden, wodurch die Kommune in solchen Fällen keine Haftung trifft.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 839 Abs. 1 S. 1 BGB: Diese Norm regelt die Haftung des Staates für rechtswidriges Handeln seiner Organe. Ein Schadensersatzanspruch kann entstehen, wenn einem Bürger durch ein amtliches Handeln ein Schaden zugefügt wird, der rechtswidrig ist. Im vorliegenden Fall wird geprüft, ob die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast für den Unfall des Klägers verantwortlich ist, was jedoch verneint wird.
- Art. 34 S. 1 GG: Dieser Artikel regelt die Haftung des Staates und seiner Bediensteten für Schäden, die durch die Ausübung öffentlicher Gewalt verursacht werden. Wenn öffentliche Stellen durch ihr Handeln eine Verletzung von Verkehrssicherungspflichten bewirken, können sie in die Haftung genommen werden. Im Entscheidungsfall spielt dies eine Rolle, weil die Beklagte als öffentliche Einrichtung eventuelle Verkehrssicherungsmaßnahmen nicht ausreichend umgesetzt haben soll.
- § 10 Abs. 1 StrWG-SH: Dieser Paragraph legt fest, dass die Träger der Straßenbaulast dafür verantwortlich sind, Straßen in einem verkehrssicheren Zustand zu halten. Sie müssen die Straßen nicht nur anlegen und unterhalten, sondern auch erhalten, damit sie den Verkehrsbedürfnissen entsprechen. Im vorliegenden Fall wird argumentiert, dass die Nichterfüllung dieser Pflicht zu dem Unfall des Klägers geführt haben könnte.
- § 10 Abs. 2 StrWG-SH: Diese Bestimmung konkretisiert, dass bei einem nicht verkehrssicheren Zustand der Straßen hinreichend Warnzeichen aufgestellt werden müssen, wenn diese nicht instand gehalten werden können. Im Fall des Klägers wird diskutiert, ob die Beklagte, in Anbetracht der versäumten Instandhaltung der Gehwegplatten, ihrer Pflicht, die Öffentlichkeit zu warnen, nachgekommen ist.
- § 342 ZPO: Diese Norm regelt die Rückversetzung des Verfahrens in die Lage vor dem Säumnis des Klägers. Dies ist relevant, da das Gericht aufgrund des Einspruchs des Klägers entschied, den Prozess nach dem Versäumnisurteil wieder aufleben zu lassen. Hierdurch erhält der Kläger die Möglichkeit, seine Ansprüche erneut zu verfolgen, auch wenn die Beurteilung des Falls im Hinblick auf die vorgebrachten Argumente letztlich zu seinen Ungunsten ausgeht.
Das vorliegende Urteil
LG Lübeck – Az.: 10 O 240/23 – Urteil vom 06.09.2024
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