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Verjährungshemmung – Anforderung an Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren

Eine Stadt in Bayern scheiterte mit ihrer Klage gegen einen Ingenieur, weil sie im Mahnbescheid den geforderten Schadenersatz von rund 67.000 Euro nicht genau genug benannte. Der Ingenieur hatte für die Stadt ein Trennbauwerk im Rahmen einer Abwasseranlage geplant, die Bauausführung führte jedoch zu erheblichen Mehrkosten. Das Landgericht Hof entschied, dass die Ansprüche der Stadt bereits verjährt waren, da der Mahnbescheid lediglich „Anspruch aus Ingenieurvertrag“ enthielt und damit zu unpräzise war.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Hof
  • Datum: 08.12.2020
  • Aktenzeichen: 11 O 98/15
  • Verfahrensart: Zivilverfahren
  • Rechtsbereiche: Vertragsrecht, Verjährungsrecht
  • Beteiligte Parteien:
    • Klägerin: Die Klägerin fordert Schadenersatzansprüche aus einem Ingenieurvertrag, weil die vereinbarten Arbeiten von der beauftragten Firma nicht ausgeführt wurden. Sie argumentiert, dass der Beklagte für den entstandenen Schaden verantwortlich sei und die Einrede der Verjährung nicht greife, da eine Verjährungshemmung durch einen Mahnbescheid eingetreten sei.
    • Beklagter: Der Beklagte bestreitet die Forderungen und erhebt die Einrede der Verjährung. Er argumentiert, dass der Mahnbescheid die Forderung nicht ausreichend individualisiert habe und somit keine Verjährungshemmung eingetreten sei. Zudem wird eine Unklarheit bezüglich der Verjährungsverzichtserklärung durch seine Haftpflichtversicherung angeführt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin und der Beklagte stritten über Schadenersatzansprüche aus einem Ingenieurvertrag, in dem es um den Bau einer Abwasseranlage ging. Der Bauvertrag wurde aufgrund von Nichterfüllung von Seiten der beauftragten Firma gekündigt, und die Klägerin machte gegenüber dem Beklagten einen Schadenersatz von 66.998,02 € geltend.
  • Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war die Frage, ob die Forderungen der Klägerin aufgrund der Einrede der Verjährung nicht mehr durchsetzbar sind, insbesondere ob der Mahnbescheid den Lauf der Verjährung wirksam gehemmt hat.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage der Klägerin wurde abgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass die Forderungen der Klägerin verjährt sind. Ein Mahnbescheid, der die Forderung nur allgemein als „Anspruch aus Ingenieurvertrag“ bezeichnet, ist nicht hinreichend individualisiert und hemmt daher nicht die Verjährung. Zudem war die Verjährungsverzichtserklärung der Haftpflichtversicherung des Beklagten nicht klar auf den vorliegenden Rechtsstreit bezogen.
  • Folgen: Die Klägerin kann ihre Forderungen gegen den Beklagten nicht mehr durchsetzen, da sie verjährt sind. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Verjährungsfristen im Zivilrecht: Bedeutung der Individualisierung im Mahnverfahren

Die Verjährungsfristen im Zivilrecht sind ein wichtiges Instrument zum Schutz von Schuldnern und Gläubigern. Wird eine Forderung nicht innerhalb der festgelegten Frist geltend gemacht, kann sie verjähren, was oft zur Folge hat, dass der Gläubiger keinen Rechtsanspruch mehr durchsetzen kann. Im Rahmen eines Mahnverfahrens ist die Individualisierung des Anspruchs von entscheidender Bedeutung, da sie die Anforderungen an die Hemmung der Verjährung beeinflusst.

Ein gerichtliches Mahnverfahren bietet eine Möglichkeit, Forderungen unkompliziert und effizient durchzusetzen. Dabei können spezifische Einwendungen des Schuldners eine Rolle spielen, die die Beweislast ändern und den Verlauf des Verfahrens beeinflussen. Ein aktuelles Gerichtsurteil zeigt auf, wie die Individualisierung des Anspruchs im Mahnverfahren rechtlich zu bewerten ist und welche Anforderungen hier relevant sind.

Der Fall vor Gericht


Verjährte Schadenersatzansprüche nach unpräzisem Mahnbescheid im Ingenieurrecht

Ingenieur erstellt technische Zeichnungen für kommunales Trennbauwerk am Schreibtisch
Verjährung und unpräziser Mahnbescheid im Ingenieurrecht (Symbolfoto: Ideogram gen.)

Das Landgericht Hof hat eine Schadenersatzklage über rund 67.000 Euro wegen Verjährung abgewiesen. Die Stadt hatte einen Ingenieur mit Leistungen nach §55 HOAI für ein Bauvorhaben zur Abwasseranlage K. beauftragt. Der zugrundeliegende Vertrag datierte vom März bzw. Mai 2007.

Mangelhafte Bauausführung führt zu Mehrkosten

Die ursprünglich beauftragte Baufirma stellte ihre Arbeiten ein, ohne das geplante Trennbauwerk aus Stahlbeton fertigzustellen. Trotz mehrfacher Aufforderungen unter Mitwirkung des beklagten Ingenieurs setzte die Firma die Arbeiten nicht fort. Nach Kündigung des Bauvertrags musste eine neue Firma mit der Fertigstellung beauftragt werden. Deren Werklohn lag bei 124.004,87 Euro, während die erste Firma 167.868,96 Euro abgerechnet hatte. Für die Neuausschreibung des Trennbauwerks berechnete der Ingenieur zusätzlich 2.928,86 Euro. Die Kündigung verursachte Anwaltskosten von 1.999,32 Euro.

Fatale Ungenauigkeit im Mahnbescheidsantrag

Am 20. August 2014 beantragte die Stadt einen Mahnbescheid gegen den Ingenieur. Darin wurde der Anspruch lediglich als „Anspruch aus Ingenieurvertrag vom 08.05.2007“ bezeichnet. Nach Widerspruch des Beklagten wurde das Verfahren ans Landgericht Hof abgegeben. Die Anspruchsbegründung reichte die Klägerin erst am 12. Februar 2020 nach.

Gericht sieht keine wirksame Verjährungshemmung

Das Gericht stellte fest, dass die Ansprüche mit Ablauf des 29. Dezember 2014 verjährt waren. Die unpräzise Bezeichnung im Mahnbescheid genügte nicht für eine Verjährungshemmung nach §204 BGB. Ein „Anspruch aus Ingenieurvertrag“ könne verschiedenster Natur sein – von Erfüllungs- über Rückforderungs- bis hin zu Schadenersatzansprüchen. Ohne nähere Konkretisierung konnte sich der Beklagte nicht hinreichend verteidigen.

Auch die Verjährungsverzichtserklärung der Haftpflichtversicherung des Ingenieurs vom 22. Juli 2015 half der Stadt nicht. Diese bezog sich auf ein anderes Aktenzeichen und ließ nach objektiver Auslegung keinen Bezug zum vorliegenden Rechtsstreit erkennen. Die Stadt muss daher die gesamten Prozesskosten tragen. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil zeigt, dass bei einem Mahnbescheid die genaue Art des Anspruchs klar benannt werden muss – die bloße Bezeichnung „Anspruch aus Ingenieurvertrag“ reicht nicht aus, um die Verjährung zu hemmen. Die Verjährungsfrist bei Ingenieurverträgen beträgt 5 Jahre ab Zahlung der Schlussrechnung. Eine Verzichtserklärung der Haftpflichtversicherung auf die Verjährungseinrede muss sich eindeutig auf den konkreten Rechtsstreit beziehen, um wirksam zu sein.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie Ansprüche aus einem Ingenieurvertrag geltend machen wollen, müssen Sie im Mahnbescheid genau angeben, um welche Art von Anspruch es sich handelt – zum Beispiel „Schadenersatzanspruch wegen mangelhafter Bauüberwachung“. Die 5-jährige Verjährungsfrist beginnt mit Zahlung der Schlussrechnung. Achten Sie bei Verzichtserklärungen der gegnerischen Versicherung darauf, dass diese sich eindeutig auf Ihren konkreten Fall beziehen und das richtige Aktenzeichen nennen. Am besten lassen Sie sich rechtzeitig vor Ablauf der Verjährungsfrist anwaltlich beraten, um Ihre Ansprüche zu sichern.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Mindestanforderungen muss ein Mahnbescheid erfüllen, um die Verjährung zu hemmen?

Ein Mahnbescheid hemmt die Verjährung nur dann wirksam, wenn er den Anspruch hinreichend individualisiert. Der geltend gemachte Anspruch muss durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden, dass er Grundlage eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann.

Formelle Anforderungen

Der Mahnbescheid muss den Formvorschriften des § 690 Abs. 1 und 2 ZPO entsprechen. Für die Wirksamkeit der Verjährungshemmung ist eine ordnungsgemäße Zustellung des Mahnbescheids erforderlich. Die Hemmung tritt bereits mit dem Eingang des Antrags beim zuständigen Amtsgericht ein, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt.

Inhaltliche Anforderungen

Aus dem Erkenntnishorizont des Schuldners muss eindeutig hervorgehen:

  • Aus welchem Sachverhalt der Anspruch entstanden ist
  • Auf welchem Rechtsgrund die Forderung basiert
  • Welche konkrete Forderung geltend gemacht wird

Bei einer Rechnung müssen Sie beispielsweise die Rechnungsnummer und das Rechnungsdatum konkret angeben. Eine allgemeine Bezeichnung wie „aus der Behandlung“ reicht nicht aus.

Nachträgliche Individualisierung

Falls die Individualisierung im ursprünglichen Mahnbescheid nicht ausreichend war, können Sie diese nachträglich vornehmen. Die Nachholung wirkt jedoch nicht rückwirkend, sondern hemmt die Verjährung erst ab dem Zeitpunkt der ergänzenden Angaben. Diese nachträgliche Individualisierung kann auch außerhalb des Gerichtsverfahrens erfolgen, etwa durch eine E-Mail an den Schuldner.

Zeitliche Aspekte

Die Individualisierung des Anspruchs muss erfolgen, solange dieser noch nicht verjährt ist. Wenn Sie die Verjährungshemmung durch einen Mahnbescheid erreichen möchten, sollten Sie den Antrag nicht bis zum letzten möglichen Tag hinauszögern.


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Wie lange ist die reguläre Verjährungsfrist bei Ingenieurverträgen?

Die reguläre Verjährungsfrist bei Ingenieurverträgen beträgt 5 Jahre. Diese Frist gilt für Mängelansprüche bei Planungs- und Überwachungsleistungen, die für ein Bauwerk erbracht werden.

Beginn der Verjährungsfrist

Der Verjährungsbeginn tritt mit der Abnahme der gesamten Ingenieurleistungen ein. Wenn Sie einen Ingenieurvertrag mit den Leistungsphasen 1-9 abgeschlossen haben, beginnt die Verjährung erst nach Abnahme der letzten Leistung aus Phase 9.

Besonderheiten bei verschiedenen Anspruchsarten

Die 5-Jahres-Frist ist besonders relevant, da Baumängel häufig erst nach Jahren erkennbar werden. Bei Ingenieurverträgen können Sie unterschiedliche Ansprüche geltend machen:

  • Mängelansprüche: 5 Jahre ab Abnahme der letzten Leistung
  • Beratungs- und Untersuchungsfehler: Diese fallen unter die allgemeine Verjährungsfrist

Verjährungshemmung durch Mahnbescheid

Wenn Sie einen Mahnbescheid erwirken, wird die Verjährung gehemmt. Dabei müssen Sie beachten:

  • Der Anspruch muss im Mahnbescheid hinreichend individualisiert sein
  • Die Individualisierung kann auch nachträglich erfolgen
  • Die Hemmung wirkt ab dem Zeitpunkt der Individualisierung

Eine Verkürzung der 5-jährigen Verjährungsfrist durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) ist nicht wirksam. Dies gilt auch dann, wenn Sie als öffentlicher Auftraggeber oder Kaufmann handeln.


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Was bedeutet Verjährungshemmung und wie wird sie ausgelöst?

Die Verjährungshemmung beschreibt einen Zeitraum, in dem die Verjährungsfrist nicht weiterläuft. Der gehemmte Zeitabschnitt wird bei der Berechnung der Verjährungsfrist nicht mitgezählt. Nach dem Wegfall des Hemmungsgrundes läuft die Verjährungsfrist an der Stelle weiter, an der sie zuvor gehemmt wurde.

Auslöser der Verjährungshemmung

Die Verjährung wird durch ernsthafte Verhandlungen zwischen Gläubiger und Schuldner gehemmt. Dabei genügt bereits ein Meinungsaustausch über den Anspruch und seine Grundlagen. Die Hemmung endet, wenn eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. In diesem Fall tritt die Verjährung frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

Gerichtliche Maßnahmen

Eine Verjährungshemmung tritt auch durch folgende gerichtliche Maßnahmen ein:

  • Klageerhebung
  • Zustellung eines Mahnbescheids
  • Einleitung einer Güteverhandlung
  • Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens
  • Beantragung von Prozesskostenhilfe
  • Antrag auf Arrest oder einstweilige Verfügung

Besondere Hemmungsgründe

Die Verjährung wird auch in folgenden Fällen gehemmt:

  • Bei höherer Gewalt, die den Gläubiger an der Rechtsverfolgung hindert
  • Bei familiären Beziehungen, etwa zwischen Ehegatten oder zwischen Eltern und Kindern
  • Bei Ansprüchen wegen Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres des Geschädigten
  • Bei Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren

Im Baurecht ist die Verjährungshemmung besonders relevant, da die grundsätzliche Verjährungsfrist für Mängelansprüche bei Bauwerken fünf Jahre beträgt. Durch Hemmungstatbestände kann sich diese Frist erheblich verlängern.


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Wann beginnt die Verjährungsfrist bei Schadenersatzansprüchen im Ingenieurrecht?

Schadenersatzansprüche im Ingenieurrecht unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Der Verjährungsbeginn richtet sich nach dem Grundsatz der Schadenseinheit und folgt klaren gesetzlichen Regelungen.

Beginn der Verjährungsfrist

Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Geschädigte von den anspruchsbegründenden Umständen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Grundsatz der Schadenseinheit

Ein besonders wichtiger Aspekt ist der Grundsatz der Schadenseinheit. Dieser besagt, dass der Schadensersatzanspruch einheitlich auch für künftige Schäden bereits dann entsteht, sobald ein erster Teilschaden eingetreten ist. Dies gilt für alle zurechenbaren und voraussehbaren Schäden, auch wenn diese erst später eintreten.

Besonderheiten bei Verzugsschäden

Bei Verzugsschäden gilt eine wichtige Besonderheit: Die Verjährung beginnt bereits dann, wenn der erste Verzugsschaden entstanden ist. Dies bedeutet konkret:

  • Der Anspruch entsteht mit der ersten Vermögenseinbuße
  • Fortlaufende Schadenspositionen, wie etwa monatlich anfallende Mehrkosten, sind für die Berechnung der Verjährung nicht ausschlaggebend
  • Die Verjährungsfrist kann bereits vor der vollständigen Schadensentstehung ablaufen

Verjährungshemmung

Die Verjährung kann durch verschiedene Maßnahmen gehemmt werden. Bei einem Mahnbescheid tritt die Hemmungswirkung allerdings nur ein, wenn der Anspruch hinreichend individualisiert ist. Der Schuldner muss aufgrund der Bezeichnung des Anspruchs erkennen können, woraus der Gläubiger seinen Anspruch herleitet.

Bei Planungs- oder Überwachungsleistungen gilt eine Sonderverjährungsfrist von fünf Jahren, die mit der Abnahme des Architektenwerks beginnt. Bei arglistiger Täuschung kann sich diese Frist auf bis zu 10 Jahre verlängern.


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Welche rechtlichen Folgen hat ein unzureichend individualisierter Mahnbescheid?

Ein unzureichend individualisierter Mahnbescheid führt zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen, die sich sowohl auf die Verjährungshemmung als auch auf das weitere Verfahren auswirken.

Auswirkungen auf die Verjährungshemmung

Die Verjährungshemmung tritt nicht automatisch mit Zustellung des Mahnbescheids ein, wenn der Anspruch nicht ausreichend individualisiert ist. Der Schuldner muss anhand der Bezeichnung im Mahnbescheid erkennen können, woraus der Gläubiger seinen Anspruch herleitet.

Heilungsmöglichkeiten

Eine unzureichende Individualisierung kann nachträglich geheilt werden. Die Heilung ist möglich durch:

  • Nachträgliche schriftliche Erläuterungen an den Schuldner
  • Ergänzende Informationen im gerichtlichen Verfahren
  • Außergerichtliche Mitteilungen

Die Verjährungshemmung beginnt in diesem Fall erst ab dem Zeitpunkt der nachgeholten Individualisierung. Voraussetzung ist, dass die Nachholung noch vor Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt.

Prozessuale Konsequenzen

Wenn Sie einen Mahnbescheid mit unzureichender Individualisierung einreichen, ergeben sich folgende Konsequenzen:

Der Anspruch muss durch seine Kennzeichnung von anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt werden, dass er als Grundlage eines Vollstreckungstitels dienen kann. Bei mehreren Teilbeträgen oder unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen ist eine detaillierte Aufschlüsselung erforderlich.

Praktische Bedeutung

Für die Individualisierung ist der Erkenntnishorizont des Schuldners maßgeblich. Wenn Sie beispielsweise Schadensersatz aus einem Mietvertrag fordern, müssen Sie die einzelnen Schadenspositionen konkret bezeichnen. Bei einer einheitlichen Schadensersatzforderung, wie etwa bei einem Schimmelbefall, ist hingegen keine detaillierte Aufschlüsselung notwendig.

Die Individualisierung kann auch durch ein ergänzendes Schreiben erfolgen, das dem Schuldner den Zusammenhang zwischen Mahnbescheid und geltend gemachter Forderung verdeutlicht. Entscheidend ist dabei nicht der Weg der Individualisierung, sondern dass der Schuldner die Forderung eindeutig erkennen und zuordnen kann.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Mahnbescheid

Ein Mahnbescheid ist ein gerichtliches Dokument, mit dem ein Gläubiger seine Geldforderung gegen einen Schuldner durchsetzen kann, ohne direkt einen Prozess führen zu müssen. Er wird vom Amtsgericht auf Antrag des Gläubigers erlassen und dem Schuldner zugestellt. Der Schuldner kann innerhalb von zwei Wochen Widerspruch einlegen. Geschieht dies nicht, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Grundlage ist §§ 688 ff. ZPO.

Beispiel: Ein Handwerker hat eine Rechnung über 3.000 € gestellt, die nicht bezahlt wurde. Er kann per Mahnbescheid diese Forderung geltend machen.


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Verjährung

Die Verjährung bezeichnet den Verlust der Durchsetzbarkeit eines Anspruchs durch Zeitablauf. Nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist kann der Schuldner die Leistung verweigern. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre (§ 195 BGB), beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 BGB). Die Verjährung kann durch bestimmte Ereignisse gehemmt oder unterbrochen werden.

Beispiel: Ein Schadenersatzanspruch aus 2020 verjährt grundsätzlich mit Ablauf des 31.12.2023.


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Verjährungshemmung

Die Verjährungshemmung bezeichnet den Zeitraum, in dem die Verjährung nicht weiterläuft, z.B. durch Rechtsverfolgung wie einen Mahnbescheid (§ 204 BGB). Der Zeitraum der Hemmung wird nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet. Die Hemmung setzt voraus, dass der Anspruch hinreichend bestimmt bezeichnet wird, damit der Schuldner erkennen kann, welche Forderung gemeint ist.

In diesem Fall war die Bezeichnung „Anspruch aus Ingenieurvertrag“ zu ungenau für eine wirksame Hemmung.


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Individualisierung des Anspruchs

Die Individualisierung bezeichnet die eindeutige und konkrete Bestimmung einer Forderung in einem gerichtlichen Verfahren. Sie muss so präzise sein, dass der Schuldner den geltend gemachten Anspruch klar erkennen und sich dagegen verteidigen kann. Dies umfasst Grund, Art und Umfang der Forderung. Gesetzliche Grundlage sind §§ 253, 690 ZPO.

Beispiel: Statt „Anspruch aus Vertrag“ wäre korrekt: „Schadenersatz wegen mangelhafter Ingenieurleistungen beim Bau des Trennbauwerks laut Vertrag vom 8.5.2007“.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 195 BGB (Allgemeine Verjährungsfrist): Die allgemeine Verjährungsfrist für Ansprüche beträgt gemäß § 195 BGB drei Jahre. Diese Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat. Im vorliegenden Fall betrifft dies die Ansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aus dem Ingenieurvertrag, die durch die Mahnbescheidstellung auch in ihrer Verjährung berührt werden.
  • § 204 BGB (Hemmung der Verjährung): Nach § 204 BGB wird die Verjährung unter anderem durch die Erhebung der Klage oder durch die Zustellung eines Mahnbescheids gehemmt. Hierbei ist jedoch entscheidend, dass der Mahnbescheid hinreichend bestimmt und individualisiert ist. Im Fall des LG Hof wurde festgestellt, dass die bloße Bezeichnung als „Anspruch aus Ingenieurvertrag“ nicht ausreichend war, um die Verjährung zu hemmen.
  • § 55 HOAI (Honorarordnung für Architekten und Ingenieure): Dieser Paragraph regelt die honorarrechtlichen Bestimmungen für Ingenieure, einschließlich der Grundlagen und Anforderungen für die Berechnung der Ingenieurhonorare. Im Urteil ist er von Relevanz, weil er die Leistungen des Beklagten im Rahmen des Bauvorhabens definierte und damit die Klage der Klägerin auf Schadensersatz nach einem Ingenieurvertrag bestimmte.
  • § 626 BGB (Außerordentliche Kündigung): Dieser Paragraph erlaubt eine außerordentliche Kündigung eines Vertrages aus wichtigem Grund, wenn die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses dem kündigenden Vertragspartner nicht mehr zugemutet werden kann. Hier war die Kündigung des Bauvertrags durch die Klägerin entscheidend, da die Arbeiten des Beklagten nicht wie vereinbart fortgeführt wurden, was zu einem Anspruch auf Schadensersatz führte.
  • Art. 6 Abs. 1-5 EGV (Europäische Grundrechtecharta – Rechtsstaatlichkeit): Diese Regelungen sichern das Recht auf ein faires Verfahren und den Zugang zu Rechtsschutz. Obwohl der Fall im deutschen Recht verhandelt wurde, stellen diese Rechte sicher, dass die Klägerin ihre Ansprüche effektiv durchsetzen kann. Das Urteil des LG Hof ist auch im Kontext eines fairen Verfahrens zu betrachten, insbesondere in Bezug auf die Rechte der Klägerin bezüglich der durch den Mahnbescheid geltend gemachten Ansprüche.

Weitere Beiträge zum Thema

  • Mahnbescheid – Angaben und Verjährungshemmung
    Ein Mahnbescheid hemmt die Verjährung nur, wenn der geltend gemachte Anspruch hinreichend individualisiert ist. Der Anspruch muss so bezeichnet sein, dass er von anderen Ansprüchen unterscheidbar ist und der Schuldner erkennen kann, welcher Anspruch geltend gemacht wird. → → Individualisierte Ansprüche im Mahnbescheid
  • Hemmung der Verjährung bei Mahnbescheid
    Die Zustellung eines Mahnbescheids hemmt die Verjährung nur, wenn der Anspruch im Mahnbescheid ausreichend individualisiert ist. Fehlt diese Individualisierung, kann sie nachträglich erfolgen, hemmt die Verjährung jedoch erst ab dem Zeitpunkt der Nachholung. → → Verjährungshemmung durch detaillierte Mahnbescheide
  • Mahnverfahren – Verjährungshemmung durch nachträgliche Anspruchsindividualisierung
    Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Zustellung eines Mahnbescheids die Verjährung nur hemmt, wenn der Schuldner den Anspruch eindeutig erkennen kann. Eine nachträgliche Individualisierung des Anspruchs hemmt die Verjährung erst ab dem Zeitpunkt der Vornahme. → → Nachträgliche Individualisierung im Mahnverfahren
  • Mahnbescheid – Hemmung der Verjährung
    Gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB wird die Verjährung durch Zustellung des Mahnbescheids gehemmt. Diese Hemmung tritt jedoch nur ein, wenn der Anspruch im Mahnbescheid hinreichend individualisiert ist, sodass der Schuldner den geltend gemachten Anspruch erkennen kann. → → Rechtsgrundlagen zur Verjährungshemmung
  • Verjährungshemmung Mahnbescheid: Individualisierung Anspruch
    Die Zustellung eines Mahnbescheids hemmt die Verjährung nur hinsichtlich des im Mahnantrag individualisierten Anspruchs. Eine unzureichende Bezeichnung des Anspruchs im Mahnbescheid führt dazu, dass die Verjährung nicht gehemmt wird. → → Anforderungen an die Individualisierung im Mahnbescheid

Das vorliegende Urteil

LG Hof – Az.: 11 O 98/15 – Endurteil vom 08.12.2020


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