Übersicht:
- Verkehrsordnungswidrigkeiten: Verjährung und Folgen
- Verjährungsfristen für Ordnungswidrigkeiten im Überblick
- Verfolgungsverjährung
- Vollstreckungsverjährung
- Verfolgungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten
- Vollstreckungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten
- Kosten bei Einstellung durch die Bußgeldbehörde
- Verjährungsunterbrechung
- Unterbrechungshandlungen im OWiG verlängern Verjährungsfrist
- Leitsatz (vom Verfasser – nicht amtlich):
- Sachverhalt:
- Entscheidungsgründe:
Die Verjährungsfristen bei Ordnungswidrigkeiten werden durch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) in § 31 Abs. 2 geregelt. Danach verjährt eine begangene Verkehrsordnungswidrigkeit innerhalb von drei Monaten ab Begehung der Tat, sofern weder ein Bußgeldbescheid erlassen wurde, noch öffentliche Klage erhoben wurde. Wenn ein Bußgeldbescheid erlassen wurde, beträgt die Verjährungsfrist sechs Monate. Allerdings sind diese Fristen nicht absolut, sondern sie können durch bestimmte Handlungen der Verfolgungsbehörden, mit denen sie dokumentieren, dass sie die Angelegenheit weiter verfolgen wollen, unterbrochen werden. Bei Ordnungswidrigkeiten, bei denen das Höchstmaß des Bußgeldes 15.000 Euro übersteigt, gelten längere Verjährungsfristen. In diesem Fall beginnt die Verjährung erst nach sechs Monaten und beträgt insgesamt fünf Jahre.
Verkehrsordnungswidrigkeiten: Verjährung und Folgen
1. Verkehrsordnungswidrigkeiten sind alle Zuwiderhandlungen gegen Bußgeldbestimmungen des Verkehrsrechts. Hierunter fallen gem. § 24 StVG (= Straßenverkehrsgesetz) alle Ordnungswidrigkeiten gegen die StVO (= Straßenverkehrsordnung), StVZO (= Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) und FeV (= Fahrerlaubnis-Verordnung) ~ für Beispiele vgl. hierzu den Bußgeldkatalog auf http://www-ra-kotz.de/bussgeld.htm. Verkehrsordnungswidrigkeiten können mit einer Geldbuße oder einen Fahrverbot geahndet werden.
Eine begangene Verkehrsordnungswidrigkeit „verjährt“ (sog. Verfolgungsverjährung) gem. § 26 Abs. 3 StVG innerhalb von 3 Monaten (abweichend von § 31 Abs.2 Nr. 4 OWiG [= Ordnungswidrigkeitengesetz]) ab Begehung der Tat, solange wegen der Ordnungswidrigkeit weder ein Bußgeldbescheid erlassen, noch öffentliche Klage erhoben wurde.
2. Maßgebend für die Verjährungsfrist ist hier das Datum des Bußgeldbescheides (Erlassdatum). Bei der Berechnung der Frist wird der Tattag mit in die Frist eingerechnet; die Frist endet somit an dem kalendermäßig vorhergehenden Tag.
Beispiel: Geschwindigkeitsüberschreitung am 12.03.2003 ~ Ende der Verjährungsfrist am 11.06.2003 24.00 Uhr ~ somit verjährt ab 12.06.2003 – 0.00 Uhr
3. Danach verjährt die Ordnungswidrigkeit in 6 Monaten. Die 6-monatige Verjährungsfrist gilt auch nach Erlass eines Bußgeldbescheides, der durch die Behörde zurückgenommen wird.
4. Die Verfolgungsverjährung ist ein formell-rechtliches Verfahrenshindernis (Bundesverfassungsgericht: BVerfGE 25, 287). Ist die Verjährung eingetreten, muss ein bei Gericht anhängiges Verfahren durch Beschluss oder Urteil eingestellt werden. Es ergeht kein Freispruch!
Verjährungsfristen für Ordnungswidrigkeiten im Überblick
Geldbuße in Euro | Verjährungsfristen |
---|---|
Verfolgungsverjährung | |
Verkehrsordnungswidrigkeiten | 3 Monate |
1.000 | 6 Monate |
1.001-2.500 | 1 Jahr |
2.501-15.000 | 2 Jahre |
über 15.000 | 3 Jahre |
Vollstreckungsverjährung | |
bis 1.000 | 3 Jahre |
über 1.000 | 5 Jahre |
Verfolgungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten
Die Verfolgungsverjährung bei einer Ordnungswidrigkeit tritt nach einer bestimmten Frist ein, nach der die Tat nicht mehr verfolgt werden kann. Die Verjährungsfrist variiert je nach Höchstmaß der Sanktion. Im Allgemeinen beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkt, an dem die Handlung beendet wurde. Für Verkehrsordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Rotlichtverstöße beträgt die Verjährungsfrist in der Regel drei Monate. Bei anderen Ordnungswidrigkeiten beträgt die Verjährungsfrist in der Regel sechs Monate. Für Ordnungswidrigkeiten mit einem Höchstmaß von bis zu 1.000 Euro beträgt die Verjährungsfrist sechs Monate. Ordnungswidrigkeiten, die mit darüber hinausgehenden Höchstmaßen bedroht sind, verjähren in längeren Zeiträumen bis hin zu einer Dauer von drei Jahren. Die Verfolgungsverjährung kann unterbrochen werden, z.B. durch das Versenden eines Anhörungsbogens.
Vollstreckungsverjährung bei Ordnungswidrigkeiten
Die Vollstreckungsverjährung bei einer Ordnungswidrigkeit regelt, dass eine rechtskräftig festgesetzte Geldbuße nach Ablauf der Verjährungsfrist nicht mehr vollstreckt werden darf. Die Verjährungsfrist beträgt mindestens drei Jahre ab Rechtskraft des Bescheids und beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung. Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre bei einer Geldbuße von mehr als 1.000 Euro und drei Jahre bei einer Geldbuße bis zu 1.000 Euro. Es gibt zwei Verjährungsfristen im Ordnungswidrigkeitenrecht: die Verfolgungs- und die Vollstreckungsverjährung.
Es kann vorkommen, dass die Verjährungsfrist unterbrochen wird, beispielsweise bei der Zusendung vom Anhörungsbogen. Es gibt auch allgemeine Ermächtigungen an Verwaltungsangehörige und Beamte des Polizeidienstes zur Erteilung einer Verwarnung in bestimmten Ordnungswidrigkeitenfällen. Wenn die Verjährungsfrist abgelaufen ist, kann die Geldbuße nicht mehr vollstreckt werden, es sei denn, es handelt sich um eine Straftat.
Kosten bei Einstellung durch die Bußgeldbehörde
1. Vor Erlass eines Bußgeldbescheides: Die Staatskasse hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Betroffene kann jedoch seine Kosten (z.B. Anwaltskosten) nicht vom Staat ersetzt verlangen!
2. Rücknahme des Bußgeldbescheides durch die Behörde: Erkennt die Behörde die Verjährung erst nach Erlass des Bußgeldbescheides und nimmt sie diesen dann zurück, muss die Staatskasse neben den Verfahrenskosten auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen (z.B. Anwaltskosten) tragen.
Verjährungsunterbrechung
Bei Ordnungswidrigkeiten beginnt die Verjährungsfrist nach jeder Unterbrechung von neuem. Eine Verjährungsunterbrechung tritt bei bestimmten Handlungen ein, wenn die Verwaltungsbehörde aktiv wird und damit deutlich macht, dass sie die Ordnungswidrigkeit ahnden möchte. Die Verjährungsfrist beträgt bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 OWiG drei Monate, solange wegen der Handlung weder ein Bußgeldbescheid ergangen noch öffentliche Klage erhoben ist, danach sechs Monate.
Eine Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist spätestens verjährt, wenn seit dem in § 31 Abs. 3 bezeichneten Zeitpunkt das Doppelte der gesetzlichen Verjährungsfrist, mindestens jedoch zwei Jahre verstrichen sind. Die Verfolgungsverjährung kann jedoch ruhen, solange nach dem Gesetz die Verfolgung nicht begonnen oder nicht fortgesetzt werden kann.
Unterbrechungshandlungen im OWiG verlängern Verjährungsfrist
1. § 33 OWiG enthält einen Katalog von Unterbrechungshandlungen. Mit jeder Unterbrechungshandlung beginnt die Verjährungsfrist von neuem an zu laufen. Dabei ist der Tag der Unterbrechung bereits der erste Tag der neuen Frist. Es gibt 4 Unterbrechungshandlungen:
a.) erste Vernehmung des Betroffenen, b.) die Anordnung der Vernehmung, c.) die Bekanntgabe der Vernehmung, d.) Bekanntgabe, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.
2. Die Unterbrechung der Verjährung wirkt nur gegenüber demjenigen, auf den sich die Unterbrechungshandlung bezieht. Eine gegen den Halter gerichtete Verfolgungshandlung kann daher keine verjährungsunterbrechende Wirkung gegenüber dem Fahrer entfalten.
3. Zur Verjährungsproblematik als Beispiel noch ein Beschluss des
OLG Zweibrücken – Az.: 1 Ss 132/02 – Beschluss vom 26.08.2002:
Leitsatz (vom Verfasser – nicht amtlich):
Wird gegen einen Autofahrer (als Beschuldigten) wegen eines Verkehrsverstoßes durch die Bußgeldbehörde ermittelt, so muss die Bußgeldbehörde ihm dies ausdrücklich und eindeutig mitteilen. Macht sie dies nicht, so wird die Verjährungsfrist nicht durch die Ermittlungen unterbrochen.
Sachverhalt:
Der beschuldigte Autofahrer sollte außerorts die vorgeschriebene Geschwindigkeit mit 81 km/h überschritten haben. Die Bußgeldbehörde erließ 3 ½ Monate nach der Geschwindigkeitsüberschreitung einen Bußgeldbescheid über 375 € und ein 3-monatiges Fahrverbot.
Entscheidungsgründe:
Das OLG stellte fest, dass die Tat zum Zeitpunkt der Bußgeldverhängung schon verjährt war. Eine Verjährungsunterbrechung wäre nur eingetreten, wenn die Behörde dem Autofahrer eindeutig mitgeteilt hätte, dass sie gegen ihn als Beschuldigten ermittelt. Zwar war dem Autofahrer im Zeitraum zwischen der Geschwindigkeitsüberschreitung und dem Bußgeldbescheid ein Formular mit der Bezeichnung „Anhörung/Zeugenfragebogen“ zugesandt worden, jedoch war hieraus nicht die Beschuldigtenstellung des Autofahrers ersichtlich.