AG Mayen
Az: 2040 Js 10563/04.3 OWi
Urteil vom 10.03.2005
In der Bußgeldsache wegen Verkehrsordnungswidrigkeit wird das Verfahren gemäß §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206 a StPO auf Kosten der Staatskasse eingestellt, die auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt.
Gründe:
Die Tat ist verjährt.
Mit Anhörbogen vom 21. Juli 2003 teilte die Bußgeldstelle dem Betroffenen mit, ihm werde zur Last gelegt, am 06.06.2003 auf der A 48 bei Kilometer 209,3 als Führer eines Lastkraftwagens mit zulässigem Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen bei einer Geschwindigkeit von mehr als 50 km/h den Mindestabstand von 50 Metern von einem vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten zu haben.
Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2003 gefertigt unter dem Briefkopf XXX Partner, Rechtsanwälte, Notare, Fachanwälte“ und unterzeichnet von Rechtsanwalt und Notar XXX teilte dieser der Bußgeldstelle mit, dass er kraft beigefügter Vollmacht die Rechtsinteressen des Betroffenen vertrete und bat um Akteneinsicht. Beigefügt war das Original einer vom Betroffenen unterschriebenen und nur auf Rechtsanwalt XXX lautenden Vollmacht.
Der Bußgeldbescheid vom 07.10.2003 war adressiert an Rechtsanwälte XXX und wurde ausweislich der Postzustellungsurkunde mit derselben Empfängerangabe vom 13.10.2003 einer dort Beschäftigten übergeben.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 16. Oktober 2003 legte der Betroffene Einspruch ein. Mit Verfügung der Bußgeldstelle vom 12. Februar 2004 wurden die Akten der Staatsanwaltschaft übersandt; beim Amtsgericht Mayen gingen sie am 25. Februar 2004 ein.
Bei dieser Sachlage ist festzustellen, dass mit Ablauf der durch Übersendung des Anhörbogens neu in Gang gesetzten dreimonatigen Verjährungsfrist (§ 26 Abs. 3 StVG) Verfolgungsverjährung eingetreten war. Der Erlass des Bußgeldbescheides hatte keine verjährungsunterbrechende Wirkung nach § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG, weil die Zustellung vom 13.10.2003 unwirksam war.
Zustellung ist die Bekanntgabe eines Schriftstückes an eine Person in einer gesetzlich bestimmten Form (vgl. § 166 Abs. 1 ZPO). Im Falle der Zustellung eines Bußgeldbescheides gilt § 51 OWiG i. V. mit dem Verwaltungszustellungsgesetz (VWZG).
Zustellungsadressat ist grundsätzlich der Betroffene selbst (§ 51 Abs. 2 OWiG). Nach § 51 Abs. 3 OWiG kann auch an den Verteidiger zugestellt werden, „dessen Vollmacht sich bei den Akten befindet“. Das ist hier nur Rechtsanwalt XXX. Folglich war Rechtsanwalt XXX als die Person zu bezeichnen, der der Bußgeldbescheid zu übergeben oder durch Übergabe an eine in seinem Geschäftsraum Beschäftigte zugänglich zu machen war. An die Personengruppe „Rechtsanwälte XXX“ konnte nicht wirksam zugestellt werden.
Eine Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 9 VWZG durch nachweislichen Zugang scheitert an § 51 Abs. 5 Satz 3 OWiG, der eine solche Heilungsmöglichkeit für die Zustellung des Bußgeldbescheides ausschließt.
Das Verfahren war deshalb einzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.
Die Ausnahmebestimmung des § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO findet vorliegend keine Anwendung, da sie nur bei Verfahrenseinstellungen gilt, wenn die Akten ein glaubhaftes Geständnis enthalten, was vorliegend nicht der Fall ist. § 467 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 StPO gilt nur in seltenen Ausnahmefällen, was dem Willen des Gesetzgebers entspricht.