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Unterlassene Beantragung von Sozialhilfe – Betreuerhaftung?

Ein Betreuter zog vor Gericht, weil seine ehemalige Betreuerin ihm die Mehrkosten für ein größeres Zimmer nicht vom Sozialamt erstatten ließ. Obwohl die Betreuerin ihre Pflicht verletzt hatte, bekam der Kläger keinen Schadensersatz, da das Gericht davon ausging, dass das Sozialamt die Kosten damals ohnehin nicht übernommen hätte. Ein spannender Fall, der die Grenzen der Verantwortung in der Betreuungspraxis aufzeigt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Brandenburg
  • Datum: 12.09.2022
  • Aktenzeichen: 31 C 150/21
  • Verfahrensart: Zivilrechtsstreit wegen Schadenersatzansprüchen
  • Rechtsbereiche: Betreuungsrecht, Sozialrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Betroffene, der Schadenersatzansprüche gegen seine ehemalige Betreuerin geltend macht. Er argumentiert, dass die Beklagte als seine Betreuerin ihre Pflichten verletzt hat, indem sie keine Anträge auf Sozialhilfe bezüglich der höheren Mietkosten stellte, was ihm zusätzliche Kosten verursachte.
  • Beklagte: Die ehemalige Betreuerin des Klägers, die die Betreuungspflichten bezüglich der Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten innehatte. Sie bestreitet die Pflichtverletzung und argumentiert, dass die Entscheidung über die Sozialhilfe beim Sozialamt bzw. im Ermessensspielraum der Behörde lag.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger bewohnte ein Zimmer in einer Seniorenwohngemeinschaft und zog in ein größeres Zimmer um, was eine höhere Mietbelastung mit sich brachte. Die ehemalige Betreuerin versäumte es, einen Antrag auf Übernahme der Mehrkosten durch das Sozialamt zu stellen. Die neue Betreuerin reichte den Antrag später ein, der positiv beschieden wurde.
  • Kern des Rechtsstreits: Ob die Beklagte ihre Pflichten als Betreuerin verletzt hat, indem sie den Antrag auf Übernahme der Mietmehrkosten nicht stellte und ob dem Kläger dadurch ein Schaden entstanden ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Ein Anspruch des Klägers auf Schadenersatz gegen die Beklagte besteht nicht.
  • Begründung: Die Beklagte haftet nicht für den finanziellen Schaden, da nicht bewiesen wurde, dass das Sozialamt die höheren Kosten im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich übernommen hätte. Der Sozialhilfebescheid stützt sich auf eine individuelle Ermessensentscheidung nach November 2020, die retrospektiv nicht zwingend als positiv für einen früheren Zeitraum angenommen werden kann.
  • Folgen: Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Entscheidung verdeutlicht, dass Betreuer für Antragstellungen verantwortlich sind, der durch das Versäumnis verursachte Schaden jedoch konkret bewiesen werden muss und nicht auf hypothetischen Ermessensentscheidungen beruht.

Komplexität der Sozialhilfe: Ein Blick auf Betreuerhaftung und Ansprüche

Die Beantragung von Sozialhilfe ist für viele Menschen ein komplexes und oft undurchsichtiges Thema. Nicht jeder kennt seine Rechte und Pflichten, wenn es um finanzielle Unterstützung im Alter oder bei Bedürftigkeit geht. Der Sozialleistungsanspruch ist gesetzlich verankert und bietet Menschen in schwierigen Lebenssituationen eine wichtige finanzielle Absicherung.

Besonders bei der Betreuung von hilfsbedürftigen Personen stellen sich rechtliche Fragen zur Betreuerhaftung und zur Pflicht der Antragstellung. Wer trägt die Verantwortung, wenn notwendige Sozialleistungen wie Hilfe zur Lebensunterhalt nicht beantragt werden? Diese Fragen sind nicht nur juristisch relevant, sondern berühren auch ethische Aspekte der menschlichen Fürsorge und Unterstützung.

Die nächsten Ausführungen beleuchten einen konkreten Gerichtsfall, der die Komplexität der Betreuungsvertraglichen Pflichten bei der Beantragung von Sozialhilfe verdeutlicht.

Der Fall vor Gericht


Beklagte Betreuerin muss keine Mehrkosten für Wohnungswechsel ersetzen

Ältere Hand unterzeichnet Mietvertrag für ein größeres Zimmer in einer Senioren-Wohngemeinschaft.
Unterschriebener Mietvertrag für größeres Zimmer Ideogram gen.

Das Amtsgericht Brandenburg hat die Klage eines Betreuten gegen seine ehemalige Betreuerin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.468,46 Euro abgewiesen. Der Kläger warf der Betreuerin vor, keinen Antrag auf Übernahme der Mehrkosten beim Sozialamt gestellt zu haben, als er in ein größeres Zimmer umzog.

Umzug in größeres Zimmer mit höherer Miete

Der betreute Kläger bewohnte zunächst ein 23 Quadratmeter großes Zimmer in einer Senioren-Wohngemeinschaft. Im Mai 2019 zog er in ein größeres Zimmer mit 30 Quadratmetern um, wodurch sich die monatliche Miete um 86,38 Euro erhöhte. Die beklagte Betreuerin, die für die Bereiche Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten und Behördenvertretung zuständig war, unterzeichnete den neuen Mietvertrag mit. Der Kläger unterschrieb eine Erklärung, dass er die Mehrkosten selbst tragen würde.

Nachfolgende Betreuerin erwirkte Kostenübernahme

Die im November 2020 neu bestellte Betreuerin beantragte erfolgreich die Übernahme der höheren Mietkosten beim Sozialamt. Daraufhin forderte der Kläger von seiner ehemaligen Betreuerin Schadensersatz für die selbst getragenen Mehrkosten von Juni 2019 bis Oktober 2020. Er argumentierte, die Betreuerin hätte bereits 2019 einen entsprechenden Antrag stellen müssen.

Keine Pflichtverletzung nachgewiesen

Das Gericht sah zwar ein schuldhaft pflichtwidriges Verhalten der Betreuerin, da sie keinen Antrag beim Sozialamt gestellt hatte. Allerdings konnte der Kläger nicht nachweisen, dass ihm dadurch tatsächlich ein Schaden entstanden war. Nach Aussage einer Sozialamtsmitarbeiterin hätte die Mehrheit ihrer Kollegen 2019 die Übernahme der erhöhten Wohnkosten abgelehnt. Die spätere Bewilligung ab November 2020 beruhte auf einer individuellen Ermessensentscheidung.

Maßgeblich ist hypothetische Entscheidung des Sozialamts

Bei der Beurteilung des Schadensersatzanspruchs kam es laut Gericht darauf an, wie das Sozialamt 2019 nach pflichtgemäßem Ermessen entschieden hätte. Die spätere positive Entscheidung begründete keinen rückwirkenden Anspruch. Da das Sozialamt die höheren Kosten 2019 voraussichtlich nicht übernommen hätte, entstand dem Kläger kein erstattungsfähiger Schaden durch die unterlassene Antragstellung der Betreuerin.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil verdeutlicht, dass Betreuer grundsätzlich verpflichtet sind, Sozialhilfeanträge für erhöhte Unterkunftskosten ihrer Betreuten zu stellen. Allerdings besteht ein Schadenersatzanspruch gegen den Betreuer nur dann, wenn das Sozialamt die höheren Kosten auch tatsächlich bewilligt hätte. Die bloße Unterlassung der Antragstellung reicht für einen Schadenersatzanspruch nicht aus – es muss nachgewiesen werden, dass der Antrag zum damaligen Zeitpunkt erfolgreich gewesen wäre.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie unter Betreuung stehen und in eine teurere Wohnung umziehen möchten, sollten Sie vorab mit Ihrem Betreuer klären, ob die Mehrkosten vom Sozialamt übernommen werden. Ihr Betreuer muss zwar grundsätzlich einen entsprechenden Antrag stellen – Sie können ihn aber nicht für die Mehrkosten haftbar machen, wenn unklar ist, ob das Sozialamt diese bewilligt hätte. Lassen Sie sich daher am besten vorher schriftlich bestätigen, dass die höheren Kosten übernommen werden. Dies vermeidet spätere Konflikte und finanzielle Risiken für Sie.


Unsicherheiten bei der Kostenübernahme?

Dieses Urteil zeigt, wie wichtig eine frühzeitige Klärung der Kostenübernahme bei einem Umzug ist – gerade für Betreute. Unklare Zuständigkeiten und unklare Erfolgsaussichten können zu finanziellen Belastungen führen. Sichern Sie sich ab und lassen Sie sich rechtlich beraten, um Ihre Rechte und Pflichten im Betreuungsverhältnis zu verstehen und unnötige Risiken zu vermeiden.
Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Pflichten hat ein rechtlicher Betreuer bei der Beantragung von Sozialleistungen?

Ein rechtlicher Betreuer muss im Rahmen der Vermögenssorge aktiv alle erforderlichen Sozialleistungen für den Betreuten beantragen. Dies umfasst insbesondere Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Grundsicherung, Renten aller Art, Krankengeld, Wohngeld und Kindergeld.

Konkrete Handlungspflichten

Der Betreuer ist verpflichtet, die finanzielle Situation des Betreuten sorgfältig zu prüfen und entsprechende Ansprüche geltend zu machen. Dabei muss er eigeninitiativ tätig werden, wenn Anhaltspunkte für mögliche Leistungsansprüche vorliegen.

Mitwirkungspflichten bestehen auch nach der Antragstellung. Der Betreuer muss als gesetzlicher Vertreter die sozialrechtlichen Mitwirkungspflichten nach §§ 60 ff SGB I erfüllen. Dazu gehört insbesondere die Pflicht, Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betreuten unaufgefordert dem Sozialleistungsträger mitzuteilen.

Haftungsrisiken

Bei Pflichtverletzungen drohen dem Betreuer Schadensersatzansprüche nach § 1826 BGB. Eine Haftung kommt insbesondere in Betracht bei:

  • Verspäteter oder unterlassener Antragstellung von Sozialleistungen
  • Nichtbeachtung von Antragsfristen
  • Versäumnis bei der Mitteilung relevanter Änderungen

Aufgabenkreise und Zuständigkeit

Für die Beantragung von Sozialleistungen benötigt der Betreuer einen passenden Aufgabenkreis. Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass die Beantragung von Sozialhilfe zur Personensorge und nicht zur Vermögenssorge zählt. Ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ sollte daher mit dem Betreuungsgericht klären, ob er in Sozialhilfeangelegenheiten vertretungsberechtigt ist.

Der Betreuer muss die rechtlichen Angelegenheiten besorgen, ist aber nicht verpflichtet, Tätigkeiten im pflegenden und versorgenden Bereich selbst zu leisten. Seine Aufgabe ist es, die notwendigen Hilfen zu organisieren und die rechtlichen Rahmenbedingungen sicherzustellen.


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Wann liegt ein Schadenersatzanspruch gegen den rechtlichen Betreuer vor?

Ein Schadenersatzanspruch gegen den rechtlichen Betreuer basiert auf § 1826 BGB und setzt vier zentrale Voraussetzungen voraus:

Pflichtverletzung

Eine Pflichtverletzung liegt vor, wenn der Betreuer gegen seine Pflicht zur treuen und gewissenhaften Amtsführung verstößt. Dies kann durch aktives Handeln oder Unterlassen geschehen, etwa wenn der Betreuer Sozialhilfeansprüche nicht rechtzeitig geltend macht oder das Vermögen des Betreuten nicht ordnungsgemäß verwaltet.

Verschulden

Der Betreuer muss die Pflichtverletzung zu vertreten haben. Dies bedeutet, er muss vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt haben. Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet wurde. Bei Berufsbetreuern wird dabei ein professioneller Maßstab angelegt.

Schaden

Ein messbarer Vermögensschaden oder ein immaterieller Schaden muss entstanden sein. Wenn beispielsweise durch eine verspätete Antragstellung Sozialleistungen erst später bewilligt werden, entsteht ein konkreter finanzieller Schaden in Höhe der entgangenen Leistungen.

Kausalität

Zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen. Bei einem Unterlassen ist zu prüfen, ob der Schaden bei pflichtgemäßem Handeln vermieden worden wäre.

Wichtig zu wissen: Eine Genehmigung des Betreuungsgerichts befreit den Betreuer nicht von seiner Haftung. Der Betreuer bleibt weiterhin für die Rechtmäßigkeit seiner Handlungen verantwortlich. Die Verjährung von Schadenersatzansprüchen ist während der laufenden Betreuung gehemmt.


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Wie wird ein möglicher Schaden durch unterlassene Sozialleistungsanträge berechnet?

Der Schaden entspricht grundsätzlich der Differenz zwischen der tatsächlichen Vermögenslage und der hypothetischen Vermögenslage bei rechtzeitiger Antragstellung. Bei der Berechnung wird der entgangene Leistungsanspruch für den Zeitraum zwischen dem möglichen Antragsbeginn und der tatsächlichen Antragstellung ermittelt.

Konkrete Schadensberechnung

Wenn Sie beispielsweise einen Anspruch auf Wohngeld haben und dieser nicht rechtzeitig geltend gemacht wurde, errechnet sich der Schaden aus dem monatlichen Wohngeldanspruch multipliziert mit der Anzahl der Monate, in denen die Leistung nicht bezogen wurde. Dabei müssen Sie nachweisen können, dass die Anspruchsvoraussetzungen in diesem Zeitraum durchgehend vorlagen.

Kausalitätsnachweis

Für einen erfolgreichen Schadensersatzanspruch müssen Sie einen direkten Zusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden nachweisen. Dies bedeutet, Sie müssen darlegen, dass Sie bei korrekter Beratung oder Antragstellung die Sozialleistungen tatsächlich erhalten hätten.

Zeitliche Begrenzung

Die rückwirkende Geltendmachung von Ansprüchen ist zeitlich begrenzt:

  • Die maximale Rückwirkung beträgt vier Jahre für Ansprüche aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.
  • Bei Betreuerhaftung gilt eine Verjährungsfrist von drei Jahren, wobei die Verjährung während der laufenden Betreuung gehemmt ist.

Der Schaden muss konkret bezifferbar sein und wird anhand der jeweiligen Leistungssätze des entsprechenden Sozialleistungsträgers berechnet. Etwaige Eigenleistungen oder anderweitig bezogene Sozialleistungen werden dabei gegengerechnet.


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Welche Beweislast tragen Betreute bei Schadenersatzansprüchen gegen ihre Betreuer?

Seit dem 1. Januar 2023 gilt eine grundlegende Neuregelung der Beweislast bei Schadenersatzansprüchen gegen Betreuer. Nach § 1826 BGB wurde eine Beweislastumkehr zu Lasten des Betreuers eingeführt.

Aktuelle Rechtslage

Der Betreute muss lediglich nachweisen:

  • Die Pflichtverletzung des Betreuers innerhalb des übertragenen Aufgabenkreises
  • Den eingetretenen Schaden
  • Die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden

Der Betreuer muss dann beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Dies gilt sowohl für die Geltendmachung von Ansprüchen durch den Betreuten selbst als auch durch dessen Erben.

Praktische Beweisführung

Bei der Dokumentation möglicher Schadensfälle sollten Sie folgende Aspekte beachten:

Der Nachweis einer Pflichtverletzung gelingt am besten durch schriftliche Belege. Wenn Sie beispielsweise Ihren Betreuer auf eine hohe Mietzahlung hinweisen und dieser keinen Wohngeldantrag stellt, dokumentieren Sie diese Kommunikation.

Besonderheiten bei Vermögensschäden

Bei Vermögensschäden ist die Beweisführung besonders wichtig. Der Betreute kann Auskunft und die Vorlage von Dokumenten verlangen, etwa Quittungen für Abhebungen oder Verwendungsnachweise für Ausgaben.

Die Pflichten des Betreuers ergeben sich aus:

  • Dem gerichtlich festgelegten Aufgabenkreis
  • Konkreten Weisungen des Betreuungsgerichts
  • Den nach § 1821 BGB geäußerten Wünschen des Betreuten

Bei fahrlässigem Verhalten des Betreuers genügt es, wenn Sie als Betreuter nachweisen, dass der Betreuer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat. Eine Arbeitsüberlastung des Betreuers schließt dessen Haftung nicht aus.


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Welche Rolle spielen Ermessensentscheidungen von Behörden bei der Betreuerhaftung?

Ermessensentscheidungen von Behörden haben einen wesentlichen Einfluss auf die Betreuerhaftung, insbesondere wenn es um die Beurteilung von Pflichtverletzungen geht. Die Betreuungsbehörde verfügt über einen gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraum bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und der Mitteilung von relevanten Sachverhalten an das Betreuungsgericht.

Ermessensspielraum der Behörde

Die Betreuungsbehörde kann dem Betreuungsgericht Umstände mitteilen, die Zweifel an der Eignung eines Betreuers aufkommen lassen. Dieser Ermessensspielraum ist jedoch durch klare gesetzliche Grenzen eingeschränkt. Eine Mitteilung darf nur erfolgen, wenn eine erhebliche Gefahr für das Wohl des Betreuten abgewendet werden muss.

Auswirkungen auf die Haftung

Wenn Sie als Betreuer tätig sind, müssen Sie wissen: Eine gerichtliche Genehmigung von Handlungen befreit nicht automatisch von der Haftung. Der Betreuer bleibt weiterhin für die Rechtmäßigkeit seiner Handlungen verantwortlich. Besonders relevant wird dies bei der Verwaltung von Sozialleistungen und Unterhalt. Eine Pflichtverletzung kann vorliegen bei:

  • Unterlassener Unterhaltsbeitreibung
  • Ungerechtfertigter Unterhaltsstundung
  • Fristversäumnis bei Sozialleistungsanträgen

Prüfung von Ermessensfehlern

Bei der Überprüfung von Ermessensentscheidungen wird besonders darauf geachtet, ob die Behörde willkürlich oder unverhältnismäßig entschieden hat. Ein Ermessensfehler kann zur Aufhebung der betreffenden Verwaltungsentscheidung durch ein Verwaltungsgericht führen. Die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche gegen den Betreuer beträgt 30 Jahre, wobei während der laufenden Betreuung eine Verjährungshemmung besteht.

Stellen Sie sich vor, ein Betreuer versäumt die rechtzeitige Beantragung einer Sozialleistung. In diesem Fall prüft das Gericht, ob der Betreuer sein Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat. Dabei wird berücksichtigt, ob beispielsweise zunächst auf Wunsch des Betreuten der Erfolg von Rehabilitationsmaßnahmen abgewartet wurde.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Sozialhilfe

Eine staatliche Unterstützungsleistung für Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können. Sie ist im Sozialgesetzbuch (SGB) XII geregelt und umfasst verschiedene Hilfearten wie Grundsicherung im Alter, Hilfe zum Lebensunterhalt oder Eingliederungshilfe. Die Leistung wird nach einer Bedarfsprüfung gewährt und soll ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Beispiel: Ein Rentner erhält zu seiner geringen Rente ergänzende Grundsicherung, um seine Miete und den Lebensunterhalt bezahlen zu können.


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Sozialleistungsanspruch

Der gesetzlich garantierte Anspruch einer Person auf bestimmte Sozialleistungen, wenn die dafür notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die rechtliche Grundlage findet sich im Sozialgesetzbuch (SGB). Der Anspruch muss in der Regel durch einen Antrag geltend gemacht werden und wird von der zuständigen Behörde geprüft. Beispiel: Eine alleinerziehende Mutter hat einen Anspruch auf Kindergeld und gegebenenfalls ergänzende Sozialleistungen, wenn ihr eigenes Einkommen nicht ausreicht.


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Betreuerhaftung

Die rechtliche Verantwortung eines gerichtlich bestellten Betreuers für Schäden, die dem Betreuten durch pflichtwidriges Verhalten entstehen. Geregelt in §§ 1833, 1908i BGB. Der Betreuer muss für Vermögensschäden aufkommen, die durch eine schuldhafte Verletzung seiner Pflichten entstehen. Beispiel: Ein Betreuer versäumt es fahrlässig, wichtige Versicherungsbeiträge für den Betreuten zu zahlen, wodurch diesem ein finanzieller Schaden entsteht.


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Betreuungsvertragliche Pflichten

Die gesetzlich festgelegten Aufgaben und Verantwortlichkeiten eines rechtlichen Betreuers gegenüber dem Betreuten, basierend auf §§ 1896 ff. BGB. Diese umfassen je nach Aufgabenkreis die Vermögenssorge, Gesundheitssorge oder Behördenvertretung. Der Betreuer muss dabei stets zum Wohl des Betreuten handeln und dessen Wünsche berücksichtigen. Beispiel: Ein Betreuer mit dem Aufgabenkreis Vermögenssorge muss Sozialleistungsanträge stellen und die finanziellen Angelegenheiten des Betreuten regeln.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 1833 BGB: Diese Vorschrift regelt die Pflichten eines Betreuers gegenüber der betreuten Person. Der Betreuer ist verpflichtet, die Angelegenheiten des Betroffenen nach bestem Wissen und Gewissen zu führen und dessen Wohl zu fördern. Im vorliegenden Fall hat die Betreuerin ihre Pflicht möglicherweise verletzt, indem sie es unterlassen hat, Sozialhilfe für die höheren Mietkosten zu beantragen, was zu finanziellen Belastungen für den Kläger führte.
  • § 276 BGB: Dieser Paragraph behandelt die Verantwortlichkeit für Pflichtverletzungen. Er legt fest, dass jemand für Schäden haftet, die durch schuldhaftes Verhalten entstehen. Im Kontext des Falls könnte argumentiert werden, dass die Betreuerin ihre Sorgfaltspflichten verletzt hat, indem sie die erforderlichen Anträge bei der Sozialbehörde nicht rechtzeitig gestellt hat, was eine Schadensersatzpflicht begründen könnte.
  • § 1908i Abs. 1 Satz 1 BGB: Diese Vorschrift bezieht sich auf die Sicherstellung der sozialen Absicherung im Rahmen der gesetzlichen Betreuung. Sie verpflichtet den Betreuer, die finanziellen Belange des Betreuten angemessen zu regeln. Im vorliegenden Fall hat die Betreuerin versäumt, die Mehrkosten der Miete durch Sozialhilfe abzudecken, was direkt gegen diese gesetzliche Pflicht verstoßen könnte.
  • § 1901 BGB: Dieser Paragraph behandelt allgemeine Bestimmungen zum Betreuungsrecht, insbesondere die Rechte und Pflichten von Betreuern. Er legt fest, dass Betreuer im Interesse des Betreuten handeln müssen. Die Nichtbeantragung der Sozialhilfe für die höheren Mietkosten könnte als Verletzung dieser Pflichten betrachtet werden, da dadurch die finanzielle Belastung unzulässig auf den Kläger übertragen wurde.
  • Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII): Das SGB XII regelt die Sozialhilfeleistungen in Deutschland. Es beinhaltet Bestimmungen darüber, unter welchen Voraussetzungen Sozialhilfe gewährt wird und wie diese beantragt werden muss. Im vorliegenden Fall hätte die Betreuerin gemäß SGB XII Sozialhilfe für die erhöhten Mietkosten beantragen sollen, um die finanzielle Belastung des Klägers zu mindern.

Das vorliegende Urteil


AG Brandenburg – Az.: 31 C 150/21 – Urteil vom 12.09.2022


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