Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Az.: 6 U 85/07
Urteil vom 06.03.2008
Vorinstanz: Landgericht Frankfurt am Main, Az.: 3-12 O 121/06
Leitsatz:
Der Verstoß gegen die preisangabenrechtliche (§ 1 II Nr. 1 PAngV) Verpflichtung, bei Angeboten zum Abschluss von Fernabsatzverträgen auch anzugeben, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer enthalten, stellt in der Regel keinen wesentlichen Wettbewerbsverstoß im Sinne von § 3 UWG dar; etwas anderes gilt jedoch bei einer unzureichenden Information über die Liefer- und Versandkosten (§ 1 II Nr. 2 PAngV).
Gründe:
I.
Auf die tatbestandlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagte dazu verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs insbesondere auf der Internetseite www.quelle.de, Verbrauchern gegenüber beim Abschluss von Fernabsatzverträgen für Spielkonsolen und Zubehör die Artikel ihres Sortiments unter Angabe von Preisen anzubieten und/oder zu bewerben, ohne in einer der Preisangabe unmittelbar räumlich zugeordneten oder anderweitig hervorgehobenen Weise darauf hinzuweisen, ob und ggf. in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen und/oder dass die Preise die Umsatzsteuer enthalten. Außerdem hat das Landgericht die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger die durch eine vorausgegangene Abmahnung entstandenen Kosten in Höhe von 465,90 (eine 0,65-fache Gebühr aus einem Gegenstandswert von 25.000,- €) zu erstatten.
Mit ihrem Internet-Auftritt verstoße die Beklagte gegen § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PAngV und handele deshalb unlauter im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Nach Auffassung des Landgerichts ist dieser Verstoß auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen (§ 3 UWG), so dass ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 UWG besteht. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2007 – 3/12 O 121/06 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit die Beklagte zur Unterlassung und zur Erstattung der Abmahnkosten verurteilt wurde. Mit der Anschlussberufung wendet sie sich dagegen, dass sie auf die Widerklage der Beklagten verpflichtet wurde, der Beklagten Kosten für eine Abmahnung in Höhe von 1.820,- € (eine 1,5-fache Gebühr aus einem Gegenstandswert von 75.000,- €) zu erstatten, die die Beklagte wegen verschiedener AGB-Verstöße gegen den Kläger gerichtet hatte.
Mit der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 23. Februar 2007 Az. 3/12 O 121/06 abzuändern und die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt insoweit das Urteil des Landgerichts.
Im Übrigen wiederholen und vertiefen die Parteien ihren erstinstanzlichen Vortrag. Wegen der Einzelheiten wird auf die nachfolgenden Ausführungen unter II. sowie die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
II.
1.
Die zulässige Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV – allerdings nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang – zu. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten besteht in der tenorierten Höhe aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, Teil 3 Vorbemerkung 3 Nr. 4 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz).
a) Wie das Landgericht mit zutreffenden Gründen angenommen hat, verstößt der Internetauftritt der Beklagten gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PAngV.
aa) Bei gewerbsmäßigen Angeboten zum Abschluss von Fernabsatzverträgen gegenüber Letztverbrauchern ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV zusätzlich zu § 1 Abs. 1 PAngV anzugeben, dass die geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstigen Preisbestandteile enthalten. In welcher Weise diese Angaben zu machen sind, folgt aus § 1 Abs. 6 PAngV. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt, dass die notwendigen Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig zugeordnet sein müssen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen sind. Wird bei Internetangeboten – wie in dem vorliegenden Fall – neben der Abbildung einer Ware nur der Preis genannt und nicht schon auf derselben Internetseite mitgeteilt, dass dieser auch die Umsatzsteuer und die sonstigen Preisbestandteile enthält, liegt darin jedoch nicht in jedem Fall ein Verstoß gegen die Preisangabeverordnung. Denn die Verbraucher sehen es als selbstverständlich an, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthalten. Es kann deshalb genügen, dass die durch § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben jedenfalls alsbald sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Internetseite gemacht werden. Erforderlich ist allerdings, dass eine solche Seite vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig aufgerufen werden muss (BGH, Urt. v. 04.10.2007 – I ZR 143/04 – GRUR 2008, 84, Juris Tz 31 – Versandkosten). Informationen in anderen, lediglich über allgemeine Links erreichbaren Rubriken, genügen hingegen regelmäßig nicht. Denn ein Kaufinteressent wird erfahrungsgemäß nur solche Seiten aufrufen, die er zur Information über die Ware benötigt oder zu denen er durch einfache Links oder durch klare und unmissverständliche Hinweise auf dem Weg zum Vertragsschluss geführt wird. Dies ist bei dem Menüpunkten wie „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ oder „Service“ nicht der Fall (BGH, Urt. v. 04.10.2007, a.a.O., Tz. 32).
Daraus folgt, dass auch der Internetauftritt der Beklagten den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Der Hinweis, dass der neben der Abbildung der Spielkonsole angegebene Verkaufspreis die Umsatzsteuer enthält, ist von der Seite, auf der dieses Angebot gemacht wird, ausweislich Anlage K 02 nur über den Link „AGB“ erreichbar. Ein Hinweis, dass sich dort weitere Erläuterungen zu dem Preis und seinen Bestandteilen finden, enthält diese Seite nicht. Es fehlt daher – wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat – eine „thematische Verknüpfung“ zu den nach der PAngV erforderlichen Angaben. Zusätzlich wird das Auffinden des Links dadurch erschwert, dass dieser Link in der Fußleiste der Seite angebracht ist und so erst durch scrollen sichtbar wird.
bb) Aus den gleichen Gründen genügt der Internetauftritt der Beklagten auch den Anforderungen des § 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV nicht. Denn die Angabe, ob neben dem genannten Preis auch Liefer- und Versandkosten anfallen, wird auf der Angebotsseite ebenfalls nicht mitgeteilt und ist – wie die Information zur Umsatzsteuer – von dort nur über den Link „AGB“ erreichbar. Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der beanstandete Internetauftritt den Anforderungen der Preisangabeverordnung auch nicht dadurch gerecht, dass dem Verbraucher auf der nachfolgenden Seite „Kundendaten“ im oberen rechten Teil der Seite gut lesbar mitgeteilt wird: „AGB Hier finden Sie unsere Liefer- und Zahlungsbedingungen. Zu den AGB…“. Denn diese Informationen erhält der Verbraucher erst, wenn er die Waren in den virtuellen Warenkorb gelegt und damit den Bestellvorgang eingeleitet hat. Dasselbe gilt, soweit die Grundlagen für die Berechnung der „Versandspesen“ im rechten oberen Teil der nachfolgenden Seite „Lieferservice“ genannt werden.
cc) Die beanstandeten Preisangaben verstoßen auch gegen § 4 Nr. 11 UWG. Die Vorschriften der Preisangabeverordnung sind auch dazu bestimmt, das Marktverhalten im Interesse der Marktteilnehmer im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG zu regeln (BGH, Urt. v. 15.01.2004 – I ZR 180/01 – GRUR 2004, 435, 436 – Frühlingsflüge; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 11 Rd 11.142 m.w.Nachw.). Denn sie sollen durch eine sachlich zutreffende und vollständige Information der Verbraucher die Preiswahrheit und Preisklarheit gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber den Unternehmern stärken (st. Rspr. vgl., BGH, Urt. v. 03.06.2003 – I ZR 211/01 – GRUR 2003, 971, 972 – Telefonischer Auskunftsdienst; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a.a.O.)
dd) Allerdings sieht der Senat – insoweit abweichend von der Entscheidung des Landgerichts – lediglich in dem unzulänglichen Hinweis, ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 PAngV), eine Wettbewerbshandlung, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil der Verbraucher nicht nur unerheblich im Sinne von § 3 UWG zu beeinträchtigen.
Die Verletzung einer Marktverhaltensregelung im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG begründet nicht notwendig einen nicht nur unerheblichen Nachteil für die von der Norm geschützten Marktteilnehmer. Ob diese Voraussetzung im Einzelfall gegeben ist, hängt vielmehr von der konkreten Auswirkung des Rechtsverstoßes ab (KG, Urt. v. 13.02.2007 – 5 W 35/07 – GRUR 2007, 515, 516 f). Bei Verstößen gegen die Preisangabeverordnung ist ein nicht nur unerheblicher Nachteil in diesem Sinne anzunehmen, wenn der Verbraucher durch eine Preisangabe irregeführt oder die Möglichkeit des Preisvergleichs erheblich erschwert wird (BGH, Urt. v. 05.07.2001 – I ZR 104/99 – GRUR 2001, 1166, 1169 – Flugfernpreise). Dies ist hier nur im Hinblick auf die unzulängliche Angabe der Liefer- und Versandkosten anzunehmen.
Die Grundlagen für die Berechnung der Liefer- und Versandkosten weichen, wie die Mitglieder des Senats aus eigener Anschauung wissen, in erheblichem Maße voneinander ab. So gibt es Fernabsatzunternehmen, die Liefer- und Versandkosten grundsätzlich nur bei Lieferungen unter einem bestimmten Warenwert berechnen. Bei anderen Unternehmen – wie etwa der Beklagten – sind diese Kosten abhängig von Größe und Gewicht der bestellen Ware. Zudem wird die Ermittlung der jeweils gültigen Liefer- und Versandkosten teilweise dadurch erschwert, dass sich Online-Versandhäuser zu Vertriebsnetzen zusammengeschlossen haben und Kunden, die aus dem eigenen Sortiment nicht bedient werden können, an Partnerunternehmen weiterleiten, wobei diese Unternehmen unter Umständen abweichende Liefer- und Versandkosten erheben. Angesichts dieser Praxis ist der Verbraucher, der sich über die tatsächlich anfallenden Kosten informieren will, auf eine klare und leicht auffindbare Erläuterung der Liefer- und Versandkosten angewiesen. Fehlt sie – wie im vorliegenden Fall – ist die Möglichkeit des Preisvergleichs erheblich beeinträchtigt.
Für den fehlenden Hinweis darauf, dass der angegebene Preis die Umsatzsteuer enthält, gilt dies nicht. Der Bundesgerichtshof hat in der Versandkostenentscheidung (Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 143/04 – GRUR 2008, 84 ff – Juris Tz 34) ausgeführt, für die angesprochenen Verbraucher stelle es eine Selbstverständlichkeit dar, dass im Online-Versandhandel angegebene Preise die Umsatzsteuer enthalten. Der Hinweis nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV hat deshalb eher die Funktion einer Klarstellung. Umstände, die diese Annahme des Bundesgerichtshofs grundsätzlich oder in Bezug auf die von der Beklagten angebotene Spielkonsole in Frage stellen können, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Gefahr einer Irreführung besteht deshalb nicht. Auch droht nach Auffassung des Senats aus diesem Grund keine Systemstörung, die des Landgerichts für den Fall angenommen hat, dass der unzulängliche Hinweis auf die Umsatzsteuer mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts nicht geahndet werden kann. Dies erscheint auch deshalb nicht naheliegend, weil sich der unzureichende Hinweis darauf, dass im Versandhandel angebotene Preise die Umsatzsteuer enthalten, letztlich zum Nachteil des Unternehmers auswirken würde, der auf einen solchen Hinweis verzichtet. Würde nämlich die vom Bundesgerichtshof angenommene Verkehrsauffassung, wonach der Verkehr davon ausgeht, dass die Umsatzsteuer enthalten ist, durch eine uneinheitliche Handhabung in der Praxis aufgeweicht, würden sich die Verbraucher nach Überzeugung des Senats eher dem Angebot eines Händlers zuwenden, der die Angabe zur Umsatzsteuer in der nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV geforderten Weise nacht, um vor „bösen Überraschungen“ sicher zu sein. Die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung von Verbraucherinteressen besteht deshalb nicht (ebenso: KG, Beschl. v. 11.05.2007 – 5 W 116/07 – GRUR-RR 2007, 326 ff, Juris Tz 11; OLG Hamburg, Urt. v. 14.02.2007 – 5 U 152/06 – MMR 2007, 723 und vom 15.02.2007 – 3 U 253/06 – GRUR-RR 2007, 167; OLG Jena, Urt. v. 08.03.2006 – 2 U 990/05 – WRP 2006, 612 -Juris Tz 48; Dembowski, Anm. zum Urt. des BGH v. 04.10.2007 – I ZR 143/07, juris-PRWettbR 12/2007, Anm. 3).
ee) Allerdings ist die Beklagte auch hinsichtlich der unzulänglichen Angabe der Liefer- und Versandkosten nur in dem tenorierten Umfang zu Unterlassung verpflichtet. Nach der „Versandkosten“-Entscheidung des Bundesgerichtshofs gilt, dass ein Unterlassungsantrag, der ohne konkrete Bezeichnung einer zu verbietenden Verletzungsform lediglich auf die Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 6 PAngV Bezug nimmt, grundsätzlich nicht hinreichend bestimmt ist. Die Merkmale „ohne den eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis“ des § 1 Abs. 6 S. 2 PAngV bedürften einer Konkretisierung, da dem gesetzlichen Erfordernis auf verschiedene Weise Rechnung getragen werden kann. Erforderlich ist deshalb, dass sich der Antragsteller in dem Unterlassungsantrag in einer den Tatbestand des § 1 Abs. 6 PAngV konkretisierenden Art und Weise dazu bekennt, wie die geforderten Hinweise gegeben werden sollen (BGH, Urt. v. 04.10.2007 – I ZR 143/04 – GRUR 2008, 84 ff – juris Tz 14; vgl. auch: Urt. v. 04.05.2005 – I ZR 127/02 – GRUR 2005, 692, juris Tz 15 ff – „statt“-Preis, m.w.Nachw.). Diesen Anforderungen wird der Klageantrag zwar formal gerecht. Denn statt der Formulierung des Gesetzes heißt es dort: „ohne in einer der Preisangabe unmittelbar räumlich zugeordneten oder anderweitig hervorgehobenen Art und Weise darauf hinzuweisen“. Bei der Fassung von Unterlassungsansprüche, die auf einer Verletzung von Hinweispflichten beruhen, welche – wie im Falle des § 1 Abs. 2 Nr. 1 PAngV – auf verschiedene Weise erfüllt werden können (BGH, Urt. v. 04.10.2007, a.a.O.) ist jedoch zusätzlich zu berücksichtigen, dass der Schuldner durch die Tenorierung nicht auf bestimmte Arten der Hinweiserteilung festgelegt werden darf und ihm so andere vom Gesetz ebenfalls zulässige Möglichkeiten der Hinweiserteilung genommen werden. Dem trägt die durch den Senat vorgenommene, an der konkreten Verletzungsform orientierte Fassung des Unterlassungstenors Rechnung. Der darüber hinausgehende Unterlassungsantrag war abzuweisen.
b) Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Beklagte zur Erstattung der Abmahnkosten nur verpflichtet ist, soweit diese den unzureichenden Hinweis auf die Liefer- und Versandkosten betrifft. Die zu erstattenden Gebühren errechnen sich deshalb aus der Hälfte des von dem Kläger angesetzten Gegenstandswerts (= 12.500,- €) zuzüglich einer Auslagenpauschale von 20,- €.
2.
Die zulässige Anschlussberufung hat in der Sache ebenfalls nur teilweise Erfolg.
a) Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der Kläger zur Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Teil 3 Vorbemerkung 3 Nr. 4 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz verpflichtet ist.
Die Abmahnung des Klägers durch die Beklagte betraf zum einen die Verwendung einer den Anforderungen der BGB-Info-Verordnung nicht entsprechenden Widerrufsbelehrung. Zum anderen rügte die Beklagte insgesamt 11 weitere Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Klägers.
Wie das Landgericht zu Recht erkannt hat, liegt in der Verwendung einer – im vorliegenden Fall unstreitig unzureichenden – Widerrufsbelehrung sowie der – ebenfalls unstreitig unzulässigen – weiteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Der Einwand, es handele sich dabei um Regelungen, die ihre Wirkung erst nach Vertragsschluss entfalten und die deshalb nicht der Förderung des eigenen oder eines fremden Unternehmens dienen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG), ist nicht beachtlich. Denn auch aus solchen Verstößen zieht der Unternehmer möglicherweise dann einen geschäftlichen Vorteil, wenn der Verbraucher nach Abschluss eines Vertrages wegen der unzureichenden Belehrung in Unkenntnis der Rechtslage von der Ausübung des ihm gesetzlich zustehenden Widerrufsrechts Gebrauch macht oder von der Ausübung sonstiger in Wahrheit bestehender, in den AGB-Klauseln jedoch ausgeschlossener Rechte abgehalten wird (Senat, Beschl. v. 09.05.2007 – 6 W 61/07 – OLGR 2007, 585, 586). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Regelung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken. Denn danach findet das Lauterkeitsrecht im Verhältnis zwischen Unternehmer und Verbraucher grundsätzlich auf alle Wettbewerbshandlungen Anwendung, die vor, während oder nach Vertragsschluss vorgenommen werden (vgl.: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl., § 4 Rd 11.156b ff). Ungeachtet der Tatsache, dass die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken nach Ablauf der Umsetzungsfrist seit dem 12. Dezember 2007 anzuwenden ist, gilt dies unmittelbar zwar nicht für die am 2. Mai 2007 ausgesprochene Abmahnung. Die Neuregelung bestätigt jedoch die Rechtsprechung des Senats, an der auch deshalb festzuhalten ist.
Entgegen der Auffassung des Klägers steht dem Anspruch der Beklagten auf Erstattung der Anwaltskosten schließlich nicht entgegen, dass die Beklagte eine eigene Rechtsabteilung mit mehreren auch im Wettbewerbsrecht erfahrenen Juristen unterhält. Denn wie das Landgericht unter Berufung auf die Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 02.02.2006 – 6 U 98/05 – OLGR Frankfurt 2006, 783) zutreffend festgestellt hat, ist ein Unternehmen, welches über eine eigene Rechtsabteilung mit Kompetenz im Wettbewerbsrecht verfügt, grundsätzlich nicht gehalten, dieser anstelle eines Anwalts die Ahndung von Rechtsverstößen zu übertragen. Denn Aufgabe einer Rechtsabteilung ist es in erster Linie, das Wettbewerbsverhalten des eigenen Unternehmens zu prüfen und dieses zu beraten.
b) Der Anspruch besteht allerdings nur in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr aus einem Gegenstandswert von 20.000,- € zuzüglich einer Auslagenpauschale in Höhe von 20,- €. Denn die Verwendung einer falschen Widerrufsbelehrung und unwirksamer Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist schon ihrer Art nach nur bedingt geeignet, die geschäftlichen Belange der Mitbewerber des Verletzten zu beeinträchtigen. Wie der Senat wiederholt festgestellt hat, besteht an der Erfüllung entsprechender gesetzlicher Bestimmungen zum Schutze der Verbraucher zwar ein erhebliches Allgemeininteresse. Die Interessen der einzelnen Mitbewerber, die die Streitwertbemessung für einen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG maßgeblich beeinflussen, wird durch solche Verstöße jedoch nur mittelbar berührt (Beschl. v. 17.08.2006 – 6 W 117/06; v. 18.08.2006 – 6 W 156/06; v. 05.03.2007 – 6 W 28/07; v. 13.08.2007 – 6 W 115/07 und v. 28.08.2007 – 6 W 131/07). Es ist daher ausreichend, den Gegenstandwert auf 20.000,- € festzusetzen. Erstattungsfähig ist zudem lediglich eine 1,3-fache Geschäftsgebühr. Eine höhere Gebühr kann nach Teil 2 Abschnitt 3, Absatz 3 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nur dann gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dies ist hier nicht der Fall.
3.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die für die Entscheidung erheblichen Rechtsfragen sind durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 4. Oktober 2007 (I ZR 143/04 – GRUR 2008, 84 ff -Versandkosten) sowie durch Entscheidungen des Kammergerichts und der Oberlandesgerichte Hamburg und Jena (KG, Beschl. v. 11.05.2007 – 5 W 116/07 – GRUR-RR 2007, 326 ff, Juris Tz 11; OLG Hamburg, Urt. v. 14.02.2007 – 5 U 152/06 – MMR 2007, 723 und vom 15.02.2007 – 3 U 253/06 – GRUR-RR 2007, 167; OLG Jena, Urt. v. 08.03.2006 – 2 U 990/05 – WRP 2006, 612 -Juris Tz 48) bereits beantwortet.