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Sonntags keine Pillen per Kurier? BGH-Urteil bremst Apotheken-Lieferdienste aus

Schnell die dringend benötigte Arznei per App bestellt und bequem am Sonntag nach Hause geliefert bekommen? Was nach modernem Service klingt, hat der Bundesgerichtshof nun in einem wichtigen Urteil ausgebremst. Zumindest für Apotheken, die an Sonn- und Feiertagen eigentlich geschlossen haben müssten, ist dieser Service rechtswidrig. Eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen für Apotheken, Lieferdienste und Verbraucher – auch wenn sie kurioserweise wegen eines Formfehlers vorerst aufgehoben wurde.

Sonntags Medikamente liefern? BGH schränkt Apotheken ein
Wichtige BGH-Entscheidung zum Apotheken-Lieferservice an Sonn- & Feiertagen. Warum es meist verboten ist und was das für Verbraucher & Notdienste bedeutet. | Symbolbild: KI generiertes Bild

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • BGH-Grundsatzentscheidung: Apotheken, die laut Notdienstplan an Sonn- und Feiertagen geschlossen haben müssen, dürfen keinen Lieferservice anbieten.
  • Verstoß gegen Ladenöffnungsgesetz: Selbst das Vorbereiten und Übergeben von Bestellungen an Kuriere in geschlossenen Räumen gilt als unerlaubte Nutzung als „Verkaufsstelle“ und verstößt gegen das Ladenöffnungsgesetz (hier LÖG NRW).
  • Unlauterer Wettbewerb: Solche Lieferdienste benachteiligen die diensthabenden Notdienst-Apotheken und stellen daher unlauteren Wettbewerb dar.
  • Kein Verstoß gegen Feiertagsgesetz: Das bloße Vorbereiten der Lieferung verstößt laut BGH jedoch nicht gegen das Feiertagsgesetz, da Arzneimittelversorgung keine typisch „werktägliche Arbeit“ ist.
  • Formfehler: Obwohl der BGH den Lieferservice inhaltlich für rechtswidrig hält, wurden die Urteile der Vorinstanzen wegen eines Verfahrensfehlers (fehlender Vermerk im Protokoll) aufgehoben. Der Fall geht zurück ans Landgericht.
  • Folge für Verbraucher: An Sonn- und Feiertagen müssen dringend benötigte Medikamente weiterhin bei der offiziellen Notdienst-Apotheke besorgt werden (ggf. prüft man, ob diese liefert).

Der Sonntagsschutz und die moderne Apotheke

Sonntage und gesetzliche Feiertage genießen in Deutschland einen besonderen Schutz. Sie sollen Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung sein. Das spiegelt sich auch in den Ladenöffnungsgesetzen der Bundesländer wider, die vorschreiben, dass die meisten Geschäfte an diesen Tagen geschlossen bleiben müssen. Doch wie passt dieser Grundsatz zur modernen Dienstleistungsgesellschaft, in der Kunden zunehmend erwarten, Waren und Dienstleistungen rund um die Uhr, auch per Lieferung, zu erhalten? Insbesondere im Gesundheitswesen, wo der Bedarf an Medikamenten keine Rücksicht auf Wochentage nimmt, entstehen hier Spannungsfelder.

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 6. März 2025 (Az. I ZR 20/24) beleuchtet genau dieses Spannungsfeld am Beispiel eines Apotheken-Lieferservices in Nordrhein-Westfalen. Der Fall wirft grundlegende Fragen auf: Dürfen Apotheken, die laut Notdienstplan geschlossen haben müssten, sonntags Medikamente per Kurier liefern? Verstößt dies gegen Gesetze zum Ladenschluss oder zum Schutz der Feiertagsruhe? Und was bedeutet das für den Wettbewerb unter Apotheken und für die Versorgung der Bevölkerung? Obwohl das Urteil der Vorinstanzen aus formalen Gründen aufgehoben wurde, hat der BGH inhaltlich klare Linien gezogen, die die Zukunft von Apotheken-Lieferdiensten maßgeblich beeinflussen werden.

Hintergrund: Eine clevere Geschäftsidee vor Gericht

Die Geschichte beginnt mit einem Apotheker in Nordrhein-Westfalen, der eine scheinbar lukrative Marktlücke entdeckte. Während seine Apotheke an Sonn- und Feiertagen für den Publikumsverkehr geschlossen war – entsprechend den Vorgaben der zuständigen Apothekerkammer –, bot er seinen Kunden einen besonderen Service an: Über eine spezielle App konnten sie Medikamente bestellen, die dann noch am selben Tag per Kurierdienst ausgeliefert wurden. Der Apotheker bereitete die Bestellungen in den Räumen seiner geschlossenen Apotheke für den Versand vor und übergab sie an die Kuriere.

Diese Praxis rief jedoch Wettbewerbshüter auf den Plan. Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs aus Frankfurt am Main sah darin einen Verstoß gegen geltendes Recht und verklagte den Apotheker. Ihr Vorwurf: Der sonntägliche Lieferservice verstoße sowohl gegen das nordrhein-westfälische Ladenöffnungsgesetz (LÖG NRW) als auch gegen das Feiertagsgesetz (FeiertG NRW). Die Wettbewerbszentrale argumentierte, der Apotheker verschaffe sich dadurch einen unfairen Vorteil gegenüber Konkurrenten, insbesondere gegenüber den Apotheken, die an diesen Tagen offiziell zum Notdienst eingeteilt waren und die Versorgung sicherstellen mussten.

Der Gang durch die Instanzen

Das Landgericht (LG) Köln gab der Klage der Wettbewerbszentrale statt. Es sah in dem Lieferservice einen klaren Verstoß gegen die Vorschriften zur Sonntagsruhe und zum Ladenschluss. Der Apotheker legte Berufung ein, doch auch das Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Die Richter am OLG waren ebenfalls der Ansicht, dass der sonntägliche Lieferdienst unzulässig sei. Sie betonten, dass die Regelungen des Ladenöffnungsgesetzes auch dann gelten, wenn die Apotheke nicht für Kunden geöffnet ist, aber dennoch Waren für den Verkauf vorbereitet und versendet werden.

Gegen dieses Urteil legte der Apotheker Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe ein. Eine Revision ist ein Rechtsmittel, bei dem ein höheres Gericht (hier der BGH) überprüft, ob das untergeordnete Gericht (hier das OLG Köln) das Recht korrekt angewendet hat. Der BGH prüft also keine neuen Tatsachen, sondern nur Rechtsfragen. Der Apotheker hoffte, dass der BGH seine Geschäftspraxis als zulässig einstufen würde. Das Ergebnis war jedoch überraschend – und das gleich in doppelter Hinsicht.

Der Kern des Streits: Recht oder Unrecht bei Sonntags-Lieferungen?

Der BGH musste sich in seiner Entscheidung mit mehreren komplexen Rechtsfragen auseinandersetzen. Dabei ging es nicht nur um die Auslegung der spezifischen Gesetze in NRW, sondern auch um grundlegende Prinzipien des Wettbewerbsrechts und das Verhältnis von Bundes- und Landesrecht.

Verstoß gegen das Ladenöffnungsgesetz (LÖG NRW)? Ja, sagt der BGH!

Die zentrale Frage war, ob der Apotheker mit seinem Lieferdienst gegen § 7 Absatz 2 Satz 1 des Ladenöffnungsgesetzes NRW verstoßen hat. Diese Vorschrift ermächtigt die Apothekerkammern, durch Anordnungen zu regeln, welche Apotheken an Sonn- und Feiertagen geschlossen bleiben müssen, um einen flächendeckenden Notdienst sicherzustellen. Der verklagte Apotheker hätte seine Apotheke an den betreffenden Sonntagen gemäß dieser Anordnung geschlossen halten müssen.

Der Apotheker argumentierte, er habe ja die Verkaufsräume für den Publikumsverkehr geschlossen gehalten. Nur im „Hinterzimmer“ seien die Medikamente verpackt worden. Doch diesem Argument folgte der BGH nicht. Die Richter stellten klar: Auch wenn die Türen für Kunden verschlossen sind, werden die Räumlichkeiten der Apotheke als „Verkaufsstelle“ genutzt, wenn dort Waren für den Verkauf vorbereitet und an einen Lieferdienst übergeben werden. Das bloße Verpacken und Bereitmachen zum Versand sei bereits Teil des Verkaufsvorgangs.

Der BGH sah darin eine klare Umgehung der Schließungsanordnung der Apothekerkammer. Diese Anordnungen dienen nicht nur dazu, den Apothekenmitarbeitern ihre wohlverdiente Sonntagsruhe zu ermöglichen, sondern vor allem auch dazu, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Apotheken, die zum Notdienst verpflichtet sind, haben oft höhere Kosten und einen geringeren Kundenstrom als an normalen Werktagen. Sie sollen nicht zusätzlich dadurch benachteiligt werden, dass andere, eigentlich geschlossene Apotheken ihnen durch Lieferdienste Konkurrenz machen.

Der BGH bestätigte damit die Einschätzung des OLG Köln, dass § 7 Abs. 2 Satz 1 LÖG NRW eine sogenannte Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist. Das bedeutet: Wer gegen diese Vorschrift verstößt, handelt nicht nur ordnungswidrig, sondern auch wettbewerbswidrig, also „unlauter“ gegenüber seinen Mitbewerbern. Der Lieferdienst des Apothekers wurde somit als unlauterer Wettbewerb eingestuft.

Kein Verstoß gegen das Feiertagsgesetz (FeiertG NRW)

Anders bewertete der BGH die Frage eines Verstoßes gegen das Feiertagsgesetz NRW. Die Wettbewerbszentrale hatte argumentiert, dass das Verpacken der Medikamente am Sonntag eine „öffentlich bemerkbare Arbeit“ darstelle, die gemäß § 3 FeiertG NRW an Sonn- und Feiertagen verboten sei, da sie die äußere Ruhe des Tages stören könne.

Hier differenzierten die Karlsruher Richter jedoch. Zwar seien die Tätigkeiten in der Apotheke potenziell „öffentlich bemerkbar“, aber sie störten nicht die „äußere Ruhe des Tages“ im Sinne des Feiertagsgesetzes. Entscheidend sei, dass es an dem für verbotene Arbeiten typischen „werktäglichen Charakter“ fehle. Warum? Weil Apotheken eine Sonderstellung haben. Gemäß § 23 der bundesweit geltenden Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sind Apotheken grundsätzlich verpflichtet, die Bevölkerung jederzeit, also auch an Sonn- und Feiertagen, mit Arzneimitteln zu versorgen. Die Schließungsanordnungen der Apothekerkammern nach dem LÖG NRW sind quasi Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Dienstbereitschaftspflicht, um den Notdienst zu organisieren. Da die Arzneimittelversorgung also auch sonntags eine Kernaufgabe von Apotheken ist (wenn auch im Rahmen des Notdienstes), könne das reine Vorbereiten von Lieferungen nicht als typische „werktägliche Arbeit“ angesehen werden, die die Sonntagsruhe stört.

Diese Unterscheidung ist juristisch fein, aber wichtig: Der Lieferdienst scheiterte am Ladenöffnungsgesetz und dem Wettbewerbsrecht, nicht am Feiertagsgesetz.

Wichtig: Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass Apotheken, die laut Notdienstplan an Sonn- und Feiertagen geschlossen sein müssen, auch keinen Lieferservice für Medikamente anbieten dürfen. Selbst wenn die Apotheke für Kunden geschlossen ist, stellt das Vorbereiten und Übergeben der Lieferungen in den Apothekenräumen eine unerlaubte Nutzung als Verkaufsstelle dar und verstößt gegen das Ladenöffnungsgesetz (hier LÖG NRW). Dies wird als unlauterer Wettbewerb gegenüber den diensthabenden Notdienst-Apotheken gewertet.

Ein überraschender Formfehler: Warum das Urteil trotzdem aufgehoben wurde

Obwohl der BGH in der Sache – also in der rechtlichen Bewertung des Lieferdienstes – den Vorinstanzen und der Wettbewerbszentrale zustimmte, führte die Revision des Apothekers dennoch zum Erfolg. Der Grund dafür lag jedoch nicht im materiellen Recht, sondern in einem gravierenden Verfahrensfehler des Landgerichts Köln.

Der BGH stellte fest, dass das Urteil des LG Köln rechtlich gar nicht existierte! Was war passiert? Bei der Verkündung eines Urteils muss diese Handlung – also dass das Urteil tatsächlich mündlich im Gerichtssaal verkündet wurde – im Gerichtsprotokoll vermerkt werden. Dies schreibt § 160 Absatz 3 Nummer 7 der Zivilprozessordnung (ZPO) vor. Das Protokoll dient als offizieller Nachweis für die Handlungen des Gerichts.

Im vorliegenden Fall fehlte im Protokoll des relevanten Termins beim LG Köln genau dieser Vermerk über die Urteilsverkündung. Ohne diesen Nachweis gilt das Urteil als nicht ordnungsgemäß verkündet. Und ein nicht verkündetes Urteil ist rechtlich gesehen nur ein Urteilsentwurf – es entfaltet keine Rechtswirkungen und beendet das Verfahren nicht.

Die Konsequenz: Das OLG Köln hätte über die Berufung des Apothekers gar nicht entscheiden dürfen, da es keine gültige erstinstanzliche Entscheidung gab, gegen die Berufung eingelegt werden konnte. Das OLG-Urteil war somit ebenfalls hinfällig.

Der BGH musste daher beide Urteile (LG und OLG Köln) aufheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückverweisen. Das bedeutet, der Prozess beginnt dort von vorne.

Auch wenn dieser Verfahrensfehler dem Apotheker vorerst einen „Sieg“ bescherte, machte der BGH in seinen Urteilsgründen sehr deutlich, wie er die Rechtslage einschätzt. Diese Ausführungen zur Unzulässigkeit des Lieferdienstes (die eigentlich nur „vorsorglich“ gemacht wurden, da das Urteil ja aufgehoben wurde) nennt man in der Juristensprache Obiter Dictum (lateinisch für „nebenbei Gesagtes“). Solche Ausführungen sind zwar nicht der tragende Grund der Entscheidung, haben aber dennoch großes Gewicht und geben dem Landgericht Köln eine klare Richtschnur für die neue Entscheidung vor. Es ist daher höchst unwahrscheinlich, dass das LG Köln nun zu einem anderen Ergebnis kommen wird als der BGH in seiner rechtlichen Bewertung.

Bundesrecht vs. Landesrecht: Wer darf die Öffnungszeiten von Apotheken regeln?

Ein weiterer wichtiger Aspekt des BGH-Urteils betrifft das komplexe Verhältnis zwischen Bundesgesetzen und Landesgesetzen in Deutschland. Der Apotheker hatte möglicherweise argumentiert, dass die landesrechtliche Regelung im LÖG NRW, die zur Schließung seiner Apotheke führte, gar nicht anwendbar sei, weil die Dienstbereitschaft von Apotheken doch bundesweit in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) geregelt ist (§ 23 ApBetrO).

Hier stellte der BGH jedoch klar: Das Land Nordrhein-Westfalen war durchaus berechtigt, im Rahmen seiner Kompetenz für das Ladenöffnungsrecht auch Regelungen für Apotheken zu treffen und die Apothekerkammern zu ermächtigen, Schließungsanordnungen zu erlassen. Die bundesrechtliche Regelung in der ApBetrO, die eine grundsätzliche Dienstbereitschaft fordert, steht dem nicht entgegen. Vielmehr ergänzen sich Bundes- und Landesrecht hier: Die ApBetrO legt die grundsätzliche Pflicht zur Versorgung fest, die Landes-Ladenöffnungsgesetze (und die darauf basierenden Kammeranordnungen) regeln die konkrete Umsetzung und Organisation, insbesondere die Ausnahmen von der Dienstbereitschaftspflicht im Rahmen des Notdienstsystems.

Diese Klarstellung ist wichtig für das föderale System in Deutschland. Sie bestätigt, dass die Bundesländer weiterhin einen Spielraum haben, die Öffnungszeiten von Apotheken zu regeln, um die Sonntagsruhe und einen fairen Wettbewerb sicherzustellen, auch wenn der Betrieb von Apotheken an sich stark durch Bundesrecht geprägt ist.

Praktische Bedeutung: Was heißt das Urteil für Verbraucher und Apotheken?

Auch wenn der konkrete Fall wegen des Verfahrensfehlers neu aufgerollt werden muss, sind die inhaltlichen Aussagen des BGH von großer praktischer Bedeutung.

Für Verbraucherinnen und Verbraucher

Für Kunden bedeutet das Urteil: Die bequeme Lieferung von Medikamenten am Sonntag oder Feiertag durch die lokale Apotheke „um die Ecke“ ist in der Regel nicht möglich, wenn diese Apotheke nicht gerade offiziell Notdienst hat. Wer dringend Medikamente benötigt, muss sich weiterhin an die ausgewiesene Notdienst-Apotheke wenden. Diese kann man über Aushänge, Zeitungen, Anrufbeantworter anderer Apotheken oder spezielle Notdienst-Suchportale im Internet oder per App finden.

Wichtig: Notdienst-Apotheken dürfen selbstverständlich auch liefern, wenn sie diesen Service anbieten. Das Urteil betrifft nur Apotheken, die eigentlich geschlossen haben müssten.

Unterschied zu Online-Apotheken: Das Urteil bezieht sich auf lokale Präsenzapotheken und deren Lieferdienste. Große Versandapotheken mit Sitz in anderen Ländern oder mit speziellen Versandhandels-Erlaubnissen unterliegen teilweise anderen Regeln. Allerdings ist auch hier eine Zustellung genau am Sonntag oft logistisch schwierig und nicht garantiert, da auch Lieferdienste den Regeln zur Sonntagsarbeit unterliegen.

Die Entscheidung des BGH stärkt also das etablierte System des Apotheken-Notdienstes, das eine flächendeckende Versorgung auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten sicherstellen soll. Die Bequemlichkeit einer schnellen Lieferung von jeder beliebigen Apotheke muss hier hinter dem Schutz der Sonntagsruhe und dem fairen Wettbewerb zurücktreten.

Für Apothekenbetreiber

Für Apothekerinnen und Apotheker schafft das Urteil Rechtsklarheit, wenn auch für manche eine unbequeme. Die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle wie App-basierte Lieferdienste wird durch die Entscheidung gebremst, zumindest was Sonn- und Feiertage betrifft.

Apotheken, die nicht zum Notdienst eingeteilt sind, müssen an Sonn- und Feiertagen nicht nur ihre Türen geschlossen halten, sondern dürfen auch keine Lieferungen aus den Apothekenräumen heraus organisieren.

Das Verpacken und die Übergabe an Kuriere gelten als relevanter Teil des Verkaufsvorgangs und sind somit unzulässig.

Ein Verstoß dagegen stellt unlauteren Wettbewerb dar und kann von Konkurrenten oder Wettbewerbsverbänden abgemahnt und gerichtlich untersagt werden.

Das Urteil unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung der Notdienstpläne und der Ladenöffnungsgesetze. Es schützt die Apotheken, die den aufwändigen Notdienst leisten, vor unlauterer Konkurrenz. Gleichzeitig zeigt es die Herausforderungen bei der Integration moderner Lieferkonzepte in das stark regulierte deutsche Apothekensystem auf. Für innovative Dienstleister, wie den im Fall involvierten (inzwischen insolventen) Lieferdienst Mayd, bedeutet das Urteil eine erhebliche Einschränkung ihres potenziellen Geschäftsfeldes.

Typische Fallbeispiele zur Verdeutlichung

  • Fall 1: Familie braucht dringend Fiebersaft am Sonntag. Familie Müller stellt am Sonntagmorgen fest, dass ihr Kind hohes Fieber hat und der Fiebersaft leer ist. Sie können nicht einfach bei ihrer Stammapotheke anrufen und eine Lieferung bestellen, wenn diese nicht Notdienst hat. Sie müssen herausfinden, welche Apotheke im Umkreis Notdienst hat, und entweder dorthin fahren oder prüfen, ob die Notdienst-Apotheke eventuell einen Lieferservice anbietet.
  • Fall 2: Chronisch Kranker benötigt Routine-Medikament. Herr Schmidt ist chronisch krank und hat vergessen, sein regelmäßig benötigtes Medikament rechtzeitig nachzubestellen. Er möchte es am Sonntag per Kurier von seiner Apotheke geliefert bekommen, da er schlecht zu Fuß ist. Wenn seine Apotheke keinen Notdienst hat, ist dies laut BGH-Rechtsprechung nicht zulässig. Er muss bis Montag warten oder sich an die Notdienst-Apotheke wenden.

Zusammenfassung: Klare Grenzen für Sonntags-Lieferdienste

Das Urteil des Bundesgerichtshofs zum „Sonntäglichen Apotheken-Lieferservice“ ist ein wichtiger Meilenstein in der rechtlichen Bewertung moderner Liefermodelle im Gesundheitswesen. Auch wenn die konkrete Entscheidung aufgrund eines Verfahrensfehlers aufgehoben und an die Vorinstanz zurückverwiesen wurde, hat der BGH inhaltlich klare Pflöcke eingeschlagen:

  • Verstoß gegen Ladenöffnungsgesetz: Ein Lieferservice an Sonn- und Feiertagen durch eine Apotheke, die laut Notdienstplan geschlossen sein müsste, verstößt gegen das Ladenöffnungsgesetz (hier LÖG NRW).
  • Verpacken ist Verkauf: Auch das bloße Vorbereiten und Übergeben von Medikamenten an einen Kurier in den geschlossenen Apothekenräumen gilt als Nutzung der Apotheke als „Verkaufsstelle“.
  • Unlauterer Wettbewerb: Ein solcher Service stellt unlauteren Wettbewerb gegenüber den diensthabenden Notdienst-Apotheken dar.
  • Kein Verstoß gegen Feiertagsgesetz: Das Feiertagsgesetz wird durch diese Tätigkeit jedoch nicht verletzt, da die Arzneimittelversorgung keine typisch „werktägliche Arbeit“ ist.
  • Landeskompetenz bestätigt: Die Bundesländer dürfen die Öffnungs- bzw. Schließzeiten von Apotheken an Sonn- und Feiertagen im Rahmen der Ladenöffnungsgesetze regeln, auch neben der bundesrechtlichen Apothekenbetriebsordnung.
  • Verfahrensfehler führt zur Aufhebung: Ein fehlender Vermerk über die Urteilsverkündung im Protokoll des Landgerichts machte dessen Urteil nichtig und führte zur Aufhebung auch des Berufungsurteils.

Für Verbraucher bedeutet dies, dass die Versorgung mit dringend benötigten Medikamenten an Sonn- und Feiertagen primär über das System der Notdienst-Apotheken läuft. Für Apothekenbetreiber setzt das Urteil klare Grenzen für Lieferaktivitäten an Ruhetagen, wenn sie nicht selbst zum Notdienst eingeteilt sind. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit, bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen im Gesundheitssektor die bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere den Schutz der Sonntagsruhe und die Regeln des fairen Wettbewerbs, sorgfältig zu berücksichtigen. Der Fall wird nun erneut vor dem Landgericht Köln verhandelt, dürfte aber aufgrund der klaren Vorgaben des BGH zu einem ähnlichen Ergebnis in der Sache führen.

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