OVG Lüneburg – Az.: 5 ME 20/22 – Beschluss vom 18.07.2022
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg – 6. Kammer (Einzelrichter) – vom 16. Februar 2022 geändert.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, bis zum Ablauf einer Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe einer erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers die fünf Stellen als Oberbrandmeister (150.027, 150.028, 150.036, 150.037 und 150.044) mit den Beigeladenen zu besetzen und diese zu befördern.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20.176,26 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller, der bei der Antragsgegnerin als Brandmeister (Besoldungsgruppe A 7 NBesG) beschäftigt ist, wendet sich gegen eine zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung.
Die Antragsgegnerin schrieb im September 2021 fünf Stellen als Oberbrandmeister (Besoldungsgruppe A 8 NBesG) intern zur Beförderung aus (Stellennummern: 150.027, 150.028, 150.036, 150.037 und 150.044). Es bewarben sich der Antragsteller sowie 16 weitere Brandmeister.
Nach Sichtung der Bewerbungsunterlagen holte die Antragsgegnerin in Bezug auf 13 Bewerber dienstliche Beurteilungen ein. Sämtliche Bewerber erhielten die Gesamtnote 4 („= die Leistungen entsprechen voll den Anforderungen des Arbeitsplatzes“).
Am 8. und 9. November 2021 fanden Auswahlgespräche statt. Im Anschluss an die Auswahlgespräche schlug die Auswahlkommission einstimmig die fünf Beigeladenen vor.
Am 25. November 2021 informierte die Antragsgegnerin den Antragsteller über die Auswahl der Beigeladenen. Berücksichtigt worden seien die Ergebnisse der dienstlichen Beurteilungen sowie der in der Ausschreibung genannten vorteilhaften Kriterien. Das Auswahlgespräch habe das Bild abgerundet.
Am 29. November 2021 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Oldenburg um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO vorläufig – bis zum Ablauf einer Frist von 2 Wochen nach einer erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts – zu untersagen, den Beigeladenen die fünf Stellen als Oberbrandmeister zu übertragen und diese zu befördern, mit Beschluss vom 16. Februar 2022 (6 B 3690/21) abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsteller habe einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Er werde durch die getroffene Auswahlentscheidung nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, welcher die Antragsgegnerin entgegentritt.
Die Beigeladenen haben weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Beschwerdeverfahren einen Antrag gestellt oder Stellung genommen.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg. Die im Rahmen der Beschwerde dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschränkt ist, rechtfertigen eine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung in dem vom Antragsteller begehrten Sinne. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat der Antragsteller nicht nur einen Anordnungsgrund, sondern auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
1. Auswahlentscheidungen als Akt wertender Erkenntnis unterliegen lediglich einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften oder mit höherrangigem Recht vereinbare Richtlinien (Verwaltungsvorschriften) verstoßen hat (BVerwG, Urteil vom 30.1.2003 – BVerwG 2 A 1.02 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 15.11.2010 – 5 ME 244/10 -, juris Rn. 20; Beschluss vom 6.10.2011 – 5 ME 296/11 -, juris Rn. 3; Beschluss vom 28.1.2020 – 5 ME 166/19 -, juris Rn. 9; Beschluss vom 10.8.2020 – 5 ME 99/20 -, juris Rn. 16). Erweist sich die Auswahlentscheidung anhand dieses Maßstabs als fehlerhaft und lässt sich nicht ausschließen, dass der jeweilige Antragsteller bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt, erscheint eine Auswahl des jeweiligen Antragstellers also jedenfalls möglich (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 -, juris Rn. 11 ff.; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 – BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 32; Nds. OVG, Beschluss vom 8.9.2011 – 5 ME 234/11 -, juris Rn. 27; Beschluss vom 10.8.2020 – 5 ME 99/20 -, juris Rn. 16), hat der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes Erfolg. Dabei darf das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 – BVerwG 2 C 16.09 -, juris. 32). Das bedeutet, dass sich die Verwaltungsgerichte nicht auf eine wie auch immer geartete summarische Prüfung beschränken dürfen, sondern eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl vornehmen müssen.
Wie das Verwaltungsgericht zu Recht herausgestellt hat (Beschlussabdruck – BA -, S. 4), ergibt sich der im Streitfall zu beachtende rechtliche Rahmen aus Art. 33 Abs. 2 GG, wonach öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden dürfen, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen des Amtes genügen wird. Der Dienstherr darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 – BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 19). Dementsprechend darf die Bewerbung des Konkurrenten nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 – BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 21; Urteil vom 29.11.2012 – BVerwG 2 C 6.11 -, juris Rn. 10).
Dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht es, zur Ermittlung des Leistungsstandes konkurrierender Bewerber in erster Linie auf unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen. Dies sind regelmäßig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 – BVerwG 2 C 16.02 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 20.6.2013 – BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21; Nds. OVG, Beschluss vom 10.10.2012 – 5 ME 235/12 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 14.11.2013 – 5 ME 228/13 -, juris Rn. 12; Beschluss vom 23.5.2014 – 5 ME 61/14 -), weil für die zu treffende Entscheidung hinsichtlich Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung auf den aktuellen Stand abzustellen ist. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 – BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21). Ist aufgrund dieser aktuellen Beurteilungen von einer im Wesentlichen gleichen Beurteilung auszugehen, ist für die Auswahlentscheidung (zunächst) auf weitere unmittelbar leistungsbezogene Kriterien zurückzugreifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.2003 – BVerwG 2 C 14.02 -, juris Rn. 22 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 27.5.2005 – 5 ME 57/05 -, juris Rn. 20), ehe die Heranziehung nicht leistungsbezogener Hilfskriterien in Betracht kommt. Sofern Bewerber in der aktuellen dienstlichen Beurteilung mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden sind, hat der Dienstherr (als weiteres unmittelbar leistungsbezogenes Kriterium) zunächst die aktuellen Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen (BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 – BVerwG 2 VR 1.14 -, juris Rn. 35; Nds. OVG, Beschluss vom 21.12.2016 – 5 ME 151/16 -, juris Rn. 19). Sind die Bewerber auch nach der umfassenden inhaltlichen Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen („ausschärfende Betrachtung“) als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann die zuständige Behörde auf andere leistungsbezogene Gesichtspunkte – wie etwa die Vorbeurteilung – abstellen (Nds. OVG, Beschluss vom 27.11.2019 – 5 ME 158/19 -) oder auch auf das leistungsbezogene Erkenntnismittel eines strukturierten Auswahlgesprächs zurückgreifen (Nds. OVG, Beschluss vom 16.9.2019 – 5 ME 126/19 -, juris Rn. 41 m. w. Nw.).
Die Verwaltungsgerichte haben – hiervon ist die Vorinstanz ebenfalls zutreffend ausgegangen (BA, S. 5) – im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt auch die der Auswahl zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen zu überprüfen. Einwendungen gegen eine dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist, können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem gegebenenfalls anschließenden verwaltungsgerichtlichen „Konkurrentenstreit“ geltend gemacht werden. Der Beamte braucht also nicht den Ausgang des isolierten Streites um die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung abzuwarten. Andererseits ist der Dienstherr nicht verpflichtet, Beförderungsverfahren nur deshalb „auszusetzen“, weil einer der Bewerber eine für die Auswahlentscheidung bedeutsame dienstliche Beurteilung angreift (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 – BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 15; Nds. OVG, Beschluss vom 29.5.2020 – 5 ME 187/19 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 10.8.2020 – 5 ME 99/20 -, juris Rn. 20). Erweist sich eine dienstliche Beurteilung, welche Grundlage eines Vergleichs zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt ist, als fehlerhaft, so hat das Gericht den Dienstherrn in einem etwaigen Hauptsacheverfahren zur Ernennung, jedenfalls aber zur Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung bereits im Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 – BVerwG 2 C 19.01 -, juris Rn. 16; Beschluss vom 20.1.2004 – BVerwG 2 VR 3.03 -, juris Rn. 10 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 7.1.2020 – 5 ME 153/19 -, juris Rn. 33; Beschluss vom 29.5.2020 – 5 ME 187/19 -, juris Rn. 14; Beschluss vom 10.8.2020 – 5 ME 99/20 -, juris Rn. 20). Aus der gegenseitigen Abhängigkeit der Bewerbungen folgt, dass jeder Bewerber im Stande sein muss, sowohl eigene Benachteiligungen als auch Bevorzugungen eines anderen zu verhindern, die nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind. Daher kann sich eine Verletzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs insbesondere aus der Beurteilung eines Mitbewerbers oder aus dem Leistungsvergleich zwischen ihnen ergeben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 -, juris Rn. 13). Der Antragsteller eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Stellenbesetzung kann im Rahmen dieses Verfahrens also auch die dienstliche Beurteilung des ausgewählten Bewerbers angreifen (BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 – BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 24). Voraussetzung ist aber, dass sich ein derartiger Verstoß auf die Erfolgsaussichten der eigenen Bewerbung auswirken kann. Deren Erfolg muss bei rechtsfehlerfreiem Verlauf zumindest ernsthaft möglich sein (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 -, juris Rn. 23; BVerwG, Urteil vom 4.11.2010 – BVerwG 2 C 16.09 -, juris Rn. 24).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen hält die Feststellung des Verwaltungsgerichts, die von der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung sei rechtmäßig, der beschwerdegerichtlichen Überprüfung nicht stand. Die Auswahlentscheidung erweist sich als rechtswidrig, weil die ihr zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen fehlerhaft sind.
a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Senats, dass dienstliche Beurteilungen nur eingeschränkt überprüfbar sind mit der Folge, dass sich die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle darauf beschränken muss, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 – BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Beschluss vom 18.6.2009 – BVerwG 2 B 64.08 -, juris Rn. 6; Urteil vom 17.9.2015 – BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9; Nds. OVG, Beschluss vom 28.11.2012 – 5 ME 240/12 -, juris Rn. 26). Wenn der Dienstherr Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, so sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzuwendenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden (BVerwG, Beschluss vom 18.6.2009 – BVerwG 2 B 64.08 -, Rn. 6). Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten worden sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen – speziell denen der maßgeblichen Laufbahnverordnung – sowie mit sonstigen gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 17.12.2003 – BVerwG 2 A 2.03 -, juris Rn. 11; Nds. OVG, Beschluss vom 19.10.2009 – 5 ME 175/09 -, juris Rn. 8). Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche und persönliche Beurteilung des Beamten oder Richters durch seinen Dienstvorgesetzten in vollem Umfang nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 – BVerwG 2 C 8.78 -, juris Rn. 18; Urteil vom 17.9.2015, – BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 9).
b) Hieran gemessen hat der Antragsteller mit seinem Beschwerdevorbringen, die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden dienstlichen Beurteilungen seien nicht statusamtsbezogen, sondern dienstposten- bzw. arbeitsplatzbezogen erstellt worden (Beschwerdebegründung vom 09.03.2022, S. 3 [Bl. 147/GA]), die Fehlerhaftigkeit sowohl seiner eigenen Beurteilung als auch die der Beigeladenen aufgezeigt.
aa) Der Zweck einer dienstlichen Beurteilung und insbesondere des abschließenden Gesamturteils besteht darin, die Grundlage für einen späteren Leistungsvergleich in einem an Art. 33 Abs. 2 GG zu messenden Auswahlverfahren zu bilden. Hieraus folgt die Notwendigkeit, bereits bei der Erstellung dienstlicher Beurteilungen einheitliche Maßstäbe einzuhalten, die auf das jeweilige Statusamt des zu beurteilenden Beamten bezogen sein müssen. Dienstliche Beurteilungen sollen eine Aussage darüber treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amtes und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen eines konkreten Dienstostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamtes oder vorher (während einer Bewährungszeit) wahrnehmen soll. Vielmehr soll der ausgewählte Bewerber der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamtes amtsangemessen ist (BVerwG, Beschluss vom 20.6.2013 – BVerwG 2 VR 1.13 -, juris Rn. 22). Hieraus ergibt sich zwingend, dass sich die Gewichtung der Einzelmerkmale einer Beurteilung ebenso wie die Begründung des Gesamturteils auf die Anforderungen des Statusamtes beziehen muss, da ansonsten das Gesamturteil seine zentrale Funktion als das maßgebliche Kriterium im Rahmen eines Auswahlverfahrens zur Vergabe eines Beförderungsamtes nicht erfüllen könnte (BVerwG, Urteil vom 1.3.2018 – BVerwG 2 A 10.17 -, juris Rn. 44; OVG NRW, Urteil vom 17.8.2018 – 1 A 379/17 -, juris Rn. 102). Auch wenn dienstliche Beurteilungen auf den Erkenntnissen über die von dem jeweiligen Beamten auf dem konkret innegehabten Dienstposten gezeigten Leistungen basieren, sind diese Leistungen allein an den (abstrakten) Anforderungen des jeweiligen Statusamtes zu messen (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 – BVerwG 2 C 27.14 -, juris Rn. 28 m. w. N.; Urteil vom 9.5.2019 – BVerwG 2 C 1.18 -, juris Rn. 32). Nimmt ein Beamter im Verhältnis zu seinem Statusamt höherwertige Aufgaben wahr, so ist dies bei seiner dienstlichen Beurteilung zu berücksichtigen.
bb) Mit diesen sich aus Art. 33 Abs. 2 GG ergebenden Vorgaben steht die „Dienstvereinbarung über die dienstliche Beurteilung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der C. (DV 7) (Stand: 04/2007)“ [im Folgenden: Beurteilungsrichtlinie], auf deren Grundlage die dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen erstellt worden sind, nicht im Einklang.
Unter der Überschrift „Beurteilungsmaßstab/Gesamturteil“ heißt es dort unter Nr. 10.1:
„Beurteilungen sind auf Grundlage der Anforderungen des Dienstpostens bzw. des Arbeitsplatzes zu erstellen (s. Pkt. 7: Anforderungsprofile). Auf diese Weise können einzelne Beurteilungskriterien mit einer besonderen Bedeutung für den konkret zu besetzenden Dienstposten/Arbeitsplatz anforderungsgerecht gewichtet werden.“
Nr. 7.1 (Überschrift: Anforderungsprofile) lautet:
„Für jede Stelle ist ein Profil anzufertigen, das Aufschluss über die aktuellen, den Arbeitsplatz prägenden Anforderungen, gibt. Dieses Anforderungsprofil bildet den Maßstab für die Leistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist somit die Grundlage einer jeden Beurteilung (Anlage 1).“
In Anbetracht dieser Formulierungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die streitgegenständlichen dienstlichen Beurteilungen tatsächlich – wie von der Antragsgegnerin behauptet – statusamtsbezogen erstellt worden sind. Der zitierte Wortlaut weist vielmehr auf eine Beurteilung am Maßstab der Anforderungen des konkreten Dienstpostens bzw. Arbeitsplatzes des jeweiligen Beamten hin. Auch die Beschreibung der sieben Bewertungsstufen in Nr. 10.2 der Beurteilungsrichtlinie, die von „1 = Die Leistungen entsprechen nicht den Anforderungen des Arbeitsplatzes“ bis „7 = Die Leistungen übertreffen durchgehend die Anforderungen des Arbeitsplatzes“ reichen, spricht für einen dienstpostenbezogenen und nicht etwa statusamtsbezogenen Maßstab. Ferner nimmt der Beurteilungsvordruck bei der Bewertung der Arbeitsleistung (Abschnitt A der Beurteilung) ausdrücklich Bezug auf Nr. 10.2 der Beurteilungsrichtlinie.
Soweit es in Nr. 14.2 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie (Überschrift: „Verwendung von Beurteilungen im Auswahlverfahren“) demgegenüber heißt, dass die Beurteilung von Beamtinnen und Beamten statusamtsbezogen sei, gibt dies keinen Anlass zu einer anderen Bewertung. Diese Passage, auf die sich neben der Antragsgegnerin auch das Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung bezogen hat (BA, S. 9), steht im Widerspruch zum Wortlaut der Nummern 10.1 und 7.1 der Beurteilungsrichtlinie, wonach die Leistungen an den Anforderungen des konkreten Dienstpostens bzw. Arbeitsplatzes zu messen sind. Insbesondere die Bezugnahme des verwendeten Beurteilungsvordrucks auf Nr. 10.2 der Beurteilungsrichtlinie spricht dagegen, dass den streitgegenständlichen Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen der in Nr. 14.2 Satz 1 der Beurteilungsrichtlinie genannte, korrekte (d. h. auf das Statusamt bezogene) Beurteilungsmaßstab zugrunde lag, was wiederum zur Fehlerhaftigkeit dieser Beurteilungen führt.
c) Ohne, dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme, weist der Senat ergänzend auf Folgendes hin:
Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers dürfte ferner an einem Plausibilitätsdefizit leiden, weil der Umstand, dass er mit höherwertigen Tätigkeiten betraut gewesen ist, in seiner dienstlichen Beurteilung keinen erkennbaren Niederschlag gefunden hat. Die Antragsgegnerin hat das bereits in der Vorinstanz geltend gemachte Vorbringen des Antragstellers (Antragsbegründung vom 5.1.2022, S. 5 [Bl. 71/GA] und Beschwerdebegründung vom 9.3.2022, S. 4 [Bl. 148/GA]), dass er in einem erheblichen Umfang höherwertige Tätigkeiten ausgeübt habe, im Beschwerdeverfahren nicht mehr substantiiert infrage gestellt (Beschwerdeerwiderung vom 24.3.2022, S. 3 [Bl. 155/GA]), auch wenn der genaue Umfang letztlich unklar geblieben ist. Dass der Beurteiler die Wahrnehmung höherwertiger Tätigkeiten im Rahmen der Beurteilung berücksichtigt hat, kann nicht einfach unterstellt werden. Insoweit ist zu verlangen, dass die Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben, die im Allgemeinen mit gesteigerten Anforderungen und einem größeren Maß an Verantwortung verbunden sind, in der Beurteilung Erwähnung findet und in die Bewertung der Leistungen des Antragstellers auf nachvollziehbare Weise mit einfließen muss (vgl. hierzu näher Nds. OVG, Beschluss vom 1.12.2017 – 5 ME 80/17 -, juris Rn. 22 ff.; OVG Berl.-Bbg., Beschluss vom 27.3.2018 – OVG 10 S 29.17 -, juris Rn. 22). Da die Beurteilung des Antragstellers diesen Anforderungen nicht genügt, führt auch dieser Umstand zu deren Rechtswidrigkeit.
d) Es erscheint auch nicht ausgeschlossen, dass der Antragsteller nach einer nunmehr zunächst vorzunehmenden fehlerfreien Neubeurteilung der Bewerber bei einer erneuten Auswahlentscheidung zum Zuge kommt.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO aus Billigkeitsgründen der Antragsgegnerin aufzuerlegen, weil die Beigeladenen keine Anträge gestellt und sich deshalb auch keinem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 40, 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1 und Abs. 6 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG und folgt derjenigen des Verwaltungsgerichts.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).