Oberlandesgericht Köln
Az: 2 W 66/08
Beschluss vom 29.08.2008
Auf die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 14. Juli 2008 wird der Beschluß der 4. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 4. Juli 2008 – 4 O 461/01 – teilweise geändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wie folgt neu gefaßt :
Der Schuldner ist durch Teilanerkenntnisurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 24. April 2002 – 4 O 461/01 – verurteilt worden, der Gläubigerin über den Bestand des am 20./21. März 2001 in L. verstorbenen Herrn ……… Auskunft durch Vorlage eines durch einen Notar aufgenommenen Verzeichnisses zu erteilen, welches folgende Punkte zu umfassen hat :
– alle beim Erbfall vorhandenen Sachen und Forderungen,
– alle beim Erbfall vorhandenen Nachlaßverbindlichkeiten,
– alle ergänzungspflichtigen Zuwendungen, die der Erblasser zu Lebzeiten getätigt hat.
Zur Erzwingung der Erfüllung dieser Verpflichtung wird gegen den Schuldner ein Zwangsgeld in Höhe von EUR 1.000,– und für den Fall, daß dieses Zwangsgeld nicht beigetrieben werden kann, die Zwangshaft von 5 Tagen (1 Tag je EUR 200,–) festgesetzt.
Im übrigen wird der Antrag der Gläubigerin vom 4. Juni 2008 auf Festsetzung von Zwangsmitteln abgelehnt.
Die Kosten des Zwangsvollstreckungsverfahrens – Verfahrens zur Entscheidung über den Antrag der Gläubigerin vom 4. Juni 2008 – sowie des Beschwerdeverfahrens werden jeweils gegeneinander aufgehoben.
Gründe:
Die gemäß den §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 793 ZPO statthafte, in rechter Form und Frist (§§ 78 Abs. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO) eingelegte sofortige Beschwerde der Gläubigerin, der das Landgericht gemäß Beschluß vom 17. Juli 2008 nicht abgeholfen hat, hat in der Sache nur teilweise, nämlich nur in dem aus der Entscheidungsformel des vorliegenden Beschlusses ersichtlichen Umfang Erfolg. Im übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.
Begründet ist der Vollstreckungsantrag der Gläubigerin, soweit sie erstrebt, den Schuldner durch Zwangsmittel nach § 888 Abs. 1 ZPO zur Erfüllung der unter lit. a) des Tenors des Teilanerkenntnisurteils des Landgerichts vom 24. April 2002 titulierten Verpflichtung anzuhalten. Bei Auskunft durch Vorlage eines notariellen Bestandsverzeichnisses, zu der der Schuldner insoweit verurteilt ist, handelt es sich um eine nicht vertretbare Handlung im Sinne von § 888 Abs. 1 ZPO. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen der §§ 704 Abs. 1, 724 Abs. 1, 725, 750 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Der Vollstreckungstitel, das Teilanerkenntnisurteil vom 24. April 2002 ist den Prozeßbevollmächtigten des Schuldners ausweislich des bei den Akten befindlichen Empfangsbekenntnisses bereits am 2. Mai 2002 zugestellt worden. Die Gläubigerin hat zudem eine vollstreckbare Ausfertigung dieses Urteils erwirkt und im Vollstreckungsverfahren vorgelegt (vgl. zu diesem Erfordernis Senat, NJW-RR 2000, 1580; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 724, Rdn. 1).
Der vom Schuldner erhobene Erfüllungseinwand ist nicht berechtigt. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der der Senat folgt, der Erfüllungseinwand im Fall der Zwangsvollstreckung zur Erzwingung vertretbarer Handlungen gemäß § 887 ZPO auch im Vollstreckungsverfahren selbst zu beachten (vgl. BGHZ 161, 61 [72]). Für den hier gegebenen Fall der Zwangsvollstreckung zur Erzwingung der Vornahme einer nicht vertretbaren Handlung nach § 888 ZPO gilt nichts anderes (vgl. KG, KG-Report 2008, 167; Zöller/Stöber, a.a.O., § 888, Rdn. 11). Die unter lit. a) der Entscheidungsformel des Urteils vom 24. April 2002 titulierte, im Tenor des vorliegenden Beschlusses bezeichnete Verpflichtung ist indes noch nicht erfüllt. Die von dem Schuldner mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 16. November 2007 in Kopie vorgelegte Urkunde der Notarin …. …… vom 7. Mai 2002 – UR.-Nr. …… – genügt hierfür weder für sich genommen noch in Verbindung mit der mit demselben Schriftsatz gleichfalls in Kopie zur Akte gereichten, von derselben Notarin aufgenommenen eidesstattlichen Versicherung des Schuldners vom 16. Mai 2002 – UR.-Nr…… -. Schon ihrem Wortlaut nach enthält die Urkunde vom 7. Mai 2002 nicht die Feststellung, daß weitere Gegenstände nicht vorhanden und weitere Verbindlichkeiten nicht festzustellen seien. Vielmehr beschränkt sich die Notarin in dieser Urkunde auf eine Auflistung dessen, was ihr vorgelegt worden sei. Auch mit den Ergänzungen der Erklärung vom 16. Mai 2002 ist der Nachlaß unabhängig davon, daß diese Erklärung des Schuldners selbst schon kein notarielles Nachlaßverzeichnis darstellt, nach dem eigenen Inhalt dieser Erklärung nicht vollständig bezeichnet. Vielmehr heißt es in ihr, es existiere ein noch nicht geöffneter Banksafe, und der Schuldner vermute, daß sich darin Schmuck und Tafelsilber befinden. Daß die Urkunden vom 7. und 16. Mai 2002 unstreitig die Aktiva und Passiva des Nachlasses nicht vollständig bezeichnen, ergibt sich zudem aus dem eigenen Vortrag des Schuldners, der sie in der Folgezeit durch mehrere, im einzelnen in den Beschlüssen des Landgerichts vom 28. April und vom 4. Juli 2008 aufgelisteten Schriftsätzen ergänzt hat. Diese Ergänzungen sind unabhängig davon, daß es nicht der Gläubigerin obliegt, sich aus einer Mehrzahl von Erklärungen selbst das nach dem Vollstreckungstitel vom Schuldner vorzulegende Bestandsverzeichnis zusammen zu stellen, bereits deshalb nicht zur Erfüllung des titulierten Anspruchs genügt, weil sie kein „von einem Notar aufgenommenes Verzeichnis“ darstellen. Zudem fehlen in den notariellen Urkunden Angaben über ergänzungspflichtige Zuwendungen des Erblassers. Zusammengefaßt: Die von dem Schuldner vorgelegten notariellen Urkunden genügen nicht zur Erfüllung des titulierten Anspruchs, weil sie nicht vollständig sind, und die zur Vervollständigung abgegebenen wiederholten schriftsätzlichen Ergänzungen genügen hierfür nicht, weil sie kein notarielles Verzeichnis bilden. Von einer Erfüllung des unter lit. a) der Entscheidungsformel des Urteils vom 24. April 2002 titulierten Verpflichtung kann deshalb entgegen der Auffassung des Landgerichts keine Rede sein. Der Senat bemerkt deshalb lediglich ergänzend, daß der angefochtene Beschluß des Landgerichts auch ein unzutreffendes Verständnis der Anforderungen an ein notarielles Nachlaßverzeichnis im Sinne von § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB offenbart, wenn darin „Erklärungen vor einem Notar“ mit einem solchen Verzeichnis gleichgesetzt werden. Vielmehr liegt ein durch einen Notar aufgenommenes Verzeichnis im Sinne dieser Bestimmung nicht schon dann vor, wenn der Notar lediglich Erklärungen des Auskunftspflichtigen beurkundet (vgl. OLG Celle, DNotZ 2003, 62 f.).
Der Einwand des Schuldners, der titulierte Auskunftsanspruch sei inzwischen verjährt, geht – unabhängig davon, daß er als materiell-rechtlicher Einwand nicht im Vollstreckungsverfahren nach § 888 Abs. 1 ZPO selbst, sondern nur mit der Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Abs. 1 ZPO geltend gemacht werden könnte – bereits deshalb fehl, weil der Anspruch aus § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB schon wegen seiner rechtskräftigen Titulierung im Urteil vom 24. April 2002 nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB erst nach 30 Jahren verjährt.
Mit seinem Einwand, der Pflichtteilsanspruch, dessen Vorbereitung der titulierte Auskunftsanspruch dient, sei verjährt, kann der Schuldner im Zwangsvollstreckungsverfahren nach § 888 Abs. 1 ZPO nicht gehört werden (vgl. OLG Zweibrücken, OLG-Report 2003, 347 ff.). Zwar ist nach dem Gesagten aufgrund der am Wortlaut des § 887 Abs. 1 ZPO („Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, …“) orientierten (vgl. dazu BGH NJW-RR 2006, 202 f.) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren zur Erzwingung vertretbarer oder nicht vertretbarer Handlungen zu berücksichtigen. Für andere materiell-rechtliche Einwendungen gilt dies indes nicht (vgl. BGH, a.a.O.). Ebenso wie schon die Verjährung des titulierten Anspruchs selbst im Verfahren nach § 767 ZPO geltend zu machen ist, ist der Schuldner erst recht auf den Weg der Vollstreckungsabwehrklage zu verweisen, wenn der Pflichtteilsanspruch, dessen Bezifferung die titulierte Auskunftsverpflichtung dienen soll, nach seiner Auffassung verjährt ist (vgl. OLG Zweibrücken, a.a.O.). Eine Stellungnahme des Senats zu der Frage, ob die von dem Schuldner insoweit erhobene Verjährungseinrede greift, ist deshalb im vorliegenden Vollstreckungsverfahren nicht veranlaßt. Der Senat bemerkt daher lediglich ergänzend, daß im Falle des Eintritts der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs das Rechtsschutzinteresse an der weiteren Verfolgung des titulierten Auskunftsanspruchs damit nicht notwendig entfallen sein muß, wenn die Auskunft auch der Vorbereitung anderer Ansprüche, etwa gegen einen früheren Prozeßbevollmächtigten dienlich sein kann (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2007, 881 ff.).
Die festgesetzte Höhe des Zwangsgeldes ist mit EUR 1.000,– angesichts des Umstandes, daß es sich vorliegend um eine erste Vollstreckungsmaßnahme handelt, andererseits der Schuldner der titulierten Verpflichtung bereits geraume Zeit nicht vollständig nachgekommen ist, erforderlich, aber auch ausreichend.
Der weitergehende Vollstreckungsantrag ist unbegründet, so daß ihn das Landgericht insoweit – im Ergebnis – zu Recht zurückgewiesen hat. Wie sich aus der Antragsschrift vom 4. Juni 2008 ergibt, erstrebt die Gläubigerin die Festsetzung eines Zwangsmittels nicht nur zur Erzwingung der Erfüllung der im Urteil vom 24. April 2002 unter lit. a) der Entscheidungsformel titulierten Verpflichtung, sondern auch zur Erzwingung der Erfüllung der weiteren, dort unter lit. b) angeführten Verpflichtung. Sie führt in der Antragsschrift aus, der Schuldner habe seine Pflichten aus jenem Urteil auch deshalb nicht erfüllt, weil jedenfalls die in dem Bankschließfach enthaltenen Gegenstände durch das Gutachten eines Sachverständigen hätte bewertet werden müssen.
Eine Zwangsvollstreckung zur Erzwingung der Vornahme der Verpflichtung unter lit. b) der Entscheidungsformel des Urteils vom 24. April 2002 kommt indes deshalb nicht in Betracht, weil dieser Ausspruch des Urteils der erforderlichen Bestimmheit ermangelt. Der Schuldner ist insoweit – entsprechend dem Antrag der Klageschrift vom 14. November 2001 – verurteilt worden, „den Wert der sich aus den Auskünften ergebenden Nachlassgegenstände durch Vorlage von Sachverständigengutachen zu ermitteln“. Damit ergibt sich nicht aus dem Urteil selbst, welche Gegenstände zu begutachten sein sollen. Dies soll sich vielmehr nach einem außerhalb dieses Urteils liegenden, erst später eintretenden Umstand, nämlich nach dem Inhalt der erst noch zu erteilenden Auskunft des Schuldners richten. Damit wird der Gegenstand der vorzunehmenden Begutachtung und somit der Inhalt der titulierten Verpflichtung in dem Titel selbst nicht mit der für eine Vollstreckung aus ihm erforderlichen Bestimmtheit bezeichnet. Unabhängig von der Art der Zwangsvollstreckung muß jeder Vollstreckungstitel nicht nur für den Gläubiger und den Schuldner, sondern auch für das Vollstreckungsorgan hinreichend bestimmt bezeichnet sein. Dies ist nur dann der Fall, wenn und soweit der Titel aus sich heraus verständlich ist und auch für jeden Dritten erkennen läßt, was der Gläubiger vom Schuldner verlangen kann. Somit muß sich aus einem Titel, der eine Handlungsverpflichtung begründet, der Inhalt der Handlung, die gegebenenfalls erzwungen werden soll, eindeutig ergeben (vgl. BGHZ 122, 16 [17]; BGH NJW 1986, 1440; BGH NJW 2006, 695 [697 f.]; BGH BGHR ZPO § 704 Abs. 1 Bestimmtheit 1; OLG Bamberg, FamRZ 1994, 1048 f.; OLG Frankfurt/Main, OLG-Report 2004, 297 f.; OLG Hamm, FamRZ 1988. 1307 [1308]; OLG Saarbrücken, OLG-Report 2008, 166 f.; LAG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 25. März 2008 – 8 Ta 39/08 -, hier zitiert nach juris; Thomas/ Putzo/Hüßtege, ZPO, 28. Aufl. 2007, vor § 704, Rdn. 16; Zöller/Stöber, a.a.O.; § 704, Rdn. 4). Diese Voraussetzungen erfüllt der Ausspruch unter lit. b) der Entscheidungsformel des Urteils vom 24. April 2002 nicht, weil aus ihm nicht ersichtlich ist, welche Gegenstände begutachtet werden sollen.
Die Kostentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gegen den vorliegenden Beschluß sind nicht erfüllt.
Beschwerdewert : EUR 5.000,–, davon zurückgewiesen EUR 2.500,–.