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Persönlichkeitsverletzung – Beleidigung ohne Breitenwirkung im Internet – Geldentschädigung

OLG Dresden – Az.: 4 U 620/18 – Beschluss vom 30.07.2018

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 6.000,- EUR festzusetzen.

Zusammenfassung

Das Gericht hat über einen Fall von Persönlichkeitsverletzung im Internet entschieden. Dabei hat eine Person eine andere im Internet beleidigt, wofür der Kläger eine Entschädigung verlangt hat. Das Gericht hat jedoch entschieden, dass keine Geldentschädigung notwendig ist, da es sich um Beleidigungen im privaten Umfeld ohne breite Öffentlichkeitswirkung handelte. Das Gericht hat außerdem klargestellt, dass die Verbreitung eines Lichtbildes sowie die inkriminierten Behauptungen untersagt sind. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen, ohne dass es einer mündlichen Verhandlung bedurfte. Die Kosten des Verfahrens müssen vom Kläger und dem Beklagten geteilt werden, wobei der Beklagte den größeren Teil tragen muss. Das Landgericht hat dabei die Kostenentscheidung und den Streitwert korrekt festgelegt, die vom Gericht bestätigt wurden.

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

1. Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, das Landgericht habe mit der angefochtenen Entscheidung lediglich eine kumulative Veröffentlichung von Lichtbild und Behauptungen, nicht aber die beantragte alternative Verbreitung untersagt. Die Auslegung des Urteilsausspruches unter Ziffer 1 ergibt, dass zum einen die Verbreitung des Lichtbildes als auch die Verbreitung der inkriminierten Behauptung untersagt wird. Das Wort „und“ bezieht sich hier auf die beiden Satzteile und verknüpft inhaltlich zwei Regelungskomplexe im Sinne einer nebenordnenden Aufzählung. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch wird eine Aufzählung durch dieses Wort eingeleitet; die zusätzliche Verwendung des Wortes „oder“ neben dem „und“ ist für das Verständnis des Aussagegehaltes nicht erforderlich und dient lediglich einer weiteren Verdeutlichung. Der Regelungsgehalt des Tenors wird zudem durch die dementsprechenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen unter Ziffer I.1. bestätigt, die zur Auslegung herangezogen werden können. Untersagt wird sowohl die Verbreitung des Lichtbildes als auch die Verbreitung der inkriminierten Behauptung.

2. Das Landgericht hat auch zu Recht dem Kläger eine Geldentschädigung wegen der Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte versagt.

Persönlichkeitsverletzung - Beleidigung ohne Breitenwirkung im Internet - Geldentschädigung
(Symbolfoto: Toxa2x2/Shutterstock.com)

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes (vgl. BGH, Urt. v. 15. 09.2015 – VI ZR 175/14, VersR 2015, 1437 Rn. 38; vom 21.04.2015 – VI ZR 245/14, VersR 2015, 898 Rn. 33, jeweils mwN) begründet eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Ob eine so schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, dass die Zahlung einer Geldentschädigung erforderlich ist, kann nur aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere die Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens zu berücksichtigen Bei der gebotenen Gesamtwürdigung ist auch ein erwirkter Unterlassungstitel zu berücksichtigen; der Titel und die mit ihm verbundenen Vollstreckungsmöglichkeiten können den Geldentschädigungsanspruch beeinflussen und im Zweifel sogar ausschließen. Denn die Zubilligung einer Geldentschädigung im Fall einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung findet ihre sachliche Berechtigung in dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde (vgl. BGH, Urt. vom 9. Juli 1985 – VI ZR 214/83, BGHZ 95, 212, 214 f.; vom 24. November 2009 – VI ZR 219/08, BGHZ 183, 227 Rn. 11; vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 38 ff.; vom 21. April 2015 – VI ZR 245/14, aaO Rn. 33; vom 15. September 2015 – VI ZR 175/14, aaO Rn. 38 und vom 24. Mai 2016 – VI ZR 496/15 -, Rn. 10, m.w.N., Senat, Urteil vom 12. Juli 2011 – 4 U 188/11 -, Rn. 18, alle zit. n. juris).

Nach diesen Grundsätzen ist die Zahlung einer Geldentschädigung nicht erforderlich. Bei den beanstandeten Äußerungen handelt es sich um grobe Beleidigungen im persönlichen Umfeld ohne Breitenwirkung in der Öffentlichkeit. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Berufungsvorbringen, denn dem Sachvortrag des Klägers lässt sich an keiner Stelle entnehmen, dass und inwieweit sich die lediglich kurzzeitig auf dem privaten xxx-Account des Beklagten online gestellten Beleidigungen auf den Kläger in seinen beruflichen oder privaten Funktionen als Ortschaftsratsmitglied, Vereinsvorsitzender oder Vorstands- bzw. Beiratsmitglied konkret negativ ausgewirkt hätten. Auch wenn die Äußerungen aufgrund der Stellung des Klägers eine gewisse lokale Breitenwirkung gehabt haben sollten, stellt auch die Abrufbarkeit im Internet kein generell mehr oder weniger zwingend für eine Entschädigungspflicht streitendes Kriterium dar (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013, VI ZR 211/12).

Zutreffend hat das Landgericht auch berücksichtigt, dass die Äußerungen unstreitig im Kontext von hart geführten, persönlichen und rechtlichen Auseinandersetzungen der Parteien bzw. weiteren Familienangehörigen und den von ihnen geführten Unternehmen gefallen sind. Diese begannen weit vor der hier streitgegenständlichen Veröffentlichung und dauerten auch danach noch an, wie den in Bezug genommenen Entscheidungen entnommen werden kann. Für die Frage der Erforderlichkeit einer Geldentschädigung kann bei der Gesamtwürdigung überdies auch das spätere Verhalten der Parteien einbezogen werden, um zu entscheiden, ob eine weitere Sanktion erfolgen muss.

Des weiteren kann im Rahmen der Gesamtabwägung auch der Umstand Berücksichtigung finden, dass der Kläger nach seiner an den Beklagten gerichteten Aufforderung zur Unterlassung und Zahlung einer Geldentschädigung mit Schreiben vom 21.07.2016 mit Fristsetzung zum 04.08.2016 ein weiteres Jahr zuwartete, bis er seine Ansprüche gerichtlich geltend machte. Insofern ist anerkannt, dass das Bedürfnis für eine Geldentschädigung durch langes Zuwarten zumindest geringer werden kann, wenn – wie hier – dafür kein vernünftiger Grund angegeben wird (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 21. August 2017 – 15 W 47/17 -, Rn. 7, m.w.N. – juris). Das Warten auf eine Zusage der Rechtsschutzversicherung stellt in diesem Zusammenhang keinen hinreichenden Grund dar, sondern belegt eher, dass der Kläger seine Ansprüche nur ohne persönliches Kostenrisiko weiterverfolgen wollte. Für die Zahlung einer Geldentschädigung ist aufgrund der Umstände des Streitfalls nach alledem kein Raum, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat.

3. Die Kostenentscheidung und nachfolgend die Streitwertfestsetzung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Für die persönlichkeitsrechtverletzende Beleidigung ist ein Ausgangswert von 5.000,- EUR anzusetzen (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 31. Aufl., § 3 Rn. 16, Stichwort „Ehre“), dabei erfolgt grundsätzlich keine getrennte Bewertung einzelner Äußerungen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 21. September 1999 – 16 W 39/98 -, juris). Vorliegend handelt es sich um mehrere Äußerungen, die das Landgericht teilweise als zulässige Meinungsäußerung und teilweise als beleidigende Persönlichkeitsverletzung angesehen hat. Hinzu kommt noch die Verbreitung eines Lichtbildes. Vor diesem Hintergrund ist eine Erhöhung des Ausgangswertes um weitere 3.000,- EUR als angemessen aber auch ausreichend anzusehen.

Da der Kläger mit seinem Unterlassungsbegehren hinsichtlich der als zulässig erachteten Meinungsäußerungen (2.000,- EUR) und dem Geldentschädigungsbegehren (2.000,- EUR) unterlegen ist, ist auch die Kostenentscheidung mit einer Quote von 2/5 zu 3/5 zu Lasten des Beklagten sachgerecht. Hieraus folgt auch der für das Berufungsverfahren festzusetzende Streitwert.

Weiterführende Informationen zum Thema

Was ist eine Persönlichkeitsverletzung im Internet?

Eine Persönlichkeitsverletzung im Internet ist eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte einer Person durch Handlungen im digitalen Raum. Dazu gehören unter anderem die Verbreitung von persönlichen Informationen, Beleidigungen, Verleumdungen oder Veröffentlichung von Fotos oder Videos ohne Einwilligung der betroffenen Person.

Im Falle einer Persönlichkeitsverletzung hat die betroffene Person verschiedene rechtliche Ansprüche. Diese können je nach Art und Schwere der Verletzung unterschiedlich sein. Zu den möglichen Ansprüchen gehören beispielsweise Unterlassungsansprüche, Löschungsansprüche oder Schadensersatzansprüche.

In der Rechtsprechung wird generell anerkannt, dass Forenbetreiber nicht für sämtliche Artikel im Vorfeld haften können. Wenn sie jedoch von einer Verletzung Kenntnis erlangen, können sie unter Umständen als „Störer“ zur Verantwortung gezogen werden. In diesem Fall kann der Betreiber gezwungen sein, den betroffenen Inhalt von seiner Seite zu entfernen.

Persönlichkeitsverletzungen im Internet sind keine Seltenheit und können weitreichende Auswirkungen auf die betroffene Person haben. Insbesondere die Anbieter von Seiten und Plattformen können jedoch Maßnahmen ergreifen, um Persönlichkeitsverletzungen zu verhindern oder zu minimieren.

Wenn man Opfer einer Persönlichkeitsverletzung im Internet wird, gibt es verschiedene Maßnahmen, die man ergreifen kann. Dazu gehören unter anderem die Löschung des betroffenen Inhalts, die Anzeige bei der Polizei oder die Beantragung einer einstweiligen Verfügung.

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