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Lange Standzeit an E-Lade-Säule – Vertragsklausel über Blockiergebühr

Die Elektromobilität gewinnt zunehmend an Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund des wachsenden Interesses von Verbrauchern an umweltfreundlichen Fortbewegungsmitteln. Doch mit dem steigenden Absatz von Elektrofahrzeugen ergibt sich auch eine neue Herausforderung: die Verfügbarkeit von Ladeinfrastruktur. Ladesäulen an öffentlichen Orten sind oftmals stark nachgefragt, was Anbieter dazu bringt, Vertragsbedingungen wie Blockiergebühren einzuführen, um eine möglichst effiziente Nutzung zu erreichen. Wie solche Klauseln rechtlich zu bewerten sind und welche Interessen dabei berücksichtigt werden müssen, zeigt ein aktuelles Gerichtsurteil, auf das im Folgenden näher eingegangen wird.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 C 184/23 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Das Gericht wies die Klage auf Rückzahlung der von einem Ladesäulenbetreiber erhobenen Blockiergebühr ab.
  2. Die Blockiergebühr war Teil der wirksam einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Ladesäulenanbieters.
  3. Die Blockiergebühr stellt keine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, da sie dem berechtigten Interesse des Anbieters dient, die Ladesäule zeitnah anderen Kunden zur Verfügung zu stellen.
  4. Die Blockiergebühr berücksichtigt zudem das Interesse aller Kunden an einer ausreichenden Verfügbarkeit von Ladepunkten für Elektrofahrzeuge.
  5. Die Höhe der Blockiergebühr von maximal 12 € pro Ladevorgang ist angemessen und überschreitet keine Grenzen.
  6. Die Blockiergebühr ist unabhängig von der Situation an den konkreten Parkplätzen (Kostenpflicht für Verbrenner etc.) zu zahlen.
  7. Andere Anbieter mit abweichenden Konditionen haben keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Blockiergebühr des beklagten Anbieters.

➜ Der Fall im Detail


Lange Standzeiten an Ladesäulen: Sind Blockiergebühren rechtmäßig?

Elektroauto an Ladestation in Stadtstraße.
(Symbolfoto: Matej Kastelic /Shutterstock.com)

In einem aktuellen Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe wurde die Frage behandelt, ob Ladesäulenbetreiber eine Blockiergebühr erheben dürfen, wenn ein Elektrofahrzeug die Ladesäule nach Beendigung des Ladevorgangs länger als eine bestimmte Zeit blockiert. In dem vorliegenden Fall klagte ein E-Auto-Besitzer gegen die EnBW Energie Baden-Württemberg AG auf Rückzahlung der von ihm entrichteten Blockiergebühren.

Sachverhalt: E-Auto-Fahrer wehrt sich gegen Blockiergebühren

Der Kläger hatte im November 2021 einen Ladevertrag (A. e-Charge Tarif) mit der EnBW abgeschlossen. In den Vertragsbedingungen war unter anderem festgelegt, dass ab einer Standzeit von 240 Minuten am jeweiligen Ladeort Blockiergebühren von 10 Cent pro Minute zu zahlen sind, maximal jedoch 12,00 € pro Ladevorgang. Der Kläger lud sein Fahrzeug im März 2022 an drei verschiedenen Tagen an Ladesäulen der EnBW auf und überschritt dabei jeweils die vier Stunden Ladezeit, sodass ihm insgesamt Blockiergebühren in Höhe von 19,10 € berechnet wurden.

Der Kläger argumentierte, dass die Blockiergebühren unrechtmäßig seien, da auch Benzinfahrzeuge die Parkplätze an den Ladesäulen kostenfrei nutzen könnten, ohne dass deren Halter eine Gebühr zahlen müssten. Zudem verwies er auf andere Ladesäulenanbieter, bei denen keine Blockiergebühren anfallen.

Entscheidung des Gerichts: Blockiergebühren sind zulässig

Das Amtsgericht Karlsruhe wies die Klage des E-Auto-Fahrers ab. Die Richter begründeten ihre Entscheidung damit, dass die Blockiergebühren Bestandteil der wirksam in den Ladevertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der EnBW seien. Die Klausel über die Blockiergebühr stelle keine unangemessene Benachteiligung des Kunden dar, da sie dem berechtigten Interesse des Anbieters dient, die Ladesäule zeitnah anderen Kunden zur Verfügung zu stellen.

Begründung des Gerichts: Interessenabwägung und AGB-Kontrolle

Das Gericht führte in seiner Entscheidung eine Interessenabwägung durch. Es stellte fest, dass neben dem Interesse des Ladesäulenbetreibers auch das Interesse aller Kunden an einer ausreichenden Verfügbarkeit von Ladepunkten zu berücksichtigen ist. Die Blockiergebühr trage dazu bei, die Ladeinfrastruktur effizienter zu nutzen und die Chancen aller Kunden auf einen freien Ladepunkt zu erhöhen.

Weiterhin betonte das Gericht, dass die Höhe der Blockiergebühr von maximal 12 € pro Ladevorgang angemessen sei und keine unangemessene Benachteiligung des Kunden darstelle. Zudem sei die Gebühr erst nach vier Stunden Standzeit zu zahlen, was den Kunden ausreichend Zeit lasse, das Fahrzeug vollständig zu laden.

Die Situation an den konkreten Parkplätzen (Kostenpflicht für Verbrenner etc.) sei für die Rechtmäßigkeit der Blockiergebühr unerheblich, da die EnBW nicht für die Bewirtschaftung des Parkraums verantwortlich ist. Die Vertragsfreiheit erlaube es der EnBW, im Rahmen der Zulässigkeit von AGB eine Blockiergebühr in ihren Tarifen zu regeln. Dem Kunden stehe es frei, einen Ladevertrag mit einem anderen Anbieter abzuschließen.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Was sind Blockiergebühren bei Elektroladesäulen?

Blockiergebühren sind Gebühren, die einige Betreiber von Elektroauto-Ladesäulen erheben, wenn ein Fahrzeug die Ladesäule über die zum Laden erforderliche Zeit hinaus blockiert. Damit soll verhindert werden, dass Ladesäulen unnötig lange belegt werden und nicht für andere E-Autofahrer zur Verfügung stehen.

Die genauen Bedingungen, ab wann eine Blockiergebühr fällig wird, unterscheiden sich je nach Anbieter. Häufig greift die Gebühr nach 2 bis 4 Stunden Standzeit an der Ladesäule. Die Höhe liegt oft bei 10 Cent pro Minute, teilweise ist sie auf einen Maximalbetrag pro Ladevorgang gedeckelt, z.B. 12 Euro bei der EnBW.

Ein Gerichtsurteil des Amtsgerichts Karlsruhe hat die Rechtmäßigkeit solcher Blockiergebühren bestätigt. Im konkreten Fall ging es um die Klausel eines Ladestrom-Vertrags der EnBW. Das Gericht sah das Interesse des Betreibers, die Ladesäule anderen Kunden zeitnah zur Verfügung stellen zu können, als berechtigt an.

Blockiergebühren sollen als Anreiz dienen, E-Autos nach dem Ladevorgang zügig wieder von der Ladesäule zu entfernen. Kritiker sehen darin allerdings auch eine Benachteiligung von E-Autofahrern, die auf das Laden an öffentlichen Säulen angewiesen sind, etwa weil sie zuhause nicht laden können.

Welche Rolle spielen AGB bei der Erhebung von Blockiergebühren?

Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) spielen eine zentrale Rolle bei der Erhebung von Blockiergebühren an Elektroladesäulen. Die Klauseln zu Blockiergebühren sind üblicherweise Bestandteil der AGB des Ladesäulenbetreibers. Beim Abschluss des Ladevertrags, z.B. über eine App, stimmt der Kunde diesen AGB zu.

Konkret regeln die AGB dann Fragen wie:

  • Ab welcher Standzeit fällt eine Blockiergebühr an? (häufig nach 240 Minuten)
  • Wie hoch ist die Blockiergebühr pro Minute? (oft 0,10 €/min)
  • Gibt es eine Deckelung der Blockiergebühr pro Ladevorgang? (z.B. max. 12 € bei der EnBW)

Gerichte haben sich bereits mit der Wirksamkeit solcher AGB-Klauseln befasst. Das Amtsgericht Karlsruhe erklärte etwa die Blockiergebühr-Regelung in den AGB der EnBW für rechtmäßig. Es sah das Interesse des Betreibers, die Ladesäule anderen Kunden zeitnah zur Verfügung stellen zu können, als berechtigt an.

Allerdings müssen die Klauseln transparent formuliert sein. Fehlt eine klare Definition, was genau unter „Blockieren“ zu verstehen ist, könnte die Klausel unwirksam sein. Auch eine unangemessen hohe Blockiergebühr dürfte einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten.

Kunden sollten die AGB ihres Lade-Anbieters daher genau prüfen, um böse Überraschungen zu vermeiden. Denn haben sie den AGB wirksam zugestimmt, sind die darin enthaltenen Blockiergebühren grundsätzlich zu zahlen.

Ist die Höhe der Blockiergebühren gesetzlich reguliert?

Nein, die Höhe der Blockiergebühren an Elektroladesäulen ist in Deutschland derzeit nicht gesetzlich reguliert. Jeder Ladesäulenbetreiber kann die Höhe der Gebühr in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) selbst festlegen.

In der Praxis haben sich aber gewisse Marktstandards herausgebildet. Viele große Anbieter wie EnBW oder Shell Recharge verlangen 0,10 € pro Minute, wenn ein Fahrzeug länger als 4 Stunden an der Ladesäule verbleibt. Häufig ist die Blockiergebühr pro Ladevorgang auf einen Maximalbetrag gedeckelt, z.B. 12 € bei EnBW und Shell.

Es gibt aber auch Ausreißer nach oben: BMW Charging berechnet 0,20 €/min ab 90 Minuten Standzeit, an Schnellladern sogar 0,26 €/min ab 3 Stunden. Tesla verlangt an stark frequentierten Superchargern bis zu 1 €/min, ohne Deckelung.

Gerichte haben sich bereits mit der Zulässigkeit von Blockiergebühren befasst. Das Amtsgericht Karlsruhe erklärte die Klausel eines Ladevertrags mit 0,10 €/min ab 4 Stunden Standzeit für rechtmäßig. Es sah das Interesse des Betreibers, die Säule anderen Kunden zeitnah zur Verfügung zu stellen, als berechtigt an.

Eine gesetzliche Obergrenze für Blockiergebühren gibt es aber nicht. Verbraucher sollten daher die AGB ihres Lade-Anbieters genau prüfen. Denn haben sie den AGB wirksam zugestimmt, sind die darin enthaltenen Blockiergebühren grundsätzlich zu zahlen – auch wenn sie subjektiv als zu hoch empfunden werden.

Inwiefern beeinflusst die Vertragsfreiheit die Gestaltung von Ladeverträgen?

Die Vertragsfreiheit spielt eine wichtige Rolle bei der Gestaltung von Ladeverträgen für Elektroautos. Sie ermöglicht es den Anbietern von Ladesäulen, die Bedingungen ihrer Verträge weitgehend frei festzulegen, solange sie sich im Rahmen des geltenden Rechts bewegen.

Konkret bedeutet dies, dass Ladesäulenbetreiber Klauseln wie Blockiergebühren in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) aufnehmen können. Der Kunde stimmt diesen AGB dann beim Abschluss des Ladevertrags, etwa über eine App, zu. Die genaue Höhe der Blockiergebühr und ab welcher Standzeit sie fällig wird, liegt somit im Ermessen des Anbieters.

Allerdings setzt das Recht der Vertragsfreiheit auch Grenzen. AGB-Klauseln dürfen den Kunden nicht unangemessen benachteiligen (§ 307 BGB). Eine Blockiergebühr von mehreren Euro pro Minute würde vermutlich einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten. Auch müssen die Klauseln transparent formuliert sein. Fehlt etwa eine klare Definition, was genau unter „Blockieren“ zu verstehen ist, könnte die Klausel unwirksam sein.

Gerichte haben sich bereits mit der Wirksamkeit von Blockiergebühr-Klauseln befasst. Das Amtsgericht Karlsruhe erklärte etwa die Regelung in den AGB der EnBW (0,10 €/min ab 4h Standzeit) für rechtmäßig. Es sah das Interesse des Betreibers, die Säule anderen Kunden zeitnah zur Verfügung zu stellen, als berechtigt an.

Kunden sollten die AGB ihres Lade-Anbieters daher genau prüfen. Denn haben sie den AGB wirksam zugestimmt, sind die darin enthaltenen Blockiergebühren grundsätzlich zu zahlen – auch wenn sie subjektiv als zu hoch empfunden werden. Die Vertragsfreiheit wirkt hier zugunsten des Anbieters.

Was kann als unangemessene Benachteiligung in einem Ladevertrag angesehen werden?

Bei der Beurteilung, ob eine Klausel in einem Ladevertrag für E-Autos zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners führt, sind vor allem folgende Aspekte relevant:

  • Intransparenz der Klausel: Ist die Klausel unklar oder missverständlich formuliert, kann dies eine unangemessene Benachteiligung darstellen. Beispielsweise wenn nicht klar definiert ist, was genau unter „Blockieren“ der Ladesäule zu verstehen ist.
  • Unverhältnismäßig hohe Gebühren: Eine Blockiergebühr von mehreren Euro pro Minute würde einer gerichtlichen Überprüfung vermutlich nicht standhalten. Die Höhe muss im angemessenen Verhältnis zum Interesse des Betreibers stehen, die Ladesäule für andere Kunden freizumachen.
  • Fehlende Wertungsmöglichkeit: Klauseln, die dem Verwender einen zu großen Spielraum einräumen und keine Wertungsmöglichkeit für den Vertragspartner vorsehen, können unwirksam sein. Zum Beispiel, wenn die Blockiergebühr nach billigem Ermessen festgelegt werden kann.
  • Unzulässige Rechtsfolgen: Bestimmungen, die dem Verwender unzulässige Rechtsfolgen wie Vertragsstrafen, Schadensersatz oder Vertragskündigungen ohne wichtigen Grund einräumen, können unwirksam sein.
  • Verstoß gegen Treu und Glauben: Insgesamt muss eine Klausel den Geboten von Treu und Glauben entsprechen und die berechtigten Interessen beider Vertragsparteien angemessen berücksichtigen.

Die Rechtsprechung spielt eine wichtige Rolle bei der Beurteilung. So hat das Amtsgericht Karlsruhe eine Blockiergebühr von 0,10€/min ab 4 Stunden Standzeit für zulässig erklärt. Letztlich hängt die Bewertung aber vom konkreten Einzelfall ab.

Wie wird das Interesse der Allgemeinheit bei der Regelung von Ladesäulen berücksichtigt?

Das Interesse der Allgemeinheit spielt eine wichtige Rolle bei der Regelung von Blockiergebühren für Ladesäulen. Gerichte haben anerkannt, dass Betreiber ein berechtigtes Interesse haben, Ladesäulen zeitnah für andere Nutzer freizumachen.

Durch Blockiergebühren soll verhindert werden, dass Ladesäulen über die reine Ladezeit hinaus blockiert werden. Das Amtsgericht Karlsruhe erklärte die Blockiergebühr der EnBW für rechtmäßig, da das Interesse des Betreibers, die Säule anderen Kunden zur Verfügung zu stellen, als berechtigt angesehen wurde.

Freie Ladesäulen sind im öffentlichen Interesse, damit die Ladeinfrastruktur effizient genutzt und der Umstieg auf E-Mobilität gefördert werden kann. Langfristig blockierte Säulen würden den Ausbau der E-Mobilität und die Erreichung von Klimaschutzzielen behindern.

Zudem haben Blockiergebühren eine Lenkungsfunktion: Sie sollen Nutzer dazu bringen, Ladesäulen nach Abschluss des Ladevorgangs zügig wieder freizumachen. Das entlastet den öffentlichen Raum und stellt Lademöglichkeiten für andere E-Autofahrer sicher.

Allerdings müssen Blockiergebühren auch im Interesse der Verbraucher angemessen und transparent gestaltet sein. Zu hohe Gebühren oder intransparente Klauseln könnten als unangemessene Benachteiligung der Nutzer gewertet werden.

Insgesamt versuchen Gerichte hier einen Ausgleich zwischen den Interessen der Betreiber, der E-Mobilität insgesamt und der Verbraucherfreundlichkeit herzustellen. Das Gemeinwohl einer funktionierenden Ladeinfrastruktur spielt dabei eine zentrale Rolle.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 305 BGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen): Im behandelten Fall wird die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen thematisiert, da die Klausel der Blockiergebühr als Teil der AGB des Ladevertrags über eine App zustande kam. Der Kläger wurde im Zuge des Vertragsabschlusses ausdrücklich auf diese Klausel hingewiesen, was eine wirksame Einbeziehung der AGB nach sich zieht.
  • § 307 BGB (Inhaltskontrolle): Dieser Paragraph spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht zu prüfen, ob einzelne Bestimmungen in den AGB, wie die Blockiergebühr, eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners darstellen. Hierbei wird festgestellt, dass die Regelung zur Blockiergebühr nicht gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstößt und somit wirksam ist.
  • § 812 Abs. 1 S. 1 BGB (Ungerechtfertigte Bereicherung): In diesem Kontext relevant, weil der Kläger die Rückzahlung der Blockiergebühren forderte. Das Gericht fand jedoch, dass die Zahlung der Gebühren aufgrund der gültigen Vertragsklausel rechtmäßig erfolgte, folglich kein Anspruch auf Rückzahlung besteht.
  • § 309 Nr. 6 BGB: Dieser Paragraph wird erwähnt, um zu zeigen, dass bestimmte Klauselverbote nicht anwendbar auf die Vertragsstrafenregelung der Blockiergebühr sind. Die Erwähnung dient der Abgrenzung und dem Ausschluss nicht relevanter Rechtsnormen in der konkreten Vertragsgestaltung.
  • § 305c Abs. 1 BGB (Überraschende Klauseln): Dieser Paragraph wird evaluiert, um festzustellen, ob die Blockiergebührklausel als überraschende oder unerwartete Klausel gelten könnte. Es wird festgestellt, dass diese Regelung aufgrund ihrer Marktüblichkeit keine überraschende Klausel darstellt.
  • §§ 307 ff. BGB: Oberbegriff zur Inhaltskontrolle, der sich darauf konzentriert, ob Vertragsbedingungen den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. In diesem Fall befindet das Gericht, dass die Balance zwischen den Interessen des Unternehmens und des Kunden gewahrt bleibt und die Blockiergebühr rechtmäßig erhoben wird.


Das vorliegende Urteil

AG Karlsruhe – Az.: 6 C 184/23 – Urteil vom 04.01.2024

(abgekürzt nach § 313a Abs. 1 ZPO)

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 19,10 € festgesetzt.

Gründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Amtsgericht Karlsruhe gem. § 1 ZPO i.V.m. § 23 Nr. 1 GVG sachlich und gem. §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig.

II. Die Klage ist unbegründet.

1. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Energieversorgungsunternehmen, das unter anderem Leistungen für die Elektromobilität erbringt und insbesondere auch Zugang zu Ladepunkten für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge („Ladesäulen“) bietet. Der Kläger schloss am 16.11.2021 über die EnBW m.+-App mit der Beklagten einen Ladevertrag (A. e-Charge Tarif) ab. Gegenstand dieses Vertrages ist unter anderem, dass ab einer Standzeit von 240 Minuten am jeweiligen Ladeort Blockiergebuhren von 10 ct./min zu bezahlen sind, maximal jedoch 12,00 €.

Der Kläger lud sein Elektrofahrzeug am 02., 13. und 30.03.2022 an den seitens der Beklagten zur Verfügung gestellten Ladesäulen an der A.-D.-Straße … (02. und 12.03.2022) und in der Straße An der S. 11 jeweils in D. auf. Die Ladezeit lag jeweils über vier Stunden. Die Beklagte zog für diese drei Ladevorgänge insgesamt Blockiergebühren in Höhe von 19,10 € ein.

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung der Blockiergebühr in Höhe von 19,10 € gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, 818 BGB.

Denn die Einziehung der Blockiergebühr erfolgte nicht ohne Rechtsgrund.

Der Rechtsgrund für die Einziehung der Blockiergebühr ist der zwischen den Parteien am 16.11.2021 über die EnBW m.+-App geschlossene Ladevertrag (A. e-Charge Tarif). Im Rahmen des Vertragsabschlusses wurde der Kläger auf die Blockiergebühr und deren Konditionen hingewiesen. Durch Betätigen des Buttons „Tarif aktivieren“ hat der Kläger diese Blockiergebühr unstreitig akzeptiert. Rechtlich handelt es sich dabei um eine Regelung über eine Vertragsstrafe (vgl. für eine Klausel im Zusammenhang mit der verspäteten Rücksendung von zur Verfügung gestelltem Bildmaterial OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1177 (1179)).

Die Vertragsbedingungen in dem A. e-Charge Tarif der Beklagten wurden wirksam in den Vertrag einbezogen.

a) Die Vertragsbedingungen des A. e-Charge Tarifs stellen Allgemeine Geschäftsbedingungen (im Folgenden AGB) dar.

aa) Die Beklage ist Verwenderin dieser Klauseln, da sie diese Bedingungen der anderen Vertragspartei bei Abschluss von Verträgen stellt, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB.

bb) Die Bedingungen des A. e-Charge Tarifs wurden wirksam nach § 305 BGB in den Vertrag zwischen den Parteien einbezogen. Insbesondere stellt die Regelung einer Blockiergebühr keine überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB dar. Sie ist in den Verträgen vieler Ladesäulenanbieter aufzufinden und somit marktüblich. Der Kläger wurde im Rahmen der App-Vertragsabschlussstrecke auch über die Einzelheiten zu dem Tarif informiert, insbesondere darüber, dass ab einer Standzeit von 240 min. am jeweiligen Ladeort Blockiergebühren von 10 ct./min zu bezahlen sind, maximal jedoch 12,00 €. Zudem wird nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Beklagten auf die Blockiergebühr auch beim Starten eines Ladevorgangs via App sowie an EnBW-eigenen Ladestationen ergänzend hingewiesen.

cc) Die Blockiergebühr hält auch einer Inhaltskontrolle der AGB gem. §§ 307 ff. BGB stand.

(1) Aus § 309 Nr. 6 BGB kann gegen die getroffene Vertragsstrafenbestimmung nichts hergeleitet werden. Diese Vorschrift ist hier nicht einschlägig.

(2) Die Klausel beinhaltet auch keine unangemessene Benachteiligung des Klägers im Sinne des § 307 BGB.

Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Bestimmung in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.

Nach dem Wortlaut des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ist für die Inhaltskontrolle von AGB allein auf die schutzwürdigen Interessen der Vertragsparteien abzustellen. Danach ist für die unmittelbare Berücksichtigung von Drittinteressen, z.B. der Gläubiger des Kunden oder auch von Interessen der Allgemeinheit, grundsätzlich kein Raum (BGH, Urteil vom 07.10.1981 – VIII ZR 214/80; MüKoBGB/Wurmnest, 9. Aufl. 2022, BGB § 307 Rn. 54).

Jedoch wird in der Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zum AGB-Gesetz (BT-Drs. 7/3919) deutlich, dass auch Drittinteressen berücksichtigt werden können. Eine nach Treu und Glauben zu berücksichtigende Eigenart des Vertrags kann beispielsweise darin liegen, dass der Klauselverwender neben dem eigenen geschäftlichen Interesse in besonderem Maße auf gemeinschaftliche Interessen dritter Vertragspartner Bedacht zu nehmen hat. Dies ist z.B. bei einem kollektiv ausgerichteten Geschäftssystem (Versicherung, B.kasse), aber auch bei Verträgen über Versorgungsleistungen (Gas, Elektrizität) der Fall. In solchen Fällen müssen nach Treu und Glauben auch die schutzwürdigen Gesamtinteressen der Kunden des AGB-Verwenders Berücksichtigung finden (BT-Drs. 7/3919, S. 23).

Vorliegend ergibt sich bereits bei Berücksichtigung allein der Interessen der Vertragsparteien (dazu (a)) und erst recht unter weiterer Einbeziehung der Bedürfnisse Dritter (dazu unter (b)), dass die in Rede stehende Klausel die Verwendungsgegner nicht unangemessen benachteiligt.

(a) Mit der Blockierungsgebühr verfolgt die Beklagte die Intention, eine zeitnahe Freigabe der Ladesäule nach Durchführung des Ladevorgangs zu erreichen. Rechtfertigung dafür ist das grundsätzlich berechtigte Interesse der Beklagten, die Ladesäule zeitnah weiteren Kunden zur Nutzung zur Verfügung stellen zu können (vgl. für eine Klausel im Zusammenhang mit der verspäteten Rücksendung von zur Verfügung gestelltem Bildmaterial LG Hamburg, BeckRS 2004, 577 Rn. 5; OLG Hamburg, NJW-RR 1986, 1179 m.w. Nachw.). Dabei erscheint die Höhe der Blockiergebühr einerseits geeignet, den gewünschten Effekt zu erzeugen. Sie belastet den Verwendungsgegner andererseits aber durch die Begrenzung auf maximal 12,00 € auch nicht unangemessen. Die Blockiergebühr erhöht zudem auch die Chancen des Klägers, einen freien Ladepunkt zu finden, weshalb schon unter Berücksichtigung der beiderseitigen Vertragsinteressen die Klausel den Kläger nicht unangemessen benachteiligt.

(b) Daneben ist im Rahmen des § 307 BGB auch das Interesse aller Vertragspartner der Beklagten an einer ausreichenden Verfügbarkeit von Ladepunkten zu berücksichtigen, welches durch die Blockiergebühr geschützt wird.

Jeder Vertragspartner der Beklagten hat das Recht, sein Elektrofahrzeug an einer Ladesäule zu laden. Dies kann jedoch aufgrund der noch nicht flächendeckend ausreichenden Ladeinfrastruktur nicht immer gewährleistet werden. Werden Fahrzeuge, deren Ladevorgang abgeschlossen ist oder zumindest bei Wahl des entsprechenden Ladetarifes abgeschlossen sein könnte, an der Ladestation belassen, verschärft dies das Problem der nicht ausreichenden Ladeinfrastruktur weiter. Jeder Nutzer eines Elektroautos, der am Ort des Entstehens des Ladebedarfs nicht über eine private Lademöglichkeit verfügt, ist darauf angewiesen, dass die Nutzer anderer Elektrofahrzeuge nach Abschluss des Ladevorgangs die Ladesäule für den Ladevorgang wieder zur Verfügung stellen. Nur bei hinreichender Attraktivität der Nutzung von Elektroautos, wozu die Gewährleistung einer nutzbaren Ladeinfrastruktur gehört, kann die Elektromobilität ihre Aufgabe im Rahmen der Energiewende, die zur Eindämmung des Klimawandels notwendig ist, erfüllen.

Darüber hinaus ist eine Blockiergebühr erst nach vier Stunden Anschlusszeit zu entrichten, obwohl die wenigsten Ladevorgänge nach einer Untersuchung der Beklagten – welche der Kläger nicht bestritten hat – länger als drei Stunden andauern. Dem Kläger wird durch die Blockiergebühr daher nicht die Möglichkeit genommen, sein Fahrzeug vollständig zu laden. Die Blockiergebühr führt nur dazu, dass die Vertragspartner der Beklagten entweder nach maximal vier Stunden zu ihrem Fahrzeug zurückkehren müssen, um den Ladevorgang zu beenden und – sofern zur Freigabe der Nutzung der Ladesäule durch andere Elektrofahrzeuge nötig – ihr Fahrzeug umzuparken oder aber die Entrichtung der Blockiergebühr in Kauf nehmen müssen. Auch dies stellt jedoch keine unangemessene Benachteiligung dar, vielmehr ist der deutschen Straßenverkehrs- ordnung ein solcher Umstand nicht fremd. Denn eine Vielzahl von Parkplätzen ist durch Parkscheibenregelungen oder die Verpflichtung, einen Parkschein zu erwerben, in ihrer Nutzung zeitlich begrenzt.

(c) Auch der Einwand des Klägers, dass die Blockiergebühr von ihm nicht zu entrichten sei, da auch Benzinfahrzeuge auf diesen Parkplätzen rechtmäßig (und kostenfrei) abgestellt werden können, ohne dass deren Halter eine Blockiergebühr zahlen müssen, führt nicht zu einem Entfallen der klägerischen Zahlungspflicht.

Hierbei bedarf es keiner Entscheidung, ob in der A.-D.-Straße 10 und An der S. 11 kein Parkplatzschild (Zeichen 314) mit einem Stromstecker-Zusatzzeichen, welches die Park- erlaubnis zugunsten elektrisch betriebener Fahrzeuge beschränken würde, aufgestellt ist und somit auch Verbrennerfahrzeuge dort kostenfrei parken dürfen.

Denn selbst wenn es sich so verhält, hat dies keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Erhebung der Blockiergebühr gegenüber dem Kläger. Die allgemeine Parkplatzsituation vor Ort ist hierfür unerheblich. Denn die Beklagte ist nicht für die Bewirtschaftung des Parkraums verantwortlich. Dies obliegt den jeweiligen Kommunen und ihren Ordnungsämtern. Maßgeblich für die geltend gemachten Blockiergebühren ist allein der Umstand, dass der Kläger die Ladesäule und damit zugleich die Ladeinfrastruktur der Beklagten blockiert hat, indem er an dem jeweiligen Ladepunkt länger als vier Stunden angeschlossen war. Sein Fahrzeug war unstreitig in der gesamten Zeit mittels Ladekabel mit der Ladesäule verbunden. Ausschließlich aus diesem Grund wurden die vertraglich vereinbarten Blockiergebühren berechnet. Es ist bleibt damit dem Kläger unbenommen, nach einer Ladezeit von vier Stunden bei seinem Fahrzeug zu erscheinen, den Ladevorgang zu beenden und sodann den Parkplatz weiterhin ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Beklagten zu nutzen, wie dies auch jedes andere Fahrzeug, insbesondere auch ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor tun kann. Dies läuft zwar sodann dem Zweck der umfassenden Gewährleistung einer Ladeinfrastruktur zuwider, ist aber der Entscheidung der zuständigen Kommune geschuldet, keine anderweitigen Parkplatzanordnungen getroffen zu haben.

(d) Auch der Einwand des Klägers, dass andere Ladeanbieter Stationen an Parkplätzen anbieten, auf denen die Fahrzeuge vier Stunden aufgeladen werden können und danach keine Stand- bzw. Blockiergebühr mehr anfällt, führt zu keinem anderen Ergebnis.

Aufgrund der Privatautonomie stand es der Beklagten frei, (im Rahmen der Zulässigkeit von AGB) eine Blockiergebühr in ihren Tarifen zu regeln. Ebenso stand es dem Kläger frei, den Vertragsschluss mit der Beklagten zu unterlassen und einen Ladevertrag mit einem anderen Anbieter abzuschließen.

(e) Verbleibende Unannehmlichkeiten, die beim nächtlichen Parken und Laden des Elektroautos an einer Ladesäule entstehen, werden bei der Beklagten durch ihren sog. Kostenairbag hinreichend berücksichtigt. Danach kann die Blockiergebühr pro Ladevorgang maximal 12,00 € betragen, da sie nur für die 5. und 6. Stunde des Ladevorgangs berechnet wird.

b) Die Berechnung der Blockiergebühr gegenüber dem Kläger in den konkreten Fällen am 02.03.2022, 12.03.2022 und 30.03.2022 ist auch zu Recht erfolgt. Denn die vertraglich vereinbarten Bedingungen für den Eintritt der Blockiergebühr lagen bei diesen Fällen unstreitig vor.

3. Der geltend gemachte Zinsanspruch besteht mangels eines Anspruches auf Rückerstattung der Blockiergebühr nicht.

4. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Freistellung von der Zahlung der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286, 249 ff. BGB. Denn die Beklagte befand sich mit der Rückzahlung nicht im Verzug, da diese nicht geschuldet war.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1, S. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11 Alt. 1, 711, 713 ZPO.

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