AG Saarbrücken
Az: 121 C 263/13 (09)
Urteil vom 19.11.2013
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert beträgt bis zum 15.7.2013 € 172,74, danach € 46,41.
Tatbestand
(Tatbestand abgekürzt nach § 313a)
Die Parteien streiten noch um Verzugsschäden (vorgerichtliche Anwaltskosten) aus einer Rückforderung von Versicherungsleistungen.
Die Klägerin ist die Krankenversicherung des Beklagten. In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen war vereinbart: „Selbstbehalt: Von den tariflichen Versicherungsleistungen wird ein Selbstbehalt von € 400 abgezogen. Dies gilt je versicherte Person und Kalenderjahr… .“
Die Klägerin hatte mit einer Leistungsabrechnung vom 6.4.2011 eine Krankenhausrechnung des Beklagten direkt mit dem Krankenhaus abgerechnet, ohne den Selbstbehalt zurückzubehalten. Sie forderte in der Folge € 172,74 zurück, mahnte den Beklagten an und schaltete Anwälte ein.
Mit Leistungsabrechnung vom 19.7.2011 überwies sie dem Beklagten Leistungen von € 488,87, ohne hier den Selbstbehalt geltend zu machen.
Zur Entscheidung stehen nunmehr noch € 46,41 an vorgerichtlichen Anwaltskosten, nachdem der Beklagte die Hauptforderung von € 172,74 im Verfahren gezahlt hatte und beide Parteien insoweit für erledigt erklärt hatten.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
1. Ein Anspruch auf Zahlung der Anwaltskosten besteht jedoch nicht. Der Beklagte war mit der Zahlung der Hauptforderung von € 172,74 zu keinem Zeitpunkt in Verzug geraten. Denn ein Anspruch auf Zahlung eines Selbstbehalts gegen den Beklagten ist zumindest nicht fällig geworden, nachdem die Parteien Verrechnung vereinbart hatten.
Zwar hat die Klägerin mit einer Leistungsabrechnung vom 6.4.2011 Krankenhausrechnungen des Beklagten unmittelbar mit den Sonnenbergkliniken abgerechnet und dabei die Rechnungen voll bezahlt, ohne den Selbstbehalt einzubehalten. Insoweit hatte die Klägerin zunächst € 172,74 zuviel auf Schulden des Beklagten entrichtet. Dadurch ist der Klägerin kein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten entstanden.
a) Sie hat durch die Zuvielzahlung lediglich einen vertraglichen Anspruch auf Verrechnung erworben. Dieser ist nicht zur Zahlung fällig, sondern nur eine Verrechnungsposition. Die Zahlung ist also so nicht geschuldet. Die Parteien hatten in ihrem Versicherungsvertrag nämlich vereinbart, dass der Selbstbehalt von € 400 mit Leistungsabrechnungen des Beklagten verrechnet wird. Wörtlich heißt es in den von der Klägerin gestellten AGB unter Punkt C „Selbstbehalt: Von den tariflichen Versicherungsleistungen wird ein Selbstbehalt von € 400 abgezogen. Dies gilt je versicherte Person und Kalenderjahr….“
Eine erweiternde Auslegung dieser Klausel zu Gunsten der Klägerin verbietet sich wegen § 305c Abs. 2 BGB. Ihr Wortlaut ist eindeutig. Unerheblich ist insoweit, dass die Klägerin, wie sie selbst vorträgt, mit Dritten, wie etwa namentlich den Krankenhäusern, andere Abreden trifft, wonach sie solche Zahlungen voll leistet. Denn diese Abreden betreffen nicht das gegenständliche Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten.
Auch der Ansatz der Klägerin, sie dürfe nicht mit Ansprüchen des Beklagten verrechnen, geht fehl. Denn offensichtlich kann sie jederzeit einen Selbstbehalt mit Leistungen aus dem gleichen Jahr verrechnen.
b) Auch ein Anspruch aus §§ 677, 683 667 BGB besteht nicht. Wenn die Klägerin gegen ihre Vertragsabreden mit dem Beklagten mit dem Krankenhaus direkt und voll abrechnet, kommt insofern ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag nicht in Betracht; denn die Verrechnungs-Abrede mit ihrem Versicherungsnehmer steht einer solchen Geschäftsführung objektiv entgegen. Bei Überweisung auch des Selbstbehalts handelt es sich wegen der entsprechenden Abrede mit dem Krankenhaus um ein Eigengeschäft der Klägerin aufgrund der Abreden mit den Krankenhäusern, zum anderen steht der direkte Wille des Versicherungsnehmers entgegen, den die Klägerin den zwischen ihr und dem Beklagten vereinbarten Klauseln entnehmen konnte. Danach sollte der Selbstverhalt (nur) verrechnet werden.
c) Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1., 1. Alt. BGB (condictio indebiti) scheitert an § 814 BGB. Denn die Klägerin wusste bei Leistung der vollen Summe (einschließlich des Selbstbehalts) für den Beklagten an das Krankenhaus, dass sie diese Leistung im Verhältnis zum Beklagten nicht schuldete.
d) Im Übrigen hätte die Klägerin den Selbstbehalt in Höhe von noch € 172,74 schlicht mit der nächsten Einreichung verrechnen können – und nach der vertraglichen Abrede – verrechnen müssen. Unstreitig hat die Klägerin mit Leistungsabrechnung vom 19.7.2011 einen Betrag von € 488,87 an den Beklagten überwiesen, ohne den restlichen Selbstbehalt einzubehalten.
e) Weder Fälligkeit, noch Verzug sind daher in Bezug auf die Rückzahlungsforderung jemals eingetreten. Der Beklagte haftet nicht für irgendwelche Verzugskosten. Zwischen den Parteien bestand eine Art vertragliches Kontokorrent. Gründe – wie etwa die Vertragsbeendigung – welche zur Aufhebung desselben führen sollten, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
2. Auch die Zinsforderungen der Klägerseite sind somit nicht begründet.
II.
Die Kosten des Verfahrens hatte die Klägerin folglich nach §§ 91a, 91 ZPO voll zu tragen.
III.
Die Regeln zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeben sich aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711, 713 ZPO.
IV.
Gründe, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor.
V.
Der Streitwert errechnet sich aus § 3 ZPO.