Interessante Fragestellungen zu Kaufverträgen im Internet
Kaufverträge im Internet: Wie kommt ein Vertrag zustande? Pakete, die nicht ankommen, mangelhafte Sache und Widerrufe – das sind nur einige der Fragen, die sich Verbraucher beim Online-Shopping stellen. Denn anders als beim Einkaufen im stationären Handel gelten für den Vertragsschluss im Internet besondere Regeln. In diesem Artikel erfahren Sie, worauf Sie achten müssen, damit es beim Online-Shopping keine böse Überraschung gibt.
1. Wie kommt ein Vertrag im Internet zustande?
2. Wie ist die Rechtslage, wenn die Ware nicht beim Empfänger ankommt?
3. Darf mein Paket auch einfach beim Nachbarn abgegeben werden?
4. Was ist bei einem Widerruf zu beachten?
5. Wer trägt die Kosten der Rücksendung?
6. Wen trifft das Rücksenderisiko?
7. Wann muss Wertersatz geleistet werden?
8. Rechte bei Nichtlieferung.
9. Rechte bei Lieferung einer mangelhaften Sache.
Aktuelle Rechtssprechung
BGH: Widerruf von Fernabsatzverträgen von Gesetzes wegen ohne Rücksicht auf die Beweggründe des Verbrauchers möglich
„Es ist dem freien Willen des Verbrauchers überlassen, ob und aus welchen Gründen er von einem bei einem Fernabsatzgeschäft bestehenden Widerrufsrecht Gebrauch macht.“ Der Kläger hatte bei der Beklagten über das Internet zwei Matratzen bestellt, die ausgeliefert und vom Kläger zunächst auch bezahlt worden waren. Unter Hinweis auf ein günstigeres Angebot eines anderen Anbieters und eine „Tiefpreisgarantie“ des Verkäufers bat der Kläger um Erstattung des Differenzbetrages in Höhe von 32,98 €, damit er von dem ihm als Verbraucher zustehenden Widerrufsrecht absehe.
Zu einer entsprechenden Einigung kam es nicht. Der Kläger widerrief den Kaufvertrag daraufhin fristgerecht und sandte die Matratzen zurück
(BGH, Urteil vom 16.03.2016, Az: VIII ZR 146/15)
Fristen bei Internetkaufverträgen
Beschreibung | Frist |
---|---|
Widerrufsrecht | 14 Tage nach Erhalt der Ware |
Kostentragung bei Widerruf | bei ordnungsgemäßer Belehrung trägt Verbraucher die Kosten |
Gewährleistungsfrist für Sach- mängel | Grds. zwei Jahre; bei Privatverkauf und/oder gebrauchter Sache u.U. weniger |
1. Kaufvertragsschluss beim Internetkauf – Wie kommt ein Vertrag zustande?
Die Warenpräsentation in einem Online-Shop stellt eine Aufforderung des Unternehmers an den Verbraucher dar, ein Angebot auf Abschluss eines Kaufvertrages abzugeben. Bestellt jemand über einen Internetshop Waren, so gibt er folglich mit der Bestellung ein rechtsverbindliches Angebot für den Abschluss eines Kaufvertrages an den Betreiber des Internetshops ab. Dieses Angebot kann der Betreiber dann annehmen oder ablehnen. Lehnt er es ab, kommt kein Kaufvertrag zustande. Nimmt er es an, ist der Vertrag geschlossen. Dies gilt allerdings nur, wenn der Bestellvorgang so eindeutig gestaltet ist, dass dem Verbraucher klar ist, dass er sich mittels Mausklicks zur Zahlung verpflichtet (beispielsweise durch einen deutlich erkennbaren Button mit der Aufschrift „zahlungspflichtig bestellen“ bzw. einer entsprechenden eindeutigen Formulierung). Ist dies nicht der Fall, so trägt der Unternehmer die Beweislast für den Kaufvertragsschluss.
2. Wie ist die Rechtslage, wenn die Ware nicht beim Empfänger ankommt?
Kauft ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache (sog. Verbrauchsgüterkauf), so trägt grds. der Unternehmer das Risiko und somit die Gefahr, dass die Sache auf dem Versandweg abhandenkommt oder beschädigt wird. Kommt die Ware also gar nicht bzw. beschädigt beim Verbraucher an, so stehen diesem ggf. Gewährleistungsrechte in Form eines Anspruches auf Nacherfüllung (Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer neuen Sache) zu. Sollte der Versandhändler nicht zu einer erneuten Lieferung verpflichtet sein, so muss der Verbraucher auch nicht mehr den Kaufpreis bezahlen. Hat er den Kaufpreis bereits gezahlt, so hat er einen Rückzahlungsanspruch gegenüber dem Verkäufer.
3. Wenn der Postbote zweimal klingelt… – Darf mein Paket auch notfalls beim Nachbarn abgegeben werden?
Die sog. „Ersatzzustellung“ ist in Zeiten des boomenden Onlinehandels eine oftmals praktizierte Vorgehensweise der Paketzusteller. Grundsätzlich gilt, dass die Sendung ohne ausdrückliche Einwilligung des Absenders nur an den Empfänger selbst zugestellt werden darf. Viele Versandunternehmen haben jedoch in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt, ob auch an Nachbarn bzw. andere Hausbewohner geliefert werden darf.
Diesbezüglich sind zwei Konstellationen zu unterscheiden:
- der Empfänger der Ware erteilt einem Nachbarn eine Vollmacht zur Entgegennahme des Paketes und teilt diese dem Transportunternehmen gegenüber mit: in einem solchen Fall muss sich der Verbraucher rechtlich so behandeln lassen, als sei ihm die Ware persönlich zugestellt worden. Beschädigt der Nachbar also beispielsweise das Paket, so hat der Verbraucher jedenfalls keinerlei Ansprüche gegenüber dem Versandhändler. Unabhängig davon ist der Verbraucher in jedem Fall zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet.
- die Ware wird einfach bei einem empfangsbereiten Nachbarn oder Hausbewohner abgeliefert: Grundsätzlich muss kein Nachbar ein fremdes Paket annehmen. Nimmt er es aber trotzdem an, so ist er zur sorgfältigen Aufbewahrung verpflichtet. Er darf es dem Empfänger beispielsweise nicht einfach vor die Türe stellen. Geht ein Paket auf diese Weise verloren, haftet u.U. der Nachbar, keinesfalls jedoch der Paketzusteller bzw. der Versandhändler. Allerdings ist der Verbraucher hier nicht mehr zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet.
4. Was ist bei einem Widerruf zu beachten?
Bei Verträgen, die im Internet bzw. über einen Online-Shop abgeschlossen wurden (sog. Fernabsatzverträge), steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu. Die Widerrufsfrist beträgt bei ordnungsgemäßer Belehrung 14 Tage und beginnt grundsätzlich mit Vertragsschluss. Beim Verbrauchsgüterkauf – das ist ein Vertrag, durch den ein Verbraucher von einem Unternehmer eine bewegliche Sache kauft – beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn der Verbraucher oder ein von ihm benannter anderer Empfänger die Ware erhalten hat. Wird der Verbraucher nicht ordnungsgemäß oder gar nicht belehrt, erlischt das Widerrufsrecht spätestens 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer, bedarf keiner Begründung und kann formlos (auch mündlich) erklärt werden. Es empfiehlt sich jedoch eine Erklärung in Textform, d.h. schriftlich oder per E-Mail. Alternativ kann man sich des in der Regel vom Unternehmer mitgesendeten Muster-Widerruf-Formulars bedienen. Der rechtzeitige Widerruf führt dazu, dass Unternehmer und Verbraucher nicht mehr an den Vertrag gebunden sind und die empfangenen Leistungen somit unverzüglich, spätestens aber nach 14 Tagen zurück zu gewähren sind.
5. Wer trägt im Fall eines Widerrufs die Rücksendekosten?
Der Verbraucher trägt die unmittelbaren Kosten der Rücksendung, wenn der Unternehmer den Verbraucher auf diese Pflicht ordnungsgemäß hingewiesen hat. Dies hindert den Unternehmer jedoch nicht daran, die Rücksendekosten freiwillig zu übernehmen. Im Rahmen der Rückabwicklung muss der Unternehmer jedenfalls auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung (= Hinsendekosten) zurückerstatten.
6. Wer trägt im Falle eines Widerrufes das Rücksenderisiko?
Wer von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht, sendet die Ware auf Gefahr des Unternehmers zurück. Wird die gekaufte Sache im Rahmen der Rücksendung beschädigt oder geht sie verloren, muss der Verbraucher keinen Ersatz leisten und erhält den Kaufpreis trotzdem zurück. Es empfiehlt sich, den Beleg des Transportunternehmens bis zur Rückerstattung des Kaufpreises aufzubewahren.
7. Unter welchen Umständen muss der Verbraucher bei Rücksendung der Ware Wertersatz leisten?
Der Verbraucher hat Wertersatz für einen Wertverlust der Ware nur dann zu leisten, wenn er sein Prüfungsrecht durch übermäßige Nutzung der Ware überschreitet (z.B. Rückgabe einer Fotokamera nach einer Urlaubsreise; nicht aber etwa beim Befüllen eines Wasserbettes) und der Verbraucher vom Unternehmer zuvor ordnungsgemäß über das bestehende Widerrufsrecht und die Wertersatzpflicht unterrichtet wurde.
8. Was tun, wenn die gekaufte Ware nicht geliefert wird?
Möchte der Verbraucher am Vertrag festhalten, so empfiehlt es sich, dem Verkäufer schriftlich eine angemessene Frist (z.B. 7-14 Tage) zu setzen und ihn zur Lieferung der Kaufsache auffordern. Verstreicht diese Frist fruchtlos, so kann der Käufer den Verkäufer auf Lieferung der Ware und/oder Schadensersatz verklagen.
Möchte der Verbraucher hingegen nicht am Vertrag festhalten, so kann er entweder den Widerruf gegenüber dem Unternehmer erklären oder aber – ggf. nach einer erfolglosen Fristsetzung – vom Kaufvertrag zurücktreten.
9. Was tun, wenn die gekaufte Ware mangelhaft ist?
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer grds. Nacherfüllung verlangen (Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache), vom Vertrag zurücktreten und/oder Schadensersatz verlangen. Alternativ dazu steht dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen auch hier binnen der Widerrufsfrist das Widerrufsrecht (s.o. Nr.4) zu.