OLG Köln – Az.: I-16 U 31/18 – Beschluss vom 19.04.2018
Der Senat weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung des Klägers gegen das am 29.11.2017 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 12 O 38/17 – nach § 522 Abs. 2 ZPO einstimmig durch Beschluss zurückzuweisen.
Dem Kläger wird Gelegenheit gegeben, binnen 3 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses zu dem Hinweis Stellung zu nehmen.
Gründe
I.
Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, denn das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen die von ihm wegen seines Sturzes in dem hoteleigenen Speisesaal am 07.11.2013, der durch einen Zusammenstoß mit einer Servicekraft ausgelöst wurde, geltend gemachten Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen die beklagte Veranstalterin einer Pauschalreise nicht zu.
1. Ein auf § 651f Abs. 1 BGB gestützter Anspruch scheidet aus, denn es liegt kein Reisemangel im Sinne von § 651c Abs. 1 BGB vor.
Wie bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt ein Reisemangel dann vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Reiseleistungen von derjenigen abweicht, welche die Parteien bei Vertragsschluss vereinbart oder gemeinsam, auch stillschweigend, vorausgesetzt haben, und dadurch der Nutzen der Reise für den Reisenden beeinträchtigt wird. Dabei trägt der Reiseveranstalter unabhängig von der Ursache des Fehlers grundsätzlich die Gefahr des Gelingens der Reise und hat auch ohne Verschulden für den Erfolg und die Fehlerfreiheit der Gesamtheit der Reiseleistungen einzustehen (s. nur BGH, Urt. v. 06.12.2016 – X ZR 117/15 = NJW 2017, 958 = RRa 2017, 665 Rz. 6 mwN).
Indes ist nach der Rechtsprechung des BGH (s. Urt. v. 06.12.2016, a.a.O. Rz. 10; v. 11.01.2005 – X ZR 163/02 = NJW 2005, 1420 = RRa 2005, 112, Rz. 18) eine Begrenzung der reisevertraglichen Gewährleistung in Bezug auf solche Umstände geboten, in denen sich Risiken verwirklichen, die der Reisende im täglichen Leben ebenfalls zu tragen hat. Damit wird dem Schutzzweck der reisevertraglichen Gewährleistung Rechnung getragen, denn es ist nicht Zweck reisevertraglicher Haftung, den Reisenden von seinem allgemeinen Lebensrisiko zu entlasten. Eine vertragliche Haftung besteht danach nur für diejenigen adäquaten Schadensfolgen, zu deren Abwendung die verletzte Vertragspflicht übernommen wurde. Die Haftungsbegrenzung aufgrund des Schutzzwecks der Norm erfordert dabei eine wertende Betrachtung des Einzelfalls.
Nach vorstehenden Grundsätzen stellt der streitgegenständliche, durch einen Zusammenstoß mit einer Servicekraft ausgelöste Sturz in dem hoteleigenen Speisesaal keinen Mangel der Pauschalreise dar, vielmehr verwirklichte sich dabei ein allgemeines Lebensrisiko des Klägers.
Zwar erfolgte der Sturz im hoteleigenen Speisesaal, also im Rahmen der von der Beklagten im Rahmen der Pauschalreise zu erbringenden Reiseleistung der Verpflegung. Dieser räumliche und sachliche Zusammenhang mit der von dem Reiseveranstalter zu leistenden Verpflegung allein bedeutet aber nicht, dass jedweder im Zusammenhang mit der Verpflegung stehender, den Kläger beeinträchtigender Umstand einen Reisemangel darstellt. Dass ein Restaurantgast durch einen Zusammenstoß mit einer Servicekraft zu Fall kommen kann, ist vielmehr ein Umstand, mit dem auch im normalen Alltag zu rechnen ist und der daher als allgemeines Lebensrisiko der Privatsphäre des Reisenden zuzurechnen ist. Bei der Bewertung, ob trotz dieser Zuordnung ein Reisemangel vorliegt, geht es also im Kern um die Frage, ob das, was eigentlich zum allgemeinen Lebensrisiko zählt, anders zu beurteilen ist, weil sich der Betroffene in der Obhut und Einflusssphäre eines Reiseveranstalters befindet, den eine Einstandspflicht trifft, die Reiseleistungen mangelfrei durchzuführen (so Staudinger/Verbizkaja, jM 2017, 280, 281).
Bei der erforderlichen Abgrenzung ist darauf abzustellen, ob die Erbringung der erfolgsorientierten Reiseleistung an sich betroffen ist – dann ist ein Reisemangel gegeben – oder nur ein die Reiseleistung begleitender und aus deren „Umfeld“ stammender Umstand den Reisenden beeinträchtigt (vgl. Diehl, ZfSch 2017, 199). Vorliegend ist das zum Zusammenprall und damit zum Sturz des Klägers führende Verhalten der Servicekraft, die sich nach Abräumen eines Tisches ohne ausreichende Umschau umdrehte und gegen den sich nahenden Kläger stieß, dem Umfeld der Reiseleistung Verpflegung und damit weiterhin ausschließlich dem allgemeinen Lebensrisiko des Klägers zuzurechnen. Die Erbringung der Reiseleistung Verpflegung wird gerade nicht unmittelbar tangiert, wie es etwa dann der Fall wäre, wenn verdorbene Speisen ausgegeben würden (vgl. Staudinger/Verbizkaja, jM 2017, 280, 282). Der für die Erbringung der Reiseleistung maßgebliche Erfolg der während der gesamten Reisezeit geschuldeten Verpflegung tritt auch dann ein, wenn der Reisende bei einer Mahlzeit durch ein Missgeschick einer Servicekraft stürzt. Diese Einschätzung wird durch folgende Kontrollüberlegung gestützt: Wäre der Sturz im hoteleigenen Speisesaal aufgrund einer nicht beseitigten Bodennässe eingetreten, wäre auch nicht die Reiseleistung Verpflegung selbst mangelhaft, vielmehr könnte sich ein Reisemangel dann nur aus der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (dazu BGH, Urt. v. 12.06.2007 – X ZR 87/06 = NJW 2007, 2549 = RRa 2007, 215 Rz. 20) ergeben. Eine Verkehrspflichtverletzung hinsichtlich der Auswahl und Kontrolle des Hotels in Bezug auf dessen Personal wirft der Kläger der Beklagten nicht vor.
2. Ein Anspruch aus § 831 BGB steht dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil die den Sturz verursachende Servicekraft ein Arbeitnehmer des Hotelunternehmens C auf M und diese selbständige Leistungsträgerin mangels Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit kein Verrichtungsgehilfe der beklagten Reiseveranstalterin ist (vgl. nur BGH, Urt. v. 25.02.1988 – VII ZR 348/86 = BGHZ 103, 298, 303; Führich, Reiserecht, 7. Aufl. 2015, § 11 Rz. 79).
II.
Auch die weiteren Voraussetzungen, unter denen die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen ist, liegen vor. Dem Rechtsstreit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu; es handelt sich um einen Streit, dessen Tragweite sich im konkreten Einzelfall erschöpft. Auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung im Berufungsverfahren ist nicht geboten.
III.
Auf die gemäß Nr. 1222 GKG-VV gerichtskostenreduzierende Wirkung einer Berufungsrücknahme wird ergänzend hingewiesen.