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Gewohnheitsrecht im Arbeitsrecht – Betriebliche Übung

Betriebsübung: Die re­gelmäßige Wie­der­ho­lung be­stimm­ter gleichförmi­ger Ver­hal­tens­wei­sen des Ar­beit­ge­bers

Aus einem arbeitsvertraglichen Verhältnis heraus ergeben sich für den Arbeitnehmer durchaus Pflichten und Rechte, die letztlich den Arbeitsalltag bestimmen. Seien es die Zahlungen des Arbeitsentgeltes oder der Prämien, seien es die Arbeitszeiten – viele Arbeitnehmer haben im Verlauf eines Arbeitsverhältnisses eine gewisse Konstanz in ihrem Arbeitsleben, sodass die Frage nach dem Gewohnheitsrecht durchaus interessant wird. Hierbei handelt es sich dem Grunde genommen nach um das gleiche Gewohnheitsrecht, welches auch in dem privaten Rahmen zur Anwendung kommt. Jedoch ist bei vielen Arbeitnehmern das Grundprinzip des Gewohnheitsrechts nicht bekannt und sehr viele Arbeitgeber fragen sich, wie sich ein Unternehmen gegen das Gewohnheitsrecht zur Wehr setzen kann. Fakt ist, dass Gewohnheitsrecht ist seitens des Gesetzgebers an einige Voraussetzungen geknüpft.


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Wie definiert sich das Gewohnheitsrecht überhaupt?

Der Gesetzgeber definiert das Gewohnheitsrecht als ein Recht, welches nirgendwo in irgendeiner Form niedergeschrieben wurde und welches dementsprechend auch keinerlei rechtliche Grundlage in Form eines entsprechenden Gesetzes hat. Das Gewohnheitsrecht fällt dementsprechend in den Bereich des ungeschriebenen Rechts. Dieses Recht ist somit ebenfalls ein stillschweigendes Recht, aus welchem heraus sich aber dennoch für Personen Ansprüche ergeben können. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass, wenn ein Arbeitgeberunternehmen die Voraussetzungen für das Gewohnheitsrecht erfüllt, sie Ansprüche gegen den Arbeitgeber auf der Basis des Gewohnheitsrechts geltend machen können.

Die Rahmenkriterien für das Gewohnheitsrecht

  • das Unternehmen gewährt für einen längeren Zeitraum einen Aspekt des Arbeitsverhältnisses
  • der Aspekt des Arbeitsverhältnisses erfolgt im beiderseitigen Einverständnis
  • der Aspekt des Arbeitsverhältnisses wird auf regelmäßiger Basis wiederholt
Gewohnheitsrecht - betriebliche Übung
Das Gewohnheitsrecht ist ein sprichwörtlich ungeschriebenes Recht von Arbeitnehmern, welches sich jedoch in keinem Gesetzt wiederfindet bzw. schriftlich fixiert ist. Bekanntes Beispiel einer betrieblichen Übung ist die regelmäßig wiederkehrende Zahlung von Weihnachtsgeld. (Symbolfoto: giggsy25/Shutterstock.com)

Als Aspekt des Arbeitsverhältnisses können viele Dinge in Betracht kommen. Sowohl die Arbeitszeiten als auch gewisse Aufgabenbereiche / Einsatzgebiete sowie gewisse Zahlungen des Unternehmens an Arbeitnehmer können dementsprechend unter das Gewohnheitsrecht fallen.

Das Gewohnheitsrecht kann dementsprechend im Hinblick auf die Gewohnheit wörtlich genommen werden. Sollte das Gewohnheitsrecht Anwendung finden verändert sich der Charakter dahingehend, als dass aus dem Gewohnheitsrecht die sogenannte betriebliche Übung wird. Diese betriebliche Übung wird dann für den Arbeitnehmer die rechtliche Grundlage, sodass der Arbeitnehmer berechtigt ist davon auszugehen, dass der Aspekt des Arbeitsverhältnisses von dem Unternehmen auch zukünftig gebilligt bzw. erbracht wird.

Welche Voraussetzungen sind für die betriebliche Übung erforderlich?

Damit aus dem Gewohnheitsrecht juristisch betrachtet eine betriebliche Übung werden kann müssen gewisse Grundvoraussetzungen gegeben sein. Aktuell geht die ständige Rechtsprechung von einem Mindestzeitraum von drei Jahren aus, in welchem der Aspekt des Arbeitsverhältnisses seitens des Unternehmens erbracht oder gebilligt wurde. Mit dem vierten Jahr erwirbt der Arbeitnehmer dann den Anspruch aus der betrieblichen Übung heraus, dass dieser Aspekt von dem Arbeitgeber auch künftig erbracht oder gebilligt wird. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit seinem Urteil (Aktenzeichen 10 AZR 266/14) so festgelegt.

Der entsprechende Aspekt des Arbeitsverhältnisses darf nicht nur für eine einzige Person Geltung haben. Die betriebliche Übung muss zwingend für einen abgrenzbaren Anteil der gesamten Belegschaft eines Unternehmens zur Geltung kommen. Überdies ist die betriebliche Übung auch daran geknüpft, dass es keinerlei anderweitige arbeits- oder auch tarifvertragliche Regelungen in dem Arbeitgeberunternehmen gibt. Sollten derartige Vereinbarungen existieren haben sie auf jeden Fall Vorrang vor der betrieblichen Übung.

Praxisbeispiele der betrieblichen Übung

  • Urlaubs-, Weihnachtsgeld- oder Prämienzahlungen
  • Fahrtkostenzuschüsse oder Essensgeldzahlungen
  • Weiterbildungskostenübernahme des Arbeitgebers
  • Urlaub an Feiertagen oder Freistellungszeiten an Feiertagen
  • die Rahmenumstände im Zusammenhang mit der Krankenmeldung
  • Auszahlung von Überstunden

Aus freiwillig wird eine Pflicht

Sollte ein Unternehmen für einen Zeitraum von mindestens drei Jahren ohne entsprechende Vorbehalte eine Zusatzleistung wie beispielsweise die Zahlung von Weihnachtsgeld an die Arbeitnehmer des Unternehmens getätigt haben, so begründet ein derartiges Verhalten in dem vierten Jahr den Rechtsanspruch der Arbeitnehmer für die Fortführung dieser Praxis. Für das Unternehmen bedeutet dies, dass aus einer Zusatzleistung auf freiwilliger Basis in diesem Fall dann eine gesetzliche Pflicht aufgrund der betrieblichen Übung wird. Der Rechtsanspruch der Arbeitnehmer kann dann mittels eines erfahrenen Rechtsanwalts für Arbeitsrecht notfalls auch auf dem gerichtlichen Weg durchgesetzt werden.

Die Grenzen des Gewohnheitsrechts

Im juristischen Sinne findet das Gewohnheitsrecht durchaus Grenzen. In erster Linie ist hierbei das sogenannte Direktionsrecht gemeint, welches der Arbeitgeber innehat. Sollte das Gewohnheitsrecht mit eben jenem Direktionsrecht kollidieren, so sind die Grenzen des Gewohnheitsrechts erreicht. In der gängigen Praxis gilt dies insbesondere bei den Arbeitszeiten von dem Arbeitnehmer sowie dem Arbeitsort nebst der Arbeitstätigkeiten. Das Direktionsrecht hat gegenüber dem Gewohnheitsrecht juristisch betrachtet Vorrang, da das Direktionsrecht das Recht des Arbeitgebers auf die Bestimmung des Arbeitsinhalts sowie des Arbeitsorts nebst den Arbeitszeitenregelungen darstellt. Dieses Recht ergibt sich aus dem § 106 GewerbeOrdnung (GewO).

Das Direktionsrecht kann rechtlich betrachtet durch das Gewohnheitsrecht des Arbeitnehmers bzw. der betrieblichen Übung nicht eingeschränkt werden.

Ein Praxisbeispiel für das Direktionsrecht des Arbeitgebers

Ein Arbeitnehmer ist in einem Unternehmen sehr fünf Jahren im Nachtschichtsystem tätig. Diese Nachtschicht wird ohne eine entsprechende arbeitsvertragliche Regelung immer exakt zu der gleichen Arbeitszeit ausgeübt. Der Arbeitgeber möchte nunmehr den entsprechenden Arbeitgeber in der Tagschicht einsetzen und ist hierzu berechtigt. Zwar könnte der Arbeitnehmer nunmehr mit der betrieblichen Übung argumentieren, allerdings sagt der Gesetzgeber, dass der Arbeitgeber keinen Grund für die Annahme hat, dass die Nachtschichttätigkeit auch künftig zur Anwendung kommt. Das Landesarbeitsgericht Hessen hat mit seinem Urteil aus 1998 (Aktenzeichen 9 Sa 1325/98) dies bestätigt.

Der Arbeitgeber hat das finale Weisungsrecht im Hinblick auf die Tätigkeitsart. Selbst dann, wenn ein Arbeitnehmer für einen sehr langen Zeitraum stetig am exakten Arbeitsort tätig gewesen ist ergibt sich daraus kein Rechtsanspruch darauf, dass dies auch künftig so bleibt. Ein Arbeitgeber darf dementsprechend Änderungen anordnen bzw. vornehmen.

Wie können Streitigkeiten gelöst werden?

Nicht selten entsteht ein Gewohnheitsrecht ungeplant. Es sind in der gängigen Praxis oftmals die kleinen, unbewusst geschehenden praktischen betrieblichen Abläufe, welche dann durchaus einen Streit zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer auslösen. Der Arbeitgeber hat hierbei nur zu häufig überhaupt kein Interesse an derartigen Streitigkeiten, welche die betrieblichen Abläufe stören. Dass aus freiwillig erbrachten oder geduldeten Leistungen der Anspruch für den Arbeitnehmer wächst kann überhaupt nicht im Sinn eines Arbeitgebers liegen. Aus diesem Grund sollte ein Arbeitgeber den Fokus darauf liegen, wie das Gewohnheitsrecht mit Entwicklung zur betrieblichen Übung verhindert werden kann. Dies lässt sich durch entsprechende Ausschlussklauseln in dem Arbeitsvertrag sehr gut realisieren. Mittels einer des Ausschlusses von dem Freiwilligkeitsvorbehalt in dem Arbeitsvertrag kann ein Arbeitgeber erklären, dass bestimmte Leistungen auf der Basis der Freiwilligkeit beruhen und dass sich daraus für den Arbeitnehmer kein Rechtsanspruch begründen lässt.

Eine betriebliche Übung kann durchaus auch seitens eines Unternehmens rückabgewickelt werden. Dies setzt jedoch zwingend einen einvernehmlichen Aufhebungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer voraus. Beide Parteien müssen in diesem Aufhebungsvertrag zustimmen, dass bestimmte Aspekte des Arbeitsverhältnisses künftig keine Geltung mehr haben.

Eine weitere Möglichkeit der Rückabwicklung von einer betrieblichen Übung stellt die sogenannte Änderungskündigung dar. Ein Arbeitgeber bietet in diesem Fall dem Arbeitnehmer die Fortführung des bestehenden Arbeitsverhältnisses unter dem Gesichtspunkt der veränderten Arbeitsbedingungen an, während hingegen das bestehende Arbeitsverhältnis mit den alten Bedingungen beendet wird. Die Änderungskündigung setzt jedoch voraus, dass der Arbeitnehmer zustimmt. Ohne eine einvernehmliche Einigung lässt sich die Änderungskündigung nicht durchsetzen.

Im Zweifel einen Rechtsanwalt aufsuchen

Natürlich hat ein Arbeitnehmer in dem Unternehmen des Arbeitgebers ein Interesse an einer gewissen Konstanz und Planbarkeit des Arbeitsverhältnisses. Dies lässt sich in der gängigen Praxis jedoch nicht immer so einfach realisieren. Sollte es im Hinblick auf das Gewohnheitsrecht bzw. der betrieblichen Übung zu Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber kommen ist der Gang zu einem erfahrenen Rechtsanwalt auf jeden Fall sehr sinnvoll. Wir stehen diesbezüglich sehr gerne mit unserer juristischen Kompetenz zur Verfügung. Unser Fachanwalt für Arbeitsrecht berät Sie gerne.

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