HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT
Az.: 3 U 281/01
Verkündet am: 27.06.2002
Vorinstanz: LG Hamburg – Az.: 315 O 978/00
In dem Rechtsstreit hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3. Zivilsenat, nach der am 6. Juni 2002 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 15, vom 28. Juni 2001 mit der Maßgabe bestätigt, daß das Verbot zu d) besteht, wenn es hinsichtlich des Spar-Schecks über DM 60,00 in dem Anschreiben an den namentlich angesprochenen Empfänger (Anlage K 3) heißt, dieser Spar-Scheck sei ausschließlich für diese namentlich angesprochene Person bestimmt.
Die Kosten der Berufung fallen der Beklagten zur Last. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gegen dieses Urteil wird die Revision nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf € 15.338,00 (= DM 30.000,00) festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte aus Wettbewerbsrecht auf Unterlassung in Anspruch.
Bei dem jetzigen Kläger (nachfolgend: VZBV), handelt es sich um den Dachverband der 16 Verbraucherzentralen sowie 18 weiterer Verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Im VZVB, welcher im November 2000 gegründet worden ist, sind die drei bisherigen Bundesorganisationen, nämlich die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AgV), der Verbraucherschutzverein e.V. (VSV) und die Stiftung Verbraucherinstitut (VI) zusammengeführt worden. Der VZVB ist Rechtsnachfolger dieser drei Organisationen und wird vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft institutionell gefördert. Er ist in der vom Bundesverwaltungsamt geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKIaG eingetragen.
Gemäß § 2 seiner Satzung bezweckt der VZBV, Verbraucherinteressen wahrzunehmen, den Verbraucherschutz zu fördern, die Stellung des Verbrauchers in der sozialen Marktwirtschaft zu stärken und zur Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung beizutragen, indem er u.a. Verstöße gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), gegen das BGB wegen unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen und gegen andere Verbraucherschutzgesetze durch geeignete Maßnahmen kollektiven Rechtsschutzes unterbindet, erforderlichenfalls auch durch Einleitung gerichtlicher Maßnahmen.
Der vormalige Kläger,…, war ebenfalls ein rechtsfähiger Verein, der nach seiner Satzung Verbraucherinteressen wahrzunehmen hatte und gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen vorgegangen ist. Er wurde seit 1974 vom Bundesministerium für Wirtschaft voll institutionell gefördert. Seine Klagebefugnis war sowohl instanz- als auch obergerichtlich anerkannt (so z.B. in BGH WRP 1992, 380 – Beitragsrechnung; BGH WRP 1994, 262 – Lexikothek; BGH WRP 1998,1068 – Verkaufsveranstaltung in Aussiedlerwohnheim; BGH MDR 2000, 1233 f.). Der jetzige Kläger ist aufgrund Verschmelzung vom 23. April 2001 Rechtsnachfolger des vormaligen Klägers geworden (Anlage K 9).
Die Beklagte betreibt ein Versandhandelsunternehmen mit Sitz in den Niederlanden. Ihr Geschäftsführer ist in Österreich ansässig.
Am 5. Juni 2000 führte die Beklagte eine Mailingaktion durch, welche an Empfänger in der Bundesrepublik Deutschland gerichtet war (Anlagen K 1 – K 4 sowie K 8).
Die versandten Unterlagen enthielten u.a. eine Gewinnmitteilung mit einem sog. Gewinnschein. Auf einem der Werbeblätter, welches in Form eines persönlichen Anschreibens gehalten war, hieß es unter der Überschrift „DRINGENDE MELDUNG“ u.a.:
„Liebe Frau S…, ‚
Ich wende mich direkt an Sie, um Sie offiziell zu informieren, daß sie von der Geschäfts- und Finanzleitung einstimmig als Gewinnerin in der großen Belohnungsaktion vom …-Versand bestätigt wurden:
SIE ERHALTEN EINEN SCHECK!
Ja, so ist es! Das kann Ihnen keiner mehr wegnehmen und der 1. Sonderpreis ist
EIN SCHECK ÜBER DM 15.000,-!“
Das ist ein gewaltiger Betrag. Haben Sie deshalb Verständnis, daß ich ihn nur 2 Wochen lang reservieren kann. Deshalb rate ich Ihnen, senden Sie so schnell wie möglich den Gewinnschein – am besten gleich mit dem Bestellschein – komplett ausgefüllt an den …-Versand zurück.
Und das ist noch lange nicht alles….
Sie haben neben einem 1. Preis auch noch einen 2. Preis gewonnen!
Gemäß den Teilnahmebedingungen müssen wir aber darauf hinweisen, daß Sie keinen Anspruch auf ihren Scheck haben, wenn Sie den Gewinnschein nicht komplett ausgefüllt an den …-Versand zurücksenden…
Für Sie als garantierte Bargeldgewinnerin habe ich noch unseren aktuellen Neuheiten-Katalog beigelegt. Darin finden Sie sensationelle Top-Angebote zum kleinsten Preis. Außerdem erhalten Sie zu Ihrer Bestellung ein wertvolles HiFi-Geschenk …“ (Anlage K 1).
Auf dem beiliegenden „GEWINNSCHEIN“ wurden den Angeschriebenen für das weitere Vorgehen zwei Möglichkeiten zur Auswahl gestellt, welche durch Ankreuzen zu bestimmen waren. So konnte entweder die Variante
„JA, ich möchte meine beiden Preise reservieren. Deshalb bestelle ich und erhalte auch mindestens 1 Geschenk zusammen mit der bestellten Ware“
oder die Variante
„NEIN, ich möchte wider Erwarten nicht bestellen und verzichte auf die Geschenke, fordere aber meine Preise in einem neutralen Umschlag an. Ihre Preise erhalten Sie zu einem späteren Zeitpunkt“
gewählt werden. Der „GEWINNSCHEIN“ war zu unterschreiben. Oberhalb der Unterschriftenzeile hieß es erläuternd:
„Wichtig: Unterschrift nicht vergessen! Mit meiner Unterschrift anerkenne ich die Teilnahmebedingungen, die auf der Innenseite der Versandhülle abgedruckt sind. Diese habe ich zur Kenntnis genommen und verstanden. Bitte schicken Sie den mir zustehenden Gewinn zu.“
Zudem enthielt die Werbesendung eine weitere zweiseitig bedruckte Unterlage (Anlage K 3). Dort wurden auf der einen Seite unter der Überschrift „Ihr sensationelles Spar-Scheck-Angebot“ 12 sog. Monatstassen samt Untertassen zum Preis von DM 99,95 bzw. DM 39,95 („MIT SPARSCHECK“) beworben. Auf der Rückseite, welche mit der Überschrift „SPAR-SCHECK“ versehen war, befand sich eine sog. „SPAR-MARKE im Wert von DM 60,00. Diese Marke konnte abgezogen und auf den beiliegenden Bestellschein (Anlage K 4) aufgeklebt werden. Dazu hieß es
„Dieser Spar-Scheck ist ausschließlich für Frau … in Hamburg bestimmt.Frau … erhält eine Spar-Marke im Wert von DM60,00…“ (Anlage K 3).
Weiter wurde ausgeführt, daß der Wert der aufgeklebten Sparmarke von dem ursprünglichen Preis der Monatstassen abgezogen werde, wenn die Bestellung innerhalb von 10 Tagen erfolge (Anlage K 3).
Darüber hinaus enthielt das Mailing einen Bestellschein, in dem als „Geschenk“ für die Bestellung eines 7-teiligen Messerblocks für DM 9,95 und des vorgenannten Monatstassen-Sets die Lieferung eines HiFi-Geräts gratis aufgeführt war (Anlage K 4). Dazu hieß es auf einem gesonderten Blatt (Anlage K 2), auf welchem sich die Abbildung verschiedener HiFi-Geräte befand, unter der Überschrift „Dieses Geschenk ist für Sie reserviert“: „Exklusiv für Ihre heutige Bestellung
Ihre Belohnung
Frau…
Mit einem dieser wertvollen HiFi-Geräte erhalten Sie ein sehr praktisches und nützliches Geschenk“.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf ein Original der Werbesendung verwiesen, welches der Beklagten-Vertreter mit Schriftsatz vom 3. April 2001 zur Akte gereicht hat.
Nachdem der vormalige Kläger Anfang Juli 2000 Kenntnis von der Mailingaktion der Beklagten erlangt hatte, mahnte er sie mit Schreiben vom 7. Juli 2000 ab. Er hat dazu die Ansicht vertreten, die Werbemaßnahme der Beklagten sei unzulässig. Die Beklagte hat ihre Werbung verteidigt und die Einrede der Verjährung erhoben.
Mit Urteil vom 26. Juni 2001 hat das Landgericht Hamburg die Beklagte bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Gewinnbenachrichtigungen und/oder Geschenkversprechen und/oder Sparschecks an namentlich angesprochene private Endverbraucher insbesondere wie nachfolgend abgebildet zu versenden, wenn
a) in Bezug auf den Angeschriebenen behauptet wird, dass er einen 1. Sonderpreis, z.B. DM 15.000,00 gewonnen hat, soweit nicht deutlich und unmißverständlich klargestellt ist, dass lediglich die Möglichkeit besteht, diesen Preis zu gewinnen,
und/oder
b) der Angeschriebene aufgefordert wird, mit der Gewinnanforderung gleichzeitig eine Warenbestellung aufzugeben,
und/oder
c) für die Bestellung ein wertvolles Geschenk -z.B. ein Hifi-Gerät- in Aussicht gestellt wird, und/oder
d) für die Bestellung eines bestimmten Artikels, z.B. Monatstassen, mit einer erheblichen Ersparnis, z.B. 60 % des Kaufpreises, geworben wird.
Dem Tenor des Urteils waren die entsprechenden Werbematerialien der Beklagten zum Teil (Anlagen K 1 bis K 4) beigefügt.
Gegen dieses Urteil des Landgerichts Hamburg wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, die sie frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat.
Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr gesamtes erstinstanzliches Vorbringen. Sie stützt ihre Berufung maßgeblich darauf, daß die Klage unzulässig und der geltend gemachte Unterlassungsanspruch unbegründet bzw. bereits verjährt sei.
Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 28. Juni 2001, Az.: 315 0 978/00, zugestellt am 6. Juli 2001, aufzuheben und die Klage abzuweisen………..,
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie verteidigt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag das angefochtene Urteil.
Auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Gegenstand des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs ist die Versendung von Gewinnbenachrichtigungen, Geschenkversprechen und Sparschecks an namentlich angesprochene private Endverbraucher, und zwar im Hinblick darauf, daß in Bezug auf den jeweils Angeschriebenen behauptet wird, daß dieser einen 1. Sonderpreis, z.B. DM 15.000,00 gewonnen habe, soweit nicht deutlich und unmißverständlich klargestellt wird, daß lediglich die Möglichkeit besteht, diesen Preis zu gewinnen (Antrag zu a.), sowie im Hinblick darauf, daß der Angeschriebene aufgefordert wird, mit der Gewinnanforderung gleichzeitig eine Warenbestellung aufzugeben (Antrag zu b.) bzw. ihm für die Bestellung ein wertvolles Geschenk z.B. ein Hifi-Gerät in Aussicht gestellt wird (Antrag zu c.) oder für die Bestellung eines bestimmten Artikels, z.B. Monatstassen, mit einer erheblichen Ersparnis, z.B. 60 % des Kaufpreises, geworben wird (Antrag zu d.).
Der Kläger-Vertreter hat hinsichtlich der Anträge zu c. und d. in der Berufungsverhandlung klargestellt, daß die Begriffe „wertvoll“ bzw. „erheblich“ dahin zu verstehen seien, daß Geschenke bzw. Ersparnisse der beispielhaft angegebenen Größenordnung gemeint seien. Jedenfalls im Hinblick auf diese Klarsteilung sind die geltend gemachten Unterlassungsanträge als hinreichend bestimmt anzusehen.
Hinsichtlich des Klagantrages zu d. hat das Landgericht im Einklang mit dem Klägervorbringen das ausgesprochene Verbot im Rahmen der Entscheidungsgründe näher definiert. Gegenstand des Verbots ist danach nicht jegliche Gewährung einer Ersparnis von 60 %, sondern die Gewährung des genannten Rabatts, wenn durch den Text des Anschreibens der falsche Eindruck erweckt wird, nur die angeschriebene Person komme in den Genuß der genannten Ersparnis (vgl. Seite 14 des landgerichtlichen Urteils). Der Senat hält es angesichts der besonderen Bedeutung einer exakten Definition der Reichweite des Verbots für zweckmäßig, diesen Aspekt nicht nur in den Entscheidungsgründen, sondern auch im Tenor zum Ausdruck zu bringen.
Die Berufung ist unbegründet, denn dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 1, 3 UWG zu.
Die Klage ist zulässig.
Der Umstand, daß der Name der vormaligen Geschäftsführerin der Beklagten in der zugestellten Klagschrift unvollständig genannt war, steht dem nicht entgegen, denn die Firma der Beklagten war richtig angegeben, so daß keine Zweifel an dem Adressaten der Klagschrift bestehen konnten. Einer namentlichen Benennung der Geschäftsführerin bzw. des zwischenzeitlich eingesetzten neuen Geschäftsführers bedurfte es nicht (Zöller-Greger, ZPO, 23. Auflage, 2002, § 253 ZPO Rn. 8; BGH NJW 1993, 2811, 2813).
Soweit die Beklagte meint, die Zustellung sei mangelhaft ausgeführt worden, hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, daß etwaige Zustellungsmängel jedenfalls gemäß § 187 ZPO geheilt wären.
2)
Darüber hinaus war bzw. ist sowohl der vormalige, als auch der jetzige Kläger gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 3 UWG a.F. bzw. § 13 Abs. 2 Ziffer 3 UWG n.F. aktiv legitimiert.
3.)
Die angegriffenen Werbemaßnahmen verstoßen gegen §§1, 3 UWG und sind mithin unzulässig.
a.) Die Angabe, daß die angeschriebenen Endverbraucher bereits einen 1. Sonderpreis, z.B. einen Scheck über DM 15.000,00 gewonnen hätten, ist irreführend. Mit der Formulierung „Sie erhalten einen Scheck! Ja, so ist es! Das kann Ihnen keiner mehr wegnehmen und der 1. Sonderpreis ist ein Scheck über DM 15.000,00″ wird dem angeschriebenen Endverbraucher suggeriert, er habe den genannten Preis bereits gewonnen, und zwar in der angegeben Höhe. In der Werbesendung werden die Angeschriebenen auch durchgehend als „Gewinner“, nicht lediglich als Gewinnspielteilnehmer bezeichnet. Zwischen den Parteien ist jedoch unstreitig, daß der genannte Gewinn zum Zeitpunkt des Erhalts des Werbemailings nicht bestanden hat. Es gab für die angeschriebenen Endverbraucher lediglich die Möglichkeit, an einem Gewinnspiel der Beklagten teilzunehmen und auf diese Weise einen Preis zu gewinnen. Darauf, daß der Gewinn noch nicht eingetreten war, sondern erst im Rahmen eines noch durchzuführenden Gewinnspiels ermittelt werden mußte, wurde jedoch im Rahmen der angegriffenen Werbeunterlagen nicht in der erforderlichen Weise, d.h. deutlich und unmißverständlich hingewiesen.
Zwar mußte der angeschriebene Endverbraucher auf dem sog. Gewinnschein mit seiner Unterschrift bestätigen, daß er die Teilnahmebedingungen der Beklagten anerkannt und verstanden hat. Diese Teilnahmebedingungen waren jedoch an unüblicher und unzugänglicher Stelle, nämlich auf der Innenseite der Versandtasche abgedruckt. Sie konnten deshalb nur dann wahrgenommen werden, wenn die Versandtasche aufgerissen und damit zerstört wurde. Da die Teilnahmebedingungen somit an unüblicher Stelle angebracht und nur durch Zerstörung der Versandtasche zugänglich waren, kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie tatsächlich in relevantem Umfang gelesen worden sind.
Zudem stellte der Wortlaut der Teilnahmebedingungen nicht unmißverständlich klar, daß -entgegen dem eindeutigen Wortlaut der „Dringenden Meldung“ (Anlage K 1)- lediglich eine Gewinnchance bestand, nicht jedoch bereits ein Gewinn über DM 15.000,00 vergeben worden war. In den Teilnahmebedingungen wurde lediglich festgehalten, unter welchen Rahmenbedingungen Gewinnspiele der Beklagten stattfinden sollten. Es war ihnen jedoch nicht zu entnehmen, daß sie sich auch auf die bereits ausdrücklich mitgeteilten Gewinne beziehen und deren Vergabe einschränken oder gar gänzlich ausschließen sollten.
Mithin ist die Werbeaussage irreführend, so daß ein Verstoß gegen §§1, 3 UWG vorliegt.
b.) Darüber hinaus verstößt die angegriffene Werbemaßnahme wegen der Kopplung des Gewinnspiels mit dem Warenabsatz gegen § 1 UWG, denn die angeschriebenen Endverbraucher wurden dazu aufgefordert, mit der Gewinnanforderung gleichzeitig eine Warenbestellung aufzugeben. Dies ergibt sich zum einen schon daraus, daß es in der „DRINGENDEN MELDUNG“ (Anlage K 1) hieß
„Deshalb rate ich Ihnen, senden Sie so schnell wie möglich den Gewinnschein -am besten gleich mit dem Bestellschein-komplett ausgefüllt an den …-Versand zurück.“
Diese Auforderung wurde auch dadurch bestätigt, daß den angeschriebenen Endverbrauchern auf dem beiliegenden „GEWINNSCHEIN“ die Ankreuzvariante
„JA, ich möchte meine beiden Preise reservieren. Deshalb bestelle ich und erhalte auch mindestens 1 Geschenk zusammen mit der bestellten Ware“
vorgegeben wurde.
Darüber hinaus wurden sie auf dem beiliegenden Rücksendeumschlag dazu aufgefordert, den Bestellschein und die Gewinnanforderung zusammen beizufügen. Das ergibt sich auf dem dort befindlichen Aufdruck:
„An alles gedacht?…
Bestellung aufgegeben und von den sensationellem Angeboten profitiert / Anforderungen beigelegt.“
Zwar bestand die theoretische Möglichkeit, den Gewinn ohne gleichzeitige Bestellung anzufordern. Dazu war auf dem Gewinnschein die Variante
„NEIN, ich möchte wider Erwarten nicht bestellen und verzichte auf die Geschenke, fordere aber meine Preise in einem neutralen Umschlag an. Ihre Preise erhalten Sie zu einem späteren Zeitpunkt“
anzukreuzen.
Der damit verbundene Verzicht auf die ausgelobten Geschenke und der Umstand, daß eine solche Anforderung nicht in dem der Werbesendung beiliegenden speziellen Rücksendeumschlag, sondern in einem neutralen Briefumschlag zu erfolgen hatte, führen jedoch dazu, daß von dieser Möglichkeit erfahrungsgemäß kaum Gebrauch gemacht werden wird. Vielmehr wird der angeschriebene Endverbraucher zu dem naheliegenden Schluß kommen, daß die neutralen Briefumschläge von vornherein aussortiert und -wenn überhaupt-nachrangig behandelt werden. Er wird daher davon ausgehen, daß er bei gleichzeitiger Aufgabe einer Bestellung, schneller und sicherer in den Genuß des mitgeteilten Gewinns gelangen könne.
Eine solche Koppelung von Warenbestellung und Gewinnspiel ist jedoch unzulässig (BGH GRUR 1959, 138 ff. -Italienische Note; BGH GRUR 1973, 474, 476 -Preisausschreiben; BGH GRUR 1973, 591, 593 -Schatzjagd; BGH WRP 1976,100, 101 -Mars; OLG Stuttgart WRP 1988, 695, 698 -Begleitende Druckschrift zu einer Fernsehsendung; LG Berlin WRP 1973, 673, 674 -Unzulässiges Preisausschreiben; vgl. auch Baumbach/Hefermehl, UWG, 22. Auflage, 2001, §1 Rn. 149 ff. m.w.N.).
Mithin liegt auch insoweit ein Verstoß gegen § 1 UWG vor.
c.) Die streitgegenständliche Werbemaßnahme verstößt darüber hinaus auch deshalb gegen § 1 UWG (unzulässige Wertreklame), weil für die Warenbestellung ein wertvolles Geschenk, z.B. ein Hifi-Gerät, in Aussicht gestellt wurde. Dazu hieß es in der Werbeaussendung „Dieses Geschenk ist für Sie reserviert. Exklusiv für ihre heutige Bestellung“ (Anlage K 2). Auf der nebenstehenden Abbildung waren u.a. ein TV-Gerät (Sony), ein Video-Recorder (Sony), ein Walkman (Sony) und eine Video-Kamera (Sony) zu erkennen (Anlage K 2). Das Geschenk erhielt ausweislich des vorstehend genannten Begleittextes nur derjenige, der eine Bestellung aufgab (Anlage K 2).
Zwar ist zwischenzeitlich die Zugabeverordnung aufgehoben worden, so daß der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht mehr auf § 2 Abs. 1 ZugabeVO gestützt werden kann. Der Bundesgerichtshof hat dazu ausgeführt, daß der in der Aufhebung der Zugabeverordnung zum Ausdruck gebrachte Wille des Gesetzgebers zu respektieren sei, was dazu führe, daß Geschenke und Zugaben nach § 1 UWG nur noch unter bestimmten engen Voraussetzungen untersagt werden könnten. Die an den Kauf einer bestimmten Ware gebundenen Geschenke seien wie andere Kopplungsangebote auch grundsätzlich zulässig (zitiert nach Pressemeldung Nr. 59/2002 des BGH vom 13. Juni 2002).
Hier liegt jedoch eine besondere Ausnahmesituation vor, die -auch bei Berücksichtigung der mit dem Wegfall der Zugabeverordnung verbundenen gesetzgeberischen Wertungen- zur . -Annahme eines Verstoßes gegen § 1 UWG wegen unlauterer Wertreklame führt. Wettbewerbswidrig ist es, wenn ein Gewerbetreibender durch ein Übermaß von meist geldwerten Vorteilen in der Weise auf die Entschließungsfreiheit des Kunden einwirkt, daß dieser seine Kaufentscheidung nicht mehr im Hinblick auf die Güte und Preiswürdigkeit der beworbenen Ware trifft, sondern in erster Linie zur Erlangung des Werbemittels (BGH GRUR 1984, 463, 464 -Mitmacher-Tour; BGH GRUR 1989, 366, 367 -Wirtschaftsmagazin; BGH GRUR 1998, 1037,1038-Schmuck-Set; BGH WRP 1999, 517, 518 -Am Telefon nicht süß
sein?).
In dem Bestellschein der Beklagten befanden sich bereits vorgedruckt die Position „Messerblock“ und „Monatstassen“ (Anlage K 4). Der Preis des Messerblocks belief sich auf DM 9,95, die Monatstassen waren bei Einsatz des Spar-Schecks über DM 60,00 zu einem Preis von DM 39,95 zu erwerben, so daß sich eine Gesamtbestellsumme von DM 49,90 ergab. In dem Bestellschein war weiter die Position „HiFi-Gerät“ mit der Preisangabe „Gratis“ vorgedruckt. Den Wert der angekündigten und als „wertvoll“ bezeichneten HiFi-Geräte bemißt der Senat auf deutlich über DM 49,90 je Stück. Mithin sollte der Besteller für seine Warenbestellung in Höhe von DM 49,90 ein im Wert deutlich darüber liegendes HiFi-Gerät als Geschenk erhalten.
Durch dieses Angebot der Beklagten wird ein erheblicher Kaufanreiz ausgelöst, der geeignet ist, die Entschließung des Kunden zu verfälschen, so daß er die zum Kauf angebotenen Waren nicht wegen ihrer Qualität und Preiswürdigkeit, sondern vornehmlich deshalb kauft, um eines der angekündigten Geschenke, d.h. eines der wertvollen HiFi-Geräte zu erhalten. Das besondere Übermaß der Anlockwirkung, welches sich auch bei Berücksichtigung der mit der Abschaffung der Zugabeverordnung verbundenen gesetzgeberischen Wertungen als unlauter erweist, ergibt sich vorliegend daraus, daß der Wert der in Aussicht gestellten HiFi-Geräte den Wert der zu tätigenden Warenbestellung deutlich überschreitet. Dies ist auch nach Wegfall der Zugabeverordnung als unlauter zu bewerten (vgl. dazu Cordes, Die Gewährung von Zugaben und Rabatten und deren wettbewerbsrechtliche Grenzen nach Aufhebung von Zugabeverordnung und Rabattgesetz, WRP 2001, 867, 870).
Die damit verbundene sachwidrige Bestimmung des Kunden zum Kauf widerspricht dem Leitbild des Leistungswettbewerbs, so daß ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliegt.
d) Die vorliegende Werbemaßnahme verstößt darüber hinaus auch deshalb als unlautere Wertreklame gegen § 1 UWG, weil den namentlich benannten Empfängern der Werbesendung der Beklagten im Hinblick auf die sogenannten „Spar-Schecks“ der falsche Eindruck vermittelt wird, sie erhielten für die Bestellung eines bestimmten Artikels, z.B. Monatstassen, eine besondere persönliche Vergünstigung, nämlich eine erhebliche Ersparnis von 60 % des Kaufpreises, welche anderen Bestellern nicht gewährt werde.
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, wurden die Monatstassen als „sensationelles Spar-Scheck-Angebot“ beworben und dem angeschriebenen Endverbraucher suggeriert, nur er, welcher im Besitz eines ausschließlich für ihn reservierten „Sparschecks“ über DM 60,00 sei, komme in den Genuß einer 60%-igen Vergünstigung, sofern er nur innerhalb von 10 Tagen bestelle. Tatsächlich war jedoch jedem Werbeschreiben der Beklagten ein solcher Sparscheck beigefügt worden, so daß die Monatstassen tatsächlich nicht für DM 99,95, sondern durchgängig für DM 39,95 angeboten worden sind. Die suggerierte besondere Vergünstigung, d.h. eine Bevorzugung gegenüber anderen Kunden, hat der angeschriebene Verbraucher tatsächlich nicht erhalten.
Auch insoweit wird die Entschließungsfreiheit der Kunden in einem derartigen Maß unsachlich beeinflußt, daß sie ihre Entscheidung nicht mehr nach dem Leitbild des Leistungswettbewerbs im Hinblick auf die Qualität und Preiswürdigkeit der Ware, sondern im Hinblick auf den ihnen gewährten oder in Aussicht gestellten besonderen Vorteil treffen.
Zwar ist zwischenzeitlich das Rabattgesetz aufgehoben worden, so daß der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht auf die entsprechenden rabattrechtlichen Regelungen gestützt werden kann. Auch insoweit ist der Wille des Gesetzgebers zu respektieren sei, was dazu führt, daß Rabatte nach § 1 UWG nur noch unter bestimmten engen Voraussetzungen untersagt werden können. Die Grenzen der Zulässigkeit sind jedoch überschritten, wenn der Verbraucher über den wirklichen Wert des Angebots getäuscht oder zumindest unzureichend informiert wird (vgl. BGH im Hinblick auf die rechtliche Zulässigkeit von Zugaben, zitiert nach Pressemeldung Nr. 59/2002 des BGH vom 13. Juni 2002).
Eine solche sachwidrige Bestimmung des Kunden zum Kauf widerspricht dem Leitbild des Leistungswettbewerbs, so daß ein Verstoß gegen § 1 UWG vorliegt.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist mithin aus § 1 UWG begründet.
e) Die Beklagte kann sich demgegenüber auch nicht auf Verjährung nach § 21 UWG berufen. Der Kläger hat unwidersprochen erst Anfang Juli 2000 von der Mailingaktion der Beklagten erfahren. Die vorliegende Klage ist am 13. Dezember 2000 beim Landgericht Hamburg anhängig gemacht worden. Zwar tritt die Rechtshängigkeit gemäß § 261 ZPO regelmäßig erst mit der Zustellung der Klageschrift an den Beklagten ein. Gemäß § 270 Abs. 3 ZPO a.F. tritt die Verjährungsunterbrechung jedoch bereits mit der Einreichung der Klage ein, wenn die Zustellung „demnächst“ erfolgt. Zwar ist die Klage ausweislich der bei der Akte befindlichen Zustellungsurkunde der Beklagten erst am 16. Februar 2001 an ihrem Sitz in Amsterdam zugestellt worden. Die rund zweimonatige Dauer der Zustellung beruht jedoch nicht auf einem (nachlässigen) Verhalten des Klägers, sondern auf den regelmäßig mit der Auslandszustellung verbundenen besonderen Erfordernissen.
Die Verjährungsunterbrechung ist mithin vor Ablauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 21 UWG durch Einreichung der Klage am 13. Dezember 2000 eingetreten.
Darüber hinaus hat die Beklagte in erster Instanz nachdrücklich ausgeführt, sie sei berechtigt die streitgegenständliche Werbemaßnahme durchzuführen. Selbst wenn also vor Klagerhebung Verjährung eingetreten gewesen wäre, hätte aufgrund dieser Berühmung der Beklagten zumindest Erstbegehungsgefahr bestanden.
Die Berufung war somit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit und zur Abwendungsbefugnis ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10 ZPO.
Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.