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Neues Gesetz gegen Abmahnmissbrauch – Das Ende von Abmahnwellen?

Wird der Abmahnindustrie ein Riegel vorgeschoben?

Jahrelang haben die unterschiedlichen Verbände gegen die anhaltenden Abmahnwellen, welche teilweise nicht nachvollziehbar gewesen sind, einen erbitterten Kampf geführt. Die Abmahnwellen haben dazu geführt, dass es eine regelrechte Abmahngeschäftsindustrie unter Rechtsanwälten gegeben hat, die sich sogar als reine Abmahnanwälte spezialisiert hatten. Auf diese Entwicklung hat jetzt jedoch das Bundesministerium für Justiz reagiert und durch einen neuen Gesetzentwurf ein wirksames Instrument gegen den Abmahnmissbrauch geschaffen. Die Frage, die jedoch im Raum stehen bleibt, geht in die Richtung, ob damit der Abmahnindustrie wirksam einen Riegel vorgeschoben werden kann.

Mit dem 14. September 2020 hat der Bundestag das Gesetz gegen den Missbrauch von Abmahnungen beschlossen. Das Gesetz, welches den passenden Namen „Gesetz für die Stärkung eines fairen Wettbewerbs“ trägt, wurde somit in Kraft gesetzt. Der Abmahnindustrie, welche massenhafte Abmahnungen herausgeschickt hatte, wurde auf diese Weise seine Grundlage genommen!

Welche Neuerungen gibt es?

Abmahnwellen stoppen
Versuch der Eindämmung von Abmahnwellen – Symbolfoto: Von Alexander Limbach/Shutterstock.com

Abmahnungen waren in der Vergangenheit stets mit Kosten für denjenigen verbunden, welcher die Abmahnung hinnehmen musste. In der Regel handelte es sich dabei um Konkurrenten, welche aufgrund von Verstößen gegen Informations- oder auch Kennzeichnungspflichten durch eine andere Person abgemahnt wurde. Weitere Beispiele für Abmahnungsgründe waren auch Impressungsverstöße, nach denen von eifrigen Abmahnanwälten im Internet sogar regelrecht gesucht wurden. Auch die sogenannten DSGVO-Verstöße, die in der Regel von Unternehmen mit einem Mitarbeiterstab von weniger als 250 begangen wurden, führten nur zu häufig zu einer Abmahnung. Die wichtigste Neuerung des neuen Gesetzes ist dabei der Umstand, dass die abgemahnte Person oder das abgemahnte Unternehmen die Kosten nicht mehr zu tragen haben. Durch diese Neuerung soll der Effekt erzielt werden, dass sich eine Tätigkeit eines Rechtsanwalts auf diesem Sektor schlicht und ergreifend wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Auch die Gefahr, dass ein Unternehmen oder eine Person aufgrund der Abmahnung finanzielle Schwierigkeiten bekommen kann, soll durch das neue Gesetz eingedämmt werden.

Neben dieser Neuerung ist ebenfalls neu, dass nicht mehr wahllos jeder Verband eine Abmahnung veranlassen kann. Vielmehr ist die Abmahnung nach dem neuen Gesetz nur noch denjenigen Verbänden vorbehalten, die in der „Klagebefugtenliste“ bei dem Bundesamt für Justiz auch eine Eintragung vorweisen können. In diesem Punkt jedoch ist das neue Gesetz nicht gänzlich unumstritten, da sich in der gängigen Praxis für diejenigen Verbände, die in der Vergangenheit bereits als besonders „abmahnwütig“ gelten, erst einmal überhaupt nichts ändert. Ein wichtiger Punkt wird zudem auch sein, ob das Bundesamt für Justiz eine Selektion bei der Aufnahme in die Klagebefugtenliste vorzunehmen. Unseriöse Abmahnvereine dürfen auf gar keinen Fall Zugang zu der Klagebefugtenliste erhalten, da anderenfalls das neue Gesetz direkt ad absurdum geführt wird. Wirksame Kontrollmechanismen werden hierfür noch erforderlich und dies wurde bereits vor rund zwei Jahren durch eine Bundestagspetition gefordert.

Der Gesetzgeber hat das Anliegen, dass künftig die sogenannte Abmahnindustrie Schranken erhält.

Dies soll durch folgende Maßnahmen geschehen:

  • die Klagebefugnis erhält höhere Anforderungen
  • erhöhte Anforderungen an das Abmahnschreiben selbst
  • die Vertragsstrafe wird gedeckelt
  • Deckelung von Abmahnkosten
  • Abmahnopfer erhalten Kostenerstattung
  • der sogenannte fliegende Gerichtsstand wird abgeschafft
  • stärkere Kontrolle sowie Meldepflichten

Die Klagebefugnis erhält höhere Anforderungen

Kraft des neuen Gesetzes sollen künftig nur noch diejenigen Wettbewerber eine Klagebefugnis erhalten, die auch wirklich als direkte Konkurrenten zu dem abgemahnten Unternehmen oder der abgemahnten Person angesehen werden. Dies bedeutet, dass die Klagebefugnis davon abhängig ist, ob ähnliche Dienstleistungen oder Waren in einem „nicht unerheblichen“ Ausmaß angeboten oder vertrieben werden. Gerade der Aspekt des „Wettbewerbers“ war in der Vergangenheit kaum als Hürde für die Abmahnung anzusehen. Verbände dürfen erhalten lediglich dann eine Klagebefugnis, wenn sie als besonders qualifiziert bzw. seriös gelten und dementsprechend den Eintrag in die „Klagebefugnisliste“ vorweisen können und überdies auch über einen Mitgliederstamm von mindestens 75 Unternehmern verfügen. Diese Mitglieder müssen ihrerseits wiederum den Status eines „Wettbewerbers“ im Vergleich zu dem abgemahnten Unternehmen bzw. der abgemahnten Person aufweisen und zudem auch noch über einen Mindestzeitraum von einem Jahr in dem Vereinsregister vorweisen. Die Verbände müssen zudem über eine gesicherte Stellung verfügen und dementsprechend ihre Einnahmen nicht bloß aus den Abmahnungseinnahmen bzw. Vertragsstrafen erzielen. Die Mitglieder des Verbandes dürfen aus dem Verbands- bzw. Vereinsvermögen heraus keine Zuwendung erhalten und diejenigen Personen, die für den Verband tätig sind, dürfen aus der Tätigkeit heraus keine unangemessen hohe Vergütung erhalten.

Erhöhte Anforderungen an das Abmahnschreiben selbst

Durch das neue Gesetz wird dem reinen Abmahnschreiben selbst nunmehr eine klare Vorgabenstruktur gegeben. Sollte das Abmahnschreiben diesen Vorgabenstrukturen nicht entsprechen, so entfällt damit auch der Ersatzanspruch des Abmahnenden gegenüber dem Abgemahnten.

In dem Abmahnschreiben müssen nunmehr folgende Pflichtangaben enthalten sein:

  • der Name des Abmahnenden bzw. dessen Vertretung gem. § 8 Absatz 3 UWG
  • die Höhe der Aufwendungen für die Abmahnung inklusive genauer Berechnung
  • die exakte Beschreibung der vorliegenden Rechtsverletzung, welche die Abmahnung nach sich gezogen hat

Die Vertragsstrafe wird gedeckelt

In der Vergangenheit konnte es im Fall einer Abmahnung dazu kommen, dass auch bei sogenannten Bagatellfällen eine sehr hohe Vertragsstrafe fällig wurde. Durch diesen Umstand wurde das Abmahngeschäft natürlich begünstigt. Durch das neue Gesetz jedoch wird die Vertragsstrafe bei Bagatellfällen auf einen Wert von 1.000 Euro durch den Gesetzgeber gedeckelt, sodass auf diese Weise der wirtschaftliche Anreiz für Abmahnanwälte reduziert wird.

Die Deckelung von Abmahnkosten

Es gibt nach dem neuen Gesetz sogenannte Ausschlussgründe für den Ersatz der Abmahnkosten.

Diese Gründe sind

  • ein lediglich unerhebliches Interesse des Abmahnenden
  • eine bereits bestehende rechtliche Unterlassungsverpflichtung des Abgemahnten gegenüber dem Abmahnenden
  • die sogenannten unerheblichen Verstöße

Als Beispiele für unerhebliche Verstöße gelten in erster Linie

  • Abkürzungen im Impressum (beispielsweise bei dem Vornamen)
  • anderweitige Bezeichnungen (beispielsweise 2 Wochen anstelle von 14 Tagen) bei der Widerrufsbelehrung
  • fehlende Linksetzung zu der Europäischen Online-Streitbeilegungsplattform

Abmahnopfer erhalten Kostenerstattung

Diejenige Person, welche von einer abmahnenden Person missbräuchlich eine Abmahnung erhalten hat, erhält nach dem neuen Gesetz einen Anspruch auf den vollständigen Ersatz der notwendig gewordenen eigenen Anwaltskosten. Auf diese Weise möchte der Gesetzgeber verhindern, dass die Abmahnungen ohne triftigen Grund auf Glücksbasis herausgeschickt werden. In der Vergangenheit hatte eine abmahnende Person oder ein abmahnendes Unternehmen durch die Abmahnung an sich kaum ein nennenswertes Risiko zu tragen. Durch das neue Gesetz soll der Abmahnende lediglich dann die Abmahnung herausschicken, wenn diese auch einen berechtigten Grund hat.

Die Beweispflicht für die Abmahnung liegt auch weiterhin bei der abmahnenden Person bzw. dem abmahnenden Unternehmen!

Der sogenannte fliegende Gerichtsstand wird abgeschafft

Eine abmahnende Person konnte bislang in der Vergangenheit ein willkürliches Gericht für die Klage auswählen. Die Auswahl konnte dabei unter dem Gesichtspunkt der Gewinnwahrscheinlichkeit erfolgen. Dies wurde als fliegender Gerichtsstand bezeichnet. Nicht selten erfolgte die Wahl des Gerichts auch unter den Gesichtspunkten, dass die abgemahnte Person oder das abgemahnte Unternehmen aufgrund der großen Entfernung zu dem Geschäfts- bzw. Wohnsitz keinerlei Widerspruch einlegen würde. Durch das neue Gesetz jedoch gibt es keinen fliegenden Gerichtsstand mehr und es ist nur noch das Gericht zuständig, welches dem allgemeinen Gerichtssand des abgemahnten Unternehmens bzw. der abgemahnten Person entspricht.

Im Rahmen des neuen Gesetzes sollten auch stärkere Kontrollen sowie Meldepflichten erfolgen. Wie sich dieser Punkt bei dem neuen Gesetz in der gängigen Praxis ausgestalten wird, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar. Fakt ist jedoch, dass das neue Gesetz der Abmahnindustrie einen Dämpfer verpasst hat, da diejenigen Rechtsanwälte, die sich als Abmahnanwälte spezialisiert haben, ihre Tätigkeit alleinig aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten heraus betreiben. Es ist allerdings sehr fraglich, ob die Abmahnungen diesbezüglich gänzlich auf die alleinig berechtigten Abmahnungen herunter reduziert werden können. Viel wird davon abhängigen, wie gut die zuständigen Behörden mit dem neuen Gesetz umgehen und wie stark die Kontrolle der Abmahnungen künftig erfolgt.

Wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben und Grund zum Zweifel an der Berechtigung haben, dann sollten Sie auf jeden Fall den Rat eines Fachanwalts in Anspruch nehmen. Diesbezüglich stehen wir sehr gern zu Ihrer Verfügung. Sie müssen einfach nur Kontakt mit uns aufnehmen und einen ersten Beratungstermin mit uns vereinbaren. Wenn Sie uns mit einem Mandat ausstatten werden wir sowohl auf dem außergerichtlichen als auch auf dem Gerichtsweg Ihre Interessen vertreten und Ihr Recht für Sie wahren. Sie können uns sehr gern über unsere Internetpräsenz oder auf dem fernmündlichen Weg kontaktieren.

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