EU-Geoblocking-Verordnung: Welche Vorteile haben Verbraucher?
Die Europäische Union (EU) ist durch das Internet in gewisser Hinsicht näher zusammengerückt, da die Verbraucher dank des weltweiten Netzes ihre Online-Einkäufe in nahezu jedem Land der Erde durchführen können. Bedingt durch den Umstand, dass innerhalb der EU nahezu ausnahmslos in Euro gezahlt wird, macht es für den Verbraucher auch keinen Unterschied mehr, ob der Einkauf in einem Shop mit Sitz in den Niederlanden oder ein Deutschland oder in einem anderen Land der EU durchgeführt wird. Für die Händler jedoch macht es sehr wohl einen Unterschied, weshalb von unzähligen Online-Händlern das sogenannte Geoblocking eingesetzt wird.
Übersicht:
- EU-Geoblocking-Verordnung: Welche Vorteile haben Verbraucher?
- EU bekämpft Geoblocking und diskriminierende Kundenbehandlung
- Geoblocking-Verordnung: Verbot für Online-Händler im B2B- und B2C-Segment
- Was genau ist Geoblocking eigentlich?
- Die Geoblocking-Verordnung im Detail
- Online-Händler in der Pflicht zu fairer Kundenbehandlung
- Auswirkungen der Geoblocking-Verordnung
- Geoblocking-Verordnung erfordert Anpassungen für Online-Händler
- Rechtliche Grauzone ermöglicht selektive Auslieferung
- Ein Händler muss dem Kunden Folgendes ermöglichen:
- Umsetzung der Verordnung
- Fazit
EU bekämpft Geoblocking und diskriminierende Kundenbehandlung
Aus Sicht der EU stellt das Geoblocking jedoch eine Kundenungleichbehandlung dar, da Kunden aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit oder der Niederlassung respektive des Wohnsitzes diskriminiert werden. Angesichts dessen hat die EU auch die Geoblocking-Verordnung innerhalb des europäischen Raumes ins Leben gerufen, welche gravierende Auswirkungen für die Händler sowie auch die Verbraucher mit sich bringt.
Geoblocking-Verordnung: Verbot für Online-Händler im B2B- und B2C-Segment
Die Geoblocking-Verordnung untersagt es Online-Händlern, die Maßnahme des Geoblockings durchzuführen. Dieses Verbot erstreckt sich dabei sowohl auf das Geschäft mit dem Endverbraucher als auch für Geschäfte im B2B-Segment. Die Geschäfte im B2B-Segment setzen jedoch voraus, dass der Käufer auch als Leistungsendkunde angesehen werden kann.
Was genau ist Geoblocking eigentlich?
Mittels Geoblocking nimmt der Verkäufer einen Eingriff in das Kaufverhalten des Kunden vor, da durch das Geoblocking gewisse Webseiten bzw. Inhalte des Internets für einen ganz bestimmten Kundenstamm aus dem EU-Ausland nicht zur Verfügung steht. Es gibt hierbei in der gängigen Praxis zwei unterschiedliche Arten des Geoblockings. Zum einen ist es denkbar, dass die Internetinhalte eines Online-Shops für Kunden aus dem EU-Ausland vollständig gesperrt werden und zum anderen kann es auch vorkommen, dass durch das Geoblocking Kunden aus dem EU-Ausland vollständig anderweitige Konditionen angeboten bekommen, als es bei dem Kunden aus der Region des Online-Händlers der Fall wäre. Geoblocking sorgt für gewöhnlich dafür, dass der Kunde aus Deutschland anstelle eines eventuell günstigeren französischen Online-Shops einen deutschen Online-Shop angezeigt bekommt.
Die Geoblocking-Verordnung im Detail
Bedingt durch den Umstand, dass die EU in dem Geoblocking eine Kundenungleichbehandlung innerhalb des EU-Raumes ansieht, wurde die neue Geoblocking-Verordnung ins Leben gerufen. Durch die Verordnung, welche den Namen EU 2018/302 trägt, soll die ungerechtfertigte Diskriminierung im Zusammenhang mit Online-Einkäufen sowie dem Wohnort des Käufers sowie seiner Staatsangehörigkeit und der Nationalität ein Ende finden. Das Geoblocking-Verbot gilt dabei als ein wichtiger Baustein der EU-weiten digitalen Binnenmarktstrategie. Durch die Verordnung 2018/303 wurde letztlich sowohl die Verordnung 2006/2004 als auch die Richtlinie 2009/22/EG verändert.
Die Grundidee der Geoblocking-Verordnung stammt bereits aus dem Jahr 2018, sie wurde jedoch mit einer gewissen Verzögerung praktisch zur Anwendung gebracht. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass insbesondere kleinere Online-Shops eine Chance zu der Umsetzung dieser Verordnung erhalten sollten.
Online-Händler in der Pflicht zu fairer Kundenbehandlung
Durch die Geoblocking-Verordnung werden Händler im Internet stärker in die Pflicht genommen. Es ist den Händlern auf der Grundlage der Verordnung nur noch dann erlaubt, den Kunden auf die länderspezifische Internetpräsenz weiterzuleiten, wenn der Kunde dieser Weiterleitung ausdrücklich zustimmt. Verboten sind sämtliche Arten der ungleichen Bedingungen im Hinblick auf den Kauf- sowie Bezahl- und Liefervorgang. Eine Ausnahme stellen jedoch die sogenannten objektiven Rechtfertigungsgründe dar, welche eine ungleiche Behandlung zweier Kunden unterschiedlicher Nationen und Herkünfte bedingen. Ein anschauliches Beispiel hierfür wären die erhöhten Lieferkosten für eine Bestellung aus dem Ausland. Ungleichbehandlungen im Hinblick auf die Zahlungsarten stellen jedoch keinen objektiven Rechtfertigungsgrund dar. Akzeptiert ein Händler bei einem Kunden aus dem gleichen Land die Kreditkartenzahlung, so muss er dementsprechend diese Zahlungsart bei einem Kunden aus dem EU-Ausland ebenfalls akzeptieren.
Durch die Geoblocking-Verordnung wird einem Händler ausdrücklich nicht der Betrieb von länderspezifischen Online-Shops untersagt. Diese länderspezifischen Online-Shops dürfen zudem auch unterschiedliche Konditionen aufweisen, die sich auf die Versandbedingungen sowie Preise und Sonderaktionen beziehen. Durch die Geoblocking-Verordnung muss es jedoch jedem Kunden innerhalb des EU-Raumes ermöglicht werden, diesen länderspezifischen Shop zu besuchen und zu nutzen.
Auswirkungen der Geoblocking-Verordnung
Die Geoblocking-Verordnung wird definitiv praktische Auswirkungen für die Händler sowie auch für die Verbraucher mit sich bringen, da jegliche Ungleichbehandlungen sowie auch Beschränkungen von Kunden aufgrund ihrer Nationalität oder auch ihres Wohnsitzes innerhalb der EU verboten werden. Dies gilt auch für die sogenannten elektronischen Dienstleistungen wie Cloud Services oder Webhosting und für die sogenannten Tourismus-Dienstleistungen, welche regional an dem jeweiligen Standort von dem Anbieter für den Kunden angeboten oder zur Verfügung gestellt werden. Für die Verbraucher bringt die Verordnung den Vorteil mit sich, dass der Online-Händler den reinen Zugang zu Internetpräsenzen sowie auch Apps nebst anderweitigen Internetbenutzeroberflächen nicht davon abhängig machen darf, welche IP-Adresse der Kunde nutzt oder welche Staatsangehörigkeit er besitzt oder welchen Wohnort er bewohnt. Derartige Parameter, wie sie bislang in der gängigen Praxis als üblich angesehen wurden und zur Anwendung kamen, verstoßen nunmehr gegen die Geoblocking-Verordnung.
Geoblocking-Verordnung erfordert Anpassungen für Online-Händler
Eine unmittelbare Auswirkung der Geoblocking-Verordnung ist der Umstand, dass etwa vorhandene technische Nutzungsbeschränkungen von den Online-Händlern nicht mehr genutzt und dementsprechend abgeschaltet werden müssen. Da nunmehr Verbraucher einer Weiterleitung zu einem länderspezifischen Shop aus der Kundenregion zustimmen müssen, werden für die Händler weitergehende Veränderungen an der Internetpräsenz zwingend erforderlich ist. Denkbar ist, dass diese Zustimmung des Kunden durch ein Pop-Up oder ein anderes Einwilligungstool eingeholt wird. In diesem Zusammenhang muss ein Online-Händler jedoch darauf achten, dass dem Kunden die Widerrufsinformation zur Verfügung gestellt wird. Der Kunde hat das Recht darauf, von dem Händler über das Widerrufsrecht informiert und belehrt zu werden. Dies stellt eine Verpflichtung des Online-Händlers dar. Eine weitere Auswirkung der Geoblocking-Verordnung wird die von den Händlern zum Einsatz gebrachten Bestellformulare betreffen. Hier muss ein Online-Händler zwingend darauf achten, dass jeder EU-Bürger dazu in die Lage versetzt werden muss, in dem Shop eine entsprechende Bestellung aufzugeben.
Rechtliche Grauzone ermöglicht selektive Auslieferung
Problematisch im Hinblick auf die Geoblocking-Verordnung ist jedoch der Umstand, dass es für den Online-Händler keinerlei rechtliche Verpflichtung gibt, die Ware auch tatsächlich praktisch in jedes EU-Land auszuliefern. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass ein Online-Händler die Berechtigung dazu hat, das eigene Liefergebiet eigenständig festzulegen. Sollte das Land, aus dem der Kunde den Einkauf in dem Shop des Händlers vornehmen möchte, nicht zu dem Liefergebiet des Händlers gehören, so muss der Händler die Ware auch nicht ausliefern. Dies würde natürlich einen rechtswirksamen Einkauf des Kunden verhindern und damit die Geoblocking-Verordnung umgehen. Dies war der EU jedoch in gewisser Hinsicht bewusst, daher muss der Händler eben jenen Kunden aus Ländern, die nicht in das Liefergebiet des Händlers fallen, gewisse Möglichkeiten zur Verfügung stellen.
Ein Händler muss dem Kunden Folgendes ermöglichen:
Gemäß der Geoblocking-Verordnung muss ein Online-Händler Kunden aus Ländern, die nicht in das Liefergebiet des Händlers fallen, gewisse Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Dazu gehört, dem Kunden die Festlegung einer Lieferadresse zu ermöglichen, welche in dem Liefergebiet des Händlers liegt. Dies kann etwa die Adresse eines Freundes oder Verwandten sein, der im entsprechenden Liefergebiet lebt.
Des Weiteren hat der Kunde die selbstständige Organisation mittels einer Spedition als Option. Hierbei organisiert der Kunde eigenständig die Lieferung in das gewünschte Land und übernimmt die Kosten für die Spedition. Der Händler muss in diesem Fall nur die Ware an die von der Spedition angegebene Adresse liefern.
Eine weitere Möglichkeit ist die Abholung der Ware durch den Kunden. Der Händler muss in diesem Fall akzeptieren, dass der Kunde die Ware persönlich abholt. Hierbei muss der Händler dem Kunden ermöglichen, einen Abholtermin zu vereinbaren.
All diese Optionen stellen sicher, dass auch Kunden aus Ländern, die nicht in das Liefergebiet des Händlers fallen, die Möglichkeit haben, bei dem Händler einzukaufen.
Der Online-Händler ist zudem dazu verpflichtet, die Kommunikation des Liefergebietes dem Kunden gegenüber transparent zu gestalten.
Umsetzung der Verordnung
Die EU hatte ursprünglich geplant, die Geoblocking-Verordnung binnen eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Inkrafttreten zum ersten Mal zu bewerten. Diese Bewertung bezieht sich dabei ausschließlich auf die Auswirkungen der Verordnung auf den europäischen digitalen Binnenmarkt, wobei gewisse elektronische Dienstleistungen wie urheberrechtlich geschützte Musik oder Software-Inhalte bzw. E-Books und Games im Vordergrund standen. Für die Umsetzung sowie auch Einhaltung der Verordnung zeichnet sich in Deutschland die Bundesnetzagentur verantwortlich. Diese Behörde ist dazu berechtigt, entsprechende Anordnungen an die Anbieter zu richten und auch Verstöße mit Maximalbußgeldern in Höhe von 300.000 EUR sowie Maximalzwangsgeldern in Höhe von 500.000 EUR zu belegen. Als weitere Konsequenz eines Verstoßes kann auch eine Abmahnung vonseiten eines Konkurrenten oder Verbandes mit Abmahnberechtigung drohen.
Fazit
Bedingt durch den Umstand, dass die Geoblocking-Verordnung für jeden europäischen Online-Händler relevant ist und die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft sowie Nationalität ohnehin einen Unrechtszustand darstellt, hat die Geoblocking-Verordnung ihre Berechtigung. Sie besitzt auch das Potenzial, den gesamten Online-Markt innerhalb der EU nachhaltig in eine Veränderung zu lenken. Bedingt durch den Umstand, dass ein Verstoß gegen die Verordnung wirtschaftlich sehr drastische Konsequenzen für einen Online-Händler nach sich zieht, sollte sich auch jeder Anbieter mit dieser Verordnung befassen. Problematisch ist allerdings, dass es immer noch Möglichkeiten gibt, durch die Festlegung des Liefergebietes die Verordnung zu umgehen.