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Gebrauchtwagenkauf arglistiges Verschweigen Sachmangel – Unwirksamkeit Gewährleistungsschluss

Landgericht Heidelberg urteilt über arglistiges Verschweigen von Sachmängeln im Gebrauchtwagenkauf

Das Landgericht Heidelberg hat entschieden, dass der Beklagte dem Kläger den Kaufpreis eines Gebrauchtwagens erstatten muss. Der Wagen hatte einen verheimlichten Unfallschaden, der als arglistiges Verschweigen gewertet wurde. Der Verkäufer konnte sich nicht auf die Verjährung der Gewährleistungsansprüche berufen, da er den Mangel arglistig verschwiegen hatte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 S 22/13  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Rückabwicklung des Kaufvertrags: Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs.
  2. Unfallschaden: Der PKW wies zum Übergabezeitpunkt einen Unfallschaden auf, was einen Sachmangel darstellt.
  3. Arglistiges Verschweigen: Der Verkäufer hat den Schaden arglistig verschwiegen, indem er das Fahrzeug als „unfallfrei“ beworben hat.
  4. Unwirksamkeit der Gewährleistungsausschluss: Die einjährige Gewährleistungsfrist im Kaufvertrag ist aufgrund der Arglist unwirksam.
  5. Nutzungsentschädigung: Der Kläger muss für die Nutzung des Fahrzeugs eine Entschädigung zahlen.
  6. Annahmeverzug: Der Beklagte befindet sich seit dem 11.07.2012 im Annahmeverzug für die Rücknahme des Fahrzeugs.
  7. Kosten des Rechtsstreits: Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  8. Keine Revision zugelassen: Das Urteil ist endgültig, da keine Revision zugelassen wurde.

Beim Gebrauchtwagenkauf kann es vorkommen, dass der Verkäufer einen Sachmangel arglistig verschweigt. In solchen Fällen kann der Käufer den Kaufvertrag anfechten und die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses geltend machen. Um erfolgreich zu sein, muss der Käufer jedoch nachweisen, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat.

Gebrauchtwagenkauf: Urteil - Arglist, Sachmangel, Gewährleistung
(Symbolfoto: Ground Picture /Shutterstock.com)

Laut Fahrzeugkaufvertrag muss der Käufer darlegen und beweisen, dass der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Ein Verkäufer verschweigt einen Mangel nur dann arglistig, wenn er den Mangel mindestens für möglich hält und zugleich weiß oder damit rechnet, dass der Käufer den Mangel nicht kennt und bei Kenntnis den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte.

Bei einer arglistigen Täuschung ist der Rücktritt vom Kaufvertrag möglich, und die Gewährleistung kann in Anspruch genommen werden. Allerdings kann der Verkäufer die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses geltend machen, wenn er nachweisen kann, dass der Käufer den Mangel kannte oder kennen musste. Es ist wichtig, dass der Käufer den Mangel und das arglistige Verschweigen durch den Verkäufer beweisen kann, um erfolgreich zu sein. In einigen Fällen kann der Käufer auch Schadensersatz verlangen, wenn der Verkäufer arglistig getäuscht hat. Im folgenden Beitrag wird ein konkretes Urteil zum Thema Gebrauchtwagenkauf, arglistiges Verschweigen und Gewährleistungsausschluss vorgestellt und besprochen.

Der Gebrauchtwagenkauf und das arglistige Verschweigen eines Sachmangels

Im Falle des Gebrauchtwagenkaufs eines Opel Tigra stieß der Kläger auf ein rechtliches Problem, das schließlich vor dem Landgericht Heidelberg endete. Der Fall begann mit dem Kauf des Fahrzeugs im Mai 2010, nachdem der Kläger auf eine Internet-Anzeige aufmerksam geworden war, in der der Wagen als „unfallfrei“ beworben wurde. Im Kaufvertrag fand sich jedoch der Zusatz, dass die Seitenwand hinten links nachlackiert worden sei. Später stellte sich heraus, dass der Wagen einen erheblichen Unfallschaden aufwies, was der Verkäufer, der Beklagte, nicht explizit offenbart hatte.

Die Entdeckung des versteckten Unfallschadens

Erst im August 2011, als der Kläger das Fahrzeug dem TÜV vorstellte, kam die Wahrheit ans Licht: Ein schwerwiegender Unfallschaden hinten links sowie ein Riss des Fahrzeugrahmens im vorderen Bereich wurden entdeckt. Der Kläger behauptete, dass diese Mängel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe vorhanden waren und der Beklagte diese bewusst verschwiegen habe. Der Beklagte hingegen berief sich auf die Einrede der Verjährung und argumentierte, dass die Mängel erst deutlich später als ein Jahr nach Kaufvertragsschluss geltend gemacht wurden. Außerdem stellte er in Frage, dass der Unfallschaden zum Übergabezeitpunkt bereits bestand.

Die juristische Auseinandersetzung und das Urteil des Landgerichts

Das Amtsgericht Heidelberg wies die Klage zunächst unter Hinweis auf die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen ab. Der Kläger legte jedoch Berufung ein und argumentierte, der Beklagte habe arglistig gehandelt, indem er das Fahrzeug als unfallfrei beworben habe. Das Landgericht Heidelberg gab dem Kläger recht und verurteilte den Beklagten zur Rückzahlung des Kaufpreises, abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Das Gericht stellte fest, dass der Beklagte den Unfallschaden arglistig verschwiegen hatte. Für die Annahme von Arglist genügte es, dass der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gemacht hatte, die sich später als falsch herausstellten.

Die rechtlichen Schlussfolgerungen und ihre Bedeutung

Das Urteil des Landgerichts Heidelberg zeigt auf, dass die arglistige Täuschung eine wichtige Rolle im Kaufrecht spielt, besonders im Gebrauchtwagenhandel. Die Entscheidung macht deutlich, dass Verkäufer, die wissentlich Mängel verschweigen oder falsche Angaben machen, mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen. Darüber hinaus betonte das Gericht, dass eine ordnungsgemäße Korrektur falscher Angaben notwendig ist, um Arglist zu vermeiden. Das Urteil ist ein wichtiges Beispiel für die Anwendung von § 438 Abs. 3 BGB und die Auslegung von Arglist im Kontext des Kaufrechts.

Das vorliegende Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 28. Januar 2015, Aktenzeichen 1 S 22/13, bietet einen umfassenden Einblick in die rechtlichen Überlegungen bei Fällen von arglistigem Verschweigen von Sachmängeln im Gebrauchtwagenkauf. Es unterstreicht die Wichtigkeit vollständiger und wahrheitsgemäßer Informationen beim Autokauf und stellt klare Richtlinien für die Auslegung von Gewährleistungsansprüchen auf.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was bedeutet arglistiges Verschweigen im Kontext eines Gebrauchtwagenkaufs?

Arglistiges Verschweigen im Kontext eines Gebrauchtwagenkaufs bezieht sich auf das vorsätzliche Verschweigen eines Sachmangels durch den Verkäufer. Dies kann beispielsweise ein verborgener Unfallschaden, eine manipulierte Kilometerlaufleistung oder falsche Angaben zu Katalysator und Schadstoffausstoß sein.

Eine Arglist liegt vor, wenn der Verkäufer den Mangel kannte oder hätte kennen müssen. Selbst wenn der Verkäufer einen Mangel für möglich hält, muss er dies gegenüber dem Käufer ungefragt offenbaren. Andernfalls sieht sich der Verkäufer mit dem Vorwurf der arglistigen Täuschung konfrontiert.

Wenn ein Verkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat, ist ein vereinbarter Haftungsausschluss unwirksam. Dem Käufer stehen in diesem Fall verschiedene Rechte zu, wie beispielsweise die Beseitigung des Mangels, Minderung und Schadensersatzansprüche. Darüber hinaus kann der Käufer den Kaufvertrag anfechten, was zu einer Rückabwicklung des Vertrages führen kann.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Beweispflicht in solchen Fällen beim Käufer liegt. Dies bedeutet, dass der Käufer nachweisen muss, dass der Verkäufer den Mangel kannte und ihn vorsätzlich verschwiegen hat.

Wie wird ein Sachmangel bei einem Gebrauchtwagen rechtlich definiert?

Ein „Sachmangel“ bei einem Gebrauchtwagen wird rechtlich durch § 434 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) definiert. Seit dem 1. Januar 2022 lautet die Vorschrift wie folgt: Eine Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen dieser Vorschrift entspricht. Die subjektiven Anforderungen sind erfüllt, wenn das Fahrzeug die vereinbarte Beschaffenheit hat und sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet. Zu der Beschaffenheit gehören Art, Menge, Qualität, Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und sonstige Merkmale der Sache, für die die Parteien Anforderungen vereinbart haben. Die objektiven Anforderungen sind erfüllt, wenn das Fahrzeug sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist.

Ein Sachmangel liegt vor, wenn der Mangel bei der Fahrzeugübergabe an den Käufer bereits bestand. Auch wenn der Mangel an der Sache innerhalb der ersten zwölf Monate nach dem Kauf auftritt, geht man davon aus, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorhanden war. Normale Gebrauchsspuren und Verschleißerscheinungen stellen jedoch keinen Sachmangel dar.

Die Sachmängelhaftung ist ein gesetzlich verankertes Recht. Bei einem Verkauf zwischen einem Händler bzw. Unternehmer und einer Privatperson darf die Haftung nicht ausgeschlossen werden. Der Verkäufer bzw. die Verkäuferin haftet mindestens ein Jahr für alle Mängel, die der Wagen bei Übergabe hatte.

Es ist zu beachten, dass die genaue Definition eines Sachmangels im Einzelfall oft nicht eindeutig ist und es daher sinnvoll sein kann, einen unabhängigen Gutachter zurate zu ziehen.

Inwiefern beeinflusst die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses den Kaufvertrag?

Die Unwirksamkeit des Gewährleistungsausschlusses kann erhebliche Auswirkungen auf einen Kaufvertrag haben. In Deutschland ist die Gewährleistung eine gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung des Verkäufers, die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Die gesetzliche Gewährleistungsfrist beträgt grundsätzlich zwei Jahre, kann aber für gebrauchte Sachen vertraglich auf ein Jahr verkürzt werden.

Ein Gewährleistungsausschluss kann grundsätzlich im Vertrag vereinbart werden. Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein vollständiger Haftungsausschluss für Mängel unzulässig ist, da er den Käufer unangemessen benachteiligt. Insbesondere ist es nicht erlaubt, in Vertragsklauseln die Haftung für Körper- und Gesundheitsschäden und grobes Verschulden auszuschließen.

Wenn ein Gewährleistungsausschluss unwirksam ist, bleibt es bei der gesetzlichen Haftung. Das bedeutet, dass der Verkäufer für Mängel haftet, die bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs bestanden. Der Käufer kann dann verschiedene Ansprüche geltend machen, darunter Nacherfüllung, Rücktritt vom Vertrag, Minderung des Kaufpreises und unter Umständen Schadensersatz.

Es gibt jedoch auch Situationen, in denen ein Gewährleistungsausschluss unwirksam ist, selbst wenn er im Vertrag vereinbart wurde. Beispielsweise ist ein Gewährleistungsausschluss unwirksam, wenn der Verkäufer einen Mangel an der Sache arglistig verschwiegen hat. Ebenso steht die Gewährung einer Garantie durch den Verkäufer im Widerspruch zu einem Gewährleistungsausschluss, wodurch dieser unwirksam wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Unwirksamkeit eines Gewährleistungsausschlusses den Käufer schützt und ihm ermöglicht, seine gesetzlichen Rechte geltend zu machen, wenn die gekaufte Sache Mängel aufweist.

Welche Rolle spielt die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen im Gebrauchtwagenkauf?

Die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen spielt beim Gebrauchtwagenkauf eine wesentliche Rolle, da sie den Zeitraum definiert, innerhalb dessen der Käufer Mängelansprüche gegenüber dem Verkäufer geltend machen kann. Nach deutschem Recht beträgt die gesetzliche Gewährleistungsfrist grundsätzlich zwei Jahre ab der Übergabe des Fahrzeugs. Bei Gebrauchtwagen kann diese Frist jedoch vertraglich auf ein Jahr verkürzt werden, was insbesondere bei Verkäufen durch Händler häufig praktiziert wird.

Die Verjährungsfrist beginnt mit der Übergabe des Fahrzeugs an den Käufer. Zeigt sich innerhalb des ersten Jahres ein Mangel, so verjähren die Gewährleistungsrechte innerhalb von zwei Jahren ab Übergabe. Tritt der Mangel erst nach Ablauf des ersten Jahres auf, so ist der Anspruch bereits verjährt.

Es ist zu beachten, dass die Verjährung durch bestimmte Umstände gehemmt werden kann. Beispielsweise wird die Verjährung gehemmt, wenn zwischen Käufer und Verkäufer Verhandlungen über die Mängelansprüche stattfinden. Ein Neubeginn der Verjährungsfrist kann erfolgen, wenn der Verkäufer seine Nachbesserungspflicht anerkennt.

Die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen ist daher ein kritischer Faktor für Käufer, da sie die Dauer bestimmt, in der sie ihre Rechte durchsetzen können. Nach Ablauf der Verjährungsfrist sind keine Ansprüche mehr durchsetzbar, was bedeutet, dass Käufer darauf achten sollten, Mängel rechtzeitig zu melden und ihre Ansprüche geltend zu machen.


Das vorliegende Urteil

LG Heidelberg – Az.: 1 S 22/13 – Urteil vom 28.01.2015

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 21.03.2013, Az. 24 C 331/12, im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.627,69 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.07.2012 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückübereignung des PKW Opel Tigra 1,4 l, 16 v mit der Fahrgestellnummer W….

b) Es wird festgestellt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichneten PKW seit spätestens 11.07.2012 in Annahmeverzug befindet.

c) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 328,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.12.2012 zu zahlen.

d) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen.

Am 14.05.2010 kaufte der Kläger beim Beklagten einen PKW Opel Tigra, Erstzulassung 25.03.1996, zum Preis von 2.800,- €. Er war aufgrund einer Internet-Anzeige vom 13.05.2010 auf das Fahrzeug aufmerksam geworden, in der dieses als „unfallfrei“ angeboten worden war. Im Kaufvertrag war unter „Ausstattung“ am Ende ausgeführt: „Seitenwand hinten links nachlackiert“. Weiterhin war die Sachmängelhaftung des Verkäufers auf ein Jahr beschränkt. Als der Kläger das Auto im August 2011 dem TÜV vorführte, wurde ihm dort mitgeteilt, dass ein schwerwiegender Unfallschaden hinten links vorliege sowie ein Riss des Fahrzeugrahmens im vorderen Bereich, 10 cm von den Radläufen links und rechts entfernt.

Der Kläger hat behauptet, dass diese Mängel bei Übergabe des Fahrzeugs vorgelegen hätten. Der Beklagte habe bei Kaufvertragsschluss gesagt, es sei „alles eingetragen und in Ordnung“. Auf die Mängel sei nicht hingewiesen worden. Mit dem Angebot als unfallfrei habe der Beklagte eine Garantie für die Unfallfreiheit übernommen. Die Beschädigungen an der linken Seite seien nicht nur Bagatellschäden. Er hat weiter vorgetragen, er sei mit dem Fahrzeug 7.955 km gefahren, der Tachostand laut Kaufvertrag habe 97.500 km betragen, der jetzige Tachostand betrage 105.455 km. Nach der üblichen Berechnungsmethode ergebe sich daher zugunsten des Beklagten ein Nutzungsersatz in Höhe von 110,60 €. Dem stehe allerdings der Zinsschaden des Klägers entgegen, weil er das Auto vollfinanziert habe. Der Bruttodarlehensbetrag habe 3.438,27 € betragen, der Zinsschaden, der dem Kläger entstehe, betrage 638,27 €, den er zusätzlich einklage.

Der Beklagte hat sich auf die Einrede der Verjährung berufen, weil der Kläger die Mängel erst deutlich später als ein Jahr nach Kaufvertragsschluss geltend gemacht habe. Er hat die Ansicht vertreten, aus der Internetanzeige vom 13.05.2010 könne der Kläger keine Rechte herleiten, weil dort ausdrücklich zu lesen sei, dass Irrtümer, Eingabefehler und Zwischenverkauf vorbehalten blieben. Zudem habe er im Kaufvertrag richtig gestellt, dass die Seitenwand hinten links nachlackiert worden sei. Der Beklagte hat bestritten, dass bei Übergabe des Fahrzeugs ein Unfallschaden vorgelegen habe. Weiterhin hat er bestritten, dass der jetzige Tachostand 105.455 km betrage.

Das Amtsgericht hat die Klage unter Hinweis auf die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen abgewiesen. Zwar habe das Auto einen Unfallschaden gehabt und die fehlende Unfallfreiheit sei als Mangel einzustufen. Es fehle aber an der Arglist des Beklagten. Aus dessen Eintrag im Kaufvertrag „Seitenwand hinten links nachlackiert“ könne nicht auf eine Kenntnis des Unfallschadens geschlossen werden, zumal auch der Kläger diesen Schluss nicht gezogen habe. Über die Klageerweiterung in Höhe von 638,27 € sei nicht zu entscheiden, weil sie nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgt sei.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das verkaufte Fahrzeug sei im Internet als unfallfrei angepriesen worden, was in Wahrheit aber nicht der Fall gewesen sei. Der Beklagte habe insoweit Angaben „ins Blaue hinein“ gemacht, was für die Annahme von Arglist ausreichend sei. Die Angaben im Internet seien als Beschaffenheitsvereinbarung zu verstehen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung des am 21.03.2013 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Heidelberg, Az. 24 C 331/12, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 2.875,- € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.07.2010 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 328,08 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW Opel Tigra, 1,4 l, 16v, mit der Fahrgestellnummer W….

2. festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichneten PKW spätestens seit 24.02.2010 in Verzug befindet.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte bestreitet das Vorliegen eines Unfallschadens zum Übergabezeitpunkt und diesbezügliche Arglist seinerseits. Bei den zahlreichen Anzeigen, die er ins Internet setze, könne es leicht zu Eingabefehlern durch Anklicken eines falschen Feldes kommen, deshalb seien die Angaben auch nur vorbehaltlich von Eingabefehlern gemacht worden.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

II.

Die Berufung ist zulässig und überwiegend begründet.

1. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung von 2.845,- € Zug um Zug gegen Rückübereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus §§ 437 Nr. 3, 434, 280, 281 BGB.

a) Der von dem Kläger erworbene PKW wies zum Zeitpunkt der Übergabe einen Sachmangel auf, weil er einen Unfallschaden hinten links hatte. Dies steht nach dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen H. zur Überzeugung der Kammer fest. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass im hinteren Bereich des linken Seitenteils deutlich erhöhte Lackschichtdicken von bis zum 2 mm, über dem Radlauf 1 bis 4 mm, im Maximum 5 mm vorhanden seien. Dies sei eine erkennbare Unregelmäßigkeit der Nachlackierung mit erheblichen reparaturtechnischen Mängeln, die auf eine unfachmännische und unvollständige Reparatur des Seitenteils hindeuteten. Es seien noch Restverformungen des Seitenteils und der Radhausschale erkennbar. Die feststellbaren Spuren deuteten auf eine nicht unerhebliche Deformation des Seitenteils hin (Eindellung o. ä.), wobei nicht eindeutig beurteilt werden könne, ob der Schaden von einem Unfall im rechtlichen Sinne herrühre. Unterstelle man keine weitere Reparatur zwischen Kauf und Begutachtung, könne auf das Vorhandensein des Mangels am Seitenteil bereits vor dem Kaufdatum geschlossen werden. Aus diesen Ausführungen ergibt sich das Vorliegen eines Unfallschadens zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs. Die Nachlackierung bestand unstreitig zum Zeitpunkt des Kaufs, für weitere Reparaturen während der Besitzzeit des Klägers bestehen keinerlei Anhaltspunkte und werden vom Beklagten auch nicht geltend gemacht. Der Sachverständige hat eine nicht unerhebliche Deformation des linken Seitenteils festgestellt, d. h. eine über einen Bagatellschaden hinausgehende Beschädigung des Fahrzeugs. Ob diese auf einem Verkehrsunfall im Sinne einer Kollision mit einem anderen Fahrzeug oder auf eine sonstige Schadenseinwirkung zurückzuführen ist, ist unerheblich, entscheidend ist, dass das Fahrzeug zum Übergabezeitpunkt bereits einen größeren Schaden erlitten hatte.

b) Aufgrund dieses Sachmangels kann der Kläger im Wege des Schadensersatzes die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Dem kann der Beklagte nicht die Einrede der Verjährung entgegenhalten. Er hat seine Gewährleistungspflicht im Kaufvertrag zwar grundsätzlich wirksam auf ein Jahr beschränkt (§ 475 Abs. 2 BGB). Gemäß § 438 Abs. 3 BGB geltend jedoch die regelmäßigen Verjährungsfristen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies war hier der Fall. Der Beklagte hat dem Kläger den Schaden an dem Fahrzeug arglistig verschwiegen. Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Es genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Der Beklagte hat hier das streitgegenständliche Fahrzeug in der Internetanzeige vom 13.05.2010 als unfallfrei beworben. Dies mag, wenn man den Ausführungen des Beklagten zur Häufigkeit und Fehleranfälligkeit von Internetanzeigen folgt, eine versehentliche Falschangabe gewesen sein. Wenn der Beklagte jedoch auf dieses ihm als fehleranfällig bekannte Medium zur Platzierung von Anzeigen zurückgreift, gibt er seine Angaben ins Blaue hinein, nämlich ohne genaue Prüfung, ab. Dies genügt für die Annahme von Arglist. Aufgrund der Anzeige war also bei Vertragsschluss klar, dass der Kläger mit der von dem Beklagten hervorgerufenen Vorstellung in die Kaufvertragsverhandlungen ging, dass es sich um ein Fahrzeug handelte, das noch keine größeren Schäden erlitten hatte. Der Beklagte wäre nunmehr verpflichtet gewesen, seine fehlerhaften Angaben in der Verkaufsanzeige in den Kaufvertragsverhandlungen zu korrigieren. Dies hat er nicht getan. Die Angabe „Seitenwand hinten nachlackiert“ ist keine ordnungsgemäße Korrektur. Diese Angabe ist zwar bezüglich des unter der Lackierung befindlichen Zustands offen und beinhaltet rein sprachlich auch die Möglichkeit, dass ein größerer Schaden nachlackiert worden ist. Eine ordnungsgemäße Korrektur einer ins Blaue hinein gemachten falschen Angabe über ein Gebrauchtfahrzeug muss sich aber an der Fehlvorstellung orientieren, die bei dem Käufer hervorgerufen worden ist. Nachdem dieser aufgrund der Angabe „unfallfrei“ davon ausgehen durfte, dass das Fahrzeug noch keine größeren Schäden erlitten hatte, musste der Beklagte deutlich auf das mögliche Vorhandensein auch größerer Schäden hinweisen. Der Käufer, der mit der Vorstellung eines unfallfreien Fahrzeugs in die Kaufvertragsverhandlungen geht, wird bei einer solchen Angabe aber davon ausgehen, dass es sich bei den nachlackierten Stellen um die Überlackierung von Bagatellschäden handelt. Damit handelte der Beklagte arglistig, so dass nicht die im Kaufvertrag vereinbarte einjährige Verjährungsfrist gilt, sondern die Regelverjährungsfrist, die drei Jahre beträgt und zum Zeitpunkt der Klageerhebung am 25.09.2012 noch nicht abgelaufen war.

c) Im Rahmen des großen Schadensersatzes kann der Kläger Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangen. Weiterhin hat er einen Anspruch auf Erstattung der An- und Abmeldekosten, die die Kammer allerdings nur auf insgesamt 45,- € schätzt. Nach der Erfahrung der Kammer liegen die Anmeldekosten im hiesigen Raum zwischen 30,- und 40,- €, die Abmeldekosten etwa bei 10,- €. Daraus ergeben sich gemäß § 287 ZPO geschätzte An- und Abmeldekosten in Höhe von insgesamt 45,- €.

2. Gemäß §§ 281 Abs. 5, 346 BGB hat der Kläger dem Beklagten allerdings im Gegenzug den Wert der gezogenen Nutzungen herauszugeben. Er hat dazu vorgetragen, er sei während seiner Besitzzeit 7.955 km mit dem Fahrzeug gefahren. Der Anfangskilometerstand habe 97.500 betragen, der jetzige Kilometerstand betrage 105.455. Nach der üblichen Berechnungsmethode ergebe sich daraus ein Gebrauchsvorteil in Höhe von 2.800 x 0,5% x 7,9 = 110,60 €. Dies ist für die Kammer so nicht nachvollziehbar. Die Berechnungsformel für die Nutzungsvergütung bei Gebrauchtfahrzeugen lautet Bruttokaufpreis x gefahrene Kilometer / voraussichtliche Restlaufleistung (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Auflage, Rn. 3564). Die Kammer legt für den vom Kläger erworbenen Kleinwagen eine Gesamtlaufleistung von 200.000 km zugrunde, so dass zum Zeitpunkt des Kaufs noch von einer Restlaufleistung von 102.500 km auszugehen war. Aus der oben genannten Formel 2.800 x 7.955 / 102.500 ergibt sich daher eine Nutzungsvergütung von 217,31 €. Soweit der Beklagte den jetzigen Kilometerstand bestreitet und ein Mehr an gefahrenen Kilometern behauptet, ist er für diese ihm günstige Tatsache beweispflichtig, hat aber keinen Beweis angetreten.

3. Nachdem der Beklagte die ihm zur Erklärung des Einverständnisses mit der Rückabwicklung bis zum 10.07.2012 gesetzte Frist verstreichen lassen hat, befindet er sich spätestens seit dem 11.07.2012 im Annahmeverzug. Dies war auf Antrag des Klägers festzustellen.

Die Berufung war daher im Wesentlichen erfolgreich.

Soweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 26.01.2015 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO beantragt hat, weil zu befürchten sei, dass die Kammer von einem falschen Sachverhalt ausgehe, war dem nicht stattzugeben, weil die Kammer entgegen der Befürchtung des Beklagten nicht von einem Internetkauf ausgegangen ist, sondern – wie auch vom Beklagten vorgetragen – von einem Kaufvertragsschluss am Geschäftssitz des Beklagten, nachdem der Kläger durch die Internetanzeige des Beklagten auf das Fahrzeug aufmerksam geworden war und es besichtigt hatte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung der Kammer folgt vielmehr der gängigen Rechtsprechung zur Arglist bei ins Blaue hinein gemachten Angaben.

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