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Entbehrlichkeit der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens bei Privatgutachten

OLG Dresden – Az.: 4 U 548/19 – Beschluss vom 15.05.2019

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.06.2019 wird aufgehoben.

Gründe

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die weitergehende Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt keine andere Entscheidung.

1. Zu Recht hat das Landgericht zunächst dem Kläger einen Anspruch auf weitergehenden Ersatz eines Verdienstausfallschadens versagt.

Entgegen der Ansicht der Berufung bedurfte es keinen Hinweises des Landgerichts auf die vorzunehmende Nettolohnberechnung, da der Kläger selbst mit Schriftsatz vom 01.11.2018 vorgetragen hat, dass sich die Berechnung des Verdienstschadens nach der modifizierten Nettolohnberechnung richten würde und hierbei ausdrücklich auch pauschalierte Abzüge für Sozialabgaben und Steuern zugrunde gelegt (S. 4 des Schriftsatzes). Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 24.01.2019 erstmals unter Vorlage einer Lohnbescheinigung von Juni 2016 vorgetragen hat, seine Abzüge für Sozialabgaben würden konkret 23,575 % betragen, hat das Landgericht den Vortrag nach § 296 a ZPO zu Recht zurückgewiesen. Aufgrund der versäumten Geltendmachung im erstinstanzlichen Verfahren bleibt der Sachvortrag auch für das Berufungsverfahren gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen.

Zu den der Berechnung des Verdienstausfallschadens zugrunde liegenden Zeiträumen hat der Kläger in der Klageschrift und ergänzend mit Schriftsatz vom 01.11.2018 ebenfalls vorgetragen. Die Geltendmachung eines weiteren Verdienstschadens wie auch eines Haushaltsführungsschadens für die Zeit der Krankschreibung nach Entfernung des Osteosynthesematerials hat sich der Kläger ausdrücklich lediglich vorbehalten, ohne diesen indes bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung geltend zu machen. Ein Verstoß des Landgerichts gegen die Hinweispflicht gem. § 139 ZPO ist bereits aus diesem Grund nicht ersichtlich.

Ohne Erfolg macht die Berufung geltend, das Landgericht habe einen behaupteten weiteren Verdienstschaden für einen Zeitraum ab dem 22.06.2017 bis zum 16.07.2017 zu Unrecht nicht berücksichtigt. Diesen Schaden hat der Kläger dem Grund und der Höhe nach erstmals mit Schriftsatz vom 24.01.2019 und damit nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 17.01.2019 geltend gemacht, so dass das Landgericht den Vortrag nach § 296 a ZPO zu Recht zurückgewiesen hat. Auch insoweit bleibt der Sachvortrag auch für das Berufungsverfahren gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO ausgeschlossen.

Die durch das Landgericht vorgenommene Berechnung des Verdienstausfallschadens, die von der Berufung auch nicht substantiiert angegriffen wird, ist im Übrigen nicht zu beanstanden. Insbesondere ergeben sich aus den vom Kläger vorgelegten Unterlagen keine längeren Arbeitsunfähigkeitszeiten, die über die von der Beklagten regulierten Zeiträume hinausgehen.

2. Auch die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Schadenersatzes erweist sich als zutreffend. Dabei ist von dem vom Kläger selbst eingeholten Sachverständigengutachten auszugehen, denn es handelt sich insoweit um qualifizierten Parteivortrag. Die Feststellungen des Gutachters sind verwertbar; eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch Einholung des von dem Kläger beantragten gerichtlichen Sachverständigengutachtens ist nicht erforderlich. Bei der Stellungnahme eines Privatgutachters handelt es sich um urkundlich belegten qualifizierten Parteivortrag (st. Rspr.; s. nur BGH NJW 2001, 77 [78]), der die Einholung eines Sachverständigengutachtens entbehrlich macht, wenn sie das Gericht gem. § 286 ZPO für ausreichend hält, um die Beweisfrage zu beantworten (BGH v. 27.5.1982 – III ZR 201/80, juris). Bestreitet allerdings der Gegner die zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen oder die gutachterlichen Schlussfolgerungen, so kann er den Gegenbeweis durch Antrag auf Einholung eines Gerichtsgutachtens antreten ((OLG Celle, Urteil vom 15. Januar 2004 – 14 U 144/03 –, Rn. 6 – 7, juris Zöller/Greger, ZPO, 31. Aufl., § 402 Rn. 6c). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte die Schadensregulierung auf der Grundlage des Privatgutachtens vorgenommen, der Kläger selbst legt es seinem Sachvortrag im Verfahren zugrunde, so dass der Verwertung auch aus diesem Grund nichts entgegensteht. Das Privatgutachten nebst Ergänzung bietet eine ausreichende Entscheidungsgrundlage. Auch der Kläger zeigt keine Tatsachen auf, die Anlass zu Zweifeln an den gutachterlichen Feststellungen geben. Die dem entsprechenden Feststellungen des Landgerichts werden von der Berufung auch nicht substantiiert angegriffen.

3. Schließlich sind auch die der Schmerzensgeldbemessung zugrunde liegende Verletzung und deren Folgen vom Landgericht zutreffend festgestellt worden. Aus dem insoweit maßgeblichen Arztbericht (Anlage K1) nebst Röntgenbildern ergibt sich lediglich, dass eine isolierte Innenknöchelfraktur Folge des Unfallgeschehens war. Die Fraktur war – ausschließlich – im Bereich des Sprunggelenks lokalisiert. Anhaltspunkte dafür, dass eine – weitere – Fraktur im Bereich des Schienbeins (= Tibia), insbesondere eine Tibiakopffraktur Folge des Motorradunfalls vom 02.07.2016 war, bestehen dagegen nicht. Im übrigen erscheint dem Senat das zuerkannte Schmerzensgeld auch unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Unfalls, der zur Materialentfernung erforderlichen zweiten Operation, der Dauer der erforderlichen Krankschreibungen und der bestehenden und teilweise auch dauerhaften Beeinträchtigungen als angemessen und keinesfalls zu niedrig angesetzt. Beispielhaft sei auf die Entscheidung OLG Naumburg vom 12.12.2013 – 2 U 25/13 – juris, mit zahlreichen weiteren Beispielen aus der Rechtsprechung) verwiesen.

Der Senat rät daher zur Berufungsrücknahme, die zwei Gerichtsgebühren spart.

 

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