OBERLANDESGERICHT HAMM
Az.: 2 Ss 301/02
Beschluss vom 06.11.2001
Vorinstanz: AG Bochum – Az: 77 Ds 61 Js 367/01 (AK 145/01)
Strafsache wegen Betruges.
Auf die (Sprung)Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Bochum vom 06. November 2001 hat der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 03. Juni 2002 nach Anhörung der Generalstaatsanwaltschaft gem. § 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:
Die Revision wird auf Kosten der Angeklagten verworfen.
Gründe:
Das Amtsgericht Bochum hat die Angeklagte wegen Betruges unter Einbeziehung von zwei anderen durch Urteile des Amtsgerichts Bochum festgesetzten Geldstrafen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 20 DM verurteilt. Hiergegen richtet sich die Sprungrevision der Angeklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Rechtsmittel zu verwerfen.
Die Revision der Angeklagten ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Überprüfung des angefochtenen Urteils lässt (durchgreifende) Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten nicht erkennen, so dass die Revision der Angeklagten – entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft – gemäß § 349 Abs. 2 StPO zu verwerfen war.
Der besonderen Erörterung bedarf lediglich folgender Punkt:
Das Amtsgericht hat die Verurteilung der Angeklagten auf im Wesentlichen folgenden Sachverhalt gestützt:
Die Angeklagte suchte im August 1999 eine Wohnung. Sie war zu der Zeit arbeitslos und erhielt Arbeitslosenunterstützung. Es war allerdings vorgesehen, dass sie ab Oktober 1999 eine Umschulungsmaßnahme des Arbeitsamtes mit einem Unterhaltsgeld von 1.300 DM antreten sollte. Am 14. August 1999 unterschrieb die Angeklagte bei dem Vermieter einen Mietvertrag über eine Wohnung in Bochum. Der Mietzins betrug inklusive Nebenkosten 1.350 DM. Vor dem Vertragsschluss hatte das Maklerbüro, über das die Vertragsanbahnung gelaufen war, dem Vermieter mitgeteilt, eine Schufaauskunft habe ergeben, dass keine Bedenken gegen die Einkommenssituation der Angeklagten bestehen würden.
Das Amtsgericht ist davon ausgegangen, dass der Vermieter durch die Unterschrift der Angeklagten unter den Mietvertrag in seiner Vorstellung bestärkt worden sei, die Angeklagte verfüge über ausreichendes Einkommen, um die vereinbarten Mietzahlungen erbringen zu wollen und zu können. Die Angeklagte, die keinerlei Mietzins gezahlt und die angemietete Wohnung schon bald geräumt hat, habe bei dem Vermieter einen Irrtum unterhalten. Demgemäss hat es die Angeklagte nach § 263 Abs. 1 StGB verurteilt.
Es kann dahinstehen, ob die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen insoweit ausreichen oder ob der Tatrichter auch noch ausdrücklich hätte feststellen müssen, dass der Angeklagten bekannt war, dass das Maklerbüro die Schufaauskunft über sie eingeholt hatte und dass diese für den Vermieter Grundlage der Entscheidung über den Abschluss des Mietvertrages mit ihr war. Der Senat neigt jedenfalls zu der Auffassung, dass nur derjenige im Sinne des § 263 Abs. 1 StGB einen „Irrtum unterhält“, dem bekannt ist, dass der Getäuschte sich (schon) in einem Irrtum befindet. Das lässt sich aber den tatrichterlichen Feststellungen nicht entnehmen.
Die Frage kann indes dahinstehen. Denn durch den Abschluss des Mietvertrages hat die Angeklagte nämlich den Vermieter über ihre Zahlungsfähigkeit getäuscht und dadurch bei ihm den Irrtum erregt, dass sie zur Zahlung des vereinbarten Mietzinses von monatlich 1.300 DM willens und in der Lage war. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass derjenige, der eine Leistung in Anspruch nimmt, damit schlüssig erklärt, bei Fälligkeit zahlen zu können (vgl. die Nachweise bei Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl., § 263 Rn. 7 b). Ob das für alle Vertragsverhältnisse gilt, kann dahinstehen. Es gilt nach Auffassung des Senats jedenfalls bei einem Schuldverhältnis wie dem Mietverhältnis, das in der Regel auf längere Dauer angelegt ist. Gerade bei diesem hat der Vermieter ein besonderes Interesse daran, einen solventen und zahlungsbereiten Mieter als Vertragspartner zu bekommen. Dies war die Angeklagte aber nicht.
In dem Zusammenhang sind die übrigen Ausführungen des Amtsgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden Die Angeklagte hatte lediglich ein Einkommen von 1.300 DM in Aussicht, war nach den getroffenen Vereinbarungen aber verpflichtet, allein für die Wohnung 1.350 DM zu bezahlen. Ihre Einlassung, sie habe noch mit Zuwendungen ihrer Mutter rechnen können, hat das Amtsgericht als Schutzbehauptung gewertet, weil sie Angaben, welche Zahlungen die Mutter in der Vergangenheit gemacht hatte, nicht hat machen können. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Entsprechendes gilt für die Wertung des Umstandes, dass die Angeklagte die bei dem Makler angefallenen Gebühren von 2.500 DM bezahlt hat. Allein daraus lassen sich Rückschlüsse auf ihre Zahlungsbereitschaft und -Willigkeit gegenüber dem Vermieter nicht ziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.