AG Gießen – Az.: 41 C 49/14 – Urteil vom 16.06.2017
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die auf dem Grundstück „…“ entlang der Grenze zum Grundstück „…“ gepflanzten Baumreihe bis spätestens zum 31.12. eines jeden Kalenderjahres so zurückzuschneiden, dass diese die Dachoberkante der entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichteten Hauswand sowie die Oberkante der entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichteten Ornamentwand nicht überschreitet.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 4/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 1/5 zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000 Euro.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die gegen ihn gerichtete Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 3.650 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger macht mit seiner Klage nachbarrechtliche Beseitigungs-, Duldungs- und Schadensersatzansprüche geltend.
Der Kläger ist Eigentümer des in „…“ gelegenen Grundstückes „…“. Die Beklagten sind Eigentümer des westlich angrenzenden Grundstückes „…“. Das Grundstück des Klägers ist mit einem mit Flachdach versehenen Wohnhaus bebaut, dessen westliche Rückwand an der gemeinsamen Grundstücksgrenze steht. An diese Gebäudewand schließt sich eine ebenfalls an der Grundstücksgrenze errichtete weitere Mauer aus Ornamentsteinen an. In die an das Grundstück der Beklagten grenzende Gebäudewand des Klägers sind in einem Teilbereich Glasbausteine eingelassen, über die ein dahinter liegendes Badezimmer des Klägers belichtet wird.
Parallel zu den angrenzenden Wänden haben die Beklagten im Jahre 2008 auf ihrem Grundstück – in einem zwischen den Parteien streitigen Abstand zum Mauerwerk – eine Reihe von Bäumen gepflanzt. Die in Reihe gepflanzten Bäume sind über die Oberkante der Grenzwände hinausgewachsen. Zusätzlich haben die Beklagten vor der Ornamentsteinmauer des Klägers einen Sichtschutzzaun aus Holz errichtet, der auf in den Boden geschlagenen Hülsen steht.
Hinsichtlich der Einzelheiten der räumlichen und baulichen Grundstückssituation wird auf die Liegenschaftskarte der „…“ vom 10.06.2013 (Anlage K2, Bl. 13 d.A.) sowie auf die als Anlagen B2 bis B7 und als Anlagenkonvolut K5 einschließlich der im Verhandlungstermin am 14.10.2013 zur Gerichtsakte gereichten und der am Ortstermin vom 20.11.2013 angefertigten Lichtbilder (Bl. 49 ff., 78 ff., 82 ff., 99 ff., 129 ff. und 300 ff. d.A.) Bezug genommen.
Auf Antrag des Klägers führten die Parteien vor dem Schiedsamt „…“ ein Schlichtungsverfahren durch, das im Ergebnis jedoch erfolglos blieb.
Der Kläger vertritt die Auffassung, der nach dem HNachbG einzuhaltende Mindestabstand werde unterschritten. Hilfsweise sei jedenfalls der Charakter einer Hecke durch einen Rückschnitt wiederherzustellen. In diesem Zusammenhang behauptet der Kläger, es handele sich um stark wachsende Thujabäume, die in einem Abstand von nur etwa 60 cm zur Grundstücksgrenze angepflanzt worden seien. Hierdurch sei eine ausreichende Belüftung der Hauswand nicht mehr gewährleistet, was insbesondere bei Regen oder Schnee zu Staunässe und einer hierdurch bedingten Durchnässung der Hauswand führe. Zudem würden die Zweige bei Wind an der Hauswand reiben und den Putz beschädigen. Darüber hinaus werde durch das Wurzelwerk ein unzulässiger Druck auf das Kellermauerwerk ausgeübt und die Isolierung am Gebäude beschädigt.
Der Kläger behauptet des Weiteren, die angepflanzten Bäume würden einen Lichteinfall durch die in der Grenzwand eingelassenen Glasbausteine kaum noch zulassen. Auch sei eine Außenreinigung der Glasbausteine wegen der Bepflanzung nicht möglich und erfordere zudem die Aufstellung eines Gerüstes. Die Beklagten hätten außerdem über die Bauwerksabdichtung hinaus Erdaufschüttungen vorgenommen und Steinplatten angelehnt, wodurch Wasser in das Haus eindringen und das Mauerwerk beschädigen könne. Darüber hinaus weise die Ornamentwand auf der zum Grundstück der Beklagten zugewandten Seite „Ausplatzungen“ auf, die auf eine vorsätzliche Beschädigung durch die Beklagten zurückzuführen seien. Die vor der Ornamentwand angebrachte Holzwand stehe auf dem Grundstück des Klägers und neige sich gegen die Ornamentwand.
Ursprünglich hat der Kläger mit Klageantrag zu 4. beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die Befüllung des Heizöl-Erdtanks durch ein in die Ornamentwand des Klägers an der östlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück der Beklagten geschnittenes Durchführungsloch zur Verlegung eines Füllschlauches (einmal jährlich) zu ermöglichen. Diesen Antrag hat der Kläger mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.
Vor diesem Hintergrund beantragt der Kläger nunmehr, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. die auf dem Grundstück „…“, „…“, an der östlichen Grundstücksgrenze direkt hinter der Einfriedung und der Hausmauer des Grundstücks „…“ errichteten Thujabäume zu beseitigen,
hilfsweise, die Thujabäume auf einen Grenzabstand von 2 m zu versetzen und so zurück zu schneiden, dass keine Äste, Zweige oder die Haussubstanz schädigendes Wurzelwerk in das Grundstück „…“ hineinragen sowie eine maximale Höhe von 1,99 m nicht überschritten wird, so wie sie bis zum ein 30. Dezember eines jeden Jahres wieder auf diese Höhe und diesen Umfang zu bringen, wobei die Höhe in dem Bereich, in dem die Hecke – vom Grundstück des Klägers aus gesehen – hinter der Mauer des Wohnhauses steht, nicht vom Boden des Gartens der Beklagten aus, sondern von dem Grundstück des Klägers aus zu messen ist;
2. die von den Beklagten eine Hauswand des Klägers vorgenommene Auffüllung des Gartenbodens wieder zu beseitigen, soweit sie die vorhandene Isolierung gegen Feuchtigkeit überragt;
3. die Stellung eines Gerüstes auf ihrem Grundstück zu dulden, um die Reinigung des Lichtbandes aus Glasbausteinen durch den Kläger einmal im Jahr in dem Zeitraum Oktober bis Dezember zu ermöglichen;
5. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger den Schaden zu ersetzen, der daraus am Grundstück und Gebäude des Klägers entstanden ist, dass die Hecke zu dicht an der Grenze angepflanzt und nicht auf die zulässige Höhe und den zulässigen Umfang zurückgeschnitten wurde und die Beklagten die klägerische Ornamentwand auf der dem Grundstück der Beklagten zugewandten Seite in den Beton angebohrt haben;
6. ihre Holzwand vom Grundstück des Klägers zu entfernen und die durch die Bohrung entstandenen Schäden zu beseitigen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten vertreten die Auffassung, die in Reihe angepflanzten Bäume seien rechtlich als Hecke zu werten und hätten daher nicht die für Einzelbäume geltenden Grenzabstände zu wahren. Die Beklagten behaupten, es handele sich nicht um Thujabäume, sondern um Scheinzypressen, die in einem Abstand von mindestens 93 cm zur Grundstücksgrenze gepflanzt worden seien.
Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 08.01.2014 Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie durch richterliche Inaugenscheinnahme erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Frank vom 17.06.2015 (Bl. 183 ff. d.A.) nebst ergänzender Stellungnahme vom 03.06.2016 (Bl. 312 ff. d.A.) sowie auf die Protokolle der am 20.11.2013 und am 25.11.2016 durchgeführten Ortstermine (Bl. 94 ff. und 365 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Klage ist am 17.07.2013 erhoben und den Beklagten am 16.08.2013 zugestellt worden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur teilweise begründet.
1.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Beseitigung der entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze gepflanzten Bäume.
Ein solcher Beseitigungsanspruch folgt weder aus dem Gesichtspunkt einer Unterschreitung von Mindestabständen noch gehen von den in Reihe gepflanzten Bäumen relevante Beeinträchtigungen des klägerischen Grundstückes aus.
Im Einzelnen:
a) Nach gefestigter Rechtsprechung kann ein Grundstückseigentümer gemäß den §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB auch solche Beeinträchtigungen seines Grundstückes auf dem Zivilrechtsweg abwehren, die auf der Verletzung öffentlich-rechtlicher Abstandsvorschriften beruhen, wenn und soweit diese nachbarschützende Wirkung entfalten (BGH, U.v. 30.04.1976 – V ZR 188/74 – juris: Rn. 14 f. sowie U.v. 28.06.1985 – V ZR 43/84; KG Berlin, U.v. 12.06.2013 – 28 U 21/12).
Bauordnungsrechtliche Abstandsvorschriften sind durch die Anpflanzung der streitbefangenen Bäume jedoch nicht verletzt worden. Die in § 6 HBO normierten Abstandsregelungen gelten grundsätzlich nur für Gebäude. Entgegen der Auffassung des Klägers greift auch die in § 6 Abs. 8 HBO normierte Erstreckung der Abstandsflächenregelungen auf Anlagen oder Einrichtungen mit gebäudegleicher Wirkung in der hier zu beurteilenden Situation nicht ein, da es sich um lebende Anpflanzungen handelt, die bereits begrifflich keine baulichen Anlagen oder Einrichtungen im Sinne des Bauordnungsrechts darstellen (vgl. OVG Rh.)Pf., U.v. 15.06.2004 – 8 A 10464/04).
b) Auch nach den landesrechtlichen Abstandsvorschriften des HNachbG sind die Beklagten nicht zu einer Beseitigung der Baumreihe verpflichtet.
Gemäß 43 Abs. 1 HNachbG kann eine vollständige Beseitigung nur im Falle der Nichteinhaltung der in § 38 HNachbG oder der in § 39 Abs. 1 Nr. 3 HNachbG bestimmten Mindestabstände verlangt werden. Die hier in Rede stehenden Bäume der Beklagten sind jedoch nicht als Solitäre im Sinne des § 38 HNachbG gesetzt, sondern – worauf die Beklagten zu Recht hinweisen – als Hecke im Sinne des § 39 HNachbG einzuordnen.
Von einer Hecke im vorstehenden Sinne ist auszugehen, wenn die jeweiligen Pflanzen so dicht in eine Reihe gesetzt werden, dass durch ihr Wachstum eine Geschlossenheit der Pflanzenkörper erreicht wird und nach ihrem äußeren Erscheinungsbild hierdurch der Eindruck einer wandartigen Formation entsteht (OLG Karlsruhe, U.v. 25.07.2014 – 12 U 162/13 – juris: Rn. 32 ff.; LG Freiburg, B.v. 05.11.2014 – 3 S 101/14; AG Saarbrücken, U.v. 27.08.1996 – 36 C 201/96).
Soweit teilweise zusätzlich ein formgebender Beschnitt (vgl. LG Frankfurt am Main, U.v. 21.01.19986 – 2/8 S 150/85; Hodes/Dehner, Hessisches Nachbarrecht, 5. Aufl. 2001, § 39, Rn. 1) vorausgesetzt wird, folgt das Gericht diesen Einschränkungen für die Frage der tatbestandlichen Einordnung als Hecke nicht. Das Erfordernis einer wie auch immer gearteten formgebenden Pflege vermag aufgrund der Subjektivität gärtnerischer Gestaltungsvorstellungen nicht zu überzeugen. Ein derartiges Definitionsmerkmal findet im Gesetz keine Stütze. Sowohl dem HNachbG als auch den vergleichbaren Vorschriften der übrigen Bundesländer ist eine Unterscheidung zwischen „gepflegten“ und „ungepflegten“ Anpflanzungen gänzlich fremd und mag daher allenfalls in den Fällen Bedeutung erlangen, in denen eine Anpflanzung aufgrund Wildwuchses ihren Charakter als bewusst geordnete Formation verliert (vgl. LG Limburg, U.v. 06.03.1985 – 3 S 188/84). Maßgeblich für die Abgrenzung von Hecken zu solitären Anpflanzungen ist allein die Ausbildung eines optischen Dichtschlusses, ohne dass es hierbei auf Art und Häufigkeit des Beschnittes ankommt (vgl. AG Wedding, U.v. 07.07.2014).
Ein derartiger Dichtschluss ist vorliegend gegeben. Wie sich bereits anhand der vorgelegten Lichtbilder erkennen lässt, bilden die auf dem Grundstück der Beklagten in Reihe gepflanzten Bäume eine in sich geschlossene Formation. Dieser Eindruck hat sich auch im Rahmen der am 25.11.2016 durchgeführten Ortsbesichtigung bestätigt.
Darüber hinaus ist der nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 HNachbG einzuhaltende Mindestabstand von 25 cm selbst nach dem eigenen Vortrag des Klägers gewahrt. Im Übrigen finden die Abstandsvorschriften der §§ 38 und 39 HNachbG keine Anwendung, wenn die Anpflanzungen – wie hier – hinter einer Wand oder Mauer vorgenommen wurden und diese nicht überragen (§ 40 Abs. 2 Nr. 1 HNachbG). Überragt die Pflanzenhöhe die Oberkante vorstehender Wände und Mauern, begründet dies – worauf im Rahmen des auf einen Rückschnitt gerichteten Hilfsantrages nachstehend noch näher einzugehen sein wird – indessen keinen Anspruch auf vollständige Beseitigung, sondern allenfalls einen Anspruch auf eine entsprechende Reduzierung der Wuchshöhe.
c) Dem Kläger steht gegen die Beklagten auch unter dem Gesichtspunkt sonstiger Beeinträchtigungen kein Beseitigungsanspruch aus § 1004 BGB zu. Eine konkrete Beeinträchtigung oder Gefährdung des Grundstückes des Klägers kann nicht festgestellt werden.
Wie der gerichtliche Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt hat, sind an dem Putz der Wand keine Beschädigungen vorhanden, die auf eine mechanische oder sonstige Beanspruchung der Wand durch Zweige oder Feuchtigkeit zurückzuführen sind. Soweit in Teilbereichen grünliche Verfärbungen des Putzes vorhanden sind, handelt es sich hierbei um typische spritzwasserbedingte Veralgungen, die für den Putz unschädlich sind und in keinen spezifischen Bezug zu den Anpflanzungen stehen. Auch die im Bereich des Bitumenanstriches festgestellten Abplatzungen stehen in keinem Zusammenhang mit dem vorstehenden Bewuchs. Gleiches gilt für den im hinteren Bereich festgestellten Frostschaden. Der Sachverständige hat in diesem Zusammenhang zudem darauf hingewiesen, dass Außenputze feuchtigkeitsbeständig und schlagregendicht auszuführen sind, so dass selbst eine über einen längeren Zeitraum anhaltende Feuchtigkeitsbeaufschlagung keinen Schaden hervorrufen darf.
Darüber hinaus hat der Sachverständige keine objektiven Anhaltspunkte dafür feststellen können, dass das Wurzelwerk der Bäume zu einer Beschädigung des Mauerwerks oder der Gebäudeisolierung geführt hat. Wie der Sachverständige erläutert hat, wären Substanzbeschädigungen mit einer Eindringung von Feuchtigkeit verbunden, die in den Kellerräumen des Klägers durch Geruchsbildung, mindestens jedoch durch eine Erhöhung der Bauteil- und Innenraumfeuchte aufgefallen wären. Eine in diesem Sinne erhöhte Feuchtigkeit hat der Sachverständige im Rahmen seiner Messungen der Raumluft und der ihm zugänglichen Bauteile nicht feststellen können. Darüber hinaus beträgt der Abstand der Pflanzen von der Wand bzw. der Mauer nach den im Ortstermin am 25.11.2016 erneut durchgeführten Messungen des Sachverständigen 75 bis 90 cm, wobei sich der in einem Abstand von nur 75 cm gepflanzte Baum schon nicht mehr vor der Gebäudewand, sondern vor der Ornamentsteinmauer befindet.
Es sind auch keine sonstigen Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen, die für eine konkrete Substanzbeschädigung sprechen könnten. Vor diesem Hintergrund war der Sachverständige nicht gehalten, allgemeine Grabungen oder Bauteilöffnungen vorzunehmen, um etwaige Anknüpfungstatsachen, die einen Anspruch des für eine konkrete Substanzbeeinträchtigung darlegungs- und beweisbelasteten Klägers begründen könnten, überhaupt erst aufzufinden. Dies liefe auf eine zivilprozessual unzulässige Ausforschung hinaus.
Soweit der Kläger allgemein befürchtet, durch das Wurzelwerk der Bäume könne es zu Beschädigungen des Mauerwerkes kommen, reicht diese abstrakte Gefahr zur Begründung eines auf § 1004 BGB gestützten Abwehranspruches nicht aus. Es kommt nicht auf die generelle Befähigung von Pflanzen zur Beschädigung von baulichen Anlagen durch Wurzelwerk an, sondern ausschließlich auf die Darlegung und den Nachweis konkreter Eigentumsstörungen (vgl. BGH, U.v. 10.06.2005 – V ZR 251/04 – juris: Rn. 12; Beck)OK, BGB, § 1004, Rn. 50 f.). Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf ob, es sich bei den hier zu beurteilenden Pflanzen um Thujabäume oder um Scheinzypressen handelt. Gleiches gilt für eine etwaige Erhöhung von Brandlasten.
Soweit sich der Kläger zur Begründung eines Beseitigungsanspruches ergänzend darauf beruft, die vor den Glasbausteinelementen befindliche Hecke behindere den Lichteinfall in das dahinterliegende Badezimmer, führt auch dies nicht zum Erfolg. Der Entzug von Licht stellt für sich genommen keine relevante Einwirkung dar und kann daher außerhalb der nachbarrechtlichen Abstandsvorschriften nur insoweit geltend gemacht werden, als das allgemeine Nachbarschaftsverhältnis im Ausnahmefall aus Billigkeitsgründen eine Sicherstellung der Belichtung gebietet (BGH, U.v. 10.07.2015 – V ZR 229/14 sowie U. v. 11.07.2003 – V ZR 199/02). Ein auf das nachbarschaftliche Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme gestützter Beseitigungsanspruch kommt allgemein nur in Betracht, wenn und soweit der Nachbar wegen der Anpflanzungen ungewöhnlichen schweren und nach § 242 BGB nicht mehr hinzunehmenden Nachteilen ausgesetzt wäre (st. RSpr., vgl. BGH, U.v. 14.11.2003 – V ZR 102/03).
Von einer derart schweren Beeinträchtigung ist hier indessen nicht auszugehen. Bei dem betroffenen Raum handelt es sich um ein Badezimmer und damit nicht um einen für den dauerhaften Aufenthalt bestimmten Wohnraum. Zudem ist der Lichteinfall durch Glasbausteine bauartbedingt gegenüber Fensterscheiben ohnehin eingeschränkt. Das Interesse des Klägers an einer uneingeschränkten Belichtung seines Badezimmers genießt keinen, erst Recht keinen absoluten Geltungsvorrang gegenüber dem – mindestens – gleichrangigen Interesse der Beklagten, ihr eigenes Grundstück nach freiem Belieben zu gestalten und die an ihr Grundstück grenzenden Wände durch Anpflanzungen optisch zu verdecken. Es ist dem Kläger daher keineswegs unzumutbar, das möglicherweise unzureichende Tageslicht durch entsprechende künstliche Beleuchtungseinrichtungen zu kompensieren.
Der Kläger kann sich in diesem Zusammenhang auch nicht auf einen etwaigen Bestandsschutz berufen. Ein derartiger Vertrauensschutz besteht im Grundsatz nur auf öffentlich-rechtlicher Ebene. Das Vertrauen in die Unveränderbarkeit des bisherigen Zustandes bedarf aufgrund der damit spiegelbildlich verbundenen Einschränkung des Rechts der Beklagten, ihr Grundstückseigentum im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei nutzen, d.h. im Bedarfsfalle auch Anpflanzungen vornehmen und ändern zu können (§ 903 BGB), vielmehr einer (nachbar-)vertraglichen oder dinglichen Absicherung. Eine derartige Vereinbarung zwischen den Parteien ist indessen weder ersichtlich noch überhaupt vorgetragen.
2.
Der Kläger kann gemäß den §§ 1004 BGB, 43 Abs. 2 HNachbG von den Beklagten jedoch verlangen, dass die Hecke der Höhe nach auf die (Dach-)Oberkante der angrenzenden Gebäudewand und der sich anschließenden Ornamentsteinmauer begrenzt und regelmäßig entsprechend zurückgeschnitten wird.
Die für Hecken gegenüber sonstigen Einzelanpflanzungen gewährte Abstandsprivilegierung des § 39 HNachbG gilt nicht uneingeschränkt. Nach dem Sinn und Zweck der nachbarrechtlichen Abstandsvorschriften soll durch diese ein angemessener Ausgleich zwischen den widerstreitenden (Nutzungs-)Interessen von Grundstücksnachbarn erreicht werden (Hodes/Dehner, Hessisches Nachbarrecht, 5. Aufl. 2001, § 39, Rn. 1). Dieses Ausgleichsgefüge setzt voraus, dass das Höhenwachstum von Hecken begrenzt wird, da es anderenfalls zu unauflösbaren Wertungswidersprüchen zu den gemäß § 38 HNachbG für Einzelpflanzen und Baumreihen geltenden wesentlich strengeren Mindestabstandsvorgaben kommt. Die mit einem unbegrenzten Höhenwachstum verbundene Beeinträchtigung der nachbarlichen Interessen wird durch eine (geschlossene) Anpflanzung einer Mehrheit von Bäumen nicht gemindert, sondern spürbar erhöht. Die Rechtfertigung für eine Privilegierung von Hecken entfällt daher, wenn und soweit der mit der dichtschlüssigen Anpflanzung verbundene Zweck der optischen Einfriedung verlassen wird. Der abstandsrechtlichen Privilegierung von Hecken ist eine gewisse Höhenbegrenzung daher immanent (LG Limburg, U.v. 27.01.2006 – 3 S 189/05; LG Zweibrücken, U.v. 30.09.1997 – 3 S 80/97; AG Saarbrücken, U.v. 27.08.1996 – 36 C 201/96; LG Saarbrücken, U.v. 18.10.1990 – 1 S 65/90).
Übertragen auf die hier zu beurteilende Situation bedeutet dies, dass die Beklagten verpflichtet sind, das Höhenwachstum ihrer Pflanzen durch regelmäßigen Rückschnitt zu begrenzen. Hierbei kann offen bleiben, ob die von der bisherigen Rechtsprechung angenommene Begrenzung auf 3,0 m Allgemeingültigkeit besitzt, da die Beklagten ihre Hecke gemäß § 40 Abs. 2 Nr. 1 HNachbG jedenfalls bis zur Dachoberkante der etwa 3,5 m hohen Gebäuderückwand bzw. bis zur Oberkante der sich daran anschließenden Ornamentsteinmauer wachsen lassen können, ohne nachbarrechtliche Abstandsvorschriften beachten zu müssen.
Soweit die vorhandene Bepflanzung der Beklagten diese Oberkante jedoch unstreitig überragt, entfallen die Abstandsprivilegierungen der §§ 39, 40 Abs. 2 Nr. 1 HNachbG. Die Beklagten sind daher verpflichtet, ihre Hecke durch regelmäßigen Rückschnitt auf eine zulässige Höhe zurückzuschneiden. Dieser Rückschnitt hat antragsgemäß bis spätestens zum 31.12. eines jeden Kalenderjahres zu erfolgen, um den Beklagten mit Blick auf das sich aus § 43 Abs. 2 HNachbG für die Erfüllung der Rückschnittverpflichtung ergebende Zeitfenster einen angemessenen Zeitrahmen zu belassen.
Die dreijährige Ausschlussfrist des § 43 Abs. 1 S. 2 HNachbG steht dem Anspruch des Klägers nicht entgegen, da die Frist erst mit dem Überschreiten der Wuchshöhe über die (Dach-)Oberkante zu laufen begonnen hat (§ 43 Abs. 2 S. 3 HNachbG). Nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers war für ihn frühestens im Jahre 2011 erkennbar, dass eine Wuchshöhe von 2 m überschritten wurde. Die Dachkante war dementsprechend erst zu einem späteren Zeitpunkt erreicht, so dass die Frist durch die am 17.07.2013 erhobene Klage gewahrt ist.
Da die Einhaltung der Grenzabstände bereits durch einen Rückschnitt sichergestellt ist, kann der Kläger von den Beklagten nicht auch zusätzlich die Rückversetzung der Hecke verlangen.
3.
Der Kläger hat indessen keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Beseitigung der Auffüllung des Gartenbodens. Eine konkrete Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB ist nicht nachgewiesen.
Im Rahmen des Ortstermins konnte sich das Gericht davon überzeugen, dass bereits keine die Bauwerksabdichtung überragende Bodenauffüllung vorhanden ist. Die Geländeoberfläche fällt im Gegenteil zumindest in Teilbereichen in Richtung des klägerischen Grundstückes ab und liegt überwiegend auf einem Niveau unterhalb des über der Sockelabdichtung liegenden Putzansatzes. Zudem verfügt das Gebäude des Klägers über eine über die Erdsole ragende Sockelabdichtung. Wie der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt hat, ist die Abdichtung intakt und bietet einen hinreichenden Schutz sowohl vor drückendem als auch vor stehendem Wasser. Ein auf das Grundstück der Beklagten rückführbarer Wassereintrag ist daher nicht möglich. Die im Außenwandbereich durchgeführten Messungen des Sachverständigen ergaben dementsprechend keinen Anhaltspunkt für einen relevanten Feuchtigkeitseintrag. Die Gefahr eines Wassereintrages durch Oberflächenwasser wird aufgrund des verhältnismäßig geringen Gefälles – soweit überhaupt vorhanden – ebenfalls nicht erhöht.
Auch der teilweise unterhalb der Geländeoberkante liegende Putzansatz wies keine auf das Erdreich, die angelehnten Rasenkantensteine oder die Bepflanzung zurückzuführenden Schäden auf. Wie der Sachverständige nachvollziehbar ausgeführt hat, ist der Putz schlagregendicht ausgeführt, so dass die Dichtigkeit und Substanz der Gebäudewand weder durch Nässe noch durch die in Teilbereichen vorhandene Überlappung mit Rasenkantensteinen gefährdet ist.
4.
Die Beklagten sind ebenfalls nicht dazu verpflichtet, die jährliche Aufstellung eines Gerüstes zur Reinigung der in der Außenwand eingelassenen Glasbausteine zu dulden. Ein entsprechender Duldungsanspruch ergibt sich weder aus dem sog. Hammerschlags- und Leiterrecht (§ 28 HNachbG) noch lässt sich eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten aus dem allgemeinen Nachbarschaftsverhältnis herleiten.
Für eine auf § 28 HNachbG gestützte Duldungsverpflichtung der Beklagten fehlt es bereits an dem erforderlichen Ablauf der nach den §§ 24 Abs. 1, 29 HNachbG zu wahrenden zweiwöchigen Anzeigepflicht (vgl. OLG Frankfurt, B.v. 11.01.2011 – 4 W 43/10).
Unabhängig hiervon ist die Aufstellung eines Gerüstes zur Reinigung der Glasbausteine nicht erforderlich und auch nicht angemessen. Die jährliche Errichtung eines Gerüstes würde erkennbar mit einer aus den vorstehend ausgeführten Gründen gerade nicht geschuldeten Beseitigung der im betreffenden Bereich vorhandenen Bepflanzung führen und stünde zudem in einem greifbaren Missverhältnis zu dem mit der Reinigung der Glasbausteine erstrebten Vorteil. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Aufrechterhaltung einer ungehinderten Belichtung des ohnehin nur dem temporären Aufenthalt dienenden Badezimmers nicht beanspruchen kann. Wie die Ortsbesichtigung am 26.11.2016 zudem eindrucksvoll gezeigt hat, können die zu reinigen Glasbausteine ohne weiteres im Stehen mit der Hand erreicht werden.
Die Forderung des Klägers, die Glasbausteine einmal im Jahr reinigen und dies nur unter Zuhilfenahme eines Gerüstes vornehmen zu wollen, ist offenkundig überzogen und trägt mit Blick auf die bauliche Situation und eine möglichst schonende Ausübung des nachbarrechtlichen Betretungsrechts offenkundig schikanöse Züge.
5.
Es ist darüber hinaus nicht festzustellen, dass die Beklagten dem Grunde nach verpflichtet sind, für Schäden am Grundstück oder am Gebäude des Klägers einzustehen.
Wie bereits vorstehend ausgeführt, sind etwaige Schäden, die mit der Bepflanzung in einem Zusammenhang stehen könnten, nicht nachgewiesen.
Darüber hinaus ist nicht mit der für eine Verurteilung der Beklagten erforderlichen Gewissheit feststellbar, dass die an der Ornamentwand vorhandenen Abplatzungen auf Bohrversuche der Beklagten zurückzuführen sind. Weder die Lage noch das Schadensbild erlauben zwingende Rückschlüsse auf eine konkrete Art der Verursachung, geschweige denn auf die Identität eines bestimmten Verursachers. Es ist insbesondere nicht zu widerlegen, dass die Aufplatzungen – wie die Beklagten behaupten – zum Zeitpunkt der Errichtung des Sichtschutzzaunes bereits vorhanden waren.
Die Behauptung des Klägers, die Beklagten hätten die Beschädigung sogar vorsätzlich herbeigeführt, gründet nicht auf konkreten Tatsachen und ist daher gleichermaßen spekulativ wie ehrenrührig.
6.
Aus den gleichen Gründen sich die Beklagten auch nicht verpflichtet, etwaige Schäden an der Ornamentwand zu beseitigen oder die vorstehende Holzwand zu entfernen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Sichtschutzwand der Beklagten weder an der Ornamentsteinmauer befestigt noch an diese angelehnt ist. Die Holzwand wölbt sich im Gegenteil teilweise vom Grundstück des Klägers weg in Richtung des Grundstückes der Beklagten. Der Zaun steht auf Einschlaghülsen, die mit ihrer Außenkante in einem Abstand von etwa 0,5 bis 3,2 cm zur Ornamentwand in den Erdboden eingebracht wurden.
Es kann im rechtlichen Ergebnis dahingestellt bleiben, ob die Ornamentwand – wie der Kläger behauptet – tatsächlich um etwa 3 cm gegenüber der eigentlichen Grundstücksgrenze zurückversetzt ist. Denn selbst in diesem Fall hätte der Kläger die sich hieraus möglicherweise ergebende Grenzüberschreitung hinzunehmen. Das Beseitigungsverlangen des Klägers ist mit Blick auf das mit dem Überbau verbundene Ausmaß der Grundstücksbeeinträchtigung unverhältnismäßig und unter Berücksichtigung der nachbarrechtlich gebotenen gegenseitigen Rücksichtnahme mit den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zu vereinbaren. Die möglichen Grenzüberschreitungen bewegen sich auf einem allenfalls geringfügigen Niveau und betreffen zudem einen Grundstücksbereich, der aufgrund der grenznah errichteten Ornamentwand keinerlei tatsächlichen Nutzwert für den Kläger besitzt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Funktion oder die Substanz der Ornamentwand durch die Einschlaghülsen oder die Holzwand gefährdet wären. Die Rückversetzung der Einschlaghülsen auf die Grundstücksgrenze gewährt dem Kläger daher allenfalls einen symbolischen Vorteil.
7.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und – soweit die Klage hinsichtlich des Klageantrages zu 4. zurückgenommen wurde – auf § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO (analog).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht hinsichtlich der Vollstreckung des Klägers auf § 709 S. 1 und 2 ZPO und bezüglich der Vollstreckung der Beklagten auf den §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.
8.
Die Bemessung des Streitwertes orientiert sich gemäß den §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO an dem geschätzten wirtschaftlichen Interesse des Klägers.
Der Wert des Klageantrages zu 1. bestimmt sich an den voraussichtlichen Kosten für eine vollständige Beseitigung der Anpflanzung, die das Gericht auf 2.000 Euro schätzt. Der auf die Rückversetzung und den Rückschnitt gerichtete Hilfsantrag war aufgrund der wirtschaftlichen Identität hierbei nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG).
Den Wert des Klageantrages zu 2. schätzt das Gericht unter Orientierung an den Kosten für die begehrte Beseitigung der Erdaufschüttungen im Bereich der Sockelabdichtung auf 100 Euro. Den Wert des mit dem Klageantrag zu 3. geltend gemachten Duldungsanspruches schätzt das Gericht auf 500 Euro. Den Wert des zurückgenommenen Klageantrages zu 4. bemisst das Gericht mit lediglich 100 Euro, da die mit der Erleichterung der Heizölanlieferung behauptete Kostenersparnis nicht näher beziffert wurde.
Den Wert des Klageantrages zu 5. bemisst das Gericht mangels näherer Anhaltspunkte mit 800 Euro. Dies entspricht der Hälfte des für den Klageantrag zu 1. angesetzten Wertes (= 1.000 Euro) unter zusätzlicher Berücksichtigung eines Feststellungsabschlages von 20 %
Den Wert des Antrages zu 6. hat der Kläger mit 150 Euro angegeben.