LG Marburg, Az.: 2 O 64/14, Urteil vom 09.12.2015
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen den Klägern zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
Die Kläger nehmen den Beklagten als Betreiber einer Pferdepension auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Kläger sind Halter und Eigentümer des Pferdes … mit einem Stockmaß in Höhe von 174 cm, welches vom 25.04.2013 bis zum 30.11.2013 auf dem Stallareal des Beklagten eingestallt war. Dem lag eine Vereinbarung der Parteien vom 27.04.2013 zugrunde (Bl. 35 ff d. A.) Die Regelung sah eine Haftungsbeschränkung vor. Gegen 10:00 Uhr morgens werden die Pferde im Stall des Beklagten u.a. zur Bewegung auf den Paddock verbracht.
Im Stall des Beklagten verfügt das Pferd über eine Box von gut 10 m2.
Am 05.05.2013 gegen 11:30 Uhr erhielt die Klägerin zu 2. einen Anruf der bei dem Beklagten beschäftigten Reitlehrerin, … teilte mit, dass das Pferd lahme, was gegen 11:00 Uhr bemerkt worden sei.
Das Pferd hatte zwei Schürfwunden von ca. 0,5-0,8 cm breite und ca. 20 cm Länge entlang der Wange und der Ganasche sowie eine Fellaufrauhung auf Höhe der Schulter. Das Pferd wies ferner Schwellungen des Fesselträgerursprungs und der Schulter, eine Auflockerung des Fesselträgerursprungs, eine frontale Oberarmfissur und Ellbogenfraktur auf. Hierzu wird im Einzelnen auf Bl. 18 ff. der Akte verwiesen.
Wie es zu den Verletzungen des Tieres kam, ist zwischen den Parteien umstritten.
Die Kläger veranlassten umfangreiche Behandlungsmaßnahmen, wodurch Kosten entstanden, die die Kläger ersetzt verlangen. (Bl. 6 d. A.) Die … Versicherung …, mit der die Klägerin zu 1. ein Vertrag über eine Tierkrankenversicherung verbindet, leistete an die Klägerin Zahlungen auf den Sachschaden in Höhe von 8.337,10 €. (Bl. 126 d. A.) Mit Schreiben vom 05.11.2014 ermächtigte die … Versicherung … die Klägerin zu 1. mit der Geltendmachung des Schadens. (Bl. 98 d. A.)
Mit der Klage machen die Kläger gegenüber dem Beklagten die insgesamt zur Heilung und körperlichen Wiederherstellung des streitgegenständlichen Pferdes angefallenen Kostengeltend sowie darüber hinaus vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Ein Ausgleich wird von Beklagtenseite abgelehnt.
Die Klägerin ist der Auffassung, im Rahmen des geltenden Verwahrungsrechtes habe der Beklagte sich zum Unfallhergang zu erklären und eine eigene Verantwortlichkeit auszuschließen. So sei er verpflichtet, seine Stallanlage, samt Koppeln, so zu erhalten, das von ihr keine Gefahren, wie morsche Zäune, herausstehende rostige Nägel oder rutschige Flächen ausgehen.
Das Verletzungsmuster deute auf einen massiven Sturz hin. Eine Verletzung an der Boxenwand oder eine Unfall auf dem Paddock sei gleichermaßen wie ein Unfall beim Festlegen auszuschließen. Der Unfall habe sich beim Rausscheuchen der Pferde ereignet, die Stallgasse sei rutschig gewesen. Die Behandlungsaufwendungen seien erforderlich gewesen.
Die Kläger beantragen,
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 10.539,92 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit denn 17.12.2013 und weitere 7.854,55 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.05.2014 zu zahlen;
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Klägern jeden weiteren materiellen Schaden zu ersetzen, der aus dem Unfall vom 4./5.5.2013 resultiert.
3. die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von 1025,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.12.2013 freizustellen.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er wendet insbesondere ein, für das Unfallgeschehen nicht verantwortlich zu sein. Die Verletzung sei durch Erschrecken oder einfaches Festliegen mit anschließendem Befreiungsversuch verursacht worden.
Am 27.04.2013 sei das Pferd ohne Verletzungen in die Box gebracht worden, beim Verbringen auf den Paddock habe sich die Lahmheit gezeigt.
Zu den Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen. Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 23.01.2015. (Bl. 121 d. A.) Zum Ergebnis der Beweiserhebung wird auf das Gutachten des … verwiesen. Das Gericht hat ferner gemäß Beschluss vom 22.12.2014 Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen …, … und … . Zum Ergebnis dieser Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 09.12.2015 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
A. Die geltend gemachten Ansprüche stehen den Klägern unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, insb. nicht unter demjenigen einer Haftung aus vertraglicher Verwahrung oder aus Deliktsrecht.
I. Ein die Klageforderung begründender Anspruch ergibt sich nicht aus dem Gesichtspunkt des Verwahrungsrecht gem. §§ 688, 695, 280, 249 BGB beziehungsweise §§ 688, 280, 241 Abs. 2 BGB.
Zutreffend ordnen die Kläger zunächst das vertragliche Rechtverhältnis zum Beklagten als dem Verwahrungsrecht gem. § 688 BGB unterliegendes Vertragsverhältnis ein (vgl. OLG Oldenburg, Urteil vom 04.01.2011, Az. 12 U 91/10, BeckRS 2011, 09054). Es war davon auszugehen, dass es sich bei dem Tierpensions- bzw. Einstellungsvertrag um einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag i.S.v. § 688 BGB handelt. Nach dem Vertrag schuldete der Beklagte der Klägerin neben der Überlassung einer Pferdebox u.a. auch die Fütterung des Pferdes und die Übernahme der Fürsorge und Obhut für das eingestellte Tier. Vertragsinhalt war daher nicht nur die Vermietung einer Box (vgl. insoweit BGH NJW-RR 1990, 1422), sondern auch die Lieferung von Futter und die Erbringung weiterer (Dienst-) Leistungen (vgl. BGH, Urteil vom 12.06.1990, Az. IX ZR 151/89, wonach der Einstellvertrag als Dienstvertrag zu qualifizieren ist), namentlich der Fütterung und Fürsorge. Der zu beurteilende Pferdepensions- bzw. Einstellvertrag ist demnach ein gemischter Vertrag, der sich aus Elementen des Mietvertrages, des Kaufvertrages, des Dienstvertrages und des Verwahrungsvertrages zusammensetzt. Ein solcher Vertrag bildet ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinne in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht und auf den Verwahrungsvertragsanteil Verwahrungsrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrages wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrages liegt (vgl. BGH NJW 2005, 2008, 2010). Dabei ist es jedoch nicht ausgeschlossen, auf die Bestimmungen eines anderen Vertragstypusses, bei dem der Schwerpunkt nicht liegt, zurückzugreifen, wenn allein hierdurch die Eigenart des Vertrages richtig gewürdigt wird (vgl. BGH aaO., m. w. Nachw.). Bei dem Pferdepensions- oder Einstellvertrag steht regelmäßig nicht die Überlassung einer konkreten Pferdebox, sondern die Pflicht zur Fürsorge und Obhut über das Pferd im Vordergrund. Diese Leistungen sind hier vertragswesentlich und typusbildend (vgl. Häublein, NJW 2009, 2982ff.), so dass der Vertrag verwahrungsrechtlichen Charakter hat. Der rechtliche Schwerpunk des Pferdepensions- oder Einstellvertrages fällt demnach in den Bereich des Verwahrungsrechts, mit der Folge, dass der Vertrag als Verwahrungsvertrag anzusehen ist (so auch die wohl überwiegend vertretene Auffassung, vgl. Palandt/Sprau BGB 73. Aufl. 2014 § 688, Rn. 2 m.w.N.; Staudinger/Reuter BGB (2006) vor § 688, Rn. 27). Das mietvertragliche Element tritt demgegenüber in den Hintergrund, zumal die Gewährung von Raum (neben der Übernahme der Obhut) bereits vertragstypische Leistung im Verwahrungsvertrag ist. Es erscheint daher auch im Hinblick auf die Eigenart des Vertrages gerechtfertigt, im Pferdepensionsvertrag die haftungsrechtlichen Bestimmungen des Verwahrungsrechts und nicht diejenigen des Mietrechts anzuwenden.
Soweit die Kläger hier jedoch eine Haftung des Beklagten auf eine Verletzung von Pflichten aus diesem Vertrag stützen wollen, greift dies nicht durch.
Hierbei ist es zwar grundsätzlich zutreffend, dass im Rahmen des Verwahrungsvertrages der Verwahrer die Obhut über die verwahrte Sache zu übernehmen hat, d.h. soweit nicht anders vereinbart grundsätzlich auch die Gewährung von Schutz gegen Zerstörung, Beschädigung und Verlust sowie die Erbringung der für die Erhaltung der Sache nach ihrer Art gebotenen Fürsorge schuldet (Palandt/Sprau, 73. Aufl. 2014, § 688 Rn. 4 m.w.N.). Als Ausfluss dieser Obhutspflicht mag der Verwahrer auch dazu verpflichtet sein, das in seiner Obhut befindliche Verwahrgut in unbeschädigtem Zustand zurückzugeben (Palandt/Sprau, BGB 73. Aufl. 2014, § 695 Rn. 1).
Zu einer Haftung wegen Verletzung dieser Obhutspflicht kann es jedoch nach den allgemeinen Regeln (§ 280 BGB) lediglich dann kommen, wenn eine (möglicherweise kausale) Pflichtverletzung des Verwahrers feststeht und ihm der Entlastungsbeweis eines fehlenden Vertretenmüssens nicht gelingt.
Hier hilft den Klägern auch nicht die Berufung auf eine Beweislastmodifikation nach Verantwortungs- oder Gefahrenbereichen. Dies ändert daran nichts, dass zunächst eine Pflichtverletzung bzw. ein Verstoß gegen die Obhutspflicht objektiv festgestellt werden muss, der seinerseits für den Schadenseintritt zumindest kausal geworden sein kann. (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 23.01.2001 – Aktenzeichen 3 U 170/97, BeckRS 2001 30157052)
Um zu einer Haftung nach Gefahrenbereichen und zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten der Kläger zu gelangen, hätte es zunächst der Feststellung bedurft, dass eine Pflichtverletzung oder Schadensursache in den Verantwortungsbereich der anderen Vertragspartei fiele. So hat schon die Rechtsprechung des Reichsgerichts für Werk-, Dienst- und Gastaufnahmeverträge eine Beweislastumkehr (nur) dann bejaht, wenn die Schadensursache aus dem Gefahrenbereich des Schuldners hervorgegangen ist und die Sachlage zunächst den Schluss rechtfertigt, dass der Schuldner die ihm obliegende Sorgfalt verletzt hat (RGZ 112, 142; 148, 150; 171, 171). Der Bundesgerichtshof hat diese Rechtsprechung teilweise zu einer Beweislastverteilung nach Gefahren- und Verantwortungsbereichen weiterentwickelt (BGHZ 64, 51; 66, 53; BGH NJW 1978, 2197; 80, 2186 sowie BGHZ 8, 241; 48, 312; NJW 1987, 1938). Danach gilt der Grundsatz: Fällt dem Schuldner objektiv eine Pflichtwidrigkeit zur Last oder ist die Schadensursache in sonstiger Weise aus seinem Verantwortungsbereich hervorgegangen, so muss er beweisen, dass er die Pflichtverletzungen nicht zu vertreten hat. Diese Beweislastverschiebung gilt nicht nur bei positiver Vertragsverletzung, sondern auch in Fällen nachträglicher teilweiser oder vollständiger Unmöglichkeit. Insbesondere gilt diese Beweislastumkehr auch dann, wenn die herauszugebende Sache nur im beschädigten Zustand zurückgewährt werden kann (Palandt/Grüneberg 73. Aufl. 2014, § 280 Rn. 37; BGHZ 3, 174; OLG Düsseldorf, MDR 1974, 117). All diese Grundsätze können den Klägern jedoch deshalb nicht helfen, weil zunächst die Feststellung zu treffen wäre, dass die Pflichtverletzung objektiv in den Verantwortungsbereich des Vertragspartners – hier des Beklagten – gefallen ist. Nur dann wären die Grundsätze über die Beweislastumkehr heranzuziehen, und nur dann wäre die Prüfung angezeigt, ob dem Beklagten etwa ein Entlastungsbeweis gelungen ist (OLG Schleswig, Urteil vom 23.01.2001 – Aktenzeichen 3 U 170/97, BeckRS 2001 30157052; OLG Braunschweig, Beschluss vom 25.03.2015 – Aktenzeichen 3 U 31/14, BeckRS 2015, 15928).
Insoweit ist jedoch nicht von einer kausalen Pflichtverletzung des Beklagten auszugehen.
1. Soweit ohne konkretes Beweisangebot eine – mit gut 10 m2 geringfügig – zu beengte bzw. nicht empfehlungskonforme Einstellbox gerügt wird, entspricht es zum einen den Darstellungen der Kläger selbst, dass eine Verletzung an der Boxenwand oder ein Festlegen in der Box ausgeschlossen werden könne. Es erschließt sich vor diesem Hintergrund nicht, inwieweit eine möglicherweise geringfügig zu beengte Einstellbox schadensursächlich (für ein offenbar nach Klägerdarstellung naheliegendes Sturzgeschehen) geworden sein könnte. Zum anderen ist aber auch davon auszugehen, dass die Kläger im Rahmen des Verwahrungsvertrages die Örtlichkeiten zuvor besichtigt haben, was gleichermaßen eine Billigung nach dem § 692 BGB zugrundeliegenden Gedanken und mithin einen konkludenten Haftungsausschluss bedeutete.
Soweit die Kläger darüber hinaus auf ein Sturzgeschehen in dem Zusammenhang mit dem Verlassen der Box abstellen, ist eine Pflichtverletzung nicht bewiesen. Die hierzu von den Klägern benannte Zeugin … hatte zu einem solchen Sturzgeschehen negativ ergiebig bekundet. Die Bekundung der Zeugin … war unergiebig. Eine Überzeugung davon, dass das Tier im Zuge des Herausführens durch eine Angestellte des Beklagten stürzte, lässt sich auch nicht auf das eingeholte Sachverständigengutachten stutzen. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die am Tier Vorgefundenen Verletzungen unterschiedliche Ursachen haben können. Unter Auswertung der vorgefundenen Verletzungsmuster hält der Sachverständige sowohl einen Sturz als auch ein Festliegen in der Box für grundlegend geeignet, das Schadensbild hervorzubringen. Hieran anknüpfend lässt sich jedoch nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit davon ausgehen, dass ein Sturz in der Boxengasse erfolgt ist. Der vom Sachverständigen diskutierten erhöhten Wahrscheinlichkeit eines solchen Sturzgeschehen in der Boxengasse steht nämlich die negative ergiebige Bekundung der Zeugin … gegenüber. Hiergegen lässt sich auch nicht einwenden, dass weitergehende Anhaltspunkte für einen Sturz oder ein festliegen in der Box nicht festgestellt werden konnten. Zwar haben die Zeuginnen … und … bekundet, dass sie Besonderheiten bei der Besichtigung der Box nicht wahrgenommen haben. Jedoch ist nicht auszuschließen, dass weitere Umstände die auf einen Sturz in der Box hindeuteten, deshalb nicht aufgefunden wurden, weil die Nachschau unzureichend war.
Soweit die Kläger auf ein Sturzgeschehen vor dem Herausführen des Tieres am Vormittag des Vorfallstages abstellen, sind sie in Bezug auf eine Pflichtverletzung beweislos. Die Kläger beschränken sich insofern auf eine nicht näher ausgeführte Vermutung, dass Tiere keine bei der Fütterung entwichen sein. Hinsichtlich eines solchen Geschehensablauf sind die Klägerin indes ohne Beweis.
Soweit der Klägervertreter im Zusammenhang mit der Erörterung des Ergebnisses der Beweisaufnahme im Termin vom 09.12.2015 andeuten wollte, ein Sturzgeschehen habe sich möglicherweise vor oder bei dem Verbringen des Tieres in die Box am Vorabend des 05.05.2013 ereignet, begründet dies ebenso die Überzeugung von einer Pflichtverletzung nicht. Zunächst ist zu konstatieren, dass mit dem Vortrag der Kläger selbst davon auszugehen ist, dass das Tier am Vortag unverletzt in die Box verbracht wurde. Selbst wenn der Klägervertreter diesen Vortrag in seiner Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme relativiert haben sollte, sind die Beklagten für eine Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Verbringen des Tieres in die Box beweislos.
Soweit nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen wäre, das in zeitlicher Hinsicht eine Verletzung zwischen dem Verbringen des Tieres in die Box und dem Hinausführen am Morgen des 05.05.2013 entstand, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Insofern ist nämlich für eine Verletzung den Verwahrer treffenden objektiven Obhutspflichten ein Anhaltspunkt nicht gegeben. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem verwahrten Tier um ein Pferd handelte, das nach seiner typischen Eigenart und dem Charakter als Fluchttier selbst eine Quelle von Verletzungsgefahren begründete. Bedenkt man darüber hinaus, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Pferd mit einem Stockmaß von 174 cm um ein größeres Tier mit entsprechendem Gewicht handelte, so wird ein deutliches Gefahrenpotenzial wegen der naturgemäß tendenziell gegebenen Unbeherrschbarkeit verständlich und nachvollziehbar, das als solches grundsätzlich nicht in die Sphäre des Beklagten, sondern in diejenige der Kläger fällt. Die mit der Tierhaltung verbundenen Gefahren hat nicht zuletzt auch der Gesetzgeber zum Anlass für die Normierung einer Fremdschäden betreffenden Gefährdungshaftung in §§ 833, 834 BGB genommen. Daraus allein, dass das Pferd im Stall des Beklagten untergestellt war und eine Verletzung des Tieres dort geschehen sein könnte, lassen sich mithin zumindest wegen der Eigenarten der schon aus sich selbst heraus gefahrenträchtigen Pferdehaltung keine belastbaren Rückschlüsse auch auf eine Pflichtverletzung des Beklagten ziehen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass sich das Pferd die Verletzung zuzog, als es innerhalb der Grenzen seines tiergemäßen Verhaltens mit dem Boden oder den Wänden der Box in Berührung kam. So diskutiert auch der Sachverständige das Festliegen in der Box als natürlichen Vorgang, der zu dem eingetretenen Verletzungsbild geführt haben könnte. Für diesen denkbaren Geschehensablauf trifft den Beklagten keine Verantwortung, weil eine objektive Verletzung von Sorgfaltspflichten nicht feststellbar ist.
Soweit letztlich – in einer für die Kläger zweifellos unbefriedigenden Art und Weise – unklar bleibt, wie sich das Tier die Verletzungen zugezogen hat, geht dies nicht zulasten des Beklagten. Auch unter dem Gesichtspunkt eines Sturzgeschehens lässt sich eine Verantwortlichkeit des Beklagten nicht herleiten. Ist eine Verletzung der Obhutspflicht nach den allgemeinen Regeln aber Voraussetzung der vertraglichen Haftung wegen der Beschädigung der Sache gem. §§ 688, 280 BGB, so kann für eine Pflichtverletzung auch unabhängig hiervon nicht allein genügen, dass der Verwahrer infolge Beschädigung der Sache – ohne erkennbare Verletzung seiner Obhutspflichten – zu einer beschädigungsfreien Rückgabe nicht im Stande ist. Eine Haftung wegen Unmöglichkeit einer Rückgabe nach §§ 688, 695, 275, 283 BGB auch auf Fälle der Rückgabe einer beschädigten Sache auszudehnen, würde den Auftraggeber der Verwahrung bereits von jeglicher Darlegung zur Obhutspflichtverletzung entbinden.
Dem Verwahrer obliegen in diesem Zusammenhang auch keine weitergehenden Darlegungspflichten, da Voraussetzung für die Obliegenheit zur Entlastung ist, dass die Schadensursache aus dem Gefahren- und Verantwortungsbereich des Schuldners hervorgegangen ist. Dies ist vorliegend nicht zu bejahen. Die Folgen der Unerweislichkeit des Verletzungshergangs geht letztlich zulasten der Kläger, da sie die Beweislast zu tragen haben.
II. Auch eine deliktische Haftung des Beklagten nach Gefahrenbereichen kommt nicht in Betracht. Nach den Voraussetzungen des § 823 BGB trifft den Geschädigten grundsätzlich die Beweislast für das Verschulden des Schädigers. Deshalb muss der Geschädigte auch beweisen, dass der Schädiger vorsätzlich oder fahrlässig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt bei der haftungsbegründenden Handlung oder Unterlassung außer Acht gelassen hat. In der Regel kommt eine Abkehr von diesem gesetzlich festgelegten Grundsatz nicht in Betracht, weil man anderenfalls zu einer Haftung ohne Verschulden und damit zu einer Gefährdungshaftung entgegen der gesetzlichen Regelung gelangte. Nur in speziellen Bereichen wie etwa der Produzentenhaftung kann eine Beweislastumkehr erwogen werden (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 23.01.2001 – Aktenzeichen 3 U 170/97, BeckRS 2001 30157052). Nach diesen Maßstäben war nicht von einer schuldhaften Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten oder seiner Verrichtungsgehilfen auszugehen.
B. Mangels Anspruches dem Grunde nach besteht weder ein Anspruch auf Ersatz der Behandlungs- und Besuchskosten noch ein Anspruch auf Ersatz entsprechender Verzugszinsen. Das mit dem Antrag zu 2. verfolgte Feststellungsbegehren bleibt gleichfalls erfolglos. Gleiches gilt in Bezug auf die mit Antrag zu 3. verfolgte Nebenforderung.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.