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Mündliche Wandelungserklärung und Annahme dieser trotz Gewährleistungsausschluß


OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

Az.: 22 U 127/99

Verkündet am 21. Januar 2000

Vorinstanz: LG Wuppertal – Az.: 1 O 377/98


In dem Rechtsstreit hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 1999 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der ersten Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 20. Mai 1999 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Betrag, den die Beklagten als Gesamtschuldner Zug um Zug gegen Übergabe des PKW der Marke Renault R 19 Cabrio mit der Fahrzeugidentifikation X an die Kläger zu zahlen haben, auf 19.650,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 5.6.1998 festgesetzt wird.

Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache überwiegend erfolglos.

Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung dem Anspruch der Klägerin auf Wandelung des Gebrauchtwagenkaufvertrages stattgegeben. Wie das Landgericht ausgeführt hat, ergibt sich dieser Anspruch nicht aus dem Kaufvertrag selbst, denn der dort vereinbarte Gewährleistungsausschluß war wirksam. Zutreffend hat das Landgericht jedoch den Anspruch der Klägerin auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs deshalb bejaht, weil die Parteien sich über die Rückabwicklung des Kaufvertrages geeinigt, also die Wandelung gemäß § 465 BGB vollzogen haben. Gemäß §§ 467, 346, 348 BGB sind deshalb die gegenseitigen Leistungen zurückzugewähren.

Das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung scheitert nicht etwa daran, daß die Parteien auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht über eine Nutzungsentschädigung gesprochen haben, denn der Anspruch des Verkäufers auf Vergütung des Gebrauchsvorteils ergibt sich aus dem Gesetz (§ 346 Satz 2 BGB) und bedarf keiner gesonderten Vereinbarung.

Die -Beweiswürdigung des Landgerichts, aufgrund derer es feststellt, daß bei einem Telefongespräch zwischen dem Beklagten zu 1) und der Klägerin die Vereinbarung, den Kaufvertrag rückgängig zumachen, zustandegekommen ist, ist nicht zu beanstanden.

Insbesondere ist nicht zu beanstanden, daß das Landgericht den Inhalt des Telefongesprächs aufgrund der Aussage des Zeugen P über seine Wahrnehmung beim Mithören des Gesprächs über die Lautsprecheranlage des Telefonapparates festgestellt hat. Der BGH hat in der von den Beklagten zitierten Entscheidung (NJW 1982, 1397, 1398) die Verwertbarkeit gerade bejaht. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht (NJW 1998, 1331 ff.) grundsätzlich eine Offenbarungspflicht über das Mithören von Telefongesprächen durch Dritte angenommen, deren Verletzung zu einem Beweisverwertungsverbot führe. Diese Auffassung ist zu eng und wird dem heutigen Stand der technischen Entwicklung nicht gerecht. Auch hat das Bundesarbeitsgericht in dem zitierten Urteil Einschränkungen dieses Grundsatzes als möglich bezeichnet, seine Entscheidung nur auf den Fall des Telefongesprächs zwischen Arbeitgeber und

Arbeitnehmer bezogen und offen gelassen, ob etwas anderes gilt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls von der persönlichen Sphäre des Sprechenden völlig losgelöste Daten und Informationen übermittelt werden, wie es im vorliegenden Fall geschehen ist. Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht (vgl. NJW 1992, 815 f.) fordert es nicht, ein Beweisverwertungsverbot für den Fall des Mithörens mit Zustimmung eines der .Gesprächspartner über eine in den Telefonapparat serienmäßig integrierte Mithöreinrichtung anzunehmen. Die Entscheidung, in der das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich seine frühere Rechtsprechung wiederholt hat, wonach der grundrechtliche Persönlichkeitsschutz die Befugnis des Menschen umfasse, selbst zu bestimmen, ob seine Worte einzig dem Gesprächspartner, einem bestimmten Kreis oder der Öffentlichkeit zugänglich sein sollen, bezieht sich auf den Fall, daß ein Arbeitgeber sich über die betriebliche Telefonanlage unbemerkt in ein Gespräch einschaltet und so ein Dritter mithört, der von keinem der beiden Gesprächspartner zum Mithören ermächtigt wurde. Ausdrücklich hat das Bundesverfassungsgericht davon den Fall unterschieden, daß ein Gesprächspartner einen Dritten zum Mithören ermächtigt, und diesen Fall nicht entschieden. Einen Anhaltspunkt, für die Grenzen des Rechts am eigenen Wort als grundrechtlich geschütztem Teil des Persönlichkeitsrechts bietet § 201 Abs. 2 Nr. 1 StGB, wie der 2. Strafsenat des BGH im Anschluß an frühere Rechtsprechung in einer Entscheidung vom 8.10.1993 (NJW 1994, 596, 598 f.) dargelegt hat. Diese Vorschrift verbietet nur das Abhören mit einem besonderen Abhörgerät. Dazu gehört nach ganz herrschender Auffassung das bloße Mithören über von der Post zugelassene Mithöreinrichtungen nicht (vgl. die Zitate bei BGH, a.a.O., 598). Der BGH hat zutreffend darauf hingewiesen, daß es einen Geheimnisschutz zwischen Gesprächspartnern nicht gibt und somit niemand dagegen geschützt ist, daß sein Gesprächspartner das gesprochene Wort weitergibt. Auch sind, wie der BGH ebenfalls dargelegt hat, heutzutage zahlreiche Telefongeräte mit Mithöreinrichtungen ausgestattet, so dass grundsätzlich nicht mehr darauf vertraut werden kann, daß das Mithören unterbleibt. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn das Verhalten des Teilnehmers, der mithören läßt, auf Täuschung angelegt ist (vgl. BGH a.a.0. 599). Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte.

Zur Person des Anrufers, über die der Zeuge keine Angaben machen konnte, hat das Landgericht sich zutreffend auf den Vortrag der Beklagten in den Schriftsätzen vom 21.12.1998 und 22.2.1999 gestützt, in denen diese zugestanden haben, daß der Beklagte zu 1) mit der Klägerin telefoniert und über die Rücknahme des PKW gesprochen habe.

An diese Erklärung sind die Beklagten gemäß §§ 288, 290 ZPO gebunden, weil, ein gerichtliches Geständnis vorliegt, welches die Beklagten nachträglich nur dann widerrufen könnten, wenn sie bewiesen hätten, daß es nicht der Wahrheit entspräche und durch einen Irrtum veranlaßt wäre. Denn der Inhalt der vorgenannten Schriftsätze ist im Verhandlungstermin am 23.2.1999 vorgetragen worden, erstmals im Termin am 15.4.1999 hat der Beklagte zu 1) bestritten, in diesem Zusammenhang mit der Klägerin telefoniert zu haben.

Die Beweisaufnahme vor dem Senat hat nicht den Beweis erbracht, daß das Geständnis nicht wahr wäre. Der von den Beklagten zum Beweis für die Tatsache, daß das behauptete Telefongespräch nicht stattgefunden habe, benannte Zeuge hat diese Behauptung nicht bestätigt, sondern vielmehr das Telefongespräch und die Umstände seines Zustandekommens und des Mithörens in Übereinstimmung mit dem Zeugen P geschildert.

Die von den Beklagten weiter benannten Zeugen H und S sind über das Gespräch, welches sie – der Zeuge S als Angestellter der Beklagten und der Zeuge H- als mit der Feststellung des Zustandes des Fahrzeugs beauftragter Sachverständiger – geführt haben sollen, nicht zu vernehmen. Die Angaben, die die Zeugen über ein zwischen Ihnen geführtes Telefongespräch machen können, besagen nichts über den Inhalt eines Gespräches, welches der Beklagte zu 1) mit der Klägerin geführt hat, wovon der Senat aufgrund des Geständnisses auszugehen hat.

Von dem Kaufpreis, den die Beklagten der Klägerin zurückzugewähren haben, sind allerdings die Gebrauchsvorteile abzuziehen, die gemäß §§ 467, 346 Satz 2 BGB bei der Rückgewähr des Fahrzeuges aufgrund der Wandelung zu ersetzen sind. Diese schätzt der Senat auf 250,00 DM. Aus dem Kaufvertrag ergibt sich für die Zeit der Übernahme des Fahrzeugs durch die Klägerin ein Kilometerstand von 34.900, der Sachverständige hatte bei seiner Untersuchung einen Kilometerstand von 36.306 festgestellt. Unstreitig hat die Klägerin anschließend das Fahrzeug abgemeldet. Ausgehend von einer bei einem Neufahrzeug zu erwartenden Gesamtfahrleistung von 150.000 Kilometer ergibt sich eine noch zu erwartende Gesamtfahrleistung von etwa 114.000 km und nach der Formel Kaufpreis/noch zu erwartende Gesamtfahrleistung gefahrene Kilometer (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 5. Aufl., Rdn. 815) als Wert der gezogenen Gebrauchsvorteile etwa der Betrag von 250,00 DM.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlaß, § 546 Abs. 1 ZPO.

Gegenstandswert für die Berufung: 19.900,00 DM; Beschwer der Beklagten: 19.650,00 DM; Beschwer der Klägerin: 250,00 DM.

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